RS AsylGH Erkenntnis 2008/08/14 B10 225645-4/2008

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Veröffentlicht am 14.08.2008
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Rechtssatz

Rechtssatz 1

 

Nach § 68 Abs 2 AVG können von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde oder vom unabhängigen Verwaltungssenat, die oder der den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

 

Die amtswegige Aufhebung eines rechtskräftigen Bescheides wäre etwa dann unrechtmäßig, wenn durch die Behebung die rechtliche Lage der Partei ungünstiger als durch den aufgehobenen Bescheid gestaltet wird (VwSlg 9707 A/1978; VwGH 13.10.1994, 93/09/0264). Die Rechtssphäre einer Partei wäre in diesem Sinn etwa dann beeinträchtigt, wenn durch die nachträgliche Aufhebung entweder eine ihre auferlegte Verpflichtung vergrößert oder eine ihr zuerkannte Berechtigung verringert würde. (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, § 68 AVG, E 276.) Durch die Behebung des erstinstanzlichen Bescheides vom 07.01.2008 und Zurückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung ist dem Asylwerber kein Recht erwachsen; ebensowenig durch die - unter Bindung an die Rechtsansicht in dieser Entscheidung - ergangene und nunmehr angefochtene Zurückweisung des Asylantrages vom 26.04.2007 wegen entschiedener Sache.

 

Die amtswegige Aufhebung nach § 68 Abs 2 AVG ist laut Judikatur - welche allerdings vor Einrichtung der unabhängigen Verwaltungssenate und des Asylgerichtshofes entstanden ist - grundsätzlich auf Einparteienverfahren beschränkt, sodass die Rechtmäßigkeit ihrer Durchführung im vorliegenden Fall zweifelhaft sein könnte, da es sich bei dem Verfahren vor den UVS bzw. dem Asylgerichtshof jedenfalls um ein Mehrparteienverfahren handelt, in dem neben dem Asylwerber der Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, Parteistellung zukommt (§ 67b AVG iVm § 22 Abs. 4 AsylG).

 

Doch zeigt schon der Wortlaut des § 68 Abs. 2 AVG, wonach "Bescheide von Amts wegen vom unabhängigen Verwaltungssenat, (...) der den Bescheid erlassen hat, aufgehoben oder abgeändert werden können", dass Bescheide in Mehrparteienverfahren vor unabhängigen Verwaltungssenaten erlassen, einer Be- oder Aufhebung zugänglich sind. Im Hinblick auf § 23 AsylGHG ist diese Bestimmung auch durch den Asylgerichtshof anwendbar, welcher gemäß § 75 AsylG Verfahren des unabhängigen Bundesasylsenates weiterzuführen hat, somit auch berechtigt ist, dessen Bescheide von Amts wegen gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufzuheben.

 

Der Erstbehörde sind aus der Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates keine Rechte erwachsen. Nach hA bedeutet die Begründung einer Organparteistellung nicht automatisch zugleich die Einräumung materieller Berechtigungen (Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, 73 mwN), sondern lediglich Rechte im Verfahren. Damit fehlt es aber an Rechten der Organpartei, die Gegenstand einer Berufungsentscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates sein könnten, sodass auch der belangten Behörde, im vorliegenden Fall dem Bundesasylamt, aus dem aufgehobenen Bescheid keine Rechte iS des § 68 Abs 2 AVG erwachsen waren, einer Anwendung des § 68 Abs 2 AVG also im vorliegenden Fall nichts entgegen steht. (vgl zur Anwendbarkeit des § 68 Abs 2 AVG im Bescheidbeschwerdeverfahren vor dem VwGH etwa VwSlg NF 5393 A/1960.)

Schlagworte
Bescheidbehebung
Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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