TE UVS Niederösterreich 2008/12/18 Senat-BN-07-0087

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Veröffentlicht am 18.12.2008
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 ? AVG Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 ? VStG wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 5. Juni 2007, Zl. **S2-S-06******, wurde die Berufungswerberin wegen Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz mit fünf Geldstrafen im Ausmaß von je ? 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 4 Tage) bestraft.

 

Im Schuldspruch dieses Straferkenntnisses wurde es als erwiesen angesehen, dass die Berufungswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin der S. K. & E. GmbH mit dem Sitz in **** S************************, H******* 21, als Arbeitgeberin zumindest am 23. Februar 2006 fünf namentlich bezeichnete ungarische Staatsbürgerinnen ohne Vorliegen entsprechender arbeitsmarktrechtlicher Bewilligungen beschäftigt hat.

 

In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen eingewendet, die Ausländerinnen seien als Selbständige tätig und in der Gestaltung ihrer Auftritte völlig frei und weisungsungebunden gewesen. Darüber hinaus sei darauf zu verweisen, dass die S. K. & E. GmbH lediglich das Zustandekommen von Verträgen vermittelt habe, sodass die Verantwortung für die Einhaltung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes den entsprechenden Veranstalter treffe. Überdies sei die verhängte Geldstrafe zu hoch bemessen. Es wurde beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu die verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen. Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

 

Der Finanzbehörde wurde das gegenständliche Straferkenntnis ebenfalls zugestellt. Berufung dagegen wurde durch die Finanzbehörde nicht erhoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, an welcher auch ein Vertreter der Finanzbehörde teilgenommen hat. In dieser wurde durch Einvernahme der Berufungswerberin sowie des Zeugen W. S., weiters durch Verlesung von Urkunden (Stellungnahmen des Finanzamtes Y, vom 3. Oktober 2008; Strafantrag des Zollamtes Z vom 7. August 2006; Mustervertrag der S. K. & E. GmbH; div. Managementverträge, abgeschlossen zwischen der S. K. & E. GmbH und der jeweiligen Ausländerin; Auszug aus dem Firmenbuch betreffend die S. K. & E. GmbH zu FN ****** p; Auftragsbestätigung der S. K. & E. GmbH; Stellungnahme der O. P. vom 24.9.2008; in der fortgesetzten öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgelegte Urkunden ? Provisionsabrechnungen Beilagen 1 bis 3 zum Verhandlungsprotokoll vom 3. Dezember 2008; Aktenvermerk der Berufungsbehörde vom 2. Dezember 2008) Beweis erhoben.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ist von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt auszugehen:

 

Die Berufungswerberin war zur Vorfallszeit handelsrechtliche Geschäftsführerin der S. K. & E. GmbH mit dem Sitz in S**********, die mit dem Geschäftszweig ?K**************? zu Zl. FN ****** p des Handelsgerichtes W. protokolliert ist. Die S. K. & E. GmbH hat mit den spruchgegenständlichen Ausländerinnen Managementverträge mit dem Gegenstand der Vermittlung von Gastspielverträgen im Bereich des Table Dance und erotischen Showtanzes abgeschlossen. Nach Vertragsabschluss wurden die Ausländerinnen an zwei Veranstalter in S******* vermittelt, mit welchen seitens der Künstlerinnen Aufführungsverträge abgeschlossen wurden.

Für die Vermittlung der Künstlerinnen wurde vom Veranstalter an die S. K. & E. GmbH pro Auftrittstag und Künstlerin eine Vermittlungsprovision in Höhe von ? 22,-- bezahlt. Arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen waren der S. K. & E. GmbH Agentur für die Ausländerinnen nicht erteilt.

 

Zu diesem Sachverhalt gelangte die Berufungsbehörde aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens. Die Angaben der Berufungswerberin stimmen mit den Angaben des Zeugen W. S. und den Angaben des P. F. (welche in der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung der Parteien verlesen wurden) überein. Die nähere Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse ergibt sich darüber hinaus aus den schriftlichen Vertragsgrundlagen. Demnach steht fest, dass die S. K. & E. GmbH, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin die Berufungswerberin zur Vorfallszeit war, die ausländischen Künstlerinnen zu diversen Veranstaltern, im gegenständlichen Fall zur F. GmbH und zur K. GmbH nach S******* vermittelt hat und dafür pro Auftrittstag und Tänzerin ? 22,-- vom Veranstalter erhalten hat. Die Veranstaltungstage wurden im Nachhinein gemeldet und abgerechnet. Die S. K. & E. GmbH hat keine Geldleistungen an die Ausländerinnen bezahlt. Die Ausländerinnen verpflichteten sich in einem Vertrag mit dem Veranstalter in einem bestimmten Zeitraum erotische Bühnendarbietungen (Table Dance) aufzuführen, wobei die S. K. & E. GmbH auf die Gestaltung dieses Vertragsverhältnisses keine Einflussmöglichkeit hatte.

Aus dem zwischen der jeweiligen Ausländerin und dem Veranstalter abgeschlossenen Vertrag ergibt sich, dass die Tänzerinnen das Honorar pro Tanz direkt beim Kunden eingehoben haben. Dem gegenüber haben sie vom Veranstalter keine (weitere) Gage erhalten. Für die Zurverfügungstellung der Infrastruktur (Tanzbühne sowie Umkleideraum) hatten die Tänzerinnen einen Betrag in Höhe von ? 10,-- bis ? 15,-- des pro Tanz eingehobenen Honorars an den Veranstalter zu zahlen.

 

Aus diesen Darstellungen ergibt sich, dass die S. K. & E. GmbH für die Ausländerinnen Auftrittsorte vermittelt hat, jedoch keine weiteren vertraglichen Verpflichtungen zwischen der S. K. & E. GmbH und den ausländischen Künstlerinnen bestanden. Insbesondere verpflichtete sich die S. K. & E. GmbH der Ausländerin gegenüber nicht zur Zahlung eines Entgelts. Auch war die jeweilige Ausländerin der S. K. & E. GmbH gegenüber nicht zur Ausführung von Arbeiten beim Veranstalter verpflichtet. Die vertraglichen Verpflichtungen zwischen der S. K. & E. GmbH und der Ausländerin beschränkten sich auf die Vermittlung von Auftrittslokalitäten und den daran anschließenden Abschluss eines Gastspielvertrages zwischen dem Veranstalter und der Künstlerin.

Die vertraglich festgelegten Konkurrenzverbote kamen nach Aussage des W. S. nicht zur Anwendung. Wie die Berufungswerberin dazu ausführte, bestand ein Überangebot an Künstlerinnen aus Ungarn, sodass diese Verpflichtung (Vertragsbindung) nicht eingefordert wurde und nicht einzufordern war.

 

In rechtlicher Hinsicht stellt sich der festgestellte Sachverhalt wie folgt dar:

 

Für die Rechtsform der Arbeitskräfteüberlassung ist charakteristisch, dass eine Arbeitskraft von ihrem Arbeitgeber an einen Dritten zur Erbringung von Arbeitsleistungen in dessen Betrieb überlassen wird. Unabhängig davon, ob es sich um eine regelmäßige oder um eine gelegentliche Arbeitskräfteüberlassung handelt, findet die Arbeitskräfteüberlassung aufgrund eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Überlasser und der Arbeitskraft statt, wobei den Überlasser sämtliche Pflichten eines Arbeitgebers treffen. Als Arbeitskräfte werden dabei Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen verstanden. Der Überlasser ist aufgrund des Überlassungsvertrages dem Beschäftiger gegenüber verpflichtet, die vereinbarten Arbeitskräfte zu beschaffen. Andererseits muss der Beschäftiger den vereinbarten Preis für die Dienstleistung bezahlen und ist darüber hinaus die Arbeitskraft im Rahmen ihres Arbeitsvertrages mit dem Überlasser verpflichtet, die ihr vom Überlasser zugewiesenen Beschäftigungsmöglichkeiten gegen Entgelt auszuführen.

 

Eine Arbeitskräfteüberlassung liegt jedoch dann nicht (mehr) vor, wenn der Überlasser die Pflichten eines Arbeitgebers nicht trägt. Als solche sind all jene arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Pflichten gemeint, die sonst ein Arbeitgeber zu erfüllen hat, so z.B. die Pflicht zur Entrichtung eines Entgelts nach Arbeitsleistung.

 

Im gegenständlichen Fall hat sich erwiesen, dass zwischen der S. K. & E. GmbH und der jeweiligen Ausländerin lediglich die Vermittlung eines Auftrittsortes verpflichtend vorgesehen war und demgegenüber nicht die Arbeitsleistung der Ausländerin im Betrieb des Veranstalters. Dazu gab es ein weiteres Vertragsverhältnis zwischen der Ausländerin und dem jeweiligen Veranstalter, was eine rechtliche Beurteilung als Arbeitskräfteüberlassung ausschließt.

 

Der S. K. & E. GmbH kamen nach den im Ermittlungsverfahren erhobenen tatsächlichen Gegebenheiten nicht die Pflichten einer Arbeitgeberin zu, weshalb sie nicht als Überlasserin der spruchgegenständlichen Ausländerinnen anzusehen ist.

 

Da somit die S. K. & E. GmbH nicht als Arbeitgeberin der spruchgegenständlichen Ausländerinnen im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in Betracht kam, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegen die Berufungswerberin eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren spruchgemäß einzustellen.

Zuletzt aktualisiert am
18.08.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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