TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/14 95/08/0103

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Veröffentlicht am 14.03.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
67 Versorgungsrecht;
68/01 Behinderteneinstellung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
BEinstG §3 Abs2;
KOVG 1957 §7 Abs2;
KOVG RichtsatzV 1965 §3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des F in Ungenach, vertreten durch Dr. August Rogler, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Parkstraße 15, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. März 1995, Zl. SV(SanR)-2118/2-1995-Ho/Ha, betreffend Feststellung nach § 2 Abs. 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde - in Bestätigung des Bescheides des Bundessozialamtes Oberösterreich vom 4. Oktober 1994 - festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) nicht dem Kreis der begünstigten Behinderten im Sinne dieses Bundesgesetzes zugehörig sei.

Nach der Begründung sei die abweisende Entscheidung der Behörde erster Instanz nach Einholung ärztlicher Sachverständigengutachten vom 9. September 1993, 11. April 1994 und 6. August 1994 ergangen. Danach lägen beim Beschwerdeführer folgende Gesundheitsschädigungen vor, die bei der Gesamteinschätzung des Grades seiner Behinderung zu berücksichtigen seien:

     "Lfd.        Art der Gesundheits-

Position in den        Grad der

Nr.        schädigung                                Richtsätzen

             Behinderung

     1. Rezidivierende Lumbalgie        190        20 v.H.

Rahmensatz 20 - 20 v.H., da keine röntgenologischen Veränderungen bestehen, die Bewegungseinschränkung nur geringgr. Schmerzen bei Belastung verursacht, erfolgte die Einschätzung mit 20 v.H.

2. Zustand nach Clavicularfraktur li.

Bewegungseinschränkung der li. Schulter         29        20 v.H.

Rahmensatz 20 - 40 v.H., da die Gebrauchsfunktion grösstenteils

erhalten ist,

erfolgte die Einschätzung mit 20 v.H.

     3. Varicositas, Zustand nach Ulcus cruris,

Stauungspigmentation        701        20 v.H.

Rahmensatz 20 -100 v.H., entsprechend dem Zustandsbild (keine Ödeme, kein Ulcus) erfolgte die Einschätzung mit 20 v.H.

Die im Zusammenwirken der oben angeführten Gesundheitsschädigungen verursachte Funktionsbeeinträchtigung beträgt vierzig vom Hundert (40 v.H.), weil die Gesundheitsschädigung unter Pkt. 1 und 2 zusammen einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergibt und durch das Leiden unter Pkt. 3 um eine Stufe angehoben wird, sodass ein Grad der Behinderung von 40 v.H. resultiert."

Der Beschwerdeführer habe gegen den Bescheid des Bundessozialamtes Berufung erhoben, in der er sich im Wesentlichen gegen die Höhe der Einschätzung seiner Leidenszustände ausgesprochen habe. Er habe sich auch einer Prostataoperation unterziehen müssen, was nicht berücksichtigt worden sei.

Auf Grund des Berufungsvorbringens habe die belangte Behörde neuerlich ein ärztliches Sachverständigengutachten vom 26. Jänner 1995 eingeholt. Dieses sei zu folgender Beurteilung gekommen:

     "Lfd.Nr. Art der Gesundheitsschädigung

POS.NR.        GdB

  der

Richts.

     01 Irritative Beschwerden bei Z.n.TUR-P wegen

Prostatahypertrophie                                          256

              15

     Es liegt nur insofern ein außergewöhnlicher Befund vor, als

der Pat. bereits mit 54 Jahren einer TUR der Prostata unterzogen

wurde. Dabei wurde das obstruierende Gewebe entfernt und es liegen

jetzt wieder die üblichen 'Beschwerden' vor, wie sie bei Männern

in diesem Lebensabschnitt durch die Prostata auftreten können. Das

einzige was man festhalten kann ist, dass sich auf Grund des

weiteren Wachstums der Prostata in 10-20 Jahren wieder eine

Indikation zu einer 2. TUR-P ergeben könnte."

Der ärztliche Dienst der Behörde habe sich dieser Einschätzung angeschlossen. Die eingeholten Gutachten gingen auf alle vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gesundheitsschädigungen ein. Diese rechtfertigten eine Gesamt-MdE von 40 v.H.. Die belangte Behörde sehe keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieser Gutachten Zweifel zu hegen. Da somit ein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. beim Beschwerdeführer nicht vorliege, seien die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in den Kreis der begünstigten Behinderten nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 BEinstG sind begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H..

Nach § 3 Abs. 2 BEinstG sind für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152 (KOVG), mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Die belangte Behörde hatte damit auch die zu § 7 Abs. 2 KOVG erlassene Richtsatzverordnung, BGBl. Nr. 150/1965, anzuwenden.

Treffen mehrere Leiden zusammen, so ist nach § 3 der erwähnten Verordnung von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht, und zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Gesamtleidenszustand "zufolge des Zusammenwirkens" aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung (gegenüber der bloß des "führenden" Leidens) rechtfertigt (vgl. das Erkenntnis vom 24. Juni 1997, Zl. 95/08/0072).

Die Gesamtbeurteilung zweier oder mehrerer Leidenszustände hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht im Wege einer bloßen Addition, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der Richtsatzverordnung zum KOVG zu erfolgen; sie unterliegt der fachlichen Beurteilung des ärztlichen Sachverständigen, der sie ausreichend zu begründen hat. Die Gesamteinschätzung vollzieht die Verwaltungsbehörde unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis, den sie im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung zu beurteilen hat (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 19. November 1997, Zlen. 95/09/0232, 0233, mit Hinweis auf Vorjudikatur).

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage kommt dem in der Beschwerde erhobenen Einwand, die belangte Behörde wäre wegen der in verschiedenen Körperregionen angesiedelten Schmerzzustände verhalten gewesen, die diesbezüglichen Grade der Behinderung zu addieren, keine Berechtigung zu.

Dass die Gesundheitsschädigungen unter Pkt. 1 und Pkt. 2 des ärztlichen Sachverständigengutachtens zusammen einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben und durch das Leiden unter Pkt. 3 um eine Stufe angehoben werden, sodass sich ein Grad der Behinderung von (insgesamt) 40 v.H. ergibt, ist bereits dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 9. September 1993 zu entnehmen. Dem haben sich sowohl das Bundessozialamt als auch die belangte Behörde im Rahmen der ihnen zustehenden freien Beweiswürdigung angeschlossen.

Das Prostataleiden des Beschwerdeführers wurde vom ärztlichen Sachverständigen - isoliert betrachtet - mit einem Grad der Behinderung von 15 v.H. eingeschätzt und mangels einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung bei der Gesamteinschätzung außer Betracht gelassen (vgl. den oben wiedergegebenen § 3 Abs. 2 BEinstG).

Schließlich behauptet der Beschwerdeführer, das Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil nicht festgestellt worden sei, dass er schon seit langem an Hypertonie sowie an einer Fettleber leide. Darauf ist zu erwidern, dass bereits in dem von der Behörde erster Instanz eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten diese Leidenszustände erhoben wurden und dazu festgestellt wurde, dass sie keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursachten.

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. März 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1995080103.X00

Im RIS seit

22.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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