TE Vwgh Erkenntnis 2001/4/4 2001/18/0057

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Veröffentlicht am 04.04.2001
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §35 Abs3 Z1;
FrG 1997 §35 Abs3 Z2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75;
StGB §71;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des S J, (geboren am 21. Jänner 1965), in St. Pölten, vertreten durch Dr. Karl Prisching, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Völklplatz 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 1. Dezember 2000, Zl. SD 652/00, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 1. Dezember 2000 wurde gegen den Beschwerdeführer, seinen Angaben zufolge ein Staatsangehöriger von Gambia, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität auf Grund fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei am 1. Jänner 1998 aus Italien kommend illegal nach Österreich gelangt. Sein am 2. Jänner 1998 gestellter Asylantrag sei zunächst vom Bundesasylamt und sodann mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 11. September 1998 rechtskräftig abgewiesen worden. Einer dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde sei mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1998 die aufschiebende Wirkung mit der Maßgabe zuerkannt worden, dass dem Beschwerdeführer die Rechtsstellung zukomme, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheids gehabt habe. Demnach verfüge der Beschwerdeführer über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. Jänner 2000 sei er wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 erster Fall Suchtmittelgesetz - SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer zwölf Monaten, wovon acht Monate bedingt nachgesehen worden seien, verurteilt worden. Dieser rechtskräftigen Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass er am 19. August 1999 gemeinsam mit einem Mittäter an zumindest drei Kunden insgesamt mindestens 0,6 g "Heroin/Kokain" und im Zeitraum bis zum 25. August 1999 allein vier Kugeln Kokain an unbekannte Abnehmer in Verkehr gesetzt habe. Weiters habe er am 25. August 1999 eine nicht mehr feststellbare Menge an "Heroin/Kokain", die er für den unmittelbaren Weiterverkauf bereitgehalten habe, unmittelbar vor seiner Festnahme dadurch vernichtet und einer Überprüfung unzugänglich gemacht, dass er diese Suchtmittel in das WC gespült habe. Wie das Gericht festgestellt habe, habe der Beschwerdeführer in der Absicht gehandelt, sich durch den Suchtgiftverkauf eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen.

Nur etwa ein halbes Jahr später, am 18. Juli 2000, sei er vom selben Gericht abermals, und zwar wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 28 Abs. 2 SMG, § 15 StGB, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 Monaten verurteilt worden. Dieser rechtskräftigen Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass er unmittelbar nach der Entlassung aus der Gerichtshaft, die am 21. Jänner 2000 erfolgt sei, einem Anderen Heroin und Kokain in geringer Menge zum Verkauf angeboten habe. Weiters habe er in der Zeit von März 1999 bis März 2000 insgesamt ca. 42,4 g Heroin und ca. 19 g Kokain sowie in einem nicht mehr exakt feststellbaren Zeitraum eine unbekannte Menge Haschisch an verschiedene Abnehmer verkauft. Am 14. März 2000 habe er einem verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres zunächst 0,5 g Kokain verkauft und diesem 0,5 g Heroin kostenlos überlassen. Wenige Tage später, am 21. März 2000, habe er versucht, 26,6 g Heroin und 28 g Kokain in Verkehr zu setzen.

Demnach sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG in zweifacher Hinsicht erfüllt, weil dem Beschwerdeführer nicht nur strafbare Handlungen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhten, zur Last lägen, sondern bei beiden Verurteilungen auch das in der genannten Gesetzesstelle normierte Strafausmaß (beträchtlich) überschritten worden sei. Auf Grund des Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers könne kein Zweifel bestehen, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maß gefährde. Die Erlassung des Aufenthaltsverbots gegen den Beschwerdeführer sei sohin (auch) im Grund des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 leg. cit. - gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer sei seinen Angaben zufolge ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen zum Bundesgebiet bestünden nicht. Selbst wenn man auf Grund des beinahe dreijährigen inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers, der seit 8. Jänner 1998 im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz sei, von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben ausgehen wollte, wäre dessen ungeachtet die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grund des § 37 FrG zu bejahen. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei die Erlassung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zum Schutz der Rechte Dritter und zum Schutz der Gesundheit, als dringend geboten zu erachten. Sein bisheriges Verhalten verdeutliche sehr augenfällig, dass er offenbar nicht in der Lage und willens sei, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten. Eine "Zukunftsprognose" könne schon im Hinblick auf die gewerbsmäßige Tatbegehung und den raschen Rückfall für ihn nicht positiv ausfallen.

Im Rahmen der nach § 37 Abs. 2 FrG durchzuführenden Interessenabwägung sei zu berücksichtigen gewesen, dass einer allfälligen, aus dem bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ableitbaren Integration kein entscheidendes Gewicht zukomme, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Die Auswirkungen der vorliegenden Maßnahme auf seine Lebenssituation wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, eine Rückkehr in seine Heimat wäre auf Grund der ihm dort drohenden Verfolgung nicht möglich, sei entgegenzuhalten, dass - abgesehen davon, dass sein Asylverfahren derzeit beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei und er gemäß § 21 Abs. 2 Asylgesetz 1997 in den Herkunftsstaat nicht abgeschoben werden dürfe - mit der vorliegenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme ausschließlich das Verbot ausgesprochen werde, sich weiter in Österreich aufzuhalten, und nicht darüber abgesprochen werde, in welchen Staat ein Fremder zulässigerweise abgeschoben werden dürfe.

Da sonst keine besonderen, zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.

In Anbetracht des aufgezeigten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers und der gerade mit Suchtgiftdelikten verbundenen Wiederholungsgefahr könne nicht vorhergesehen werden, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, weggefallen sein werde, sodass die erstinstanzliche Behörde diese Maßnahme zutreffend auf unbestimmte Zeit (unbefristet) erlassen habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheids (vgl. I.1.) kann die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG in mehrfacher Hinsicht erfüllt, die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt und das Aufenthaltsverbot im Grund des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 leg. cit. zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Ferner begegnet es auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde nicht von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen einer Ermessensübung gemäß § 36 Abs. 1 FrG Abstand genommen hat, ist doch bei einer rechtskräftigen Verurteilung eines Fremden wegen einer der im § 35 Abs. 3 Z. 1 oder 2 FrG genannten strafbaren Handlungen zu einer dort angeführten unbedingten Freiheitsstrafe - wie vorliegend des Beschwerdeführers mit Urteil vom 18. Juli 2000 wegen eines Verbrechens, bei dem es sich überdies um eine in einschlägiger Weise (§ 71 StGB) begangene Vorsatztat handelte, zu einer( unbedingten) Freiheitsstrafe von 14 Monaten (vgl. I.1.) - das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eindeutig und daher eine gesonderte Begründung der Ermessensentscheidung entbehrlich (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 24. April 1998, Zl. 96/21/0490).

2. Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich im Wesentlichen darin, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Beteiligung an einem Putsch in seinem Heimatstaat dort eine massive Verfolgung, nämlich eine empfindliche Strafe und möglicherweise sogar die Todesstrafe, drohe, sodass, wenn das Aufenthaltsverbot gegen ihn durchgesetzt werden würde, "massivst" in sein Privatleben eingegriffen würde.

3. Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen wird, dass der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land (etwa nach Gambia) auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde. Abgesehen davon ist es im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ohne Belang, ob die Abschiebung des Fremden in ein bestimmtes Land aus den Gründen des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG unzulässig wäre, weil das Vorliegen solcher Gründe in einem gesonderten Verfahren nach § 75 FrG zu prüfen ist.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 4. April 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001180057.X00

Im RIS seit

31.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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