TE Vwgh Erkenntnis 2009/2/26 2008/09/0249

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Veröffentlicht am 26.02.2009
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28a Abs1;
AVG §63 Abs1;
B-VG Art131 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
B-VG Art7 Abs1;
MRK Art13;
VStG §45 Abs1 Z1;
VStG §45;
VStG §51 Abs7 idF 1998/I/158;
VStG §51 Abs7 idF 1998/I/158;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des H M in H, vertreten durch Dr. Heribert Kirchmayer, Rechtsanwalt in 2410 Hainburg, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 18. Juni 2008, Zl. Senat-BL-06-2025, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Erledigung der am 2. November 2006 bei der Behörde erster Instanz eingelangten Berufung des Zollamtes Wien im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. Juni 2008 wurde der Beschwerdeführer mehrerer Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für schuldig erkannt. Dieser Bescheid langte am 19. Juni 2008 bei der Behörde erster Instanz ein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, welche am 7. August 2008 beim Verwaltungsgerichtshof einlangte.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG steht nicht nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zu (§ 28a Abs. 1 AuslBG).

Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis vom 6. November 2008, G 86, 87/08-15, die Wortfolge ", in dem nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zusteht," in § 51 Abs. 7 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 158/1998, als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2009 in Kraft. Dass § 51 Abs. 7 VStG in der bereinigten Fassung auch auf jene Fälle anzuwenden ist, in denen die Behörde erster Instanz die Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG verfügt hat und dagegen von einer Amtspartei Berufung erhoben wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 26. Februar 2009, Zl. 2007/09/0245, ausgesprochen, auf dessen Begründung im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

Der Verfassungsgerichtshof hat des Weiteren ausgesprochen, dass die genannte Wortfolge auf die am 9. Oktober 2008 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren, denen ein Bescheid zugrunde liegt, der nach Ablauf der fünfzehnmonatigen Frist des § 51 Abs. 7 VStG erlassen wurde (mit Ausnahme von Privatanklagesachen), nicht mehr anzuwenden ist.

Die nach dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hier anzuwendende bereinigte Fassung des § 51 Abs. 7 erster Satz VStG lautet demnach:

"Sind in einem Verfahren seit dem Einlangen der Berufung gegen ein Straferkenntnis 15 Monate vergangen, so tritt das Straferkenntnis von Gesetzes wegen außer Kraft; das Verfahren ist einzustellen."

Nach der durch die Aufhebung der oben genannten Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof geschaffenen Fassung des § 51 Abs. 7 VStG ist eine Berufung gegen ein Straferkenntnis somit auch in jenen Fällen binnen 15 Monaten zu erledigen, in denen - wie im gegenständlichen Verfahren nach dem AuslBG - nicht nur der Beschuldigte ein Berufungsrecht hat.

Im gegenständlichen Fall langte die Berufung am 2. November 2006 bei der Behörde erster Instanz ein. Die fünfzehnmonatige Frist des § 51 Abs. 7 VStG endete demnach mit Ablauf des 2. Februar 2008. Der angefochtene Bescheid wurde aber erst am 18. Juni 2008 von der belangten Behörde abgefertigt und langte am 19. Juni 2008 bei der Behörde erster Instanz ein.

Entscheidet die Berufungsbehörde über ein nach Ablauf der fünfzehnmonatigen Frist des § 51 Abs. 7 VStG als aufgehoben geltendes erstinstanzliches Straferkenntnis, so belastet sie dadurch ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 1008, E 270 ff wiedergegebene ständige hg. Rechtsprechung).

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Februar 2009

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Allgemein authentische Interpretation VwRallg3/1Besondere RechtsgebieteAuslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2009:2008090249.X00

Im RIS seit

03.04.2009

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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