TE AsylGH Erkenntnis 2008/08/18 C7 307151-1/2008

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Veröffentlicht am 18.08.2008
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Spruch

C7 307151-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Hat als Vorsitzende und den Richter Mag. Felseisen als Beisitzer im Beisein der des Schriftführerin Fr. Bernold über die Beschwerde des I.Z., geb. 00.00.1985, StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.10.2006, FZ. 05 09.514-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG 1997, BGBl. I. Nr. 76/1997 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesasylamtes. Der Beschwerdeführer stellte am 29.06.2005 einen Asylantrag in Österreich. Er wurde hiezu am 05.07.2005 und am 19.10.2006 niederschriftlich einvernommen (As. 19 bis 35 und 145 bis 155).

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer brachte im Verfahren folgende Fluchtgründe vor:

 

Er habe sich 2004, einem Freitag, mit zwei Freunden zum Beten in der Moschee getroffen. Plötzlich hätten sie einen Mann laufen gesehen, der eine Tasche in der Hand gehabt hätte. Leute hinter dem Mann hätten " Festhalten" gerufen. Der Beschwerdeführer habe dann gemeinsam mit seinen Freunden den Mann festgehalten und ihn dann den Wachmännern vor der Moschee übergeben. In der Tasche des Mannes sei eine Bombe gefunden worden. Nach 10 bis 15 Tagen sei einer dieser Freunde des Beschwerdeführers von Unbekannten erschossen worden. Später habe man erfahren, dass er von Mitgliedern der Seda Sahaba umgebracht worden sei. Auch der Beschwerdeführer habe dann Telefonterror gehabt, und es sei auch öfters beim Vater des Beschwerdeführers angerufen worden und ihm gesagt worden, dass der Beschwerdeführer bald umgebracht werde. Mitte Oktober 2004 sei der Beschwerdeführer mit seinem Cousin spazieren gegangen, als von einem Auto auf der anderen Straßenseite geschossen wurde. Sein Cousin sei dabei am Bein verletzt worden.

 

Konfrontiert mit der Tatsache, dass der Vater des Beschwerdeführers nichts von diesem Vorbringen wissen würde, korrigierte der Beschwerdeführer seinen Fluchtgrund dahingehend, dass er auf dem College mit 2 Studenten der Gruppe xy, welche sehr stark sei, Probleme gehabt habe. Im Dezember 2004 habe einer der Gruppe ihn am Arm gestreift, und es sei im Anschluss daran zu einem Handgemenge zwischen dem Beschwerdeführer und Angehörigen der Gruppe gekommen. In Folge hätten ihn die Angehörigen dieser Gruppe immer am Handy angerufen. Seinem Vater habe er nichts davon erzählt.

 

Anlässlich seiner zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 19.10.2006 gab der Beschwerdeführer nochmals an, dass er den ersten von ihm angegebenen Fluchtgrund erfunden habe und der zweite von ihm erwähnte Grund der einzige Grund für seine Ausreise aus Pakistan gewesen sei. Konkret brachte er vor, mit einem Angehörigen dieser Gruppe, welcher ein besserer Schüler gewesen sei, wegen Noten in Streit geraten zu sein. Er habe Angst vor dieser Gruppe gehabt. Sie hätten ihn auch immer wieder angerufen.

 

2. Mit angefochtenem Bescheid wies die Erstbehörde den Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers ab, gewährte auch keinen subsidiären Schutz und sprach die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan aus.

 

Die Erstbehörde traf darin aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben (u.a. USDOS Bericht aus März 2006) zur allgemeinen Lage in Pakistan. Beweiswürdigend hielt das Bundesasylamt fest, dass dem Beschwerdeführer wegen der widersprüchlichen Darstellung seiner Fluchtgründe und der Unsubstantiiertheit seiner Aussagen die Glaubwürdigkeit zu versagen sei. Weiters mangle es den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Schwierigkeiten an der erforderlichen Intensität und stelle somit der geltend gemachte Vorfall aufgrund der geringen Intensität keinen ernsthaften Nachteil im Sinne des Asylgesetzes dar. Außerdem würde für den Beschwerdeführer auch eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen. Zu Spruchpunkt II verwies das Bundesasylamt darauf, dass unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Berufungswerbers eine allgemeine lebensbedrohende Notlage oder eine allgemeine extreme Gefährdungslage in Pakistan nicht bestehe. Zu Spruchpunkt III legte die Erstbehörde dar, dass der Beschwerdeführer über keine familiären Beziehungen in Österreich verfügt und aus seiner persönlichen Situation keine Hinweise ersichtlich sind, welche gegen eine Ausweisung sprechen würden.

 

3. Dagegen wurde am 08.11.2006 Berufung (nunmehr: Beschwerde) eingebracht.

 

4. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Antragstellers vor der Erstbehörde, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung BGBl. I Nr. 129/2004 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005")? anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es hat insgesamt zwei Einvernahmen des Beschwerdeführers durchgeführt und ihn konkret und ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt. Der festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Subsumtion finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

In der Beschwerde werden den individuellen Ausführungen des Bundesasylamtes, insbesondere in Bezug auf die fehlende Glaubwürdigkeit des Vorbringens, keine Argumente entgegengesetzt bzw. wird kein substantiiertes Beweisanbot getätigt, welches Anlass zu weiteren Ermittlungen der Berufungsbehörde geboten hätte.

 

3. Der Asylgerichtshof geht wie bereits die Behörde erster Instanz davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund nicht glaubhaft ist; dies insbesondere aufgrund seiner widersprüchlichen Verfolgungsbehauptungen und seiner wenig detailreichen Schilderung der Probleme mit der Gruppe xy.

 

Ferner ist sein Vorbringen (Probleme mit einer Gruppe namens xy) mangels Konnex zu einem GFK-Grund und mangels hinreichender Intensität nicht asylrelevant.

 

Überdies ist den Ausführungen der Erstbehörde, dass der Beschwerdeführer den Problemen mit den Studenten durch Verlegung seines Aufenthaltsortes entgehen könnte, zu folgen.

 

4. Auch die Erwägungen des Bundesasylamtes zu Spruchpunkt II. sind nicht zu beanstanden. Es ist, wie schon von der Erstbehörde dargelegt, unter Berücksichtigung seines familiären Rückhaltes und seiner Ausbildung nicht ersichtlich, warum dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung in Pakistan, auch an anderen Orten bzw. in anderen Landesteilen Pakistans, nicht möglich und zumutbar sein sollte. Eine schwere Krankheit oder ein sonstiger Hinweis auf eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers sind im Asylverfahren nicht hervorgekommen.

 

Dass sich seit der Erlassung des Erstbescheides in Pakistan für nicht politisch verfolgte Personen oder allgemein eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall (gänzliche Unglaubwürdigkeit des inhaltlichen Vorbringens) verneint werden und hat sich der Asylgerichtshof dessen durch Einschau in die aktuellen Folgeberichte u.a des USDOS (zuletzt März 2008) - im Interesse des Beschwerdeführers - versichert. Es kann jedenfalls auf Basis der Länderberichte und auch aufgrund der notorischen jüngsten Entwicklungen um Präsident Musharraf und seinen Rücktritt zum Entscheidungszeitpunkt nicht davon ausgegangen werden, dass in Pakistan eine Situation herrscht, in der die Staatsgewalt zusammengebrochen wäre oder systematische schwere Menschenrechtsverletzungen zu erkennen wären.

 

5. Ebenso ist die Ausweisungsentscheidung in Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides zu bestätigen. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunke. Eine nähere Prüfung des Privatlebens des Beschwerdeführers als Asylwerber ist nach der jüngsten EGMR Judikatur in der Regel nicht erforderlich, da das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher zu bewerten ist und die Ausweisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff begründen kann (vgl zur Interessensabwägung zwischen Privatleben und öffentlichem Interesse EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Selbst bei Prüfung des Vorliegens eines Privatlebens im Sinne der bisherigen Judikatur der österreichischen Höchstgerichte (vgl. VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07, VfGH vom 01.10.2007, Zl. G 179, 180/07) wären im Fall des Beschwerdeführers keine Hinweise auf eine sonstige außergewöhnliche schützenswerte Integration in Österreich erkennbar, dass allein aus diesem Grunde die Ausweisung für unzulässig zu erklären wäre, dies auch unter Berücksichtigung seiner Wohnsitznahme bei einem Freund seines Vaters, seiner Arbeit als Zusteller und einer zum Entscheidungszeitpunkt knapp dreijährigen Aufenthaltsdauer (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 wonach ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet regelmäßig keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet).

 

6. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

 

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, Lebensgrundlage, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, soziale Verhältnisse, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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