RS UVS Steiermark 2009/01/21 20.3-17/2008

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Veröffentlicht am 21.01.2009
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Rechtssatz

In folgendem Fall stellte die Amtshandlung nach einer rechtmäßigen Festnahme wegen Verweigerung des Alkoholtests und der Ausweisleistung eine unverhältnismäßige Maßnahme und unmenschliche Behandlung dar. Der Umstand, dass der nach einem Fußtritt in Bauchlage zu Boden gekommene Beschwerdeführer wieder aufzustehen versuchte, ließ noch nicht zwingend den Schluss zu, dass er sich der Verhaftung entziehen wollte. So liegt es in der Natur der Sache, dass eine zu Boden gekommene Person wieder aufsteht. Ein Faustschlag in den Bauch als Reaktion darauf, dass sich der Beschwerdeführer beim Polizeifahrzeug wehrte, in das Fahrzeug einzusteigen, indem er seinen Fuß gegen die Einstiegsleiste des Fahrzeuges stemmte, ist unverhältnismäßig und stellt eine unmenschliche Behandlung eines Festgenommenen dar. Um den Beschwerdeführer zu bewegen, in das Fahrzeug einzusteigen, wäre auch gelindere körperliche Gewalt als ein Faustschlag möglich gewesen. Hätten die beiden Polizeibeamten die Verbringung des Beschwerdeführers in das Polizeifahrzeug mit angemessener Gewalt nicht erreichen können, wäre die Anforderung von Verstärkung durchaus möglich gewesen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer die Sicherheitswacheorgane beschimpfte. Es lag kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die inkriminierte Handlung des Sicherheitswachebeamten in einer extremen Ausnahmesituation erfolgte, bei der mit Rücksicht auf ein nur so und nicht anders legitim zu erreichendes Ziel der grundsätzlich erniedrigende Charakter dieser behördlichen Vorgangsweise wegfallen oder zumindest in den Hintergrund gedrängt würde. So ist eine Festnahme auch gegen den Willen des Betroffenen durchaus als Routinehandlung eines Polizeibeamten zu zählen (siehe auch VfSlg. 8146/1977, VfGH 10.06.1988, B 483/86, UVS Steiermark 05.12.2005, UVS 20.3-46,47,48/2005-27). Der gleichen Beurteilung unterliegt der dem Beschwerdeführer verabreichte Schlag in die rechte Gesichtshälfte, nachdem dieser im Polizeifahrzeug offenbar wegen des Bauchschlages erbrochen hatte und aus diesem Grunde den Kopf nach Öffnen der anderen Fahrzeugtüre hinausstreckte. Den gefesselten Beschwerdeführer dazu zu bewegen, sich im Polizeifahrzeug wieder aufzusetzen, wäre auch durch andere Maßnahmen, wie ein Ergreifen seiner Schultern, möglich gewesen.

Schlagworte
Unmenschliche Behandlung Unverhältnismäßigkeit Faustschläge
Zuletzt aktualisiert am
04.08.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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