TE Vwgh Beschluss 2001/4/3 95/12/0357

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Veröffentlicht am 03.04.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §45 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über den Antrag des S in W, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 24. November 1995, Zl. 94/12/0085, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Der Antragsteller steht als Magistratsrat in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Stadt Wien und ist rechtskundig im Sinn des § 24 Abs. 2 VwGG.

Mit Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 11. Juli 1989 wurde der 1941 geborene Antragsteller gemäß § 52 Abs. 2 lit. a der Dienstordnung 1966 wegen Dienstunfähigkeit auf Grund psychischer bzw. habitueller Ursachen (insbesondere wegen mangelnder Einordnungs- und Einsichtsfähigkeit in rechtliche Zusammenhänge, die zu einer Störung des Dienstbetriebes führten) in den Ruhestand versetzt.

Die dagegen erhobene und unter Zl. 89/12/0143 protokollierte Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Dezember 1990 als unbegründet abgewiesen.

In Zusammenhang mit diesem Verfahren hat der Antragsteller eine Vielzahl von weiteren Verfahren angestrengt, um seine Reaktivierung zu erreichen.

Mit Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 8. März 1994, Zl. Pr.Z. 812/94, wurde den Anträgen vom 30. September 1994 auf Wiederaufnahme

1. des mit Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 11. Juli 1989, Pr.Z. 2013/89, abgeschlossenen Verfahrens bezüglich der Versetzung in den Ruhestand und

2. der mit den Bescheiden des Wiener Stadtsenates vom 15. Mai 1990, Zl. Pr.Z. 1319/90, 12. März 1991, Pr.Z. 628/91, 6. August 1991, MA 1-574/91, 10. Februar 1992, Pr.Z. 3279/91 - soweit er über die Wiederaufnahmeanträge vom 27. Mai, 4. Juli und 16. Juli 1991 abspreche, vom 25. Februar 1992, Pr.Z. 543/92, vom 25. Februar 1992, Pr.Z. 518/92 bzw. MA 1-733/91, 28. April 1992, Pr.Z. 1320/92, 22. September 1992, Pr.Z. 3231/92, und vom 25. Mai 1993, Pr.Z. 1690/93, abgeschlossenen Wiederaufnahmeverfahren betreffend das zu Punkt 1. bezeichnete Ruhestandsversetzungsverfahren - in Zusammenhang mit einer Vielzahl näher aufgezählter Eingaben - gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie Abs. 2 AVG keine Folge gegeben.

Die dagegen erhobene, unter Zl. 94/12/0085 protokollierte Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 24. November 1995 als unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen führte der Verwaltungsgerichtshof hiezu aus, dass sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Verwertung eines wichtigen Beweismittels in einem Wiederaufnahmeverfahren und in einem wiederaufzunehmenden Verfahren insoweit verletzt sehe, als die genannten Beweismittel in Verbindung mit den sonstigen schon hinlänglich aktenkundig bekannt gewordenen sowohl die Bewilligung des Wiederaufnahmeverfahrens (der Wiederaufnahmeverfahren) als auch den Erfolg im wiederaufgenommenen Verfahren zu seinen Gunsten im beantragten Sinn bei richtiger Verwertung ermöglicht hätten, sodass insbesondere Aktenwidrigkeit und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht würde. Der Beschwerdeführer bringe im Wesentlichen vor, dass seine Versetzung in den Ruhestand nach Vorberatung durch die gemeinderätliche Personalkommission vom Stadtsenat zu verfügen gewesen wäre. Die Mitglieder der belangten Behörde wären aber vom Magistrat nicht rechtzeitig und ausreichend informiert worden. Sein Fall wäre auch nicht als besonderer Einzelfall auf der Tagesordnung ausgewiesen worden, sondern als einer unter vielen Anträgen von der belangten Behörde auf Basis einer Antragsbegründung von vier oder fünf Seiten genehmigt worden. Mangels ausreichender Information der entscheidenden Organwalter der Kollegialbehörde wäre keine rechtlich anzuerkennende Verfügung gemäß § 52 der Dienstordnung 1966 zu Stande gekommen. Der Beschwerdeführer behaupte weiters, es würde Täuschungsabsicht der Behörde - auch gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof - vorliegen. Der für die Dienstunfähigkeit maßgebende letzte Zustand wäre gar nicht festgestellt worden. Dass der Verwaltungsgerichtshof den "Bescheidentwurf" mit seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 1990 bestätigt hätte, würde einer beantragten Wiederaufnahme nicht entgegenstehen. Es müsste einem zur autonomen Entscheidung berufenen Kollegialorgan zustehen, auch anders zu entscheiden, als vom Hilfsorgan Magistrat vorgeschlagen würde. Da ein Beschluss des Kollegialorganes bisher nicht hätte nachgewiesen werden können, hätte der Verwaltungsgerichtshof lediglich einen Pensionierungsbescheidentwurf bestätigt.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers nehme auf den Bescheidabspruch Punkt 2. betreffend die Wiederaufnahme von Wiederaufnahmeverfahren keinen Bezug. Eine solche Wiederaufnahme käme allenfalls dann in Betracht, wenn im wiederaufzunehmenden Wiederaufnahmeverfahren ein (relevanter) Wiederaufnahmegrund gegeben wäre. Dafür sehe der Verwaltungsgerichtshof keinen Ansatz und habe der Beschwerdeführer auch nichts vorgebracht.

Was das Beschwerdevorbringen zu den angeblichen Willensmängeln bei der Beschlussfassung der belangten Behörde als Folge einer angeblichen Unterlassung einer umfassenden und rechtzeitigen Information betreffe, sei der Beschwerdeführer auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in dem in seiner Sache ergangenen Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 93/12/0178, im Sinn des § 43 Abs. 2 VwGG hinzuweisen. Im Übrigen zeige das Vorbringen des Beschwerdeführers in diesem Verfahren über die angeblichen Mängel der Beschlussfassung der Kollegialbehörde, dass er bereits in Kenntnis des von ihm als Wiederaufnahmegrund angenommenen Sachverhaltes gewesen sei und diesen Sachverhalt nur in einer etwas anderen rechtlichen Richtung verwerten wolle. Aus den dargelegten Gründen sei dem Wiederaufnahmebegehren des Beschwerdeführers hinsichtlich Punkt 1. durch den angefochtenen Bescheid zu Recht nicht stattgegeben worden.

Mit dem vorliegenden Wiederaufnahmeantrag begehrt der Antragsteller, gegründet auf § 45 Abs. 1 (richtig:) Z. 1 und Z. 4 VwGG, die Wiederaufnahme des zur Zl. 94/12/0085 geführten Verfahrens und die Beseitigung des in diesem Verfahren ergangenen Erkenntnisses vom 24. November 1995. Abgesehen von der Rechtzeitigkeit seines Antrages begründet er diesen inhaltlich damit, dass er zunächst auf die übrigen Anträge auf Wiederaufnahme betreffend die Erkenntnisse vom 8. und 24. November 1995 zu den Zlen. 93/12/0178, 93/12/0184, 93/12/0188 sowie 94/12/0344 und betreffend den Beschluss zur Zl. 93/12/0276 verweist und die dortigen Verfahrensbehauptungen und Beweisanbote auch zum Gegenstand des vorliegenden Antrages macht. Der Antragsteller verweise auch auf die zur Zl. S 123/94 protokollierte Eingabe an die Vollversammlung, in welcher er das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zur Zl. 89/12/0143 als Fehlentscheidung analysiert und die Ursachen dieser Fehlentscheidung aufgedeckt habe. Weiters gebe es einen Beschluss über einen vorgelegten Bescheidentwurf in der Causa Pr.Z. 2013/89 durch den Stadtsenat geschäftsordnungsgemäß gar nicht. Der 12. Senat des Verwaltungsgerichtshofes behaupte fortwährend, er hätte schon vor Fällung des Erkenntnisses zur Zl. 89/12/0143 die Rechtsgültigkeit des Beschlusses geprüft. Nun stelle sich aber heraus, dass er diesen gar nicht geprüft habe, seien ihm doch vom Antragsteller erst nach Fällung des Erkenntnisses vom 17. Dezember 1990 zur Zl. 89/12/0143 erhobenen Ermittlungsergebnisse zum Zeitpunkt seiner Beschlussfassung nicht zur Verfügung gestanden. Der Berichterstatter des Senates habe nichts geprüft und einen Beschluss des Stadtsenates trotz des Hinweises des Antragstellers einfach unterstellt, um der Beschwerde nicht stattzugeben. Er habe die Erlassung eines Erkenntnisses veranlasst, von dem er habe annehmen müssen, dass es durch keinen Kollegialbehördenbeschluss gedeckt sei. Er habe einen nichtigen Verwaltungsakt zum Gegenstand eines Erkenntnisses gemacht und diesbezüglich die übrigen Mitglieder des 12. Senates getäuscht. Der Berichterstatter habe daher wahrheitswidrig einen Kollegialbehördenbeschluss über den vom Magistrat vorgelegten Bescheidentwurf unterstellt. Er hätte spätestens im Jahre 1993 erkennen und dies deklarieren müssen, dass seine Unterstellung aus Anlass des Verfahrens zur Zl. 89/12/0143 falsch gewesen sei. In der pflichtwidrigen Unterlassung des gebotenen Verhaltens liege sein strafbares Verhalten als Amtsorgan begründet. Es sei falsch, dass der Berichterstatter des 12. Senates im Verfahren zur Zl. 89/12/0143 eine Prüfung in der Richtung, ob ein Beschluss des Stadtsenates rechtsgültig zu Stande gekommen wäre oder nicht, durchgeführt habe. Der 12. Senat sei auf das wesentliche Vorbringen des Antragstellers nicht eingegangen. Die Behauptung, es sei im Verfahren zur Zl. 89/12/0143 ein Beschluss geprüft worden, könne vom Vorsitzenden und von den weiteren Richtern nicht getätigt worden sein und sei daher allein dem Berichterstatter zuzuordnen, der mit dieser Falschbehauptung die übrigen Mitglieder des Senates offensichtlich getäuscht habe, sodass ihnen der Blick auf den wesentlichen Sachverhalt verstellt worden sei und die Organisationsvorschriften der Stadt Wien nicht haben angewendet werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. d VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.

Gemäß Z. 4 leg. cit. ist die Wiederaufnahme zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte.

Die Wiederaufnahme gemäß § 45 Abs. 1 VwGG ist nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich und dient grundsätzlich nicht der allgemeinen Überprüfung abgeschlossener verwaltungsgerichtlicher Verfahren oder einer allgemeinen Korrektur verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen.

In seinen nunmehrigen Behauptungen verkennt der Antragsteller den Gegenstand seiner zur Zl. 94/12/0085 protokollierten Beschwerde und die maßgeblichen - ausschließlich rechtlichen - Erwägungen des Erkenntnisses vom 24. November 1995 zu dieser Zahl. Das Erkenntnis erörterte nicht die Tatsachenfrage des Vorhandenseins eines Sitzungsprotokolls oder die Rechtsförmlichkeit des Beschlusses des Stadtsenates, sondern beurteilte die Behauptungen des damaligen Beschwerdeführers als ungeeignet, einen Wiederaufnahmegrund im Sinn des § 69 Abs. 1 AVG -

betreffend das Verfahren und den Bescheid über seine Versetzung in den Ruhestand und betreffend eine Vielzahl von Wiederaufnahmeverfahren - geltend zu machen. Insofern, als der Antragsteller dem Berichterstatter des 12. Senates unterstellt, eine unrichtige Sachverhaltsdarstellung erstattet zu haben (vgl. Art. 4 Abs. 1 der Kundmachung des Bundeskanzleramtes vom 9. März 1965 betreffend die Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965), übersieht er jedoch, dass damit alleine noch nicht die Behauptung der in § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG geforderten Kausalität zwischen dem inkriminierten Verhalten einerseits und der Entscheidung des Senates andererseits liegt, weil im gegenständlichen Erkenntnis vom 24. November 1995 die vom Antragsteller behauptete unrichtige Sachverhaltsdarstellung rechtlich irrelevant war. Schon deshalb liegt der unter diesem Gesichtspunkt geltend gemachte Wiederaufnahmegrund nicht vor.

Ebenso wenig erstattet der Antragsteller Behauptungen über das Vorliegen des Wiederaufnahmegrundes des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG. Ein vom Antragsteller gegen die Rechtsfindung des Verwaltungsgerichtshofes erhobener Vorwurf indiziert nicht die Verletzung des Parteiengehörs (hg. Beschluss vom 25. März 1999, Zl. 98/15/0131).

Der Wiederaufnahmeantrag erweist sich daher mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach § 45 Abs. 1 Z. 1 und Z. 4 VwGG als unbegründet, weshalb diesem nicht stattzugeben ist. Wien, am 3. April 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1995120357.X00

Im RIS seit

05.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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