TE Vwgh Beschluss 2001/4/3 95/12/0363

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Veröffentlicht am 03.04.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §45 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über den Antrag des S in W, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 24. November 1995, Zl. 94/12/0340, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Der Antragsteller steht als Magistratsrat in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Stadt Wien und ist rechtskundig im Sinn des § 24 Abs. 2 VwGG.

Mit Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 11. Juli 1989 wurde der 1941 geborene Antragsteller gemäß § 52 Abs. 2 lit. a der Dienstordnung 1966 wegen Dienstunfähigkeit auf Grund psychischer bzw. habitueller Ursachen (insbesondere wegen mangelnder Einordnungs- und Einsichtsfähigkeit in rechtliche Zusammenhänge, die zu einer Störung des Dienstbetriebes führten) in den Ruhestand versetzt.

Die dagegen erhobene und unter Zl. 89/12/0143 protokollierte Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Dezember 1990 als unbegründet abgewiesen.

In Zusammenhang mit diesem Verfahren hat der Antragsteller eine Vielzahl von weiteren Verfahren angestrengt, um seine Reaktivierung zu erreichen.

Mit Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 10. November 1994, Zl. Pr. Z. 3744/94, wurde der Antrag auf Feststellung, dass die Vorberatung des Antrages der Magistratsabteilung 2 vom 20. März 1989 durch die gemeinderätliche Personalkommission nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt und dem Antragsteller dadurch rechtswidrig und schuldhaft ein beruflicher Schaden zugefügt worden sei, als unzulässig zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene, unter Zl. 94/12/0340 protokollierte Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 24. November 1995 als unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen führte der Verwaltungsgerichtshof hiezu aus, dass die Rechtmäßigkeit der Frühpensionierung des Beschwerdeführers unter der bereits genannten Zl. 89/12/0143 überprüft worden sei. Im vorliegenden Verfahren sei die Frage Verfahrensgegenstand, ob dem Beschwerdeführer ein Recht auf inhaltliche Erledigung der von ihm begehrten Feststellung, nämlich der angeblichen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und eines ihm daraus entstandenen Schadens, zugekommen sei oder nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien Verwaltungsbehörden berechtigt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide zu erlassen, wenn dieser entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse der Partei lägen und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmten. Unzulässig sei es hingegen, eine Vorfrage, die in einem anderen Verfahren zu lösen gewesen wäre, zum Gegenstand einer selbstständigen Feststellung zu machen. Es müsse mithin für die Feststellung ein im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei begründeter Anlass gegeben sein. Ein solcher Anlass liege aber jedenfalls dann nicht vor, wenn über die maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen, gesetzlich vorgezeichneten Verfahrens zu entscheiden sei. Ausgehend von dieser Rechtsprechung sei dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass die von ihm begehrte Feststellung ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren, das auch vom Verwaltungsgerichtshof überprüft worden sei, betreffe. Von den nach Rechtskraft einer behördlichen Entscheidung noch bestehenden Rechtsbehelfen habe der Beschwerdeführer - bezogen auf diese Entscheidung - ohnehin in reichem Maße Gebrauch gemacht. Einen Anspruch auf Schadenersatz oder Feststellung eines Schadens, wie ihn der Beschwerdeführer begehre, kenne das für sein Dienstverhältnis bestehende Dienstrecht nicht. Für einen möglicherweise über diesen Bereich hinaus gehenden, von ihm geltend gemachten Schadenersatzanspruch stehe allenfalls das Verfahren nach dem Amtshaftungsgesetz zur Verfügung. Da für den Feststellungsanspruch des Beschwerdeführers solcher Art keine rechtliche Grundlage bestanden habe, sei die Zurückweisungsentscheidung der belangten Behörde zutreffend.

Mit dem vorliegenden, auf § 45 Abs. 1 (richtig:) Z. 1 und Z. 4 VwGG gegründeten Wiederaufnahmeantrag begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Zl. 94/12/0340 und die Beseitigung des in diesem Verfahren ergangenen Erkenntnisses vom 24. November 1995. Abgesehen von den Behauptungen zur Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages begründet er diesen inhaltlich im Wesentlichen damit, dass sich durch das zitierte Erkenntnis vom 24. November 1995 der Verdacht bestätigt habe, dass der Berichterstatter des Ausgangserkenntnisses zur Zl. 89/12/0143 nicht nur die damaligen Mitglieder des 12. Senates, sondern auch im weiteren Verlauf die Folgesenate dahingehend getäuscht habe, indem er wahrheitswidrig behauptet habe, er hätte das Vorliegen eines rechtsgültigen Beschlusses des Wiener Stadtsenates, der dem Bescheid zur Zl. Pr. Z. 2013/89 zu Grunde liege, überprüft. Eine solche Überprüfung wäre nur anhand eines Sitzungsprotokolls möglich gewesen. Nachträgliche Ermittlungen des Antragstellers hätten ergeben, dass ein Protokoll über diese Sitzung nicht angefertigt worden sei. Der Berichterstatter habe einen rechtsgültigen Beschluss des Stadtsenates unterstellt, diese wahrheitswidrige Unterstellung jedoch nicht als solche gegenüber dem Senat im Rahmen des Erkenntnisses vom 17. Dezember 1989 wie auch gegenüber allen Folgesenaten ausgewiesen. Nach Ansicht des Antragstellers liege (seiner Versetzung in den Ruhestand) kein kollegialbehördlicher Beschluss zu Grunde. Dem Antragsteller bleibe unklar, wovon der 12. Senat in seinem Erkenntnis vom 24. November 1995 zur Zl. 94/12/0340 überhaupt spreche. Es entspreche nicht den Vorschriften des VwGG, allgemein von allfälligen Mängeln und nicht relevanten Verfahrensmängeln zu sprechen, ohne genau anzugeben, was damit bezeichnet und qualifiziert werden solle. Die Relevanz von aufgezeigten Verfahrensfehlern sei nicht einfach dem Belieben überlassen, sondern habe an einzuhaltenden Regeln der Geschäftsordnung des Wiener Stadtsenates (der vorberatenden gemeinderätlichen Personalkommission) gemessen zu werden. Da der Vortrag des Berichterstatters wahrheitswidrig gewesen sei, mussten die übrigen Senatsmitglieder offensichtlich getäuscht worden sein. Der Berichterstatter habe auch die Pflicht gehabt, zu prüfen, ob dem vorgelegten Bescheidentwurf überhaupt ein rechtsgültiges Beschlussverfahren vorausgegangen wäre. Im Verfahren zur Zl. 89/12/0143 habe der Berichterstatter die Prüfung des Beschlusses behauptet. In späteren Verfahren habe der Antragsteller klarstellen können, dass es kein Protokoll über die Sitzung des Stadtsenates vom 11. Juli 1989 gebe. Damit habe der Berichterstatter auch die übrigen Richter des Verfahrens zur Zl. 89/12/0143 erheblich getäuscht. Auch habe er später die Unterlassung der Prüfung der Existenz des Stadtsenatsbeschlusses nicht einbekannt, als der Antragsteller diesen Verfahrensgegenstand mit Beweismitteln thematisierte. Sein Gesamtverhalten ziele auf die Vernichtung aller relevanten Beweisanträge des Antragstellers, die noch zur Ergänzung und weiteren Klarstellung möglich gewesen wären. Das Nichtvorliegen eines rechtsgültigen Beschlusses des Stadtsenates in der Causa Pr. Z. 2013/89 könne nicht die Bedeutung eines im konkreten Fall nicht relevanten Verfahrensmangels haben. Dass diese Feststellungen das eigentliche Verfahrensthema darstellten und die Hinweise auf die Tatsachen und Rechtsnormen den Weg zu dieser Rechtsverhältnisfeststellung darstellten, sei klar zum Ausdruck gebracht worden. Der Berichterstatter habe in diesem Erkenntnis wie in den anderen Richter insoweit getäuscht, als er den rechtserheblichen Mangel des Nichtzustandekommens eines Stadtsenatsbeschlusses (und den Mangel eines vorberatenden Beschlusses der gemeinderätlichen Personalkommission) als nicht relevanten Verfahrensmangel erklärt und verschleiert habe, dass die Nichtexistenz eines Bescheidbeschlusses der zuständigen Kollegialbehörde einen Nichtbescheid zur Folge habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. d VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist.

Gemäß Z. 4 leg. cit. ist die Wiederaufnahme zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte.

Die Wiederaufnahme gemäß § 45 Abs. 1 VwGG ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich und dient grundsätzlich nicht der allgemeinen Überprüfung abgeschlossener verwaltungsgerichtlicher Verfahren oder einer allgemeinen Korrektur verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen.

Insofern, als der Antragsteller einen hinreichenden Grund zur Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 24. November 1995 abgeschlossenen Verfahrens zur Zl. 94/12/0340 darin erkennt, dass der damalige Berichterstatter eine unrichtige Sachverhaltsdarstellung zur verantworten habe (vgl. Art. 4 der Kundmachung des Bundeskanzleramtes vom 9. März 1965 betreffend die Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965) geht dies am Gegenstand seiner zur Zl. 94/12/0340 protokollierten Beschwerde und an den maßgeblichen, ausschließlich in rechtlicher Hinsicht erflossenen Erwägungen des Erkenntnisses vom 24. November 1995 vorbei. Weder relevierte die damalige Beschwerde eine mangelnde Existenz des Beschlusses des Stadtsenates noch hatte das zitierte Erkenntnis vom 24. November 1995 die diesbezügliche Tatsachengrundlage zu erheben oder zu erörtern, weshalb die nunmehr vom Antragsteller erhobenen Vorwürfe gegen den damaligen Berichterstatter unter dem Gesichtspunkt des Wiederaufnahmegrundes des § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG fehlgehen. Darüber hinaus unterlässt es der Antragsteller auch, die im § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG geforderte Kausalität zwischen einer gerichtlich strafbaren Handlung einerseits und der Willensbildung andererseits - der im vorliegenden Fall ausschließlich rechtliche Erwägungen zu Grunde lagen - konkret zu behaupten.

Allein der Umstand, dass eine Rechtsmeinung des Antragstellers nicht in der seiner Ansicht nach entsprechenden Art und Weise Berücksichtigung fand, stellt keinen Wiederaufnahmegrund dar, insbesondere liegt darin nicht die Behauptung des Grundes nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG (hg. Beschluss vom 25. März 1999, Zl. 98/15/0131).

Der Wiederaufnahmeantrag erweist sich daher mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach § 45 Abs. 1 Z. 1 und Z. 4 VwGG als unbegründet, weshalb diesem nicht stattzugeben ist. Wien, am 3. April 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1995120363.X00

Im RIS seit

05.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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