TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/07 E2 313012-1/2008

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Veröffentlicht am 07.08.2008
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Spruch

E2 313.012-1/2008-16E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde der S.J., geb. 00.00.1973, StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.05.2007, FZ. 06 08.187-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.03.2008 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gemäß § 8 Abs 1 iVm § 34 Abs 4 AsylG 2005 wird S.J. der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei zuerkannt.

 

III. Gemäß § 8 Abs 4 AsylG AsylG 2005 wird S.J. eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis zum 07.08.2009 erteilt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. VERFahrensgang

 

1. Die Beschwerdeführerin (vormals Berufungswerberin) stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.08.2006 unter dem Namen S.J. einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG.

 

2. Bei der am 07.08.2006 erfolgten Erstbefragung führte die Beschwerdeführerin aus, ihre Wohnung in Ulaanbaatar am 14.12.2005 verlassen zu haben und gemeinsam mit ihrem Gatten und dem gemeinsamen Sohn mit dem Taxi zur russischen Grenze gefahren zu sein. Von dort seien sie wiederum mit einem Taxi nach Ulan Ude in der Russischen Föderation gereist, von dort mit dem Zug nach Moskau, wo sie sich bis 30.07.2006 aufgehalten hätten. Dann seien sie mit verschiedenen Fahrzeugen nach Österreich gereist.

 

Zu ihrem Fluchtgrund befragt führte die Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass die Gründe ihres Gatten auch sie beträfen. Ihr Gatte habe als Fahrer zwischen der Mongolei und China gearbeitet. Einmal sei er in Begleitung eines - ihr seltsam erscheinenden - Mannes nach Hause zurückgekommen und habe Spuren einer Schlägerei am Körper aufgewiesen. Sie habe den Mann bewirtet und ihm auch Wodka verabreicht. Während des Abendessens habe ihr ihr Gatte gesagt, dass sie irgendwie flüchten müssten, woraufhin sie dem Gast ein Beruhigungsmittel in den Wodka gegeben habe und dieser in der Folge eingeschlafen sei. Daraufhin seien sie geflüchtet und habe ihr ihr Gatte mitgeteilt, dass er ein Delikt gestehen müsste und dafür ins Gefängnis kommen würde oder aber von diesen Leuten ermordet würde.

 

3. Anlässlich einer niederschriftlichen Einvernahme am 10.08.2008 brachte die Beschwerdeführerin zusammengefasst vor, seit 2002 verheiratet zu sein und die Mongolei mit ihrem Gatten und ihrem Kind verlassen zu haben.

 

Die Probleme ihres Mannes hätten sie zur Flucht veranlasst. Eigene Probleme habe sie nicht, sie möchte aber, dass die Familie zusammenbleibe.

 

Im Falle der Rückkehr in die Mongolei befürchte sie, dass ihr Mann entweder ins Gefängnis gesteckt oder umgebracht werde

 

4. Mit Mitteilung vom ebenfalls 10.08.2006 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass Konsultationen nach der Dublin II-Verordnung geführt werden.

 

Zumal das Informationsersuchen an die Tschechische Republik jedoch keine Zuständigkeit dieses Staates ergeben hatte, wurde das Verfahren durch Aushändigung einer Aufenthaltsberechtigungskarte an die Beschwerdeführerin am 05.10.2006 zugelassen.

 

5. Am 29.05.2007 wurde die Beschwerdeführerin neuerlich niederschriftlich einvernommen. Dabei wiederholte und konkretisierte sie ihr bisheriges Vorbringen. Weitere Gründe habe sie nicht vorzubringen. Für den Fall der Rückkehr in das Herkunftsland habe sie Angst um das Leben ihres Mannes.

 

6. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.05.2007, Zahl 06 08.187-BAI, wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und dieser der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Beschwerdeführerin der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und jene aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Begründend führt die Erstbehörde aus, dass die Beschwerdeführerin seitens der Behörden in der Mongolei niemals einer Verfolgung oder einer Gefahr einer solchen ausgesetzt gewesen sei und sich ihre Rückkehrbefürchtungen lediglich auf vage Vermutungen stützten.

 

Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesasylamt aus, dass die Beschwerdeführerin nicht einmal in Ansätzen eine Verfolgung oder Verfolgungsgefahr aus den in der Genfer Konvention genannten Gründen dargelegt habe. Weiters hätten auch keine Umstände ermittelt werden können, dass die Beschwerdeführerin aufgrund persönlicher Eigenschaften oder ihrer beruflichen oder sozialen Stellung einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt wäre. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Rückkehr in ihr Heimatland in eine ausweglose Lebenssituation gelangen könnte.

 

Spruchpunkt III. begründete die Erstbehörde damit, dass die Ausweisung keinen Eingriff in Art 8 EMRK darstelle.

 

7. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15.06.2007 fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet) wegen "inhaltlicher Rechtswidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie wegen unrichtiger Beweiswürdigung und fehlender Sachverhaltsdarstellung" erhoben.

 

8. Der Asylgerichtshof (als unabhängige Bundesasylsenat) führte am 27.03.2008 im Verfahren der Beschwerdeführerin, ihres Gatten sowie des gemeinsamen mj. Sohnes eine mündliche Verhandlung durch, an welcher eben die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen teilnahmen, sich das Bundesasylamt jedoch entschuldigen ließ.

 

Dabei legten die Beschwerdeführer zunächst diverse Urkunden, darunter auch einen Personalausweis der Beschwerdeführerin und ihr Universitätsdiplom, vor, welche ihnen seitens eines Freundes geschickt worden seien. Befragt, warum sie nicht von Anfang an die richtigen Namen angegeben hätte, antwortete der Gatte der Beschwerdeführerin, dass die Schlepper gesagt hätten, dass sie keine richtigen Identitäten angeben dürften. Da sie keine falschen Namen angeben wollten, hätten sie nur die Rufnamen geändert.

 

In der Folge wurden der Beschwerdeführer und seine Gattin einvernommen, wobei im Detail auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen wird.

 

Weiters wurden folgende Berichte verlesen und zum Akt genommen:

 

U.S. Department of State, Mongolia, Country Reports on Human Rights Practice - 2007 vom 11.03.2008;

 

Home Office, Operational Guidance Note Mongolia vom 17.07.2006.

 

9. In der Folge holte der Asylgerichtshof (als Unabhängiger Bundesasylsenat) ein Gutachten des mit Bescheid vom 16.04.2008 zum Länder-Sachverständigen bestellten B.B. ein, welches dieser am 23.05.2008 erstattete.

 

Dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführerin und dem Bundesasylamt mit der Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, zur Kenntnis gebracht.

 

10. Mit Schreiben vom 04.06.2008 gaben die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen eine Stellungnahme ab. Sie erklärten sich mit dem Inhalt des Sachverständigen-Gutachtens einverstanden. Auch das Bundesasylamt verzichtete nach Kenntnisnahme von dem Sachverständigen-Gutachten auf eine weitere mündliche Verhandlung zu dessen Erörterung.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Beweis wurde erhoben durch

 

Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt der Beschwerdeführerin sowie in die Verwaltungsakte ihres Gatten und des gemeinsamen mj. Sohnes, Einsichtnahme in die vorgelegten Urkunden, nämlich Führerschein des Gatten der Beschwerdeführerin, Personalausweis der Beschwerdeführerin, Fahndungsbrief betreffend den Gatten der Beschwerdeführerin, Universitätsdiplom der Beschwerdeführerin, Bestätigung über den Berufsabschluss des Gatten der Beschwerdeführerin als Anlagentechniker der Forstwirtschaft, durch Einholung eines Gutachtens des Länder-Sachverständigen B.B. sowie durch Einvernahme der Beschwerdeführerin sowie ihres Gatten in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat.

 

Der Asylgerichtshof stellt nach Würdigung der Beweise folgenden Sachverhalt fest:

 

Die Beschwerdeführerin trägt den Namen T.D., ist am 00.00.1973 geboren und Staatsangehörige der Mongolei. Sie ist seit dem Jahr 2002 mit B.C., geb. 00.00.1971 verheiratet und hat mit diesem gemeinsam einen minderjährigen Sohn namens C.M., geboren 00.00.2005.

 

Sie hat keine eigenen Fluchtgründe, sondern ist wegen der Probleme ihres Gatten gemeinsam mit diesem und ihrem Sohn ausgereist.

 

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 07.08.2008, Zahl E2 313.012-1/2008-16E, wurde die Beschwerde des Ehegatten der Beschwerdeführerin gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen, diesem jedoch gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei zuerkannt sowie eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 07.08.2009 erteilt.

 

Beweiswürdigung:

 

Die Feststellung zur Identität der Beschwerdeführerin resultieren aus dem von ihr vorgelegten nationalen Personalausweis und wurde auch vom länderkundlichen Sachverständigen verifiziert, die Feststellungen zu den Familienangehörigen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus deren Verwaltungsakten bzw. wurden ebenfalls vom Sachverständigen bestätigt. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Eheschließung wurde den Angaben der Beschwerdeführerin Glauben geschenkt.

 

Die Beschwerdeführerin hat selbst mehrfach dargelegt, in der Mongolei keine Probleme gehabt zu haben, sondern durch die Probleme ihres Mannes zur Flucht veranlasst worden zu sein, um das Zusammenbleiben der Familie sicherzustellen.

 

Die Feststellungen zum Asylverfahren des Gatten der Beschwerdeführerin bzw. dem Ausgang desselben ergeben sich aus dessen Akt.

 

Rechtlich folgt:

 

4.1. Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden.

 

4.2. Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl I Nr 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenats, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

[...]

 

Im Rahmen der Interpretation des § 75 Abs 7 AsylG ist mit einer Anhängigkeit der Verfahren beim Unabhängigen Bundesasylsenat mit 30.6.2008 auszugehen (vgl. Art. 151 Abs 39 Z 1 B-VG). Der in dieser Übergangsbestimmung erwähnte 1. Juli 2008 ist im Sinne der genannten Bestimmung des B-VG zu lesen.

 

4.3. Das gegenständliche Verfahren war am 30.06. bzw. 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Der erkennende Richter des Asylgerichtshofes war Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenats und hat am 27.03.2008 bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Gemäß der zitierten Bestimmung des § 75 Abs 7 Z 1 AsylG 2005 ergibt sich daher die Zuständigkeit des erkennenden Richters, das Verfahren als Einzelrichter weiterzuführen.

 

4.4. Die Bestimmungen des § 34 AsylG 2005 über Familienverfahren im Inland gelten gemäß Abs 5 dieser Bestimmung sinngemäß auch für das Verfahren beim Asylgerichtshof.

 

Abs 1 leg cit lautet:

 

Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs 1 Z 22) von

 

einem Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist;

 

einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

Gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Asylantragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsland bestanden hat.

 

Nach § 34 Abs 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei der Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

4.4. Die Beschwerdeführerin ist Familienangehörige ihres Ehegatten B.C. iSd § 2 Abs 1 Z 22 AsylG, zumal diese Ehe seit dem Jahr 2002 besteht, also auch bereits im Herkunftsland bestanden hat.

 

Dem Ehegatten der Beschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Aus diesem Grund hatte auch die gegenständliche Beschwerdeführerin den gleichen Schutzumfang zu erhalten, wobei darauf hinzuweisen ist, dass diese keine eigenen Asylgründe vorgebracht hat und daher dieser Status bei ihrer Person auch nicht vorgehen konnte.

 

Gemäß § 8 Abs 4 AsylG war der Beschwerdeführerin sohin auch eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, und zwar gemäß Abs 5 dieser Bestimmung mit der Maßgabe, dass diese gleichzeitig mit der des Familienangehörigen endet, von dem das Recht abgeleitet wird. Nachdem dem Gatten der Beschwerdeführerin eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 07.08.2009 erteilt wurde, war diese der Beschwerdeführerin in gleichem zeitlichen Umfang zu gewähren.

Schlagworte
befristete Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
14.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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