TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/01 A2 265041-0/2008

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Veröffentlicht am 01.09.2008
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Spruch

A2 265.041-0/2008/3E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Filzwieser als Vorsitzenden und den Richter Dr. Druckenthaner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Holzer über die Beschwerde des C.P., geb. 00.00.1987, StA Gambia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.10.2005, GZ. 04 17.933-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs 1, Abs 2 AsylG 1997 BGBl. I 1997/76 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe :

 

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt. Der nunmehrige Beschwerdeführer wurde am 09.09.2004 (As. BAA 23-31) und am 28.09.2005 (As. 111-115) niederschriftlich befragt.

 

In seiner ersten niederschriftlichen Einvernahme in Gegenwart seines damaligen gesetzlichen Vertreters führte der Beschwerdeführer, nachdem er zunächst bestätigt hatte, dass die Verständigung mit dem Dolmetscher einwandfrei sei, aus, er sei nach Österreich gekommen, da er in Gambia Probleme mit der Regierung hätte. Sein Vater sei ein Politiker und gegen die Regierung. Er hätte einen Kredit von der Bank bekommen. Eines Tages, als der Beschwerdeführer gerade Fußball gespielt hätte, sei ein kleiner Junge gekommen und hätte ihm gesagt, dass seine Familie verhaftet worden sei. Er hätte ihm seine Schuhe gebracht. Er hätte sich in weiterer Folge versteckt und sei weggerannt, dann sei er nach Europa gekommen.

 

Auf die Frage, ob er wisse, ob die Regierung auch ihn verfolge, führte der Beschwerdeführer aus, dies nicht zu wissen, aber sei seine gesamte Familie mitgenommen worden.

 

Bei der weiteren Befragung am 28.09.2005 führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen aus, er sei wegen der Probleme des Vaters fort. Der Vater hätte bei der Opposition gearbeitet. Er hätte Geld von der Regierung bekommen, wofür, wisse er nicht.

 

Auf die Aufforderung, sein Vorbringen zu konkretisieren, führte der Beschwerdeführer aus, sein Vater hätte für die Opposition gearbeitet und das Geld nicht zurückzahlen können. Er wisse nicht wofür er das Geld bekommen habe. Aus diesem Grund sei der Vater bedroht worden, man hätte gedroht, dass die Familie festgenommen werden soll Die Gründe wisse er nicht.

 

Auf die Frage, ob er weitere Fluchtgründe hätte, sagte der Beschwerdeführer, dies sei nicht der Fall. Er wisse nicht, wo seine Familienangehörigen seien. Der Junge, der ihm am Fußballplatz die Schuhe gebracht habe, hätte nur gesagt, er solle flüchten. Die Militärs seien gekommen und hätten Eltern und Schwester abgeholt. Freunde von ihm hätten das überprüft und diese Aussage bestätigt.

 

Auf die Aufforderung, die Tätigkeit des Vaters bei der Opposition näher zu beschreiben, führte der Beschwerdeführer aus, dieser hätte bei der UDP gearbeitet. Er selbst habe sich um Politik nicht gekümmert und wisse nicht, was der Vater gemacht habe. Er wisse nicht viel über die UDP. Die UDP hätte immer Konflikte mit der regierenden Partei. Die Abkürzung der regierenden Partei vermochte der Beschwerdeführer nicht zu beschreiben. Die Funktion, die der Vater bei der UDP gehabt habe, konnte der Beschwerdeführer nicht angeben. Er konnte auch sonst keine weiteren Angaben über die Aktivitäten des Vaters machen.

 

Auf die Frage, wann die Familie konkret festgenommen worden sei, führte der Beschwerdeführer aus, er hätte das Datum vergessen. Es sei ca. drei Monate vor der Einreise nach Österreich gewesen. Er habe keine Ahnung wo sich seine Familienangehörigen nunmehr befinden. Er wisse nicht, wofür sein Vater Kredite gebraucht hätte.

 

Dem Beschwerdeführer wurde daraufhin vorgehalten, dass er mehrere Jahre lang Schulen besucht hätte und angegeben hatte, mit den Familienangehörigen zu wohnen. Daher sei zu erwarten, dass er genauere Informationen über sie bzw. ihre Tätigkeiten haben müsse. Das Vorbringen sei daher nicht als glaubwürdig zu werten. Der Beschwerdeführer erwiderte darauf, sein Vater habe nicht viel Zeit mit ihnen verbracht. Manchmal hätte er bei den Großeltern geschlafen. Konkrete Rückkehrbefürchtungen im Falle einer Rückkehr nach Gambia konnte der Beschwerdeführer keine machen.

 

Mit angefochtenem Bescheid wies die Erstbehörde den Asylantrag des nunmehrigen Beschwerdeführers ab, gewährte auch keinen subsidiären Schutz und sprach die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia aus. Die Erstbehörde traf darin seinerzeit aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben (USDOS Bericht aus Februar 2005) zur politischen Lage in Gambia. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers vage gewesen sei. Er hätte keinerlei Ausführungen darüber machen können, welche politische Tätigkeit der Vater ausgeübt hatte. Auch das Festnahmedatum des Vaters hätte er nicht angeben können, ebenso wenig den Grund über die behauptete Kreditaufnahme des Vaters. Angesichts seiner Schulbildung und des behaupteten Zusammenlebens mit seinem Vater wäre aber zu erwarten gewesen, dass er diesbezüglich genauere Angaben machen hätte können. In der Folge wurden die Ausführungen des Beschwerdeführers daher als unglaubwürdig gewertet und könne daher weder die Gewährung von Asyl noch die Gewährung von subsitären Schutz erfolgen. Es wurde auch festgestellt, dass der Antragsteller über keine familiären Beziehungen in Österreich verfügt.

 

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen das Vorbringen des Beschwerdeführers kursorisch wiederholt. Auf die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes wurde nicht eingegangen. Weitere Ausführungen, warum die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Gambia nicht zulässig sein sollte, wurden ebenso nicht getätigt.

 

Der Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigen Urteilen des LG für Strafsachen Wien vom 00.00.2004, 00.00.2006 und 00.00.2006 zu Freiheitsstrafen (zuletzt 10 Monate unbedingt) wegen Delikten gegen das Suchtmittelgesetz verurteilt.

 

Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:

 

1. Anzuwenden war das AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76 in der geltenden Fassung BGBl. I Nr. 129/2004 (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichthof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005") anzuwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

2. Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

3. Die Beschwerde hält der substantiierten Beweiswürdigung der Erstbehörde in Bezug auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, insbesondere dem Argument, er hätte nähere Informationen über die Tätigkeit des Vaters haben müssen, nichts auch nur ansatzweise Substantiiertes entgegen; dies unter dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer mehrere Jahre die Schule besucht hatte und gemeinsam mit dem Vater gewohnt hat.

 

Selbst unter Beachtung des relativ geringen Alters des Beschwerdeführers in Gambia wäre jedenfalls zu erwarten gewesen, dass er diesbezüglich nähere Ausführungen machen hätte können. Das Datum der fluchtauslösenden Verhaftung des Vaters und anderer Familienangehöriger hätte der Beschwerdeführer ebenso näher angeben müssen. Es handelt sich hierbei um insgesamt einschneidende Umstände, deren nähere Darstellung auch von einem achtzehnjährigen Mann in einer ihm vertrauten Sprache regelmäßig erwartet werden kann.

 

Auch sonst ist dem Bundesasylamt beizupflichten, dass die Angaben des Beschwerdeführers insgesamt vage und detailarm waren. Selbst wenn man, wie ausgeführt, berücksichtigt, dass er zum Zeitpunkt der fluchtauslösenden Ereignisse noch minderjährig war, so handelte es sich bei den Umständen seiner behaupteten sehr kurzfristigen Flucht aus seiner Heimat zutreffendenfalls um dramatische Vorkommnisse und wäre auch diesbezüglich zu erwarten, dass er zumindest teilweise nähere Ausführungen dazu hätte treffen können.

 

Da dieser zentralen Würdigung seitens des Beschwerdeführers nicht entgegengetreten worden ist, besteht für den Asylgerichtshof kein Anlass, an der Richtigkeit der eben dargestellten Beweiswürdigung zu zweifeln. Welche näheren Ausführungen der Beschwerdeführer in einer Beschwerdeverhandlung treffen hätte können, die ein anderes Ergebnis der Beweiswürdigung ermöglichen, wurde zudem in der nunmehr als Beschwerde zu wertenden Berufung nicht dargetan. Hinweise auf irgendwelche Probleme in den erstinstanzlichen Einvernahmen sind nicht aufgetreten, Verständigungsschwierigkeiten wurden nicht behauptet. Es sind jeweils Rückübersetzungen vorgenommen worden. Der Beschwerdeführer wurde am Ende seiner Einvernahme vom 28.09.2005 ausdrücklich gefragt, ob er weitere Angaben machen wolle und hat dies verneint.

 

Es sind schließlich auch keine aktenmäßigen Umstände ersichtlich, dass im Falle des Beschwerdeführers ein besonders schützenswertes Familien- oder Privatleben zwischenzeitig in Österreich entstanden ist. Hinweise auf besondere Vulnerabilität des Antragstellers (zB schwere Krankheit) sind gleichfalls nicht ersichtlich.

 

Auf die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers wird hingewiesen.

 

4. Aus den unbestritten gebliebenen Feststellungen zur Lage in Gambia ergibt sich, dass es trotz Menschenrechtsproblemen keine allgemeine Sippenhaftung, ebenso wenig wie eine allgemeine politische Verfolgung aller RückkehrerInnen, gibt. In Ermangelung von Hinweisen auf eine besondere individuelle Vulnerabilität des seinen Angaben nach nunmehr einundzwanzigjährigen Antragstellers (zB akute Krankheit, keine Schulbildung), war die Erstbehörde auch berechtigt, trotz des notorischen Umstandes, dass es sich bei Gambia um ein wirtschaftlich armes Land handelt, wobei sich aber keine Hinweise auf eine dramatische Versorgungslage (zB Hungersnöte) finden, von der Gewährung subsidiären Schutzes in diesem individuellen Fall abzusehen. Dass sich seit der Erlassung des Erstbescheides in Gambia für nicht politisch verfolgte Personen oder allgemein eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall (gänzliche Unglaubwürdigkeit des inhaltlichen Vorbringens) verneint werden (anders kann sich die Lage nun lediglich für Personen darstellen, die als politische Gegner des Präsidenten gelten) und hat sich der Asylgerichtshof dessen durch Einschau in die aktuellen Folgeberichte des USDOS (zuletzt März 2008) - im Interesse des Beschwerdeführers - versichert.

 

5. Auch die Entscheidung der Erstbehörde zur Ausweisung war (noch) nicht zu beanstanden, als sich der Antragsteller zum Entscheidungszeitpunkt lediglich etwas weniger als vier Jahre in Österreich befindet und dessen ungeachtet außergewöhnliche Hinweise auf Integration (Kernfamilienangehörige in Österreich, Heirat o.ä.) nicht bekannt geworden sind (zur regelmäßigen Unbeachtlichkeit des Privatlebens in diesem Zusammenhang vgl EGMR 08.04.2008, Rs Nnyanzi vs UK, 21878/06). Dagegen wiegen die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.

 

6. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. In diesem Sinne war also spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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