TE UVS Salzburg 2008/12/01 7/14297/8-2008nu

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.12.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Peter Nußbaumer über die Berufung von Herrn Johann A., N. Str. 4a,

D-L. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 21.02.2008, Zahl 30308-369/78412-2007, folgendes

Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben das angefochtenen Straferkenntnis aufgehoben; das Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten

vorgeworfen:

"Angaben zur Tat:

Zeit der Begehung: binnen 14 Tagen ab Zustellung

Ort der Begehung: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung

    5021 Salzburg, Karl-Wurmb-Straße 17

Fahrzeug:  KFZ, xxx (D)

 

* Sie wurden vom Zulassungsbesitzer als Mieter benannt und haben auf schriftliches Verlangen der Behörde vom 31.05.2007, zugestellt am 18.09.2007, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung, keine Auskunft darüber erteilt, wer am 07.04.2007 um 01:53 Uhr das Kraftfahrzeug in Hallwang, A 1, Str-KM 284.680 bei Hallwang, Richtung Salzburg gelenkt hat. Sie haben dadurch folgende

Verwaltungsübertretung begangen:

* Übertretung gemäß §§ 103a(2) iVm 103(2) Kraftfahrgesetz

 

Deshalb wird gegen Sie folgende Verwaltungsstrafe verhängt:

Strafe gemäß:  § 134(1) Kraftfahrgesetz  Euro     450,00

Ersatzfreiheitsstrafe: 144 Stunden"

 

Der Beschuldigte hat dagegen rechtzeitig schriftliche Berufung eingebracht:

Er habe nach einem Auslandsaufenthalt von seiner Schwiegertochter den Brief erhalten. Er widerspreche, dass er nicht versucht habe, die Angelegenheit mithelfend zu bereinigen. Er halte es für eine Schlamperei, dass die Behörde Monate verstreichen ließe, bis sie die erste Mitteilung versendet haben. Diese sei nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet worden. Die Behörde sei gebeten worden, ihm ein Foto zu übermitteln. Jetzt habe er erfahren, dass nur von hinten ein Verkehrszeichen geblitzt worden sei. Auch dieses Foto zur Überprüfung sei bislang nicht zur Verfügung gestellt worden. Es wäre einfach gewesen, mit Hilfe der Behörde den Fahrer zu ermitteln. Das Vorgehen gegenüber einer völlig unschuldigen Person sei fast unglaublich. Er könne an Eides statt versichern, dass er nicht Fahrer des Fahrzeuges gewesen sei, sondern sich zu diesem Zeitpunkt in Kempten auf einer Tagung aufgehalten habe. Ihm sei nicht bekannt, dass in Deutschland nach der gleichen Grundlage eine Person in Haftung genommen werden könne. Mit seinem bescheidenen Einkommen wäre er auch nicht in der Lage, diese hohe Geldbuße zu bezahlen.

 

Das Berufungsverfahren wurde auf schriftlichem Wege abgewickelt. Der Beschuldigte hat darin ergänzend mitgeteilt, dass es ihm nunmehr möglich sei, den Fahrer zum Tatzeitpunkt bekannt zu geben. Er habe dies leider nicht früher können, da die Behörde nicht in der Lage war, ihm zur Identifizierung ein Foto zukommen zu lassen. Erst als sein Sohn in seinen Unterlagen eine Übernahmenotiz gefunden habe und den Betreffenden damit konfrontiert hatte, konnte er feststellen, wer zu diesem Zeitpunkt auf der Fahrt verantwortlich für das Auto gewesen sei. Er sei nach einem lebensbedrohlichen Eingriff am Herz entlassen worden und seit seinem Gehirnschlag mit halbseitigen Lähmungserscheinungen nicht mehr in der Lage zu arbeiten, und da er auf Honorarbasis arbeite, derzeit ohne Einkommen. Da ihm selbsteinschätzend in der Sache kein Verschulden vorzuwerfen sei, sei er nicht in der Lage, eine Haftung anzuerkennen. Er hoffe auf Verständnis für die Situation.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat hiezu gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied erwogen:

 

Gemäß § 103 Abs 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Gemäß § 103a Abs 2 KFG gilt § 103 Abs 2 sinngemäß für die Erteilung der Auskunft hinsichtlich der Person eines Mieters gemäß Abs 1 (also eines solchen ohne Beistellung eines Lenkers). Im vorliegenden Fall hat das Landespolizeikommando für M. zur Anzeige gebracht, dass der unbekannte Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen xxx (D) am 07.04.2007 und 01.53 Uhr auf der Westautobahn ? A1, Gemeindegebiet Hallwang, Strkm 284,680, Fahrtrichtung Salzburg die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um zumindest 56 km/h überschritten hat. Die Firma T. GmbH & Co Autovermietung hat im Weiteren der Erstbehörde mitgeteilt, dass das gegenständliche Fahrzeug an den Beschuldigten vermietet wurde. Dieser wurde darauf als Mieter des Kraftfahrzeuges aufgefordert, den Lenker zum angeführten Zeitpunkt bekannt zu geben (Zustellzeitpunkt der Aufforderung 18.09.2007). Der Beschuldigte hat darauf mit Schreiben vom 10.10.2007 mitgeteilt, dass er erst am 09.10. von einer längeren Auslandsreise zurückgekommen sei. Da sie bei Werbeverteilaktionen durch freiwillige und ehrenamtliche Helfer öfter auf Mietwagenanbieter zurückgriffen, sei für ihn schwer festzustellen, wer zu dem angegebenen Zeitpunkt gefahren sei. Ihm sei kein Schaden gemeldet worden. Ihm sei auch nicht bekannt, dass einer der Helfer zu der späten Stunde in Hallwang zu tun gehabt habe. Eine Person, die mit anderen an diesem Tag gefahren sein könnte, sei Kroate und seit Juni nicht mehr bei ihnen tätig. Er könnte versuchen, über einen Verbindungsmann die Adresse in Kroatien ausfindig zu machen. Er bitte um nähere Angaben zum Unfall, um die Möglichkeit zu geben, durch konkretere Angaben den Fahrer oder die Fahrerin festzustellen.

 

Der Beschuldigte ließ unbestritten, dass er das genannte Kraftfahrzeug von der Firma T. GmbH & Co Autovermietung KG im fraglichen Zeitraum angemietet hatte. Ihn trafen daher die Verpflichtungen des Mieters gemäß § 103 Abs 2 iVm § 103a Abs 2 KFG zur Bekanntgabe des Lenkers.

 

Im Recht ist der Beschuldigte allerdings, wenn er vermeint, dass sich die Behörde mit dem Auskunftsverlangen unzumutbar lange Zeit gelassen hat. Die Pflicht zur Lenkerauskunft ist zwar im Prinzip zeitlich unbegrenzt, sie bietet der Behörde aber keine Handhabe willkürlich vorzugehen und grundlos eine Auskunft zu verlangen. So lange ein Verwaltungsstrafverfahren noch nicht abgeschlossen bzw die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist, kann nicht von einem willkürlichen Verlangen gesprochen werden (vgl VwGH 20.12.1996, Zl 96/02/0475).

 

Ein Verwaltungsstrafverfahren gegen eine bestimmte Person war vorliegend bis zum Auskunftsverlangen nicht eingeleitet worden. Eine Verfolgungshandlung hätte daher nur bis Ablauf des 7.10.2007 (dem Tag, an dem das Grunddelikt gemäß § 31 VStG verjährt ist) gesetzt werden können. Dies ist auch der späteste Zeitpunkt, zu dem an den Beschuldigten aus auskunftspflichtigen Mieter eine solche Anfrage gestellt werden durfte.

 

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das Auskunftsverlangen bei Schriftlichkeit erst mit Zustellung an die auskunftspflichtige Person in rechtliche Existenz tritt. Die Postzustellungsurkunde weist zwar die Zustellung mit 18.09.2007 (durch Einwurf in den Briefkasten der Wohnung) aus, diese konnte jedoch erst mit der Rückkehr des Beschuldigten an die Abgabestelle am 9.10.2007 als bewirkt angesehen werden. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch keine sinnvolle Verwertung der Auskunft (zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens) mehr denkbar. Damit war das Auskunftsverlangen als rechtsgrundlos anzusehen. Unerheblich ist in vorliegenden Zusammenhang, dass die Behörde grundsätzlich zeitgerecht versucht hat, ihr Auskunftsverlangen zuzustellen, wobei auch ein früherer vergeblicher Versuch auf postalischem Weg aktenkundig ist.

Das Verwaltungsstrafverfahren war aus den genannten Gründen gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Lenkerauskunft, Grunddelikt, Verjährung, Verfolgungshandlung
Zuletzt aktualisiert am
21.04.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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