TE Vwgh Erkenntnis 2009/3/5 2008/16/0122

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Veröffentlicht am 05.03.2009
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Index

22/01 Jurisdiktionsnorm;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
JN §14;
JN §56 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der T GmbH in L, vertreten durch Dr. Martin Prokopp, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Rathausgasse 7, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wels vom 28. Juli 2008, Zl. Jv 1664/08t-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In ihrer Klage vom 20. November 2002 hatte die Beschwerdeführerin von der Beklagten Zahlung von EUR 1,668.885,87 samt Nebengebühren begehrt; dieses Klagebegehren wurde laut Vortrag des vorbereitenden Schriftsatzes ON 8 in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 25. März 2003 auf EUR 1,699.934,87 samt Nebengebühren ausgedehnt. Mittels Gebühreneinzuges entrichtete die Beschwerdeführerin am 22. November 2002 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 1,668.886,-- Gerichtsgebühren im Betrag von EUR 21.536,--.

Wie den vorgelegten Verwaltungsakten und dem angeschlossenen Akt des Landesgerichtes Wels, 6 Cg 43/03k, zu entnehmen ist, schlossen die Streitteile in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 16. November 2004 folgenden, soweit für die Beschwerde von Relevanz auszugsweise wiedergegebenen

"Vergleich:

I.) 1.) Die beklagte Partei verpflichtet sich, an die Beschwerdeführerin zur Abgeltung aller wie immer gearteter Ansprüche im Zusammenhang mit dem Projekt Errichtung von Mobilfunkeinrichtungen, damit vor allem derjenigen, die in diesem Verfahren zu 6 Cg 43/03k seitens der Beschwerdeführerin geltend gemacht wurden, einen Pauschalbetrag von EUR 750.000,-- (siebenhundertfünfzigtausend Euro) zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe zu bezahlen.

Dieser Betrag ist wie folgt zur Zahlung fällig.

EUR 300.000,-- zuzüglich USt über den gesamten Pauschalbetrag, daher EUR 150.000,--, bis spätestens 31.12.2004 bei sonstiger Exekution und drei gleiche Raten von EUR 150.000,-- jeweils zum 30.6.2005, 30.6.2006 und 30.6.2007, zu deren Hereinbringung aber mit Rücksicht auf die gelegten Bankgarantien laut Punkt II. Z. 9 aufgrund dieses Vergleiches eine Exekution seitens der Beschwerdeführerin gegen die beklagte Partei nicht geführt werden darf.

2.) Die Beschwerdeführerin verpflichtet sich bis längstens 10.12.2004 an die beklagte Partei eine abstrakte Bankgarantie eines österreichischen Geldinstitutes über EUR 150.000,-- mit einer Laufzeit bis 31.8.2008 auszufolgen. ...

3.) ...

II.) 1.) Die Beschwerdeführerin verpflichtet sich im Rahmen von Eigenprojekten (das sind Projekte, bei denen die Beschwerdeführerin als Bauherr oder als Generalunternehmer auftritt ...) mit der beklagten Partei im Zeitraum bis 30.6.2007 Umsätze von mindestens EUR 15,000.000,-- exklusive USt zu tätigen. Dabei müssen in diesem Zeitraum folgende Mindestumsätze jeweils erricht werden:

a.) ab 16.11.2004 bis 30.6.2005: mindestens EUR 5,000.000,-- exklusive USt

b.) vom 1.7.2005 bis 30.6.2006; mindestens EUR 5,000.000,-- exklusive USt

c.) vom 1.7.2006 bis 30.6.2007: mindestens EUR 5,000.000,-- exklusive USt

Ausschließlich an die beklagte Partei ... tatsächlich erteilte und von dieser auch übernommene Aufträge sind relevant, wobei es im freien Belieben von der beklagten Partei steht, ob und inwieweit die beklagte Partei die von der Beschwerdeführerin angebotenen Aufträge ganz oder auch nur teilweise ablehnt oder annimmt.

2.) Als Zeitpunkt des Umsatzes gilt das Datum der tatsächlichen Auftragsannahme (schriftliche Auftragsbestätigung) durch die beklagte Partei. Auf dieser Basis sind in jedem der drei Zeiträume Umsätze von mindestens EUR 5,000.000,-- exklusive USt zu tätigen. Sollte in einem der Zeiträume ein höherer Umsatz getätigt werden, so wird dieser Mehrumsatz auf den Mindestumsatz der nachfolgenden Periode angerechnet.

Rechenbeispiel: ...

3.) Wird in einer Periode weniger an Umsatz erzielt, so kann der geringere Umsatz in der Folge nachgeholt werden, und zwar bis spätestens 30.6.2007; es wird aber vorerst ein entsprechender Pönalbetrag von der jeweils fälligen Ratenzahlung seitens der beklagten Partei einbehalten.

In jedem Fall müssen bis 30.6.2007 Umsätze von insgesamt EUR 15,000.000,-- exklusive USt im Sinne dieses Vergleiches getätigt worden sein. Für jeden der drei Zeiträume verpflichtet sich die Beschwerdeführerin, im Falle des Nichterreichens des Mindestumsatzes für den nicht erreichten Umsatz eine Pönale von 3 % zu leisten, sohin gegebenenfalls für alle drei Zeiträume zusammen EUR 450.000,--.

Rechenbeispiel: ...

Die maximale Pönale beträgt sohin EUR 450.000,-- für den Fall, dass im Zeitraum bis 30.6.2007 keinerlei Umsatz auf Basis dieser Vereinbarung getätigt wird. Auf die Geltendmachung von darüber hinausgehenden Schadenersatzansprüchen wird verzichtet.

4.) Da die beklagte Partei zu den Terminen 30.6.2005, 30.6.2006 und 30.6.2007 je EUR 150.000,-- an die Beschwerdeführerin zu zahlen hat und dieser Betrag dem jeweiligen Höchstbetrag der Pönale pro Zeitraum a.), b.) und c.) entspricht, ist die beklagte Partei berechtigt, für den Fall, dass ihr Pönale zusteht, mit ihrer jeweiligen Pönaleforderung gegen die Zahlungsforderung der Beschwerdeführerin aufzurechnen bzw. vorerst einzubehalten.

Rechenbeispiel: ...

Außer der hier geregelten Aufrechnungs- bzw. Einbehaltungsmöglichkeit zwischen Pönaleforderung und Vergleichsforderung ist die beklagte Partei nicht zur Aufrechnung mit Forderungen gegen die Vergleichsforderungen von der Beschwerdeführerin berechtigt.

Soweit im Sinne dieses Vergleiches bis 30. Juni 2007 die vereinbarte Gesamtumsatzzahl von EUR 15 Mio. erreicht wurde, sind vorerst einbehaltene Beträge auf insgesamt EUR 450.000,-- durch die beklagte Partei an die Beschwerdeführerin auszuzahlen. Diese Bestimmung stellt keinen Exekutionstitel dar.

5.) Die beklagte Partei hat aus dem Projekt Stationsaufbau Mobilkom 2000 Schadenersatzansprüche gegenüber der Beschwerdeführerin geltend gemacht. Diese Ansprüche sind gegenüber der Beschwerdeführerin selbst mit diesem Vergleich bereinigt und abgegolten.

...

6.) Mit 30.6.2008 steht daher endgültig fest, auf welchen Betrag im Zusammenhang mit dem vereinbarten Betrag von EUR 750.000,-- (ohne USt) die Beschwerdeführerin insgesamt gegenüber der beklagten Partei letztlich noch Anspruch hatte. Sollte die beklagte Partei eine Überzahlung geleistet haben, ist die Beschwerdeführerin binnen acht Tagen nach Aufforderung zur Rückzahlung verpflichtet, wobei diese auf eine Aufrechnung mit Gegenforderungen und eine Zurückbehaltung, aus welchen Gründen auch immer, ausdrücklich verzichtet. Im Falle einer Nichtzahlung ist die beklagte Partei ... berechtigt, von der Bankgarantie laut Punkt I. dieser Vereinbarung (EUR 150.000,--) entsprechend Gebrauch zu machen.

Soweit zum 30. Juni 2007 bereits die Voraussetzungen für die gänzliche Auszahlung des vereinbarten Betrages von EUR 750.000,-- (ohne USt) durch entsprechende Versicherungsleistung und/oder tatsächliche Auftragsannahmen erfüllt sind, ist die Bankgarantie über EUR 150.000,-- laut Punkt I an die Beschwerdeführerin zurückzustellen.

7.) Es wird vereinbart, dass die jeweiligen Forderungen aus diesem Vergleich wechselseitig nicht abgetreten werden dürfen.

8.) Für den Verzugsfall werden beiderseits Verzugszinsen in Höhe von 6 % p.a. vereinbart.

9.) Die beklagte Partei verpflichtet sich an die Beschwerdeführerin bis längstens 10.12.2004 drei Bankgarantien eines österreichischen Geldinstitutes über jeweils EUR 150.000,-- (einhundertfünfzigtausend Euro) mit Laufzeiten bis 31.8.2005, 31.8.2006 und 31.8.2007 zur Besicherung der Raten laut Punkt I. Z. 1 auszufolgen.

...

III.) Im unterbrochenen Verfahren zu 6 Cg 39/04y des LG Wels wird beiderseits auf eine Fortsetzung des Verfahrens verzichtet. Ein wechselseitiger Kostenersatz findet in beiden Verfahren nicht statt.

Die beklagte Partei verpflichtet sich der Beschwerdeführerin bis spätestens 31.12.2004 an halber gerichtlicher Pauschalgebühr (nach Verrechnung mit der halben gerichtlichen Pauschalgebühr im Verfahren zu 6 Cg 39/04y) einen Betrag von EUR 9.143,30 zu bezahlen.

IV.) Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche wechselseitigen Forderungen aus den Rechtsverhältnissen betreffend den Stationsaufbau Mobilkom 2000 bereinigt und erledigt.

..."

Mit Zahlungsauftrag vom 21. April 2008 schrieb die Kostenbeamtin des Landesgerichtes Wels der Beschwerdeführerin ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 20,750.000,-- restliche Pauschalgebühr nach TP 1 GGG im Betrag von EUR 228.973,--

sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG im Betrag von EUR 8,-- zur Zahlung vor.

In ihrem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag vertrat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen den Standpunkt, sie sei, selbst wenn die Gebührenvorschrift der Höhe nach korrekt wäre, nicht zahlungspflichtig. Die zu tätigenden Umsätze stellten eine Pflicht der Beschwerdeführerin und einen Anspruch der beklagten Partei im Rahmen ihrer Klage zu 6 Cg 39/04y des Landesgerichtes Wels dar.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nicht statt. Begründend führt die belangte Behörde einleitend aus:

"In der mündlichen Streitverhandlung vom 16.11.04 schlossen die Streitparteien nachstehenden Vergleich:

I)1)-3) Die beklagte Partei verpflichtet sich, an die Beschwerdeführerin zur Abgeltung aller wie immer gearteter Ansprüche einen Pauschalbetrag von EUR 750.000,-- zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe zu bezahlen.

II)1)-4) Die Beschwerdeführerin verpflichtet sich im Rahmen von Eigenprojekten mit der beklagten Partei im Zeitraum bis 30.06.07 Umsätze von mindestens EUR 15,000.000,-- exklusive USt zu tätigen.

II)5) Die Beschwerdeführerin verpflichtet sich in diesem Fall, im Zeitraum vom 01.07.07 bis 30.06.08 einen weiteren Mindestumsatz von EUR 5,000.000,-- ohne USt (im Sinne der im Vergleich näher bezeichneten Regelung) mit der beklagten Partei zu tätigen.

III) Die beklagte Partei verpflichtet sich der Beschwerdeführerin bis spätestens 31.12.04 an halber gerichtlicher Pauschalgebühr (nach Verrechnung mit der halben gerichtlichen Pauschalgebühr im Verfahren zu 6 Cg 39/04y) einen Betrag von EUR 9.143,30 zu bezahlen."

Die gemäß Tarifpost 1 GGG zu entrichtende Pauschalgebühr betrage - so die weitere wesentliche Begründung - bei einem Wert des Streitgegenstandes in der Höhe von EUR 20,750.000,-- abzüglich der bereits entrichteten Pauschalgebühr EUR 228.973,--. Der am 16. November 2004 zwischen den Streitteilen geschlossene Vergleich sei in seinen Punkten I. 1. bis 3. sowie II.1. bis 5. anlässlich der Nachprüfung der Gebühren und Kosten im Jahr 2008 mit EUR 20,750.000,-- auf der Basis bewertet worden, dass im Falle einer Klagserweiterung (Streitwertänderung) die hiefür beizubringende Pauschalgebühr nicht nur in Ansehung des die Klagsausdehnung betreffenden Betrages zu berechnen sei, sondern eine Neuberechnung der Pauschalgebühr (unter Einrechnung der bisher entrichteten) zur Folge habe, wobei vom höheren Streitwert auszugehen sei. Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr werde, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt werde, hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage oder des in der Anmerkung 1 zur Tarifpost 1 GGG angeführten Antrages, bei Protokollaranträgen mit dem Beginn der Niederschrift, bei prätorischen Vergleichen (§ 433 ZPO) mit der Beurkundung durch den Richter begründet (§ 2 Z. 1 lit. a GGG). Zahlungspflichtig sei gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 GGG, soweit für die einzelnen Verfahrensarten nicht besondere Bestimmungen bestünden, bei zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren der Antragsteller (Kläger, Rechtsmittelwerber, betreibender Gläubiger).

Zum Einwand der Beschwerdeführerin, dass die beklagte Partei zahlungspflichtig wäre, werde bemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom 11. Juli 2000, Zl. 99/16/0183, ausgesprochen habe, dass für Vergleiche nach § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG (anders als für prätorische Vergleiche) nur die klagende Partei zahlungspflichtig sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf gesetzmäßige Festsetzung der Pauschalgebühr und damit im Recht, die vorgeschriebene Gerichtsgebühr nicht zahlen zu müssen, verletzt; sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zusammengefasst darin, ihre Verpflichtung zur Tätigung von Umsätzen könne weder durch ein Feststellungs- noch durch ein Unterlassungsbegehren gerichtlich geltend gemacht werden. Bei verständiger Würdigung des Vergleiches vom 16. November 2004 und des Gesamtzusammenhanges der darin enthaltenen Verabredungen sei davon auszugehen, dass sie sich lediglich zur Leistung eines Betrages von insgesamt EUR 600.000,-- verpflichtet habe. Lieferungen im Wert von zusammen EUR 20 Mio., also Verträge über die Ausführung von nach Art und Umfang nicht näher bezeichneten Bauleistungen, seien damit keineswegs abgeschlossen worden. Daraus folge nachstehende Berechnung:

"Artikel I Z 1 bis 3:

 

EUR 750.000,--

Artikel II Z 1 bis 4 (maximale Pönale)

 

EUR 450.000,--

Artikel II Z 5 (maximale Pönale)

 

EUR 150.000,--

Summe

 

EUR 1.350.000,--

PG hievon (1,2 % + EUR 1.509,--)

 

EUR 17.709,--

bereits bezahlt

 

EUR 21.536,--

Überzahlung

 

EUR 3.827,--"

Zusagen auf "Tätigung von Umsätzen" seien nicht klagsfähig und daher nicht gebührenpflichtig und könnten keinesfalls als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Es liege auch kein Fall des § 56 Abs. 1 JN vor. Würde die Beschwerdeführerin die Vergleichspunkte über die Tätigung von Umsätzen nicht einhalten, könnte die Beklagte ausschließlich das Pönale fordern. Auch liege kein Vorvertrag im Sinn des § 936 ABGB hinsichtlich der künftigen Tätigung von Umsätzen vor.

In eventu berufe sich die Beschwerdeführerin auf § 59 JN. Wären die Vergleichspunkte über zu tätigende Umsätze in einer Klage begehrt worden, hätte die Klage unzweifelhaft auf Abgabe einer Willenserklärung, also auf Abschluss eines Rechtsgeschäfts lauten müssen. Damit liege ein Fall des § 59 JN vor. Mangels Bewertung sei gemäß § 56 Abs. 2 JN der Betrag von EUR 4.000,-- als Streitwert anzusetzen und durch den Verweis in § 14 GGG auf die §§ 54 bis 60 JN für die Gebührenbemessung relevant. Selbst wenn die Gebührenvorschreibung der Höhe nach korrekt wäre, wäre die Beschwerdeführerin nicht zahlungspflichtig, weil die Vergleichsbestimmungen über die zu tätigenden Umsätze eine Pflicht der Beschwerdeführerin und einen Anspruch der im Verfahren 6 Cg 39/04y (des Landesgerichtes Wels) dort klagenden Partei darstelle.

Damit zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Gemäß § 14 GGG ist, soweit im Folgenden nicht etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN Bemessungsgrundlage.

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Hievon treten nach Abs. 2 Ausnahmen ein. Wird der Wert eines Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

Erbietet sich der Kläger, an Stelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen, oder stellt er ein alternatives Begehren auf Zuerkennung einer Geldsumme, so ist gemäß § 56 Abs. 1 JN die in der Klage angegebene Geldsumme für die Beurteilung der Zuständigkeit oder für die Besetzung des Gerichtes (§ 7a) maßgebend.

Gemäß § 59 JN ist bei Klagen auf Vornahme von Arbeiten oder anderen persönlichen Leistungen, auf Duldung oder Unterlassung, auf Abgabe von Willenserklärungen die vom Kläger angegebene Höhe seines Interesses als Wert des Streitgegenstandes anzusehen.

Daraus folgt für den vorliegenden Beschwerdefall:

Die Beschwerdeführerin hatte für ihre Klage vom 20. November 2002 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 1,668.886,-- eine Pauschalgebühr von EUR 21.536,-- entrichtet; die Höhe dieser Pauschalgebühr wird von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht in Zweifel gezogen.

Eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Entrichtung einer darüber hinausgehenden Pauschalgebühr bestünde nur dann, wenn eine der in § 18 Abs. 2 GGG vorgesehenen Ausnahmen vom Grundsatz, dass die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich bleibt, eingetreten wäre, namentlich dadurch, dass Gegenstand des Vergleiches vom 16. November 2004 eine Leistung wäre, deren Wert das Klagebegehren übersteigt.

Die belangte Behörde erachtet die Berechnung der Pauschalgebühr offenbar auf der Grundlage der im Punkt II. des Vergleiches vom 16. November 2004 näher geregelten Verpflichtung der Beschwerdeführerin, dort näher bezeichnete Umsätze zu tätigen, als Bemessungsgrundlage geboten; ausgehend von dieser Rechtsansicht beschränkte sie sich auf ihre wiedergegebenen Feststellungen über den Inhalt des in Rede stehenden Vergleiches vom 16. November 2004.

Sie erblickte eine den Wert des Klagebegehrens übersteigenden Leistung offenbar in der Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Tätigung von Umsätzen. Wie jedoch der vollständige Vergleichswortlaut offenbart - von dessen näherer Feststellung allerdings die belangte Behörde ausgehend von ihrer Rechtsansicht Abstand genommen hatte - war unter der Tätigung eines Umsatzes in diesem Vergleich nur ein schriftlicher Vertragsabschluss zwischen den Streitteilen zu verstehen, der überdies im freien Belieben der beklagten Partei stand. In diesem Licht könnte die Pflicht der Beschwerdeführerin zur Tätigung von Umsätzen allenfalls als Pflicht zur Abgabe einer Willenserklärung - nämlich eines Anbotes -

im Sinn des § 59 JN darstellen.

Im Rahmen der - von der Beschwerde geforderten - Gesamtwürdigung des Vergleichstextes ist allerdings weiters zu berücksichtigen, dass für den Fall des Unterbleibens der vergleichsweise vorgesehenen Mindestumsätze eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin zu Pönalezahlungen von insgesamt EUR 600.000,-- vereinbart wurde. Nun mag es dahingestellt bleiben, ob es sich hiebei um eine Lösungsbefugnis oder um ein Alternativbegehren handelte, die beide gleichermaßen unter § 56 Abs. 1 JN fallen, wesentlich ist, dass in beiden Fällen die "angegebene Geldsumme für die Beurteilung" im Sinn des § 56 Abs. 1 JN maßgebend ist (vgl. im Näheren Gitschthaler in Fasching, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen Band I2, Rz. 1 und 5 zu § 56 JN).

Schließlich ist - selbst ausgehend von den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen - zu berücksichtigen, dass nach dem Willen der Streitteile die Verpflichtung der Beklagten nach Punkt I. des Vergleiches zur Zahlung eines Gesamtbetrages von EUR 750.000,-- in einem synallagmatischen Verhältnis zu den im Punkt II. des Vergleiches vorgesehenen Pflichten der Beschwerdeführerin zur Tätigung von Mindestumsätzen stand. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dann, wenn in einem Vergleich synallagmatische Verpflichtungen begründet werden, die Gegenleistung in die Bemessungsgrundlage nicht einzubeziehen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. April 2003, Zl. 2003/16/0057, und vom 29. Juli 2004, Zl. 2004/16/0033).

Eine Zusammenrechnung der Leistungen aus Punkt I. mit jenen aus Punkt II. des Vergleiches kommt daher nicht in Betracht.

Der in Rede stehende Vergleich vom 16. November 2004 bedingte daher keine Änderung (Erweiterung) der Bemessungsgrundlage im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben ist.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere ihrem § 3 Abs. 2.

Wien, am 5. März 2009

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2009:2008160122.X00

Im RIS seit

21.07.2009

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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