RS AsylGH Erkenntnis 2009/02/27 E11 303911-3/2009

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Veröffentlicht am 27.02.2009
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Rechtssatz

Rechtssatz 1

 

Wenn der BFV eine im gegenständlichen Fall analoge Anwendung des § 40 Abs. 1 Z 4 AsylG thematisiert, ist anzuführen, dass dies nur dann der Fall wäre, wenn eine systemwidrige Regelungslücke vorliegen würde. Hierzu ist jedoch anzuführen, dass -wie bereits angeführtgem. § 23 (1) des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, anzuwenden sind. Das AVG regelt -somit auch für das Asylverfahren- insbesondere in den § 68 ff jene Fälle abschließend, in welchen Fällen eine Durchbrechung der materiellen Rechtskraft eines Bescheides zulässig ist.

 

§ 40 Abs. 1 Z 4, welcher eine in § 23 (1) AsylGHG zum AVG genannte ausnahmsweise anzuwendende Bestimmung darstellt, betrifft das Beschwerdeverfahren und stellt zum AVG eine Einengung der Möglichkeit, im Beschwerdeverfahren einen neuen Sachverhalt vorzubringen, dar (vgl. hierzu RV zu § 40 AsylG: "Die mit der AsylG-Nov 2003 vorgeschlagene Fassung des § 32 Asylgesetz 1997 trug dem Konzept Rechnung, dass die Kompetenzen des Bundesasylamtes als Tatsacheninstanz erweitert werden. Aus diesem Grunde durften im Rahmen einer gegen einen zurückweisenden oder abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes eingebrachten Berufung nur dann neue Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht werden, wenn sich der Sachverhalt geändert hat oder der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz keinen Zugang zu diesen Tatsachen oder Beweismitteln hatte oder wenn das Verfahren mangelhaft war oder der Asylwerber aufgrund einer medizinisch belegbaren Traumatisierung im Verfahren erster Instanz nicht in der Lage war, seine Asylgründe geltend zu machen. In weiterer Folge hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erk G 237, 238/03 ua v. 15.10.2004 mit der Bestimmung auseinandergesetzt und sie - bis auf die Wortfolge "aufgrund einer medizinisch belegbaren Traumatisierung" - als verfassungskonform bestätigt.

 

Da auch der vorliegende Entwurf von der § 32 Abs. 1 Asylgesetz 1997 zugrunde liegenden Grundidee der Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bundesasylamt und unabhängigem Bundesasylsenat ausgeht, wurde der Inhalt des § 32 Abs. 1 Asylgesetz 1997 in der vom VfGH korrigierten Fassung übernommen.

 

Abs. 2 stellt nur klar, dass eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorbringens dann nicht zu erfolgen hat, wenn diese Vorbringen für die Sachentscheidung nicht relevant sind.") Um im gegenständlichen Fall überhaupt von einer systemwidrigen Regelungslücke ausgehen zu können, müsste festzustellen sein, dass der Gesetzgeber durch die Einführung der vom AVG abweichenden Bestimmung des § 40 (1) 4 AsylG eine gegenüber dem AVG wünschenswerte Ausweitung der Möglichkeit der Verfahrensparteien, im Rechtsmittelverfahren einen neuen Sachverhalt vorzubringen, schaffen wollte. Wie aus der RV jedoch ersichtlich ist, ging die Intention des Gesetzgebers durch die Einführung der genannten Bestimmung genau in die Gegenrichtung, nämlich in eine Einschränkung dieser Möglichkeit im Vergleich zum Regelwerk des AVG. Schon hieraus ist ersichtlich, dass durch die Anordnung der Anwendbarkeit des AVG im Asylverfahren durch den Gesetzgeber in Bezug auf die im AVG bestehenden Regelungen, in welchen Fällen die materielle Rechtskraft eines Bescheides durchbrochen wird, im Asylverfahren keine systemwidrige Regelungslücke besteht. Die Intention des Gesetzgebers bestand zweifelsfrei darin, die Möglichkeiten des Asylwerbers, seine Vorbringen im fortgesetzten Verfahren beliebig zu erweitern, zu beschränken und nicht auszuweiten.

 

Eine analoge Anwendung des § 40 (1) 4 AsylG scheidet deshalb aus.

Schlagworte
Gesetzesanalogie, Neuerungsverbot, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
06.05.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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