TE Vwgh Erkenntnis 2009/2/27 2008/17/0129

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Veröffentlicht am 27.02.2009
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Index

E3R E03102000;
E3R E03600500;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

31985R2220 Sicherheiten landwirtschaftliche Erzeugnisse Art22;
32000R1291 Vorausfestsetzungsbescheinigung landw Erzeugnisse Art33 Abs2 lita;
32000R1291 Vorausfestsetzungsbescheinigung landw Erzeugnisse Art35 Abs4 lita;
32000R1291 Vorausfestsetzungsbescheinigung landw Erzeugnisse Art35 Abs4 litd;
B-VG Art139 Abs6;
MOG Lizenzen Marktordnungswaren 2002 §9;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der R - R W A AG in W, vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in 1220 Wien, ARES-Tower, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 25. Jänner 2008, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0109- I/7/2008, betreffend den Verfall von Sicherheiten für Ausfuhrlizenzen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit insgesamt zehn Bescheiden des Vorstandes für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria (AMA), jeweils vom 25. April 2006, erklärte dieser Sicherheiten betreffend jeweils näher genannte Ausfuhrlizenzen in der Höhe von insgesamt etwa EUR 230.000,-- für verfallen.

Diese Bescheide wurden im Wesentlichen damit begründet, dass die beschwerdeführende Partei den geforderten zusätzlichen Ausfuhrnachweis nicht in der dafür vorgesehenen Frist von zwölf Monaten bzw. einer Nachfrist von 24 Monaten erbracht habe.

1.2. Mit Bescheid vom 8. November 2006 wies die belangte Behörde die dagegen jeweils erhobenen Berufungen vom 5. Mai 2006 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Aus Anlass der dagegen an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde beschloss dieser gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolgen "- und Ausfuhr" in § 110 Abs. 4 Z. 1 des Marktordnungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 210/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2001, sowie gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des § 9 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Lizenzen für Marktordnungswaren, BGBl. II Nr. 59/2002 (in der Folge auch: Lizenzverordnung), von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2007, G 196/07, V 79/07, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass die genannten Wortfolgen in § 110 Abs. 4 Z. 1 des Marktordnungsgesetzes 1985 in der erwähnten Fassung verfassungswidrig und § 9 der erwähnten Verordnung des Bundesministers gesetzwidrig gewesen seien.

Mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2007, B 2149/06, hob der Verfassungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 8. November 2006 auf; die beschwerdeführende Partei sei durch diesen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes bzw. einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

1.3. Mit ihrem (Ersatz)Bescheid vom 25. Jänner 2008 wies die belangte Behörde die Berufungen der beschwerdeführenden Partei (erneut) gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, das Marktordnungs-Überleitungsgesetz habe in § 1 Abs. 3 Z. 3 die Geltung der Lizenzverordnung bis 31. Jänner 2008 als Bundesgesetz erklärt. Dadurch werde auch die nationale Regelung des (vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen) § 9 der Lizenzverordnung über den "zusätzlichen Nachweis" in den Gesetzesrang erhoben.

Unbestritten sei, dass die beschwerdeführende Partei den zusätzlichen Nachweis im Sinne des Art. 33 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 nicht innerhalb der im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Frist bzw. Nachreichfrist vorgelegt habe. Entgegen der Argumentation der beschwerdeführenden Partei gehe die belangte Behörde davon aus, dass nur die Art des Nachweises im Ermessen des Mitgliedstaates stehe, nicht aber, ob ein zusätzlicher Nachweis zu erbringen sei. Dies ergebe sich schon aus Art. 35 Abs. 4 lit. d leg. cit., wo klar festgelegt werde, dass von der Vorlage des zusätzlichen Nachweises nur abgesehen werden könne, wenn der zuständigen Behörde die erforderlichen Informationen bereits vorlägen. Es könne daher bei Fehlen der erforderlichen Informationen vom zusätzlichen Nachweis nicht abgesehen werden. Durch den Nachweis der Annahme der in Art. 24 Abs. 1 lit. b leg. cit. genannten "Anmeldung" betreffend Abschreibungsvermerke auf der Ausfuhrlizenz sei für das betreffende Erzeugnis nur der Nachweis erbracht worden, dass dieses für die Ausfuhr angemeldet und vom Zoll geprüft worden sei. Der Nachweis des tatsächlichen Austritts des betreffenden Erzeugnisses aus dem Gemeinschaftsgebiet erfolge ausschließlich durch die Abstempelung des Exemplars Nr. 3 beim tatsächlichen Grenzübertritt (ausgenommen im vereinfachten Verfahren bei der Eisenbahn).

Soweit die beschwerdeführende Partei vorbringe, dass die Vorlage von zusätzlichen Nachweisen keine Hauptpflicht wäre und daher - allenfalls - nur die Regeln der Nichterfüllung einer Nebenpflicht anzuwenden seien, sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Regelung des Art. 35 der Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 um eine lex specialis handle, der im Vergleich zum Regelungsinhalt der Verordnung (richtig: EWG) Nr. 2220/85 (als lex generalis) Vorrang zukomme (siehe auch Art. 1 der genannten Verordnung). Aber auch in Art. 20 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 werde die Vornahme oder Unterlassung einer Handlung, die, wie die Vorlage eines zusätzlichen Nachweises für die Ziele der Verordnung von grundsätzlicher Bedeutung sei, als Hauptpflicht definiert (insofern bestehe kein Widerspruch zum Urteil des EuGH in der Rs C- 161/96 Südzucker). Art. 33 Abs. 2 der auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 fordere - unter ausdrücklichem Verweis auf Art. 32 - zwingend einen zusätzlichen Nachweis bei Ausfuhren aus der Gemeinschaft, welcher gemäß Art. 35 Abs. 4 lit. a zweiter Anstrich binnen zwei Monaten, längstens aber gemäß Art. 35 Abs. 4 lit. c (unter Einbehalt von 15 % der Sicherheit) binnen 24 Monaten nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Lizenz zu erbringen sei. Nach Ablauf der 24 Monate Frist seien die gesamten Beträge einzubehalten, die endgültig einzubehalten gewesen wären, wenn die Erzeugnisse nicht ein- bzw. ausgeführt worden wären.

Außer Streit stehe, dass der für die gegenständlichen Lizenzen gemäß Art. 33 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 vorgesehene zusätzliche Nachweis gemäß § 9 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Lizenzen für Marktordnungswaren, BGBl. I Nr. 59/2002, in Form des Exemplars 3 der zollamtlichen Ausfuhranmeldung, nicht innerhalb der im Gemeinschaftsrecht längstens vorgesehenen Frist (zwölf Monate nach Ablauf der Gültigkeit der Lizenz, siehe Abs. 4 lit. a zweiter Anstrich des Art. 35 der Verordnung (EG) Nr. 1291/2000) der AMA übermittelt worden sei. Dementsprechend sei für die Teilmengen einer näher angeführten Lizenz gemäß Art. 35 Abs. 4 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 ein Kautionsverfall von 15 % auszusprechen gewesen. Außer Streit stehe auch, dass für die übrigen Lizenzen der zusätzliche Nachweis nicht innerhalb von 24 Monaten nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Lizenz erbracht worden sei. Somit sei aber - für die Frage der Freigabe der hinterlegten Sicherheiten - gemäß Art. 35 Abs. 4 lit. c von der Fiktion auszugehen, dass das betreffende Erzeugnis nicht ausgeführt worden sei. In diesem Falle sei aber im Sinne des Art. 35 Abs. 1 leg. cit. die gesamte für die betreffende Lizenz hinterlegte Sicherheit einzubehalten gewesen.

Die Rechtsfolgen eines Terminverlustes im Zusammenhang mit dem zusätzlich zu erbringenden Nachweis seien direkt aus dem von der belangten Behörde nicht zu überprüfenden Gemeinschaftsrecht abzuleiten.

1.4. Mit Beschluss vom 25. Juni 2008, B 422/08, lehnte der dagegen zunächst mit Beschwerde angerufene Verfassungsgerichtshof deren Behandlung ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, die vorliegende Beschwerde rüge die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Nach den Beschwerdebehauptungen seien diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Hinweis auf VfSlg. 17.156/04) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die Normbedenken träfen nicht zu, weil es nicht unzulässig sei, wenn der Gesetzgeber - nach Aufhebung einer Verordnung mangels gesetzlicher Grundlage durch den Verfassungsgerichtshof - nachträglich eine der seinerzeitigen Verordnung entsprechende gesetzliche Regelung trifft.

1.5. In der mit Schriftsatz vom 9. September 2008 ergänzten Beschwerde bekämpft die beschwerdeführende Partei vor dem Verwaltungsgerichtshof den Bescheid vor der belangten Behörde vom 25. Jänner 2008 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Die Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 des Rates vom 30. Juni 1992, ABl. L 181 vom 1. Juli 1992, S. 21, regelt die gemeinsame Marktorganisation für Getreide. In den Erwägungsgründen zu dieser Verordnung heißt es unter anderem:

"Die Verwirklichung eines gemeinsamen Marktes für Getreide in der Gemeinschaft erfordert neben einer Regelung garantierter Preise die Einführung einer einheitlichen Handelsregelung an den Außengrenzen der Gemeinschaft. Neben dem Interventionssystem trägt eine Handelsregelung mit einem Abschöpfungs- und Ausfuhrerstattungssystem gleichfalls dazu bei, den Gemeinschaftsmarkt zu stabilisieren, indem sie insbesondere vermeidet, dass sich die Schwankungen der Weltmarktpreise auf die Preise innerhalb der Gemeinschaft auswirken. Es empfiehlt sich daher, die Erhebung einer Abschöpfung bei der Einfuhr aus dritten Ländern und die Zahlung einer Erstattung bei der Ausfuhr nach diesen Ländern vorzusehen, die beide den Unterschied zwischen den außerhalb und innerhalb der Gemeinschaft geltenden Preisen ausgleichen sollen. ...

Die zuständigen Behörden müssen in die Lage versetzt werden, zwecks Beurteilung der Marktentwicklung den Warenverkehr ständig zu verfolgen, um gegebenenfalls die gebotenen Maßnahmen anwenden zu können, die in dieser Verordnung vorgesehen sind. Zu diesem Zweck ist die Erteilung von Einfuhr- oder Ausfuhrlizenzen in Verbindung mit der Stellung einer Sicherheit vorzusehen, welche die Durchführung der Ein- bzw. Ausfuhren garantiert, für die diese Lizenzen beantragt worden sind."

Demzufolge bestimmt auch Art. 9 dieser Verordnung (in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 3290/94 des Rates vom 22. Dezember 1994, ABl. L 349, S. 105) wie folgt:

"(1) Für alle in Artikel 1 genannten Einfuhren in die Gemeinschaft und Ausfuhren aus der Gemeinschaft ist die Vorlage einer Einfuhr- bzw. Ausfuhrlizenz erforderlich.

Die Lizenz wird von den Mitgliedstaaten jedem Antragsteller unabhängig vom Ort seiner Niederlassung in der Gemeinschaft und unbeschadet der Bestimmungen erteilt, die zur Anwendung der Artikel 12 und 13 getroffen werden.

Die Ein- und die Ausfuhrlizenz gelten in der gesamten Gemeinschaft. Die Erteilung dieser Lizenzen ist an die Stellung einer Sicherheit gebunden, die die Erfüllung der Verpflichtung gewährleisten soll, die Einfuhr oder Ausfuhr während der Gültigkeitsdauer der Lizenz durchzuführen; außer in Fällen höherer Gewalt verfällt die Sicherheit ganz oder teilweise, wenn die Ein- bzw. Ausfuhr innerhalb dieser Frist nicht oder nur teilweise erfolgt ist.

(2) Die Gültigkeitsdauer der Lizenzen und die sonstigen Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel werden nach dem Verfahren des Artikels 23 festgelegt."

2.1.2. Die Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 der Kommission vom 22. Juli 1985 mit gemeinsamen Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Sicherheiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. L 205 vom 3. August 1985, S. 5, ist gemäß ihrem Art. 1 auch auf die Sicherheiten im Rahmen der Getreidemarktordnung auf Grund der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 des Rates anzuwenden.

In ihren Erwägungsgründen heißt es unter anderem:

"Zahlreiche Bestimmungen der Agrarmarktverordnungen der Gemeinschaft verlangen die Leistung einer Sicherheit, um bei Nichterfüllung einer Verpflichtung die Zahlung eines bestimmten Betrages zu gewährleisten. Da jedoch dieses Erfordernis in der Praxis erfahrungsgemäß unterschiedlich ausgelegt wird, sollte es zur Verhütung ungleicher Wettbewerbsbedingungen genauer definiert werden.

Insbesondere sollte die Form der Sicherheitsleistung näher

bestimmt werden.

...

Nach zahlreichen Vorschriften der Agrarmarktverordnungen der Gemeinschaft ist die geleistete Sicherheit im Falle eines Verstoßes gegen eine einer Sicherheit unterliegende Verpflichtung pauschal, ohne dass zwischen Verstößen gegen Haupt- oder Nebenpflichten oder untergeordnete Pflichten unterschieden wird. Aus Gründen der Angemessenheit sollte jedoch zwischen den Folgen eines grundsätzlichen bzw. eines geringfügigen Verstoßes unterschieden werden. Insbesondere sollte eine pauschale Lösung nach Möglichkeit nur für einen Teil einer Sicherheit vorgeschrieben werden, wenn die Verpflichtung zwar grundsätzlich eingehalten, die für ihre Einhaltung gesetzte Frist aber etwas überschritten wurde, oder wenn eine geringfügige Verpflichtung nicht eingehalten wurde.

...

Wenn nicht anderweitig geschehen, sollte in dieser Verordnung für die Erbringung des Nachweises, der zur Freigabe einer Sicherheit notwendig ist, eine Frist gesetzt werden.

...

Die Kommission sollte in die Lage versetzt werden, die Wirksamkeit der geleisteten Sicherheiten zu überwachen.

Diese Verordnung enthält die auf alle Sektoren und Erzeugnisse allgemein anwendbaren Vorschriften, sofern das für den jeweiligen Sektor geltende spezifische Gemeinschaftsrecht keine andere Regelung trifft. ..."

Nähere, auch im hier zu entscheidenden Beschwerdefall heranzuziehende Begriffsbestimmungen enthält Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85:

"Im Sinne dieser Verordnung ist

a) eine 'Sicherheit' eine Leistung, die Gewähr dafür bietet, dass im Falle der Nichterfüllung einer bestimmten Verpflichtung ein Geldbetrag an eine zuständige Stelle gezahlt oder von dieser einbehalten wird.

Diese Verordnung gilt in allen Fällen, in denen die in Art. 1 genannten Verordnungen eine Sicherheit im Sinne dieser Definition vorsehen, unabhängig davon, ob der Begriff 'Sicherheit' verwendet wird oder nicht;

b)

...

c)

eine 'Verpflichtung' ein oder mehrere in einer Verordnung vorgeschriebene Handlungsge- oder -verbote;

              d)              'zuständige Stelle' die Stelle, die zur Entgegennahme einer Sicherheit oder zur Entscheidung darüber ermächtigt ist, ob eine Sicherheit nach der einschlägigen Verordnung freigegeben oder einbehalten wird."

Nähere Vorschriften betreffend die Freigabe und den Verfall von Sicherheiten enthalten die Art. 20 ff der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85:

"Artikel 20

(1) Eine Verpflichtung kann eine Hauptpflicht, Nebenpflicht oder eine untergeordnete Pflicht sein.

(2) Eine Hauptpflicht ist eine Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen oder zu unterlassen, die für die Ziele der Verordnung, welche sie auferlegt, von grundsätzlicher Bedeutung ist.

(3) Eine Nebenpflicht ist eine Verpflichtung zur Einhaltung einer Frist für die Erfüllung einer Hauptpflicht.

(4) Eine untergeordnete Pflicht ist jede andere in einer Verordnung vorgeschriebene Verpflichtung.

(5) ...

Artikel 21

Eine Sicherheit wird freigegeben, sobald in der jeweils vorgeschriebenen Form nachgewiesen ist, dass die Hauptpflichten, Nebenpflichten und untergeordneten Pflichten erfüllt sind.

Artikel 22

(1) Eine Sicherheit verfällt in voller Höhe für die Menge, für die eine Hauptpflicht nicht erfüllt wurde, sofern nicht höhere Gewalt die Erfüllung verhinderte.

(2) Eine Hauptpflicht gilt als nicht erfüllt, wenn der entsprechende Nachweis innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist nicht erbracht wird, sofern nicht höhere Gewalt die Erbringung des Nachweises innerhalb der gesetzten Frist verhinderte. Das Verfahren nach Artikel 29 zur Einziehung des verfallenen Betrages wird unverzüglich eingeleitet.

(3) ...

Artikel 23

(1) Wird in Fällen der Nichterfüllung einer Nebenpflicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist der entsprechende Nachweis erbracht, dass die Hauptpflicht(en) erfüllt wurde(n), so wird die Sicherheit teilweise freigegeben, während der Restbetrag verfällt. Das Verfahren nach Artikel 29 zur Einziehung des verfallenen Betrages wird unverzüglich eingeleitet.

(2) ...

(3) Dieser Artikel gilt nicht für die Fristen zur Beantragung oder Ausnutzung von Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen ...

Artikel 24

(1) Die Nichterfüllung einer oder mehrerer untergeordneter Pflichten führt zum Verfall von 15 % des betroffenen Teilbetrags der Sicherheit, sofern nicht höhere Gewalt die Erfüllung verhinderte.

(2) ...

Artikel 25

Wurden sämtliche Hauptpflichten nachweislich erfüllt, eine Nebenpflicht und eine untergeordnete Pflicht aber nicht, so finden die Artikel 23 und 24 Anwendung und ist der gesamte verfallene Betrag gleich dem verfallenen Betrag gemäß Artikel 23, erhöht um 15 % des betreffenden Teilbetrags der Sicherheit.

...

Artikel 27

(1) Eine Sicherheit wird auf Antrag teilweise freigegeben, wenn der entsprechende Nachweis für einen Teil der Warenmenge erbracht wurde, sofern dieser Teil nicht unter der Mindestmenge liegt, die in der die Sicherheit vorschreibenden Verordnung festgesetzt ist.

Legt die betreffende Gemeinschaftsregelung keine Mindestmenge fest, so kann die zuständige Stelle bei jeder geleisteten Sicherheit die Anzahl der Teilfreigaben begrenzen und deren jeweilige Mindesthöhe festsetzen.

(2) ...

Artikel 28

(1) Ist keine Frist für die Erbringung des zur Freigabe der Sicherheit erforderlichen Nachweises festgesetzt, so beträgt diese

a) zwölf Monate nach Ablauf der für die Erfüllung der Hauptpflicht vorgesehenen Frist oder,

b) sofern keine solche Frist vorgesehen ist, zwölf Monate nach Erfüllung der Hauptpflichten.

(2) ..."

2.1.3. Nähere Regelungen betreffend die Sicherheiten in diesem Zusammenhang enthält die Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 der Kommission vom 9. Juni 2000 mit gemeinsamen Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. L 152 vom 24. Juni 2000, S. 1. Nach Art. 1 leg. cit. legt diese Verordnung unbeschadet abweichender Vorschriften in den besonderen Gemeinschaftsregelungen für bestimmte Erzeugnisse die gemeinsamen Durchführungsvorschriften für Einfuhrlizenzen, Ausfuhrlizenzen und Vorausfestsetzungsbescheinigungen - nachstehend Lizenzen genannt - fest, die eingeführt oder vorgeführt wurden durch (unter anderem) Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92.

In den Erwägungsgründen zu dieser Verordnung heißt es unter anderem wie folgt:

"(2) Die Gemeinschaftsverordnungen, mit denen die Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen eingeführt worden sind, schreiben für jede Einfuhr und jede Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen solche Lizenzen vor. Demzufolge muss der Anwendungsbereich dieser Lizenzen genau festgelegt werden, um Warenbewegungen auszuschließen, die keine Einfuhren oder Ausfuhren im eigentlichen Sinne darstellen.

...

(4) Die Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie die Vorausfestsetzungsbescheinigungen sollen eine ordnungsgemäße Verwaltung der gemeinsamen Marktorganisation gewährleisten. ...

...

(19) Die Gemeinschaftsverordnungen, mit denen diese Lizenzen eingeführt worden sind, bestimmen, dass die Erteilung der Lizenzen von der Stellung einer Sicherheit abhängig gemacht wird, die die Erfüllung der Verpflichtung sichern soll, die Einfuhr oder Ausfuhr während der Gültigkeitsdauer der Lizenzen durchzuführen. Es ist angebracht den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem die Ein- oder Ausfuhrverpflichtung als erfüllt gilt.

...

(15) Da die Einfuhr- oder Ausfuhrlizenz den Rechtsanspruch auf die Einfuhr bzw. Ausfuhr begründet, muss sie zum Zeitpunkt der Annahme der Einfuhr- oder Ausfuhranmeldung vorgelegt werden.

(16) Bei den vereinfachten Einfuhr- oder Ausfuhrverfahren kann von der Vorlage der Lizenz bei den Zollbehörden abgesehen bzw. die nachträgliche Vorlage gestattet werden; dennoch muss der Einführer oder Ausführer zum Zeitpunkt der Annahme der Einfuhr- oder Ausfuhranmeldung im Besitz der Einfuhr- oder Ausfuhrlizenz sein.

...

(20) Mitunter kann aus Gründen, die der Ausführer nicht zu vertreten hat, das Dokument, das als Nachweis dafür dient, dass das Erzeugnis das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hat, nicht vorgelegt werden, obwohl das Erzeugnis das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen oder in Fällen gemäß Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission seine Bestimmung erreicht hat. Dadurch kann der Handel behindert werden. In solchen Fällen sollten andere Dokumente als gleichwertiger Ersatz anerkannt werden.

(21) Die Gemeinschaftsverordnungen, mit denen die genannten Lizenzen eingeführt worden sind, bestimmen, dass die Sicherheit ganz oder teilweise verfällt, wenn die Einfuhr oder Ausfuhr nicht oder nur zum Teil während der Gültigkeitsdauer der Lizenz erfolgt. Hierzu müssen nähere Bestimmungen insbesondere für den Fall vorgesehen werden, dass die Verpflichtung zur Einfuhr oder Ausfuhr wegen höherer Gewalt nicht eingehalten werden kann. In diesem Fall kann die genannte Verpflichtung für annulliert erklärt oder die Gültigkeitsdauer der Lizenz verlängert werden. Damit jedoch eine Störung der Marktverwaltung ausgeschlossen ist, sollte diese Verlängerung in jedem Fall auf sechs Monate, vom Ende der ursprünglichen Gültigkeitsdauer angerechnet, beschränkt werden.

...

(23) Die Sicherheit, die bei Erteilung der Lizenzen geleistet wurde, wird freigegeben, sobald gegenüber den zuständigen Stellen der Nachweis erbracht wird, dass die betreffenden Erzeugnisse das Zollgebiet der Gemeinschaft innerhalb einer Frist von 60 Tagen nach dem Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung verlassen haben."

Nach Art. 8 Abs. 1 leg. cit. berechtigt und verpflichtet die Einfuhr- oder Ausfuhrlizenz dazu, mit dieser Lizenz, ausgenommen im Falle höherer Gewalt, innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer die angegebene Menge des bezeichneten Erzeugnisses und/oder der bezeichneten Ware einzuführen bzw. auszuführen.

Die in diesem Absatz genannten Pflichten sind Hauptpflichten im Sinne von Art. 20 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/1985 der Kommission.

Nach Art. 18 Abs. 1 leg. cit. werden - unbeschadet der Anwendung der Bestimmungen des Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 und des Art. 19 Abs. 1 - die Lizenzanträge, die Lizenzen und die Teillizenzen auf Formblättern gemäß den Mustern in Anhang I ausgestellt. Diese Formblätter sind gemäß den darin enthaltenen Angaben und gemäß den besonderen Gemeinschaftsvorschriften für den betreffenden Erzeugnissektor auszufüllen.

Nach Art. 18 Abs. 2 leg. cit. sind die Formblätter für die Lizenzen zu einem Satz zusammengefasst, der in dieser Reihenfolge aus dem Exemplar Nr. 1, dem Exemplar Nr. 2, dem Antrag und gegebenenfalls weiteren Lizenzexemplaren besteht.

Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 lautet wie folgt:

"(1) Für die Berechnung ihrer Gültigkeitsdauer gelten die Lizenzen als am Tag der Antragstellung erteilt, wobei dieser Tag in die Gültigkeitsdauer dieser Lizenz einbezogen wird. Die Lizenz kann jedoch erst ab dem Tag ihrer tatsächlichen Erteilung verwendet werden.

(2) Falls jedoch vorgesehen wird, dass die Gültigkeitsdauer der Lizenz vom Tag der tatsächlichen Ausstellung abläuft, wird der Tag der tatsächlichen Ausstellung in die Gültigkeitsdauer der Lizenz einbezogen."

Nach Art. 24 Abs. 1 lit. b leg. cit. (in der hier anzuwendenden Stammfassung) wird das Exemplar Nr. 1 der Zollstelle vorgelegt, bei der im Fall einer Ausfuhrlizenz die Anmeldung (unter anderem) für die Ausfuhr angenommen wird. Nach Abs. 2 leg. cit. ist das Exemplar Nr. 1 der Lizenz bei der Annahme der in Abs. 1 genannten Anmeldung vorzulegen oder für die Zollbehörden bereit zu halten. Abs. 3 leg. cit. ordnet an, dass nach Abschreibung und Bestätigung durch die in Abs. 1 genannte Stelle das Exemplar Nr. 1 den Beteiligten zurückgegeben wird. Die Mitgliedstaaten können jedoch vorschreiben oder zulassen, dass der Beteiligte die Lizenz abschreibt; diese Abschreibung wird in jedem Fall von der zuständigen Stelle überprüft und bestätigt.

Nach Art. 25 Abs. 1 der Verordnung kann der Mitgliedstaat abweichend von den Bestimmungen des Art. 24 gestatten, dass die Lizenz bei der erteilenden Stelle oder gegebenenfalls bei der Stelle eingereicht wird, die die Ausfuhrerstattungen zahlt.

Abschnitt 4 der erwähnten Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 regelt näher die Frage der Freigabe der Sicherheit. Die Art. 31, 32, 33 und 35 dieser Verordnung lauten wie folgt (auszugsweise):

"Artikel 31

Hinsichtlich der Gültigkeitsdauer der Lizenzen

a)

...

b)

gilt die Verpflichtung zur Ausfuhr an dem Tag als erfüllt und das Recht auf Ausfuhr auf Grund der Lizenz an dem Tag als ausgenutzt, an dem die Anmeldung nach Art. 24 Abs. 1 Buchstabe b angenommen worden ist.

Artikel 32

(1) Die Erfüllung einer Hauptpflicht wird folgendermaßen nachgewiesen:

a)

...

b)

Bei der Ausfuhr durch den Nachweis der Annahme der in Art. 24 Abs. 1 Buchstabe b genannten Anmeldung für das betreffende Erzeugnis; ferner ist

              i)              Bei Ausfuhren oder bei Lieferungen, die im Sinne des Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 als Ausfuhren gelten, der Nachweis zu erbringen, dass das Erzeugnis innerhalb von 60 Tagen nach Annahme der Ausfuhranmeldung - außer im Falle höherer Gewalt -

seine Bestimmung wie im Fall der als Ausfuhren geltenden Lieferungen erreicht oder - in allen anderen Fällen - das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hat. ...

Artikel 33

(1) Der Nachweis gemäß Art. 32 ist wie folgt zu erbringen:

a)

...

b)

In den Fällen gemäß Art. 32 Abs. 1 Buchstabe b ... durch Vorlage des Exemplars Nr. 1 der Lizenz und gegebenenfalls des Exemplars Nr. 1 der Teillizenz oder der Teillizenzen, die mit den Abschreibungs- und Bestätigungsvermerken gemäß Art. 24 oder Art. 25 versehen sind.

(2) Bei Ausfuhren aus der Gemeinschaft oder bei Lieferungen im Sinne des Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 oder der Inanspruchnahme des Verfahrens gemäß Art. 40 der selben Verordnung ist ein zusätzlicher Nachweis zu erbringen.

Dieser zusätzliche Nachweis

a) liegt im Ermessen des betreffenden Mitgliedstaats, wenn folgende Vorgänge in dem selben Mitgliedstaat stattfinden:

i) die Lizenz erteilt wird;

ii) die Anmeldung gemäß Art. 24 Abs. 1 Buchstabe b angenommen wird und

iii) das Erzeugnis entweder

-

das Zollgebiet der Gemeinschaft verlässt ... oder

-

an eine der in Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 genannten Bestimmungen geliefert wird oder

...

              b)              wird in den übrigen Fällen wie folgt erbracht:

-

durch das oder die Kontrollexemplar(e) T 5 gemäß Art. 472 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 oder eine beglaubigte Abschrift oder Fotokopie des Kontrollexemplars T 5 bzw. der Kontrollexemplare T 5 oder

-

durch eine Bescheinigung der für die Zahlung der Erstattungen zuständigen Stelle, dass die Bedingungen des Art. 32 Abs. 1 Buchstabe b erfüllt sind, oder

-

durch einen gleichwertigen Nachweis gemäß Abs. 4. ...

Die unter Buchstabe b erster und zweiter Gedankenstrich genannten Unterlagen sind der Stelle, die die Lizenz erteilt hat, auf dem Verwaltungsweg zu übermitteln.

(3) Wird das Erzeugnis nach Annahme der in Art. 24 Abs. 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich genannten Ausfuhranmeldung zur Beförderung nach einem außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelegenen Bestimmungsbahnhof oder Empfänger zu einem der vereinfachten Verfahren gemäß Teil II Titel II Kapitel 7 Abschnitt 3 der Verordnung (EG) Nr. 2454/93 oder gemäß Titel X Kapitel I des Anhangs I des Übereinkommens vom 20. Mai 1987 über ein gemeinsames Versandverfahren abgefertigt, so wird das Kontrollexemplar T 5 gemäß Abs. 2 Buchstabe b der erteilenden Stelle auf dem Verwaltungsweg zugesandt, ...

(4) Kann der Beteiligte aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen das in Abs. 2 Buchstabe b genannte Kontrollexemplar T 5 nicht innerhalb von drei Monaten nach seiner Erteilung vorlegen, so kann er bei der zuständigen Stelle unter Beifügung entsprechender Belege die Anerkennung anderer gleichwertiger Unterlagen beantragen.

Bei diesen Belegen handle es sich um die in Art. 49 Abs. 3 unter Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 bezeichneten Schriftstücke.

Artikel 35

(1) Die Mitgliedstaaten können auf Antrag des Inhabers der Lizenz die Sicherheit für die Teilmengen freigeben, für die die Nachweise nach Art. 32 erbracht sind, sofern nachgewiesen wurde, dass mindestens 5 v.H. der in der Lizenz angegebenen Menge ein- oder ausgeführt worden sind.

(2) Vorbehaltlich der Anwendung der Bestimmungen der Art. 40, 41 und 49 verfällt die Sicherheit bei Nichterfüllung der Verpflichtung zur Ein- bzw. Ausfuhr für eine Menge, die dem Unterschied zwischen

a)

95 v.H. der in der Lizenz angegebenen Menge und

b)

der tatsächlich ein- bzw. ausgeführten Menge entspricht.

...

Beträgt die eingeführte oder ausgeführte Menge jedoch weniger als 5 v.H. der in der Lizenz angegebenen Menge, so verfällt die Sicherheit vollständig.

...

(4) a) - Der Nachweis der Verwendung der Lizenz gemäß Art. 33 Abs. 1 Buchstaben a und b ist außer im Falle höherer Gewalt innerhalb von zwei Monaten nach dem letzten Gültigkeitstag der Lizenz zu erbringen.

-

Der Nachweis gemäß Art. 33 Abs. 2 über das Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft oder über eine Lieferung im Sinne von Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 oder über die Überführung in das Verfahren gemäß Art. 40 der genannten Verordnung ist außer im Falle höherer Gewalt innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Lizenz zu erbringen.

              b)              Der für die Mengen einzubehaltende Betrag, für die der Nachweis betreffend die Ausfuhrlizenz mit Vorausfestsetzung der Erstattung nicht innerhalb der Frist gemäß Buchstabe a erster Gedankenstrich erbracht wurde, wird wie folgt vermindert:

-

Um 90 v.H., wenn der Nachweis im dritten Monat nach Ablauf der Lizenz erbracht wird;

...

              c)              In den nicht unter Buchstabe b genannten Fällen beläuft sich der einzubehaltende Betrag für die Mengen, für die der Nachweis nicht innerhalb der Frist gemäß Buchstabe a aber spätestens im 24. Monat nach Ablauf der Lizenz erbracht wurde, auf 15 v.H. des Betrags, der endgültig einbehalten worden wäre, wenn die Erzeugnisse nicht ein- bzw. ausgeführt worden wären. ...

              d)              Die zuständigen Behörden können von der Verpflichtung zur Vorlage der Nachweise gemäß Buchstabe a erster und zweiter Gedankenstrich absehen, wenn ihnen die erforderlichen Informationen bereits vorliegen.

..."

2.1.4. Mit der auf Grund des § 110 Abs. 4 Z. 1 des Marktordnungsgesetzes 1985 (MOG), BGBl. Nr. 210, ergangenen Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Lizenzen für Marktordnungswaren, BGBl. II Nr. 59/2002, wurden zusätzliche Nachweise im Sinne des Art. 33 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 normiert:

Danach ist als zusätzlicher Nachweis zur Erfüllung der Hauptpflicht für die Freigabe der Sicherheiten bei Anwendung des erwähnten Artikels der Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 anzusehen:

1. Das Exemplar 3 der zollamtlichen Ausfuhranmeldung mit dem Vermerk der Ausgangszollstelle über die Bescheinigung des Ausganges aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft oder

2. im Fall der Bahnverfrachtung im Rahmen eines durchgehenden Beförderungsvertrages das Exemplar 3 der zollamtlichen Ausfuhranmeldung mit dem Vermerk der Österreichischen Bundesbahnen über die Bescheinigung des Ausganges aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft.

Mit dem bereits erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 2007, G 196/07, V 79/07 = VfSlg. 18.317, wurde festgestellt, dass § 110 Abs. 4 Z. 1 MOG 1985 verfassungswidrig und § 9 der erwähnten Lizenzverordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gesetzwidrig waren.

Mit Art. 2 des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 55/2007, wurde das Bundesgesetz, mit dem auf Grund des Abschnittes F des Marktordnungsgesetzes 1985 erlassene Verordnungen in Gesetzesrang gehoben werden (Marktordnungs-Überleitungsgesetz (in der Folge: MO-ÜLG)), erlassen. Dessen § 5 trat mit 1. Jänner 2005, die übrigen Bestimmungen gemäß § 7 MO-ÜLG mit 1. Juli 2007 in Kraft. Nach § 1 Abs. 3 MO-ÜLG bleiben die in diesem Absatz genannten Verordnungen bis längstens 31. Jänner 2008 als Bundesgesetz in Geltung. Unter Z. 8 dieses Absatzes ist die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Lizenzen für Marktordnungswaren, BGBl. II Nr. 59/2002 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 5465/2005 genannt.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 2007, G 196/07, V 79/07, erwähnt hat, bedeutet dies, dass diese Verordnung zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde vom 8. November 2006 noch in Geltung stand, jedoch mit 1. Juli 2007 außer Kraft getreten ist und durch ein Bundesgesetz gleichen Inhalts ersetzt wurde.

2.2.1. Unbestritten ist die Feststellung der belangten Behörde, dass die beschwerdeführende Partei im Rahmen der Getreidemarktordnung folgende Ausfuhrlizenzen gezogen hat:

"Lizenznummer

Datum der Ausstellung

Menge

Ware

Letzter Tag der Gültigkeit

Eingangsdatum

AT Nr. 096111

10/05/02

3000 to

BGerste

08/06/02

08/04/04

AT Nr. 083844

20/11/00

2000 to

Mais

31/03/01

17/05/05

AT Nr. 083903

01/12/00

3000 to

Mais

31/03/01

23/03/04

AT Nr. 083863

24/11/00

1000 to

Mais

31/03/01

17/05/05

AT Nr. 083862

24/11/00

1000 to

Mais

31/03/01

17/05/05

AT Nr. 083861

24/11/00

1000 to

Mais

31/03/01

17/05/05

AT Nr. 083859

16/11/00

4000 to

WWeizen

31/03/01

23/03/04

AT Nr. 091426

18/10/01

5000 to

WWeizen

28/02/02

17/05/05

AT Nr. 083994

18/12/00

700 to

WWeizen

30/04/01

23/03/04

AT Nr. 083904

01/12/00

2000 to

Mais

31/03/01

23/03/04"

2.2.2. Davon ausgehend wendet sich die beschwerdeführende Partei vor dem Verwaltungsgerichtshof dagegen, dass mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. Jänner 2008 die erstinstanzliche Verfallserklärung von Sicherheiten (neuerlich) bestätigt wurde, obwohl der Verfassungsgerichtshof in seinem erwähnten Erkenntnis vom 12. Dezember 2007 festgestellt habe, dass die von der belangten Behörde herangezogene Rechtsgrundlage, nämlich § 9 der Lizenzverordnung, gesetzwidrig gewesen sei. Die von der belangten Behörde als Grundlage für die Verfallserklärung angenommene Verletzung von Hauptpflichten, wie sie sich aus § 9 der nunmehr als Gesetz weiter geltenden Lizenzverordnung ergeben würde, liege nicht vor, weil diese Bestimmung für den vorliegenden Fall nicht einschlägig sei. Die belangte Behörde übersehe nämlich, dass § 9 der erwähnten Verordnung erst mit Wirkung vom 1. Juli 2007 in den Rang eines Bundesgesetzes erhoben worden sei. Eine rückwirkende Anwendung dieser Bestimmung sei weder aus dem Wortlaut des Marktordnungs-Überleitungsgesetzes noch den dazu ergangenen Materialien ableitbar.

Bis 30. Juni 2007 - so das Beschwerdevorbringen zusammengefasst weiter - sei sohin die Bestimmung als Verordnung in Geltung gestanden, wobei der persönliche Geltungsbereich infolge der Feststellung der Gesetzwidrigkeit durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 2007 dahingehend eingeschränkt gewesen sei, dass sie auf Anlassfälle im Sinne des Art. 139 Abs. 6 B-VG nicht anzuwenden gewesen sei. Da der vorliegende Fall ein derartiger Anlassfall gewesen sei, sei die beschwerdeführende Partei mangels Anwendbarkeit der Verordnungsbestimmung bis zum 30. Juni 2007 nicht zur Vorlage der darin erwähnten ergänzenden Ausfuhrnachweise verpflichtet gewesen. Eine rückwirkende Verpflichtung für vor dem 1. Juli 2007 verwirklichte Sachverhalte Ausfuhrnachweise im Sinne der Verordnungsbestimmung vorzulegen, sei durch die Anordnung der Weitergeltung als Gesetz nicht erfolgt.

Daraus sei abzuleiten, dass die beschwerdeführende Partei im Lichte der maßgebenden Rechtslage vor dem 1. Juli 2007 keine Verpflichtung getroffen habe, ergänzende Ausfuhrnachweise vorzulegen.

2.2.3. Die belangte Behörde, die ihren Bescheid nach seiner Begründung ausdrücklich auf § 9 der Lizenzverordnung im Gesetzesrang gestützt hat, führt dazu in der Gegenschrift aus, es handle sich hier nicht um eine "zeitraumbezogene" Verpflichtung, weil diese Bestimmung nicht davon ausgehe, dass die zusätzlichen Nachweise innerhalb eines bestimmten Zeitraumes oder zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen seien; es sei daher das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht anzuwenden gewesen.

2.2.4. Der Verwaltungsgerichtshof vermag jedoch insoweit der Ansicht der belangten Behörde nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, dass die belangte Behörde - hätte sie das zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltende Recht anzuwenden gehabt - auf § 9 der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Zustellung am 30. Jänner 2008) im Gesetzesrang in Kraft stehenden Lizenzverordnung Bedacht zu nehmen gehabt hätte. Wie die belangte Behörde jedoch selbst - auch insoweit zutreffend - anführt, sollte durch § 9 der Lizenzverordnung ein zusätzlicher Nachweis zur Erfüllung der Hauptpflicht für die Freigabe der Sicherheiten bei der Anwendung des Art. 33 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 normiert werden. Aus Art. 35 Abs. 4 lit. a der erwähnten Verordnung (EG) Nr. 1291/2000 folgt jedoch ebenso eindeutig, dass die dort erwähnten Nachweise (darunter auch der gemäß Art. 33 Abs. 2 der Verordnung) innerhalb der dort angegebenen Fristen zu erbringen sind. Daraus folgt aber eindeutig, dass die Vorlage des in Art. 9 der Lizenzverordnung näher geregelten Nachweises fristgebunden ist; es liegt daher eine zeitraumbezogene Regelung vor.

In diesem Falle aber hätte die belangte Behörde die durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobene Bestimmung - ungeachtet deren späterer Weitergeltung im Gesetzesrang - nicht auf den "Anlassfall" anwenden dürfen.

Die belangte Behörde verweist in diesem Zusammenhang in ihrer Gegenschrift unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 2004, Zl. 2001/12/0163 = VwSlg. 16.359 A/2004, darauf, dass nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - wenn dies für eine wirksame Umsetzung des Gemeinschaftsrechtes unerlässlich sei - jedenfalls von der zum Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides geltenden Rechtslage auszugehen sei.

Dem ist entgegen zu halten, dass in dem erwähnten Erkenntnis der Verwaltungsgerichtshof (nur) zur richtlinienkonformen Interpretation innerstaatlichen Rechtes Stellung genommen hat; eine darüber hinausgehende Aussage hinsichtlich "zeitraumbezogener" Ansprüche wie im hier zu entscheidenden Beschwerdefall ist der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu entnehmen. Darüber hinaus aber bedarf es im Beschwerdefall keiner

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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