TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/22 2001/07/0003

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.2001
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §59 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §31 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des Johann H in X, vertreten durch Dr. Heinz Ager, Rechtsanwalt in 5061 Elsbethen, Gemeindeweg 12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 25. September 2000, Zl. 1/01- 36.755/67-2000, betreffend einen Auftrag zur Vornahme von Maßnahmen gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2000, Zl. 98/07/0146, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 10. August 1998, mit dem dem Beschwerdeführer ein - mit Ausnahme der Fristsetzung - mit dem angefochtenen Bescheid inhaltlich gleich lautender wasserpolizeilicher Auftrag erteilt worden war, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Die zur Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides führende Verletzung von Verfahrensvorschriften lag darin, dass der im Sinne des § 59 Abs. 2 AVG festgesetzten Frist zur Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen mangels entsprechender Begründung die Nachvollziehbarkeit fehlte. Die unter Spruchpunkt 1 bis 3 des damals angefochtenen Bescheides dem Beschwerdeführer erteilten Aufträge standen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes im dortigen Beschwerdeverfahren hingegen im Einklang mit der Rechtslage.

Die Berufungsbehörde setzte daraufhin ihr Ermittlungsverfahren zur Frage der Angemessenheit der Leistungsfrist fort und holte ein Gutachten eines abfalltechnischen Amtssachverständigen vom 28. August 2000 mit folgendem Wortlaut ein:

"Gemäß den im wasserrechtlichen Berufungsbescheid vom 10.8.1998, Zl. 1/01-36.755/18-1998, genannten Spruchabschnitten 1. bis 3. sind zur Entfernung der Mineralölverunreinigung im Wesentlichen folgende Maßnahmen zu setzen und zu befristen:

a) Maßnahmen auf GP 681/3 und 3, je KG T:

-

Aushebung und Entsorgung von ölkontaminiertem Material von einer im Plan GZ 106/97 mit Datum vom 23.12.1997 festgelegten Fläche,

-

Beprobung von Bodenmaterial zur Feststellung der Gehalte an Mineralölkohlenwasserstoffen im Ausmaß von maximal 500 mg/kg Trockensubstanz,

-

Zwischenlagerung von allfällig inertem Aushubmaterial, sowie

-

Einbau von inertem, kiesigem und gut verdichtbarem Material in Lagen und durch Verdichtung.

              b)              Maßnahmen auf GP 7/1, KG T:

-

Komplettes Auspumpen des Bodenaufschlusses im Bereich der früheren Kläranlage,

-

Reinigung des in diesem Kellerschacht vorhandenen Rohres außen und innen von anhaftendem Mineralöl,

-

Beprobung des wieder aufspiegelnden Grundwassers und chemische analytische Untersuchung desselben auf Gehalte an Kohlenwasserstoffen, AOX sowie sämtlichen Parametern des Parameterblockes I des Anhanges A der Wassergüteerhebungsverordnung,

-

Entnahme einer Bodenprobe als Stichprobe im Ausmaß von mindestens 500 g und chemische analytische Untersuchung auf Gesamtgehalte an Kohlenwasserstoffen sowie auf ihren Gehalt an Kohlenwasserstoffen, pH-Wert sowie elektrische Leitfähigkeit im Eluat.

Hinsichtlich der Frage nach der Angemessenheit der für diese Maßnahmen zu setzenden Frist wird aus Sachverständigensicht Folgendes festgestellt:

-

Die Vorbereitungsarbeiten zur Durchführung der bescheidgemäßen Maßnahmen sind vor allem im Organisatorischen angesiedelt. Sie bestehen im Wesentlichen aus dem Einholen von Kostenvoranschlägen, einer Auftragserteilung in Verbindung mit einer Terminabstimmung mit dem Auftragnehmer. Da eine eigene Projekterstellung aufgrund der konkret im Bescheid beschriebenen Maßnahmen nicht erforderlich ist, kann hiefür in der Regel eine Woche, im ungünstigsten Fall, wenn ein Erdbewegungsunternehmen seine Gerätschaften (Bagger) an einer Baustelle gebunden hat, maximal zwei Wochen eingesetzt werden.

-

Die im Plan Nr. GZ 106/97 festgelegte Fläche weist eine maximale Ausdehnung von ca. 180 m2 auf. Anhand der Unterlagen der Ersterhebung (R.& H.) wird ein verunreinigter Bodenkörper von ca. 310 m3 angeschätzt, das sind ca. 520 t mit einer durchschnittlichen Belastung von 5 g/kg. Nimmt man an, dass für die Entfernung dieses Bodenkörpers Lkw's mit einer Ladekapazität von je 7,5 t eingesetzt werden, dann sind ca. 70 Lkw-Fuhren für die Entfernung der 520 t erforderlich. Dafür sind bei sorgfältiger und vor Ort vorzunehmender Untersuchung des Bodenmaterials auf Kohlenwasserstoffgehalte für dessen Aushebung und ordnungsgemäßen Entsorgung etwa drei bis fünf Tage zu bemessen. Für die Verfüllung der Aushubstelle sind ebenfalls drei bis fünf Tage zu bemessen. Insgesamt ergeben sich für die Aushubarbeiten gemäß Spruchabschnitt 1 bis hin zur Neuverfüllung einschließlich der Errichtung und Abbau der Baustelle, Zu- und Abtransport von Geräten ein Zeitrahmen von zwei Wochen.

-

Für die Maßnahmen des Spruchabschnittes 2. und 3. sind zur Durchführung der Pumparbeiten samt den chemisch analytischen Untersuchungen von Grundwasser und Bodenproben ebenfalls etwa eine Woche anzusetzen. Die Arbeiten können parallel zu den Aushubarbeiten auf dem benachbarten Grundstück durchgeführt werden und sollten aus Gründen einer dafür zu erzielenden Grundwasserhaltung möglichst gleichzeitig begonnen werden.

-

Fasst man alle oben genannten Zeiten zusammen, reichen vier Wochen zur Durchführung der für die im Berufungsbescheid vom 10.8.1998 vorgeschriebenen Maßnahmen. Berücksichtigt man dabei noch wetterbedingte Verzögerungen, die allerdings in den Monaten September bis November aufgrund stabiler Wetterbedingungen im Allgemeinen kaum zu erwarten sind, dann ist für die Fristsetzung ein Zeitraum von zehn Wochen, so wie er bereits dem Berufungsbescheid vom 10.8.1998 zugrundegelegt worden ist, ausreichend bemessen bzw. als angemessen zu betrachten, um innerhalb dieses Zeitraumes die im Bescheid genannten Maßnahmen zeit- und fristgerecht auszuführen."

Der Beschwerdeführer wandte sich daraufhin mit Schriftsatz vom 13. September 2000 gegen diese Festlegung des zeitlichen Aufwandes und bezeichnete sie als realitäts- und praxisfern. Wenn festgestellt werde, dass für die Vorbereitung der gegenständlichen Maßnahmen maximal zwei Wochen anzusetzen seien, könne dies in keiner Weise nachvollzogen werden. Es werde unter Spruchteil 1 neben der Sanierung und Verfrachtung auch vorgeschrieben, dass die im Untergrund verbleibenden Materialien maximal 500 mg/kg Mineralöl (bezogen auf Trockensubstanz) als Restkontamination enthalten dürften. Trotz mehrmaliger intensiver Versuche sei es ihm bis heute nicht gelungen, eine Firma zu finden, die eine diesbezügliche Garantie abgeben könne und auch wolle. Darüber hinaus entbehre es jeden Fachverständnisses, wenn ernsthaft behauptet werde, dass von der Einholung eines Kostenvoranschlages bis zur Durchführung der Maßnahmen lediglich 14 Tage vergehen könnten. Erfahrungsgemäß sei - ohne Einrechnung des Postweges - von mindestens fünf bis sechs Wochen auszugehen, bis auf eine Einladung zur Abgabe eines Kostenvoranschlages tatsächlich eine Antwort vorliege; in einer, wie im gegenständlichen Fall, sensiblen Materie, dauere dies wahrscheinlich noch um einiges länger. Zusammenfassend könne daher festgestellt werden, dass in jenen vier Wochen, die der Sachverständige als angemessenen Zeitraum beschreibe, nicht einmal ein Kostenvoranschlag eingeholt werden könne, geschweige denn, die vorgeschriebenen Maßnahmen durchgeführt werden könnten. Hiebei seien schlechtwettermäßige Verzögerungen nicht einmal einberechnet. Auf Grund seiner Erfahrungen sei jedoch die Behörde gerne eingeladen, ebenfalls Firmen zu suchen, die nicht nur den Aushub vornehmen, sondern auch die festgelegten Grenzen einhielten bzw. für deren Einhaltung garantierten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. September 2000 wurde dem Beschwerdeführer unter den Spruchpunkten 1 bis 3 der (mit dem mittlerweile aufgehobenen Berufungsbescheid vom 10. August 1998 inhaltsgleiche) wasserpolizeiliche Auftrag erteilt, im Übrigen wurde die (gegen den Bescheid erster Instanz vom 22. April 1998 gerichtete) Berufung abgewiesen.

Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides lautet (auszugsweise):

"Herrn (Beschwerdeführer) wird aufgetragen, den in einer Kopie der Planbeilage des Gutachtens Dr. R und H. zur Geschäftszahl 98 B 01 A mit Datum vom 21. 1. 1998 eingetragenen und im Folgenden umschriebenen Verunreinigungsbereich mit Ausnahme des bereits ausgekofferten Materials von Schlitz 2 bis zu einem Grenzwertgehalt an Mineralöl-Kohlenwasserstoffen in der Trockensubstanz von max. 500 mg/kg bis in eine Tiefe, wo das Konglomerat beginnt, auszuheben und ordnungsgemäß zu entsorgen:

Der Aushubbereich beginnt ...(nunmehr erfolgt eine detaillierte Beschreibung des Aushubbereiches)

Die nicht kontaminierte Deckschicht sowie die ebenfalls nicht kontaminierten gewachsenen Bodenschichten im Süden des umgrenzten Areals können im Untergrund verbleiben bzw. nach seitlicher Lagerung wieder eingebaut werden. Als Ersatz für den kontaminierten Aushub ist inertes, kiesiges und gut verdichtbares Material lagenweise einzubringen und im Nahbereich zur Mauer Z.-H. bzw. zum westlich gelegenen Objekt H. nach statischen Erfordernissen dieser Objekte zu verdichten. Sollte beim Aushub steilere Böschungen als 60 Grad ausgeführt werden, sind diese gemäß den einschlägigen Vorschriften zu pölzen.

Sollten in den von der Auskofferung ausgenommenen Bereichen beim Objekt H. (statische Sicherheit) bzw. den bachnahen Sicherheitsstreifen von 4,0 m ab Oberkante Uferböschung (wildbachtechnische Forderungen) Bereiche mit einem unzulässigen Restkontaminationsgehalt (500 mg/kg Trockensubstanz) im Boden verbleiben, sind diese räumlich in einem Plan genau darzustellen und durch Bodenproben zu dokumentieren.

Die Grabungsarbeiten sind von einer hiezu befugten Firma oder Person auszuführen bzw. zu beaufsichtigen. Die oben beschriebenen Bauwerke sind vor Beginn der Arbeiten bautechnisch beweiszusichern.

Das bei den Grabungen anfallende mineralölverunreinigte Erdreich, das mehr als 500 mg/kg TS an Mineralölen enthält und somit entsorgt werden muss, ist durch einen befugten Übernehmer zu entfernen. Eine Zwischenlagerung auf ungeschütztem Grund ist unzulässig."

Mit den Spruchpunkten 2 und 3 wurde das Auspumpen eines Bodenaufschlusses auf dem Grundstück 7/1 KG Torren und die Modalitäten der Beprobung des aufspiegelnden Grundwassers bzw. des Bodens vorgeschrieben.

Die Durchführungsfrist für die unter den Spruchpunkten 1 bis 3 angeführten Maßnahmen wurde unter Spruchpunkt 4 des angefochtenen Bescheides bis 31. Dezember 2000 verlängert. Diesen Spruchteil des angefochtenen Bescheides begründete die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, der Stellungnahme des abfallwirtschaftlichen Amtssachverständigen und des Beschwerdeführers sowie des Wortlautes des § 59 Abs. 2 AVG damit, dass eine Erfüllungsfrist dann angemessen sei, wenn innerhalb derselben die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden könnten. Auf Grund des eingeholten Gutachtens eines abfalltechnischen Amtssachverständigen könne davon ausgegangen werden, dass zur Erfüllung der vorgeschriebenen Leistungen eine Zweimonatsfrist ausreichen würde. Vom Beschwerdeführer seien kaum Argumente vorgebracht worden, die die fachliche Aussage des Amtssachverständigen widerlegt hätten. Im Hinblick auf sein Vorbringen hinsichtlich der Einholung von Kostenvoranschlägen sei jedoch nunmehr eine Frist von fast drei Monaten eingeräumt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die Fristsetzung des angefochtenen Bescheides in seinem Recht auf rechtmäßige Anwendung des § 59 Abs. 2 AVG zur Setzung einer angemessenen Frist zur Durchführung der Sanierungsmaßnahmen verletzt. Als Beschwerdegründe nennt der Beschwerdeführer zum einen den Umstand, dass eine Fristsetzung nach § 59 Abs. 2 AVG durch die Vollstreckungsbehörde zu erfolgen habe und einen vollstreckbaren Bescheid bereits voraussetze. Die zitierte Gesetzesbestimmung sei daher bereits Teil des Vollstreckungsverfahrens, weshalb die belangte Behörde überhaupt nicht befugt gewesen wäre, dem Beschwerdeführer im Erkenntnisverfahren eine Frist zu setzen. Eine solche Befugnis wäre der Vollstreckungsbehörde erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides zugekommen, wobei dem Betroffenen gegen die als Vollstreckungsverfügung zu wertende Androhung bzw. Anordnung der Ersatzvornahme wiederum Rechtsschutz im Wege einer Berufung nach § 10 Abs. 2 VVG eingeräumt sei. Insoweit sei der angefochtene Teil des Bescheides ersatzlos zu beheben.

Selbst wenn man diese Rechtsansicht nicht teile, sei der angefochtene Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften mit Rechtswidrigkeit behaftet, weil eine gesetzte Erfüllungsfrist nur dann angemessen sei, wenn die erforderlichen Arbeiten zur Durchführung der angeordneten Maßnahmen auch tatsächlich fristgerecht durchgeführt werden könnten. Die Festsetzung einer angemessenen Leistungsfrist habe dabei stets auch unter dem Gesichtspunkt objektiver Realisierbarkeit zu erfolgen. Diesbezüglich habe der Sachverständige lediglich am Rande ausgeführt, dass die Vorbereitungsarbeiten zur Durchführung der bescheidgemäßen Maßnahmen vor allem im Organisatorischen angesiedelt seien und im Wesentlichen aus dem Einholen von Kostenvoranschlägen und einer Auftragserteilung in Verbindung mit einer Terminabstimmung mit dem Auftragnehmer bestünden. Im Übrigen habe der Sachverständige diese Frage hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt technischer Machbarkeit beurteilt. Die Frage der objektiven Realisierbarkeit einer Maßnahme sei naturgemäß aber nicht nur unter dem Gesichtspunkt der technischen Machbarkeit, sondern auch hinsichtlich ihrer ökonomischen Durchsetzbarkeit zu prüfen, weil der Beschwerdeführer nicht über ein eigenes Erdbewegungs- und Entsorgungsunternehmen verfüge. Bereits auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung müsse man daher davon ausgehen, dass nicht innerhalb von 14 Tagen nach Ausschreibung unzählige Anbote vorlägen, zumal überdies ein Unternehmen gefunden werden müsse, das die Haftung dafür übernehme, dass die verbleibende Restkontamination nicht mehr als 500 mg/kg betrage. Bei einer derartig sensiblen Materie sei aber für die Ausschreibung, das Einlangen der Anbote, deren Überprüfung, die Vertragsverhandlungen im Hinblick auf die nötige Übernahme der Haftung, sowie die Auftragserteilung und die Terminabstimmung einschließlich der Postwege, ein Zeitraum von mindestens einem halben Jahr erforderlich. Einzukalkulieren seien weiters wetterbedingte Verzögerungen und der Umstand, dass erfahrungsgemäß die Gerätschaften bereits wieder anderweitig gebunden seien, was erneute Terminabstimmungen zur Folge habe. Insofern die belangte Behörde lediglich auf die technische Machbarkeit Bedacht genommen habe, habe sie die Verfahrensbestimmung des § 59 Abs. 2 AVG rechtsirrig angewandt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 59 Abs. 2 AVG bestimmt, dass im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen ist, wenn die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen wird.

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens, wonach die Vorschreibung einer Leistungsfrist bereits einen vollstreckbaren Bescheid voraussetze, genügt es auf den Wortlaut des § 59 Abs. 2 AVG, wonach eine derartige Fristsetzung gleichzeitig mit der Verpflichtung zur Herstellung eines bestimmten Zustandes auszusprechen ist, und auf das zitierte Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 2000 zu verweisen, wo von der Zulässigkeit einer Fristsetzung nach § 59 Abs. 2 AVG ausgegangen worden war; die Aufhebung der im damals angefochtenen Bescheid vorgenommenen Fristsetzung erfolgte - wie dargestellt - lediglich wegen des Fehlens einer nachvollziehbaren Begründung. Wenn sich der Beschwerdeführer auf eine Fristsetzung nach Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides bezieht, so scheint er damit die mit der Androhung der Ersatzvornahme zu verbindende Paritionsfrist (vgl. § 4 VVG) zu meinen. Mit der im gegenständlichen Fall vorgenommenen Fristsetzung nach § 59 Abs. 2 AVG hat diese Frist jedoch nichts zu tun. Das diesbezügliche Vorbringen geht daher ins Leere.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 5. Oktober 2000 zugestellt; die neu festgesetzte Erfüllungsfrist endete am 31. Dezember 2000. Dem Beschwerdeführer stand somit ein Zeitraum von rund zwölf Wochen zur Erfüllung des Auftrages zur Verfügung.

Die nach § 59 Abs. 2 AVG zu setzende Leistungsfrist für die Erfüllung eines wasserpolizeilichen Auftrages hat angemessen zu sein. Kriterium der Gesetzmäßigkeit des in der Fristsetzung auszuübenden Ermessens ist die Frage der Angemessenheit einer gesetzten Frist unter dem Gesichtspunkt, dass sie objektiv geeignet ist, dem Leistungspflichtigen unter Anspannung aller seiner Kräfte der Lage des konkreten Falles nach die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1994, Zl. 92/07/0067, und vom 23. Mai 1996, Zl. 96/07/0071). Objektiv zu erkennende Schwierigkeiten in der Befolgung eines erteilten Auftrages können dabei nicht ohne Einfluss auf die gemäß § 59 Abs. 2 AVG zu setzende Leistungsfrist bleiben (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994).

Die belangte Behörde hat sich hinsichtlich der Fristsetzung auf das Gutachten ihres abfalltechnischen Amtssachverständigen, der einen Gesamtzeitraum von 10 Wochen für "die im Bescheid genannten Maßnahmen" angab, gestützt und im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die Dauer der Einholung von Kostenvoranschlägen die Frist mit zwölf Wochen festgelegt. Auf die übrigen Einwendungen des Beschwerdeführers in seinem Schriftsatz vom 13. September 2000 ist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht eingegangen.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Schriftsatz aber einen für die Bemessung der Frist wesentlichen Punkt aufgezeigt, der eine Ergänzung oder Klärung des der Behörde vorliegenden Gutachtens nach sich ziehen hätte müssen. Er wies zum einen auf die längere Dauer der Einholung von Kostenvoranschlägen in einem derart sensiblen Bereich, zum anderen aber darauf hin, dass es nicht nur notwendig sei, das kontaminierte Erdreich auszuheben und ordnungsgemäß zu entsorgen, sondern dass es zur Abgrenzung des zu entfernenden Bodenkörpers selbst einer Überprüfung der Kontamination bedürfte und dass es Schwierigkeiten bereite, eine Firma zu finden, die dafür "eine Garantie abgebe". Damit bestritt er aber nicht nur die Dauer der organisatorischen Schritte im Vorfeld der Auftragserfüllung, sondern auch die dem Gutachten des Amtssachverständigen zu Grunde liegende Annahme, die Erfüllung des Auftrages könne von jedem Erdbewegungsunternehmen - je nach Verfügbarkeit der Maschinen - durchgeführt werden.

Im wasserpolizeilichen Auftrag ist zwar die Fläche, unter der man kontaminiertes Erdreich feststellte, genau umschrieben, die Tiefe der zu entfernenden Bodenschichten konnte aber ziffernmäßig nicht eindeutig festgelegt werden; diese wurde vielmehr durch Bestimmung eines Grenzwertes der Kontamination (max. 500 mg/kg in der Trockensubstanz) bzw. mit den Worten "bis in die Tiefe, wo das Konglomerat beginnt" umschrieben und vom Amtssachverständigen, der sich diesbezüglich auf Unterlagen der Ersterhebung bezog, mit 310 m3 (lediglich) "angeschätzt". Es bedarf daher bei der Erfüllung des Auftrages im Grenzbereich der Kontamination jedenfalls genauer Untersuchungen des Gehaltes an Mineralölkohlenwasserstoff. Solche Untersuchungen sind darüber hinaus auch zur Abgrenzung der nicht kontaminierten gewachsenen Bodenschichten im Süden des umgrenzten Areals als auch zur Erfüllung des Auftrages, bei Verbleib kontaminierten Materials aus statischen oder wildbachtechnischen Gründen (im Bereich des Objektes H. bzw. des Baches) eine räumlich genaue planerische Darstellung zu treffen und durch Bodenproben zu dokumentieren, notwendig.

Der Beschwerdeführer zeigte in seiner Stellungnahme auf, dass ungeachtet des Umstandes, dass "keine eigene Projekterstellung notwendig ist", auf Grund der Unbestimmtheit des Ausmaßes des zu entfernenden Bodenkörpers und der damit in Zusammenhang stehenden Untersuchungen und gegebenenfalls anfallenden weiteren Arbeiten ein (wesentlich) längerer Zeitraum sowohl im organisatorischen Bereich, insbesondere wegen der Notwendigkeit ein technisch entsprechend ausgerüstetes Unternehmen zu finden, als auch im Bereich der Durchführung der Maßnahmen selbst festgelegt werden müsste. Die belangte Behörde ist darauf aber weder durch eine Ergänzung des Gutachtens des Amtssachverständigen noch sonst erkennbar eingegangen. Sie hat sich bei der Fristsetzung lediglich auf den Einwand des Beschwerdeführers betreffend den Zeitraum für die Einholung von Kostenvoranschlägen bezogen und die Frist insgesamt um 2 Wochen länger festgelegt als vom Amtssachverständigen vorgeschlagen (statt 10 Wochen nun insgesamt 12 Wochen); warum angesichts der Forderung des Beschwerdeführers, für die Einholung eines Kostenvoranschlages sei eine Frist von 5 bis 6 Wochen fest zu setzen, eine Verlängerung gerade um 2 Wochen geboten war, wird im angefochtenen Bescheid ebenfalls nicht weiter begründet.

Der in der Gegenschrift erstattete Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer im Bewusstsein, er werde dem Auftrag jedenfalls nachkommen müssen, bereits Vorbereitungshandlungen hätte setzen müssen, war schon deshalb unbeachtlich, weil der Beschwerdeführer bereits - folgt man seiner Stellungnahme: ergebnislos - Anfragen an Erdbewegungsunternehmen gerichtet hat, sodass auch dieser Vorwurf im vorliegenden Fall nicht greift.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. März 2001

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Ermessensentscheidungen Ermessen Ermessen VwRallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001070003.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten