TE AsylGH Erkenntnis 2009/03/09 B3 232458-0/2008

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Veröffentlicht am 09.03.2009
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Spruch

B3 232.458-0/2008/5E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Karin WINTER als Vorsitzende und den Richter Mag. Florian NEWALD als Beisitzer über die Beschwerde des R. I., kosovarischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. Oktober 2002, Zl. 02 15.202-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Wortfolge "in die BR Jugoslawien - Provinz Kosovo" in Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides durch "in die Republik Kosovo" ersetzt wird.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein kosovarischer Staatsbürger und Angehöriger der albanischen Volksgruppe muslimischen Glaubens, stammt aus K. und stellte am 10. Juni 2002 einen Asylantrag. Zum Nachweis seiner Identität legte er seinen jugoslawischen Führerschein vor.

 

2. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 29. September 2002 gab der Beschwerdeführer - zusammengefasst - an, er habe am 7. Juni 2002 den Kosovo ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, weil er die Ausbildung seiner Kinder nicht finanzieren könne und sein Haus renovierungsbedürftig sei; er sei von humanitärer Hilfe abhängig. Vor seiner Ausreise habe er in der elterlichen Landwirtschaft gearbeitet. In seinem Heimatort würden nach wie vor seine Eltern, seine Ehefrau und seine Söhne wohnen.

 

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF BG BGBl. I 126/2002 ab (Spruchteil I.) und erklärte gemäß § 8 leg. cit. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die "BR Jugoslawien - Provinz Kosovo" für zulässig (Spruchteil II.). Das Bundesasylamt traf darin Feststellungen zur Situation im Kosovo. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers hielt es fest, dieser habe den Kosovo aus wirtschaftlichen Gründen verlassen. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, der "Wunsch nach Emigration in der Erwartung besserer Verdienstmöglichkeiten" rechtfertige die Gewährung von Asyl nicht. Aufgrund der gesicherten Grundversorgung für zurückkehrende Kosovo-Albaner bringe eine allfällige Rückkehr den Beschwerdeführer nicht in die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung.

 

4. Ausschließlich gegen Spruchteil II. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Berufung, die nunmehr als Beschwerde zu werten ist. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, die Abschiebung des Beschwerdeführers würden diesen in eine allgemeine lebensbedrohende Notlage stürzen. Die internationale Gemeinschaft im Kosovo könne die sozialen Grundrechte und eine überlebensfähige Wirtschaft nicht garantieren.

 

5. Mit Schreiben vom 22. Jänner 2009 teilte der Asylgerichtshof den Verfahrensparteien mit, er gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer nunmehr Staatsangehöriger der Republik Kosovo sei und nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte im Kosovo verfüge; weiters übermittelte er ihnen vorläufige Sachverhaltsannahmen zur Situation in der Republik Kosovo. Er gab den Verfahrensparteien die Gelegenheit, dazu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.

 

6. Während vom Bundesasylamt keine Stellungnahme einlangte, führte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12. Februar 2009 im Wesentlichen aus, die Länderfeststellungen seien "wie üblich zu positiv" und so allgemein gehalten, dass sich "Einzelfälle nicht richtig beweisen lassen" würden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Festgestellt wird:

 

1.1. Zur Situation in der Republik Kosovo:

 

1.1.1.a. Allgemeines:

 

Im Kosovo, einem Gebiet von ca. 11.000 qkm, leben ca. 2,1 Millionen Menschen, davon 92 Prozent ethnische Albaner, 5,3 Prozent Serben, 0,4 Prozent Türken, 1,1 Prozent Roma sowie 1,2 Prozent anderer Ethnien. Die Amtssprachen sind Albanisch und Serbisch, auf Gemeindeebene auch Bosnisch, Romanes und Türkisch. (Quelle:

Kosovo-Bericht 20.3.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, 3ff.)

 

1.1.1.b. Lageentwicklung:

 

1.1.1.b.1. Kosovo unter UN-Verwaltung:

 

Am 24.3.1999 begann die NATO die Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien mit dem erklärten Ziel, "eine humanitäre Katastrophe zu verhindern (und) das Morden im Kosovo zu beenden". Im Juni 1999 rückten die unter Führung der NATO gebildeten KFOR-Einheiten in den Kosovo ein. Am 10.6.1999 wurde das Gebiet auf der Basis der Sicherheitsrats-Resolution 1244 der vorläufigen zivilen UN-Verwaltung "United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK)" unterstellt. Völkerrechtlich gehörte der Kosovo aber nach wie vor zur Bundesrepublik Jugoslawien. (Quelle: [dt.] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, 2.)

 

1.1.1.b.2. Statusverhandlungen:

 

Der VN-Generalsekretär hat für die Verhandlungen zum Status des Kosovo den ehemaligen finnischen Staatspräsidenten Martti Ahtisaari zu seinem Sondergesandten ernannt. Ahtisaari hat am 21.10.2005 die Statusgespräche begonnen. Nach anfänglicher Pendeldiplomatie zwischen Wien und Pristina bzw. Belgrad begannen am 22.2.2006 direkte Gespräche zwischen beiden Delegationen. VN-Sondergesandter Ahtisaari hat am 2.2.2007 den Parteien einen Entwurf des Statuspakets übergeben. Abschließend hat sich der UN-Sicherheitsrat mit der Statuslösung befasst. In intensiven Verhandlungen bis Ende Juli 2007 konnte jedoch keine Einigung über einen Resolutionstext erzielt werden, und die Befassung des UN-Sicherheitsrates wurde zunächst auf Eis gelegt. Unter Federführung einer "Troika" aus USA, Russland und EU begannen am 1.8.2007 neue Verhandlungen, die jedoch am 10.12.2007 endgültig scheiterten. (Quelle: [dt.] Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro [Kosovo], 29.11.2007, 7; [dt.] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, 2.)

 

1.1.1.b.3. Wahlen:

 

Am 17.11.2007 fanden Parlaments-, Kommunal- und Bürgermeisterwahlen, die ohne besondere Zwischenfälle abliefen, statt. Der mit der Wahlbeobachtung betraute Europarat hat bestätigt, dass die Wahlen nach internationalen und europäischen Standards verlaufen sind. (Quelle: Kosovo-Bericht 20.3.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, 28f.)

 

Am 9.1.2008 hat das Parlament sowohl Präsident Fatmir Sejdiu in seinem Amt als auch das Kabinett von Ministerpräsident Hashim Thaci (Demokratische Partei des Kosovo, PDK) bestätigt. Das neue Kabinett hat zwei Vizeministerpräsidenten und 15 Minister, sieben davon kommen der PDK, fünf dem Koalitionspartner LDK und drei den Minderheiten zu. (Quelle: APA 9.1.2008: Kosovos neue Führungsspitze von Parlament bestätigt.)

 

1.1.1.b.4. Unabhängigkeit des Kosovo:

 

Das kosovarische Parlament erklärte am 17.2.2008 gegen den Willen Serbiens seine Unabhängigkeit. Die Proklamation enthält neben dem Bekenntnis zur Verwirklichung des Ahtisaari-Plans für eine überwachte Unabhängigkeit eine Einladung an die EU, die Staatswerdung des Kosovo mit einer eigenen Mission zu begleiten, und an die NATO, ihre Schutztruppen im Land aufrechtzuerhalten. Die einseitige Sezession ist völkerrechtlich und international umstritten. Gleichwohl haben mittlerweile über 30 Staaten, allen voran die USA und die Mehrzahl der EU-Staaten (darunter auch Österreich), den Kosovo förmlich anerkannt.

 

Das neue Staatswesen ist zwar formal souverän, die internationale Staatengemeinschaft wird jedoch weiterhin sowohl zivil als auch militärisch präsent sein. Die Außenminister der EU und die NATO haben sich verständigt, die KFOR nicht abzuziehen; rund 17.000 NATO-Soldaten bleiben im Kosovo. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben die Entsendung einer ca. 2.000 Mann starken EU-Mission (EULEX) beschlossen. Sie soll die UN-Verwaltung (UNMIK) nach einer Übergangszeit ablösen. Rund 70 Experten sind für ein International Civilian Office (ICO) unter Leitung eines EU-Sondergesandten mit weitreichenden Befugnissen vorgesehen. Als Leiter von EULEX wurde der französische General und ehemalige KFOR-Kommandeur Yves de Kermabon, zum EU-Sondergesandten (EUSR) der Niederländer Pieter Feith bestellt. (Quelle: [dt.] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, 2f.)

 

Am 9.12.2008 hat EULEX die Tätigkeit aufgenommen. Der offizielle Start der EU-Rechtsstaatsmission EULEX im Kosovo ist ohne Zwischenfälle verlaufen. Landesweit nahmen rund 1.400 EULEX-Vertreter ihre Arbeit auf. In den Wintermonaten soll eine geplante Stärke von rund 1.900 internationalen und etwa 1.100 lokalen Mitarbeitern erreicht werden. Dann arbeiten 1.400 internationale Polizeibeamte, 300 Justizbeamte - darunter 40 Richter und etwa 20 Staatsanwälte - sowie 27 Zollbeamte im Rahmen von EULEX für mehr Rechtsstaatlichkeit im Kosovo. (Quelle: Der Standard 9.12.2008: Start der EU-Mission ohne Zwischenfälle.)

 

Unter UNMIK-Verwaltung haben sich im Kosovo demokratische Strukturen entwickelt; es gibt ein Parlament und eine demokratisch legitimierte (provisorische) Regierung. Gewaltenteilung ist gewährleistet. Das Justizsystem bedarf an vielen Stellen noch der Verbesserung. Eine kosovarische Polizei wurde aufgebaut, die sich bislang als gute Stütze der demokratischen Strukturen etabliert hat. Der Transitionsprozess, d. h. die schrittweise Übertragung der Kompetenzen von UNMIK auf kosovarische Institutionen hat bereits begonnen. Nach dem vorliegenden Verfassungsentwurf ist die Republik Kosovo ein demokratisches, multiethnisch zusammengesetztes Staatswesen, das den Minderheiten starke Rechte zusichert. Der Entwurf enthält alle notwendigen Schutzmaßnahmen gegen Bedrohungen oder Diskriminierung von Minderheiten. Nationale Identitäten, Kulturen, Religionen und Sprachen werden darin respektiert. (Quelle:

[dt.] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, 2f.)

 

Die Verfassung wurde am 15.6.2008 vom Parlament verabschiedet, welche am selben Tag in Kraft trat. (Quelle: UN, Security Council:

Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, 12.6.2008.)

 

Die serbische Staatsführung bezeichnete die Verfassung der abtrünnigen Provinz als "rechtlich nicht existent". Präsident Boris Tadic kündigte an, die Proklamation der Kosovo-Verfassung werde von Belgrad nicht als rechtsgültig anerkannt. Nach den Übergangsbestimmungen der Verfassung sind alle kosovarischen Institutionen verpflichtet, mit dem Internationalen Beauftragten, internationalen Organisationen und anderen Akteuren voll zu kooperieren, deren Mandat im Status Vorschlag des UNO-Vermittlers Ahtisaari definiert wurde. Auch die im Kosovo seit Juni 1999 stationierte NATO-geführte internationale Schutztruppe KFOR wird weiterhin das Mandat und die Befugnisse im Einklang mit einschlägigen internationalen Instrumenten genießen, die UNO-Resolution 1244 eingeschlossen. (Quelle: APA 10.6.2008: Der Kosovo will Heimat aller seiner Bürger sein.)

 

1.1.1.b.4.1.Staatsangehörigkeit:

 

Das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) der Republik Kosovo trat am 15.6.2008 in Kraft. Nach Art. 155 StAG haben alle rechtmäßigen Bewohner Kosovos einen Anspruch auf die kosovarische Staatsbürgerschaft. Außerdem haben ihn alle Bürger (und deren Abkömmlinge) der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien, die am 1.1.1998 ihren ständigen Wohnsitz in Kosovo, unabhängig vom derzeitigen Wohnort, hatten. Ein Bürger kann auch Bürger eines oder mehrerer anderer Staaten sein, der Erwerb oder Besitz einer anderen Staatsbürgerschaft bedeutet nicht den Verlust der kosovarischen Staatsangehörigkeit.

 

Jeder, der die Voraussetzungen erfüllt, gilt automatisch als Staatsbürger der Republik Kosovo. Nach Art. 28 StAG ist jede Person, die als "habitual resident" gemäß UNMIK Regulation No. 2000/13 im Zivilregister registriert wurde, als Staatsbürger Kosovos zu betrachten (shall be considered) und als solcher in einem Staatsbürgerschaftsregister zu erfassen. (Quelle: [dt.] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 08/2008.)

 

1.1.1.c. Religionsfreiheit

 

Im Kosovo sind Islam und Christentum mit verschiedenen Untergruppen vertreten. Die Bevölkerung ist sehr religionstolerant, trotz verstärkter Versuche vor allem der arabischen Staaten den sehr pragmatischen Islam fundamentalistischer zu gestalten, war das in der breiten Bevölkerung nicht erfolgreich. Die freie Religionsausübung ist im Kosovo uneingeschränkt möglich, es besteht eine gegenseitige Akzeptanz. (Quelle: Kosovo-Bericht 29.9.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, 7ff.)

 

1.1.2. Sicherheitslage:

 

1.1.2.a. generelle Lageentwicklung:

 

Insgesamt hat sich die Sicherheitslage seit Juni 1999 verbessert, mit den Unruhen Mitte März 2004 wieder punktuell eingetrübt (ohne auf das Niveau von 1999 zurückzufallen). Nach den Ausschreitungen im März 2004 gab es keine weiten Unruhen mehr. (Quelle: [dt.] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, 9.)

 

Für den Großteil der Bevölkerung im Südkosovo und auch in den anderen serbischen Gemeinden außerhalb des Brennpunktes Mitrovica gestaltet sich das Leben völlig normal und ist in keiner Weise von mangelnder Sicherheit betroffen. (Quelle: Kosovo-Bericht 29.9.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, 46f.)

 

1.1.2.b. Sicherheitsaspekte in Bezug auf AKSh:

 

Seit 2002 macht die "Albanische Nationale Armee" (AKSh), vormals "Front für Albanische Nationale Einheit" (FBKSh), durch wiederholte großalbanische Propaganda in den Medien und durch die Übernahme der Verantwortung für den Sprengstoffanschlag auf die Eisenbahnlinie bei Zveçan/Zvecan im April 2003 auf sich aufmerksam. Eine akute Gefährdung der Sicherheitslage in der Region stellt diese bewaffnete Gruppierung, die Verbindungen zu ehemaligen und aktiven Mitgliedern des KPC und mutmaßlich auch zu Strukturen der organisierten Kriminalität hat, derzeit jedoch nicht dar. UNMIK hat diese bewaffnete Gruppierung als terroristische Organisation verboten, wodurch schon die reine Mitgliedschaft zu einer strafbaren Handlung wird. Auch 2006 verübte die AKSh vermutlich weitere kriminelle Handlungen. (Quelle: [dt.] Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro [Kosovo], 29.11.2007, 8.)

 

Nach den zur Verfügung stehenden Quellen wird durch die Gruppe keine zwangsweise Rekrutierung von Personen durchgeführt, auch sind keine Fälle von "Bestrafungen" bekannt. Die in Österreich, Deutschland und der Schweiz vorgelegten Ladungen und Drohschreiben wurden bisher immer als Fälschungen eingestuft.

 

Personengruppen versuchen unter dem Deckmantel "AKSh" ihre kriminellen Tätigkeiten auszuüben (Straßenraub, etc), bzw. Druck auf politische Verantwortungsträger unter dieser Bezeichnung durchzuführen. Das Auftreten von diversen Gruppen passiert meist in der Nacht bei Stützpunkten auf der Straße, welche - wie oben angeführt - meist kriminellen Zwecken dienen. Zwei in diesem Zusammenhang ergangene Verurteilungen zeigen, dass wirksamer Schutz durch die kosovarischen Behörden besteht. Zusätzlich sind bei Bedarf noch Unterstützungen durch KFOR und EULEX-Police im Anlassfall möglich. (Quelle: Kosovo-Bericht 29.9.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, 51.)

 

1.1.2.c. Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden:

 

1.1.2.c.1. Kosovo Police (KP), ehemals Kosovo Police Service KPS/ShPK:

 

KPS geht Anzeigen professionell nach. Beschwerden und Anzeigen gegen Angehörige von KPS werden sehr genau auch im Zuge von Disziplinarverfahren untersucht, Konsequenzen wie Suspendierungen, etc werden nach den bisherigen Erfahrungswerten fast rascher ausgesprochen als in Österreich. (Quelle: Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. Andreas Pichler, 22.10.2006, Zahl 154/07 an das Bundesasylamt; Commission of the European Communities: Kosovo Under UNSCR 1244 2007 Progress Report, COM(2007) 663 final, 6.11.2007, 46.)

 

Die EULEX-Police überwacht KP auch im Hinblick darauf, ob Anzeigen entgegengenommen werden. (Quelle: Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. Andreas Pichler, 15.1.2009, Zahl 10/09 an den Asylgerichtshof.)

 

KFOR hat keine Exekutivgewalt im Kosovo und leitet (gegebenenfalls) Anzeige an eine dafür zuständige Stelle weiter. Als weitere Möglichkeit bietet sich eine direkte Anzeige bei der Justiz (Staatsanwalt) an, wo dann über die weitere Vorgangsweise entschieden wird.

 

Die Beamten von KPS tragen deutlich sichtbar ihre jeweilige Dienstnummer, wodurch eine Zuordnung ohne Probleme möglich ist. Die Tätigkeit ist in den Dienstberichten dokumentiert und transparent nachvollziehbar.

 

Das Einbringen von Beschwerden ist jederzeit möglich, aufgrund der Sensibilisierung werden Beschwerden auch rasch behandelt und führen - wenn berechtigt - zu den entsprechenden Konsequenzen für den betroffenen Funktionsträger. Missstände in der Verwaltung können auch beim Ombudsmann angezeigt werden. Dieser strich bei einem persönlichen Gespräch hervor, dass Beschwerden gegen KPS von dieser Institution unverzüglich und effizient bearbeitet werden, was bei anderen Institutionen absolut nicht der Fall wäre. (Quelle:

Kosovo-Bericht 31.3.2007 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, 9f.)

 

Zudem wird die Tätigkeit jeder Polizeidienststelle von der OSZE (Security Issues Officer) überwacht. Täglich werden Polizeiberichte verfasst, welche auch der OSZE übermittelt werden. Gegebenenfalls kann sich eine Person auch an die OSZE wenden, sollte ein KPS Mitarbeiter seine Kompetenzen überschritten bzw. nicht erfüllt haben. (Quelle: Demaj, Violeta: Gutachten zu Aktivitäten der AKSh, 7.5.2007, 11.)

 

1.1.2.c.2. UNMIK Police/EULEX Police:

 

Seit August 1999 war UNMIK-Police im Kosovo präsent. Konkrete operative Aufgaben bestanden in der Region Mitrovica (noch nicht an KPS übergeben), in der Abteilung für Organisierte Kriminalität, im Interpol-Büro, bei Kriegsverbrechen und im Ordnungsdienst (Demonstrationen, etc). Sonderfälle waren die Einheiten für Zeugenschutz, Transport von Häftlingen und Personenschutz. Sonst hatte UNMIK-Police eine beobachtende Funktion von KPS eingenommen. Nunmehr hat EULEX Police die Rolle von UNMIK-Police übernommen. Der Aufgabenbereich liegt in Überwachung und Beratung der lokalen Polizei. Operative Aufgaben im Polizeibereich sind:

Finanzverbrechen, Kriegsverbrechen, Organisierte Kriminalität, Wirtschaftsverbrechen, Terrorismus. (Quelle: Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. Andreas Pichler, 15.1.2009, Zahl 10/09 an den Asylgerichtshof.)

 

Generell ist für alle ethnischen Albaner, auch solchen in Gebieten, wo sie eine Minderheit bilden, hinlänglicher Schutz durch UNMIK/KPS verfügbar. UNMIK/KPS sind willens und auch in der Lage, denjenigen, die Verfolgung befürchten, Schutz zu gewähren und stellen einen rechtlichen Mechanismus zur Ermittlung, Strafverfolgung und Bestrafung von Verfolgungsmaßnahmen sicher. (Quelle: Home Office, Operational Guidance Note Kosovo, 22.7.2008, 4f.)

 

1.1.2.c.3. Kosovo Protection Corps KPC/TMK - Kosovo Security Force

KSF/FSK:

 

KPC/TMK wurde nach der Demilitarisierung der Kosovo Liberation Army KLA/UCK 1999 gegründet und wird in Ausrüstung, Training und Dienstversehung durch Kosovo Force KFOR unterstützt. Nach Ablauf der Übergangsphase von 120 Tagen nach Ausrufung der einseitigen Unabhängigkeitserklärung sollte KPC/TMK in eine Kosovo Security Force KSF/FSK übergeleitet werden. Die Schaffung der neuen Einheit ist im Ahtisaari-Paket vorgesehen. Die Auflösung von KPC/TMK wurde im Parlament mittels Gesetz 2008/03-L083 am 13.6.2008 beschlossen. (Quelle: Kosovo-Bericht 29.9.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, 42.)

 

Umgesetzt wird der Plan am 20.1.2009: KPC/TMK wird aufgelöst, am 21.1.2009 wird KSF die Tätigkeit aufnehmen. Die Truppe (bis zu 2500 Aktive und 800 Reservisten) wird anfangs für Krisenmanagement, Zivilschutz und Minenräumung verantwortlich sein und unter Überwachung von KFOR stehen. (Quelle: SETimes 15.1.2009: Kosovo Security Force to begin work within days.)

 

Zum ersten Befehlshaber wurde General Sylejman Selimi ernannt, einer der Gründer und auch Generalstabschef der albanischen Kosovo-Befreiungsarmee UCK. (Quelle: APA 20.12.2008: Kosovo ernannte Befehlshaber für neue Sicherheitskräfte.)

 

1.1.2.c.4. KFOR:

 

KFOR hat eine Präsenz von ca. 16.000 Soldaten und gliedert sich in fünf Regionen, welche jeweils unter verschiedener Führung stehen, das Hauptquartier ist in Pristina. Das Vertrauen der Bevölkerung in KFOR ist im Vergleich mit anderen internationalen Institutionen am höchsten. KFOR führt immer wieder zahlreiche Projekte durch, mit welchen die Infrastruktur im Kosovo verbessert werden soll. (Quelle:

Kosovo-Bericht 29.9.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, 45f.)

 

1.1.2.c.5. Municipal Community Safety Council:

 

In allen Gemeinden des Kosovo besteht ein "Municipal Community Safety Council" (MCSC, Rat zum Schutz der Volksgruppen). Dem Rat gehören neben KFOR, UNMIK-Polizei, KPS auch Vertreter der verschiedenen Glaubensgemeinschaften (orthodoxe, katholische, islamische Gemeinschaft) wie auch alle Dorfvorsitzenden der Gemeinde an. Zweck des Rates, welcher vom Gemeindepräsidenten einberufen wird, ist es, einmal pro Monat über die Sicherheitslage im Allgemeinen und eventuelle Bedenken bzw. Bedürfnisse der einzelnen ethnischen bzw. religiösen Minderheiten zu beraten und wenn erforderlich korrigierende Maßnahmen zu ergreifen. Personen, die sich unsicher fühlen, können sich an diesen Rat wenden bzw. über ihre Dorfräte ihre Sicherheitsbedenken den zuständigen Behörden bekannt machen. So klagte beispielsweise der Dorfrat eines Dorfes im albanischen Grenzgebiet in der Gemeinde Gjakove/Djakovica (der MCSC wurde in dieser Gemeinde im August 2006 eingerichtet) über Raubüberfälle (vorwiegend Viehraub) durch maskierte Banden. Zur Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung dieser Gegend verstärkte die KFOR ihre Truppen in der Region und auch die Polizei führt seither mehr Patrouillen in der Region durch. (Quelle: Demaj, Violeta: Gutachten zu Aktivitäten der AKSh, 7.5.2007, 11f.)

 

1.1.2.d. Sicherheitslage für ethnische Albaner:

 

Der UNHCR wies bereits im Januar 2003 darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der Kosovo-Albaner, die während der Kosovo-Krise geflohen waren, nach Hause zurückgekehrt ist. Die Sicherheitslage hat sich im Allgemeinen für Angehörige der albanischen Mehrheitsbevölkerung in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Nicht zuletzt die größere Effizienz der lokalen Polizei "KPS" und eine Verbesserung des lokalen Gerichtswesens haben dazu beigetragen, die Situation (für ethnische Albaner) zu verbessern. Zudem haben aber auch das - für Nachkriegssituationen typische - allgemeine Chaos und die relative Normenungebundenheit, die in der Gesellschaft vorherrschte nachgelassen und ein mehr geregeltes gesellschaftliches Leben ist an deren Stelle getreten. Gegenwärtig gibt die allgemeine Sicherheitslage für ethnische Albaner, d.h. Angehörige des nunmehrigen Mehrheitsvolkes in Kosovo, bis auf genau definierte Ausnahmen zu Besorgnissen keinen Anlass mehr. (Quelle: Müller, Stephan: Allgemeines Gutachten zur Situation im Kosovo, 15.2.2007,

4f.)

 

Im Positionspapier des UNHCR vom Juni 2006 wird aber darauf hingewiesen, dass es immer noch einige Kategorien von Kosovo-Albanern (so z.B. aus Gebieten in denen sie eine ethnische Minderheit bilden oder Kosovo-Albaner in Mischehen und Personen gemischt-ethnischer Herkunft, Kosovo-Albaner, die der Mitarbeit mit dem serbischen Regime nach 1990 verdächtigt werden sowie Opfer von Menschenhandel) gibt, die mit ernsten Problemen, einschließlich pyhsischer Gefahr, konfrontiert werden könnten, wenn sie derzeit nach Hause zurückkehren würden. (Quelle: UNHCR-Positionspapier vom Juni 2006, 9.)

 

Katholische Albaner sind im politischen wie wirtschaftlichen Leben voll integriert und sind keinerlei Benachteiligungen durch die mehrheitlich moslemischen Albaner ausgesetzt.

 

Für eine Diskriminierung bzw. Verfolgung der katholischen Albaner im Kosovo durch die mehrheitlich moslemische Bevölkerung gibt es keine Anhaltspunkte. Auch sind keine Einzelfälle von Übergriffen bekannt geworden. Katholische Albaner sind keiner Verfolgung bzw. besonderen Gefährdung aufgrund ihrer religiösen Überzeugung ausgesetzt. (Quelle: Demaj, Violeta: Katholische Albaner im Kosovo. Gutachten erstellt im Juli 2006, 13ff.)

 

1.1.3. Rückkehrfragen: Wirtschaft, Grundversorgung und Gesundheitssystem im Kosovo

 

1.1.3.a. Wirtschaft:

 

Trotz der Unabhängigkeit ist die wirtschaftliche Lage in der rohstoffreichen Region weiterhin äußerst prekär. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von ca. 1.100 Euro/Kopf ist der Kosovo Schlusslicht in Europa. Die Arbeitslosigkeit beträgt über 40 Prozent. Das Land hat mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren die jüngste Bevölkerung Europas und die höchste Geburtenrate. Ein Drittel der Einwohner ist jünger als 14 Jahre. Jährlich drängen 36.000 junge Leute neu auf den Arbeitsmarkt. (Quelle: [dt.] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008, 2f.)

 

1.1.3.b. Grundversorgung/Sozialwesen:

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die Bevölkerung des Kosovo ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. sozial schwache Bewohner von Enklaven) nicht mehr auf die Lebensmittelversorgung durch internationale Hilfsorganisationen angewiesen.

 

Bedürftige Personen erhalten Unterstützung in Form von Sozialhilfe, die von den "Municipalities" ausgezahlt wird, sich allerdings auf sehr niedrigem Niveau bewegt. (Quelle: [dt.] Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien u. Montenegro [Kosovo], 29.11.2007, 17.)

 

Die Kriterien für die Sozialhilfe sind entsprechend geregelt und auch im Verwaltungsweg durchsetzbar.

 

Der Zusammenhalt der Familien besonders im ländlichen aber auch im städtischen Bereich sichert das wirtschaftliche Überleben, verbunden mit Unterstützungszahlungen von Verwandten aus dem Ausland. Zusätzliche Einnahmequellen bestehen in der Landwirtschaft bzw. durch die Erledigung von Gelegenheitsarbeiten vor allem in der Baubranche. (Quelle: Kosovo-Bericht 29.9.2008 von Obstlt. Andreas Pichler, Verbindungsbeamter des BMI, 15.)

 

Darüber hinaus finden sich im Kosovo nach wie vor einzelne internationale und nationale humanitäre Organisationen (Mutter Teresa, Rotes Kreuz, Caritas, ...), die humanitäre Hilfe ermöglichen.

 

Weiters sind zahlreiche NGOs im Kosovo tätig, die eine zusätzliche Möglichkeit darstellen, bei auftretenden Problemen welcher Art auch immer entsprechende Unterstützung zu erhalten. (Quelle: Auskunft des Verbindungsbeamten Obstlt. Andreas Pichler, 12.11.2007, Zahl 536/07 an das Bundesasylamt.)

 

1.1.3.c. Gesundheitswesen:

 

Im Kosovo existiert grundsätzlich eine funktionierende Grundversorgung im Gesundheitswesen, allerdings liegt die Gesundheitsversorgung wie auch die Möglichkeiten zur Behandlung bestimmter Krankheiten nicht auf dem Niveau westeuropäischer Staaten. Für bestimmte Personengruppen ist die Gesundheitsversorgung kostenlos; allerdings werden seitens des medizinischen Personals gewisse "Aufmerksamkeiten" erwartet. Diese "Aufmerksamkeiten" haben jedoch - in der Regel für Angehörige der albanischen Volksgruppe - keine existenzbedrohenden Ausmaße. (Quelle: Müller, Stephan: Allgemeines Gutachten zur Situation im Kosovo, 15.2.2007, 12.)

 

1.2. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist am 00.00.00 in K. geboren, dort aufgewachsen und trägt den im Spruch angeführten Namen. Er ist kosovarischer Staatsangehöriger, Angehöriger der albanischen Volksgruppe und muslimischen Glaubens. In seinem Heimatort leben seine Eltern, seine Ehefrau und seine Söhne und betreiben dort eine Landwirtschaft.

 

Er hat den Kosovo aus wirtschaftlichen Gründen verlassen.

 

2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

 

2.1. Die Feststellungen zur Situation in der Republik Kosovo stützen sich auf die zitierten Quellen. Angesichts der Seriosität dieser Quelle und der Plausibilität ihrer Aussagen, denen die Verfahrensparteien nicht substantiiert entgegentreten sind, besteht für den Asylgerichtshof kein Grund, an der Richtigkeit dieser Ausführungen zu zweifeln.

 

2.2. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben, dem von ihm vorgelegten Führerschein und den Länderfeststellungen zur Staatsangehörigkeit (vgl. oben Pkt. 1.1.1.b.4.1.). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer den Kosovo aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt.

 

3. Rechtlich folgt:

 

3.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz BGBl. I 4/2008 idF BGBl. I 147/2008, in der Folge: AsylGHG) ist auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof grundsätzlich das AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 23 Abs. 1 AsylGHG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.

 

3.2.1. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen, jedoch mit der Maßgabe, dass einzeln aufgezählte Bestimmungen - darunter § 8 AsylG - in der Fassung der Novelle anzuwenden sind.

 

3.2.2. Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1. Mai 2004 gestellt; das Verfahren war am 31. Dezember 2005 anhängig. Es ist daher nach dem AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 - mit der genannten Maßgabe - zu führen.

 

3.3. Gemäß § 41 Abs. 7 Asylgesetz 2005 hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Diese Bestimmung ist auch in Verfahren, die nach dem Asylgesetz 1997 zu führen sind, anzuwenden (vgl. dazu ebenfalls AsylGH 12.8.2008, C5 251.212-0/2008/11E).

 

3.4. Der Beschwerdeführer erhob ausschließlich gegen die Refoulemententscheidung des Bundesasylamtes Beschwerde. Damit erwuchs die Asylentscheidung in Rechtskraft.

 

3.5.1. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nach § 57 FrG zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft getreten; am 1. Jänner 2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I 100/2005; in der Folge: FPG) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, di. § 50 FPG. Ob dies wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht - da doch Asylverfahren, die am 31. Dezember 2005 bereits anhängig waren, nach dem AsylG weiterzuführen sind - braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre und da sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe. Angemerkt sei jedoch, dass ein Verweis des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 50 FPG nicht etwa jene Rechtslage herstellte, die dem Asylgesetz 2005 entspricht; § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (der inhaltlich dem § 8 Abs. 1 AsylG entspricht) verweist nämlich nicht auf § 50 FPG, sondern regelt den subsidiären Rechtsschutz etwas anders als § 8 Abs. 1 AsylG, er zählt auch die maßgeblichen Bedrohungen selbst auf, und zwar in einer Weise, die nicht wörtlich dem § 50 FPG entspricht.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer Einschränkung, die im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht kommt - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK).

 

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG idF BG BGBl I 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I 75/1997) zurückgegriffen werden (VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059; 19.2.2004, 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt (die Änderung diente nur der Verdeutlichung). Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG - nunmehr § 8 Abs. 1 AsylG - iVm) § 57 FrG ist Voraussetzung einer Feststellung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Beschwerdeführer betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 25.1.2001, 2000/20/0438). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203;

8.6.2000, 99/20/0586; 21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480;

21.6.2001, 99/20/0460; 16.4.2002, 2000/20/0131; vgl. dazu überdies EUGH 17.2.2009, Elgafaji, C-465/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 45, wonach eine Bedrohung iSd Art. 15 lit. c der Richtline 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 [StatusRL] auch dann vorliegt, wenn der einen bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

 

3.5.2. Aufgrund des Gesagten ist anzunehmen, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers wäre aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht; daher liegt kein Fall des § 57 Abs. 2 FrG vor. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur EMRK verletzt würde. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass im Kosovo (wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt) nicht eine solch extreme Gefährdungslage besteht, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre; ebenso wenig liegt eine Bedrohungssituation iSd Art. 15 lit. c StatusRL vor (vgl. dazu das bereits zitierte Urteil des EUGH vom 17. Februar 2009, Elgafaji, C-465/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 41, wonach es Sache der Gerichte der Mitgliedsstaaten ist, sich um eine Auslegung des nationalen Rechts zu bemühen, die in Einklang mit der genannten Richtlinie steht). Der Beschwerdeführer hat auch keinen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" glaubhaft machen können, der ein Abschiebungshindernis bilden könnte: Die Grundversorgung ist im Kosovo gewährleistet. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Sozialhilfe zu erlangen sowie nötigenfalls die Hilfe von Hilfsorganisationen in Anspruch zu nehmen. Abgesehen davon verfügt der Beschwerdeführer in der Republik Kosovo, wo zumindest seine Eltern, seine Ehefrau und seine Söhne leben, über ein familiäres Netz. Schließlich ist auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach sich aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 FrG ergibt (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, 2001/01/0021). Damit liegen auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG vor.

 

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 7 Asylgesetz 2005 unterbleiben.

Schlagworte
Lebensgrundlage, non refoulement, soziale Verhältnisse
Zuletzt aktualisiert am
21.04.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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