TE UVS Niederösterreich 2008/11/21 Senat-PL-08-0276

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.2008
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) dahingehend Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben wird.

Text

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 22. September 2008, Zl. **S2-S-08****, wurde das Verwaltungsstrafverfahren zu **S2-S-08**** laut Strafantrag des Finanzamtes Y vom 16.4.2008, FA-GZ. 0**/*****/4/2008, betreffend des Verdachts der Beschäftigung von namentlich bezeichneten polnischen Staatsbürgern zu näher bezeichneten Zeiten durch M. S. gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

 

Gegen diesen Einstellungsbescheid wurde fristgerecht durch das Finanzamt Y als Partei im Verfahren Berufung erhoben und beantragt, diesen Bescheid zu beheben sowie eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Strafe zu verhängen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der wahre wirtschaftliche Gehalt im Sinne des AuslBG sei durch die Bezirksverwaltungsbehörde in wesentlichen Punkten nicht richtig gewürdigt worden.

 

In einer schriftlichen Stellungnahme verwies der Beschuldigte zusammengefasst auf das Vorliegen von Werkvertragsverhältnissen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat, ohne auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen und ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwogen:

 

Mit Strafantrag vom 16. April 2008, FA-GZ. 0**/*****/4/2008, brachte das Finanzamt Y die Beschäftigung von zwei namentlich bezeichneten polnischen Staatsangehörigen durch Herrn M. S. in der Zeit von 12. bis 29.2.2008 der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige und beantragte die Verhängung einer Strafe in Höhe von je ? 2.000,--. Aus dem Akt der Bezirksverwaltungsbehörde ergibt sich, dass mit dem Beschuldigten (vertreten durch Frau E. S.) am 20.8.2008 zu Zahl S2-S-08**** eine Niederschrift wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes aufgenommen wurde. Mit Aktenvermerk vom 25. August 2008 zur Zahl S2-S-08**** wurde gegen M. S. wegen Verdachtes der Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG 1991 eingestellt, da die dem Beschuldigten zur Last gelegten Taten keine Verwaltungsübertretungen bildeten. Das Finanzamt beantragte im Sinne des § 45 Abs. 2 VStG zur Wahrung der Parteienrechte die Übermittlung eines Einstellungsbescheides, welcher Gegenstand des Berufungsverfahrens ist.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Die Abänderungsbefugnis der Berufungsbehörde ist in zweierlei Hinsicht beschränkt:

 

Zum einen ist eine Schranke der Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde darin gelegen, dass sie nicht jenen Rahmen überschreiten darf, der durch die Berufung selbst gesetzt wurde, nämlich durch die Anträge des Berufungswerbers und die Anfechtungserklärungen. Zum anderen ist die Berufungsbehörde an den Prozessgegenstand gebunden und bedeutet ?Entscheidung in der Sache? eine Beschränkung des Prozessgegenstandes durch jene Verwaltungssache, welche der Behörde erster Instanz vorlag. Sache ist demnach die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat, wobei im Verwaltungsstrafverfahren in diesem Rahmen sowohl der Ausspruch über die Strafbarkeit als auch der Ausspruch über die Strafbemessung für sich allein Sache der Berufungsentscheidung sein können. Bei Auslegung des Begriffes ?Sache? ist immer zu beachten, dass die Berufungsbehörde nur über die Angelegenheit zu entscheiden befugt ist, die den Gegenstand des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat. Entscheidet eine Behörde zweiter Instanz in einer Angelegenheit, die nicht Gegenstand der Entscheidung der Behörde erster Instanz gewesen ist, so fällt eine solche Entscheidung nicht in die funktionelle Zuständigkeit der Berufungsbehörde.

 

Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet dies, dass die Grenzen der Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde durch die mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses definierte Sache gesetzt sind. ?Sache? des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens war die bescheidmäßige Einstellung eines Verfahrens, das gegenüber dem Beschuldigten zu keinem Zeitpunkt in der hiefür erforderlichen konkreten Form eingeleitet wurde ? dem Beschuldigten wurden Tathandlungen in der gemäß § 44a VStG erforderlichen Form zu keinem Zeitpunkt vorgeworfen, weshalb es der Berufungsbehörde verwehrt war, eine Sachentscheidung zu treffen.

 

Der angefochtene Bescheid war daher ohne weiteres Eingehen auf das Berufungsbegehren des Inhaltes, eine angemessene Strafe zu verhängen, aufzuheben.

Zuletzt aktualisiert am
18.08.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten