TE Vfgh Beschluss 2009/2/24 G115/08

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Veröffentlicht am 24.02.2009
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Index

60 Arbeitsrecht
60/02 Arbeitnehmerschutz

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
KinderbetreuungsgeldG §3 Abs1, §27 Abs3
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags zur Einbringung einesIndividualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung über die Höhe desKinderbetreuungsgeldes als aussichtslos; Zurückweisung desIndividualantrags infolge Möglichkeit der Erwirkung eines Bescheidesdes zuständigen Krankenversicherungsträgers zu gewärtigen

Spruch

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Einschreiter beantragt die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Individualantrags auf Aufhebung des §3 Abs1 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG). Diese Bestimmung (idF BGBl. I 103/2001) lautet wie folgt:

"Höhe

§3. (1) Das Kinderbetreuungsgeld beträgt 14,53 Euro täglich."

Begründend führt der Einschreiter dazu aus, dass er seit 5.8.2008 Kinderbetreuungsgeld iHv € 14,53 täglich beziehe. Dieser Betrag wäre seit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes im Jänner 2002 nicht der Inflation angepasst worden. Dies habe für den Einschreiter, gemessen an den Leistungsbeziehenden aus dem Jahr 2002, eine finanzielle Ungleichbehandlung iHv rund € 800,00 jährlich zur Folge und verstoße daher gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art2 StGG und Art7 B-VG. Das Unterlassen des Staates verstoße zudem gegen die Gewährleistung seines Grundrechtes auf Leistungsanspruch gegenüber dem Staat und somit gegen seine sozialen Grundrechte.

2. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch die Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Betroffenen unmittelbar eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Diese Antragsberechtigung kommt aber nicht jedem unmittelbar betroffenen Normadressaten zu. Es ist darüber hinaus auch erforderlich, dass dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht zur Verfügung steht (vgl. dazu VfSlg. 8009/1977, 8485/1979, 11.479/1987, 12.779/1991 uva.). Andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit der Rechtsverfolgungsschritte, die mit der grundsätzlichen Aufgabe eines Individualantrags, bloß subsidiärer Rechtsbehelf zu sein, unvereinbar wäre.

Im vorliegenden Fall stünde dem Einschreiter ein solcher - ihm auch zumutbarer - Weg zur Verfügung:

Besteht ein Anspruch auf eine Leistung nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz, so ist dem Antragsteller gemäß §27 Abs1 KBGG eine Mitteilung auszustellen, aus der insbesondere Beginn, voraussichtliches Ende und Höhe des Leistungsanspruches hervorgehen. Die Mitteilung hat eine Aufschlüsselung der Leistungen zu enthalten. Gemäß §27 Abs3 Z1 leg.cit. ist ein Bescheid auszustellen, wenn ein Anspruch auf Leistung gar nicht oder nur teilweise anerkannt wird. Der Einschreiter hätte einen höheren als den in §3 Abs1 KBGG vorgesehenen Betrag beantragen können. Dieser Antrag hätte - aufgrund des eindeutigen Wortlauts des §3 Abs1 KBGG - einen Bescheid des zuständigen Krankenversicherungsträgers zur Folge, in dem der Leistungsanspruch nur teilweise (bis zu dem in §3 Abs1 KBGG festgelegten Betrag) anerkannt würde. Der Einschreiter hätte somit zur Verfolgung seines Zieles (dh. zur Darlegung der Verfassungswidrigkeit des §3 Abs1 KBGG) ein derartiges Verwaltungsverfahren in Gang setzen und gegen den im weiteren Verlauf zu erwirkenden letztinstanzlichen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof - unter Geltendmachung seiner verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die präjudizielle Rechtsvorschrift - Beschwerde erheben können. Dem Einschreiter stand somit ein Weg offen, dessen Beschreitung zumutbar war und der die Herantragung aller verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof ermöglicht hätte.

3. Die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof erscheint damit als offenbar aussichtslos, zumal bei der gegebenen Lage die Zurückweisung des beabsichtigten Individualantrages zu gewärtigen wäre. Da die Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) somit nicht gegeben sind, war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen.

Dies konnte in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG).

Schlagworte

VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Individualantrag, Kinderbetreuungsgeld

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2009:G115.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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