TE Vfgh Beschluss 1998/6/24 V43/98

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.06.1998
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit
StVG §91 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung einer "(Eventual)Beschwerde" eines Strafgefangenen gegen einen Erlaß des Justizministers betreffend Paketempfang von Häftlingen mangels Legitimation; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als aussichtslos

Spruch

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Die (Eventual)Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Einschreiter stellt (am Deckblatt) seiner Eingabe vom 11. März 1998 an den Verwaltungsgerichtshof, dem Verfassungsgerichtshof in Kopie am 16. März 1998 übermittelt, den "Antrag auf Verfahrenshilfe gemäß den geltenden Richtlinien".

Inhaltlich bringt der Einschreiter in seiner Eingabe vor, daß ihm als Häftling der Justizanstalt Garsten nach §91 Abs2 StVG der Empfang von Lebensmittelpaketen zustehe. Durch Erlaß des Bundesministers für Justiz vom 29.1.1998, Z43401/6-V.7/1998, sei dem Anstaltsleiter genehmigt worden, sämtliche (nicht jugendlichen) Insassen der Strafanstalt für einen (weiteren) Zeitraum von sechs Monaten ab dem 1. Februar 1998 vom Empfang von Lebensmittelpaketsendungen auszuschließen; der Anstaltsleiter habe von dieser Genehmigung auch Gebrauch gemacht, wodurch der Einschreiter vom Paketempfang ausgeschlossen worden sei.

Den genannten Erlaß qualifiziert der Einschreiter zunächst als Bescheid, erhebt dagegen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und beantragt die Aufhebung des Bescheides.

2.1. Weiters enthält die Eingabe auch folgendes Begehren an den Verfassungsgerichtshof:

"Für den Fall, daß es sich bei der angefochtenen Genehmigung des Bundesministers für Justiz, GZ 43401/6-V.7/1998 nicht wie in der Information der Anstaltsleitung dargestellt um einen Bescheid, sondern um eine Verordnung handelt, weil alle Insassen mit den dort angeführten Ausnahmen angesprochen sind und der Beschwerdeführer darin nicht als individueller Adressat bezeichnet ist, was nach Bernhard Christian Funk, Der individuelle Verwaltungsakt in Allgemeines Verwaltungsrecht Ermacora-Winkler-Koja-Rill-Funk, Seite 197 f, vertretbar erscheint, erhebt der Beschwerdeführer hilfsweise die

BESCHWERDE an den VERFASSUNGSGERICHTSHOF.

...

der Beschwerdeführer

beantragt

daher,

der Hohe Verfassungsgerichtshof möge

I. die angefochtene Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 27.1.1998, Zl. 43401/6-V.7/1998 ihrem gesamten Inhalt nach aufheben".

Der Schriftsatz ist - soweit er sich an den Verfassungsgerichtshof richtet - als Verfahrenshilfeantrag zu einem Individualantrag gemäß Art139 B-VG zu qualifizieren. Letzterer wird jedoch unter einer Bedingung erhoben (arg: "für den Fall, daß"). Dabei handelt es sich nicht um einen - nach herrschender Auffassung an sich zulässigen - an ein Hauptbegehren anknüpfenden Eventualantrag, sondern um ein Begehren, das nur dann als erhoben gelten soll, wenn der Verfassungsgerichtshof eine der Bedingung entsprechende Rechtsmeinung teilt. Einer bedingten Anfechtung oder Beschwerde dieser Art fehlt ein "bestimmtes Begehren" im Sinn des §15 Abs2 VerfGG 1953 (vgl. VfSlg. 10196/1984, 12722/1991). Damit erweist sich die Individualbeschwerde als unzulässig; sie war daher zurückzuweisen.

2.2. Der Individualantrag auf Überprüfung des Erlasses des Bundesministers für Justiz, Z43401/6-V.7/1998, wäre aber auch denn jedenfalls zurückzuweisen gewesen, wenn der Antrag bedingungslos gestellt worden wäre. Zwar wurde dem Verfassungsgerichtshof der genannte Erlaß nicht vorgelegt, sodaß dieser nicht rechtlich qualifiziert werden kann; unter der Annahme, daß der Erlaß eine Verordnung wäre, handelte es sich offensichtlich um keinen unmittelbaren Ausschluß vom Paketempfang, sondern lediglich um die Genehmigung für den Anstaltsleiter, einen solchen Ausschluß zu verfügen. Der Ausschluß würde also für den Einschreiter nicht unmittelbar wirksam, sondern bedürfte einer konkretisierenden Verfügung des - durch den Erlaß intern berechtigten - Anstaltsleiters. Der Individualantrag verstieße damit gegen Art139 Abs1 dritter Satz B-VG, nach welchem die bekämpfte Verordnung ohne Erlassung einer gerichtlichen Entscheidung oder eines Bescheides für den Beschwerdeführer wirksam geworden sein muß; dem Einschreiter mangelte es damit überdies an der Antragslegitimation (vgl. zB VfSlg. 11726/1988 oder die Entscheidung des VfGH vom 6.11.1997 V144/97).

3. Der Einschreiter hat den (bedingten) Individualantrag bereits selbst verfaßt, sodaß einem allfälligen Verfahrenshelfer nur mehr die (formale) Verbesserung des Antrags aufgetragen werden könnte. Eine solche erweist sich angesichts der Zurückweisung des Antrags als hinfällig. Die vom Einschreiter und Verfahrenshilfewerber intendierte Rechtsverfolgung ist daher offenbar aussichtslos, was der Bewilligung der Verfahrenshilfe entgegensteht (§63 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG 1953). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Diese Beschlüsse gründen auf §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953 bzw. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, VfGH / Verfahrenshilfe, Strafvollzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:V43.1998

Dokumentnummer

JFT_10019376_98V00043_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten