TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/19 A2 304682-2/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2008
beobachten
merken
Spruch

A2 304.682-2/2008/3E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Filzwieser als Vorsitzenden und den Richter Dr. Druckenthaner als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Holzer über die Beschwerde des G.A. auch A.G., geb. 00.00.1988, StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.07.2008, GZ. 05 15.380-BAW, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs 1 und Abs 2 AsylG 1997 idF BGBL I 2003/101 als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe :

 

Verfahrensgang:

 

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 21.09.2005 einen Asylantrag in Österreich. Nach Einvernahmen am 28.09.2005 und 18.07.2006 wurde sein Asylantrag gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997 abgewiesen und er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia ausgewiesen. Aufgrund der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung wurde dieser Bescheid seitens des seinerzeitigen Unabhängigen Bundesasylsenates am 27.04.2007 gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben; dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Feststellungen des Erstbescheides seien mangelhaft gewesen, zudem wäre die Feststellung seiner Volljährigkeit nicht entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt.

 

In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, am 18.07.2007 neuerlich zu seinen Fluchtgründen befragt (AS 301 bis AS 381 BAA). Der Beschwerdeführer führte dabei aus, er hätte Probleme mit seinem Fuß gehabt, dieser wäre gebrochen gewesen. Diesbezüglich legte er diverse Schreiben eines Krankenhauses in Wien-Speising vor. Die Verletzung hätten ihm die "Green Boys" zugefügt. Diese Green Boys hätten ein Stofftuch vor dem Mund gebunden gehabt, mit den Farben grün und braun. Aus diesem Grund hätte er sie erkannt. Wie aus dem Protokoll der Niederschrift ersichtlich machte der Beschwerdeführer äußerst ungenaue Angaben zu zeitlichen Umständen seiner Verfolgungsbehauptung. Seine zwei Schwestern und sein Vater würden weiterhin in Gambia leben. Dem Beschwerdeführer wurden in der Folge Feststellungen des Bundesasylamtes zu Gambia vorgehalten. Er gab an, im Fall einer Rückkehr bedroht zu werden, man könnte ihn vielleicht umbringen. Auf die Frage, warum gerade der Beschwerdeführer von den Green Boys derart verfolgt werden sollte, führte er aus, er wisse es nicht, er sei ja keine wichtige Person. Es hätten viele Leute von der UDP Probleme mit den Green Boys, aber nicht alle.

 

Die Erstbehörde holte sodann eine Auskunft des chefärztlichen Dienstes der Sicherheitsdirektion Wien zu den vom Beschwerdeführer angegebenen Verletzungen ein, welche am 09.08.2007 beim Bundesasylamt einlangte. Beim Beschwerdeführer bestehe ein Zustand nach einem Unterschenkelbruch rechts. Über die Ursache der Verletzung könne keine Aussage gemacht werden. Es sei aus gutachterlicher Sicht sehr unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer aufgrund dieser Verletzung zunächst keine Beschwerden gehabt hätte (dies hatte der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme angeführt).

 

Zeitliche Angaben zum Entstehungszeitpunkt der Verletzung könnten nicht gemacht werden.

 

Der Beschwerdeführer brachte am 06.09.2007 eine Stellungnahme im Wege der Flüchtlingsbetreuerin zu den ihm vorgehaltenen Länderinformationen ein. Darin wird auf die Aktivitäten der Green Boys verwiesen, die vor allem von der Opposition der Teilnahme an zahlreichen Menschenrechtsverletzungen bezichtigt werden und deren Ausbildung von der Regierung finanziert sein soll. Ein konkreter Zusammenhang der angeführten Medienberichte zum Beschwerdeführer ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer hätte sich - entsprechend seiner Stellungnahme - den Green Boys gegenüber als Anhänger der Opposition zu erkennen gegeben, sich geweigert der Regierungspartei beizutreten und somit gleichsam den Präsidenten kritisiert. Wie konkret er verletzt worden sei, könne er nicht mehr angeben, da alles sehr schnell passiert wäre. Die Green Boys seien eine gefürchtete Gruppe und sei der Beschwerdeführer daher eindeutig asylrelevanter politisch motivierter Verfolgung ausgesetzt.

 

Auf Anfrage der verfahrensführenden Referentin der Erstbehörde übermittelte die Staatendokumentation des Bundesasylamtes am 31.08.2007 weitere Informationen zu den Green Boys. Darin werden verschiedene Medienberichte über Vorfälle in Gambia angeführt. Es wird darin auch bestätigt, dass die Green Boys Aktivisten für die Regierung seien und in Zusammenhang mit der APRC stünden. Es habe sich dabei ursprünglich um die Bewegung des 22. Juli gehandelt. Die Green Boys seien in verschiedene Fälle von Belästigungen gegen Journalisten und regierungskritische Personen verwickelt gewesen (siehe insbesondere AS 443 BAA). Seitens der Staatendokumentation des Bundesasylamtes wurde schließlich eine ergänzende Information des Honorarkonsuls der Republik Österreichs in Gambia vom 01.10.2007 übermittelt. Darin wird ausgeführt, dass eine Person, die den Green Boys angehört, immer grüne Kleidung trage; es handle sich dabei um eine Art Propagandagruppe des Staatsoberhauptes. Spezielle Fahrzeuge hätten die Green Boys nicht zur Verfügung (AS 491 BAA).

 

Am 02.07.2008 führte das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, sodann eine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers durch (AS 523 bis AS 567 BAA). Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer bereits am Bein operiert worden sei, führte dieser aus, er hätte Spezialschuhe bekommen, die er drei Monate tragen müsse. Er wolle sich zukünftig in Österreich operieren lassen. Der Beschwerdeführer führte weiter auf entsprechende Befragung aus, er hätte seinen Hauptschulabschluss in Österreich gemacht, arbeite von Zeit zu Zeit als Automechaniker. Zum Leben bekomme er Geld von der Caritas. Er könne aber auch in Gambia arbeiten. Er sei in Österreich nicht verheiratet und lebe auch nicht in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft und hätte keine Kinder. Er lebe in Österreich in einem Heim für Asylwerber. Dem Beschwerdeführer wurden neuerlich Feststellungen zur allgemeinen Lage in Gambia vorgehalten und ihm mitgeteilt, dass für ihn keine Gefährdung bestehe. Er entgegnete, sollte er zurückkehren, wäre es gefährlich für ihn. Sie könnten ihn wieder verletzen. Er gehöre zur UDP. Er wolle hier in Österreich leben und hier seine Operation haben und seine Schulausbildung fortsetzen. Aus den vorgehaltenen Feststellungen ergibt sich unter anderem, dass die Green Boys vorwiegend mit Vorfällen in Zusammenhang gebracht werden, bei welchem es sich um Übergriffe gegen regierungskritische Journalisten handelt (siehe AS 529 BAA). Weiters wurde die Rückkehrmöglichkeit nach Gambia ausdrücklich bejaht und wurden Feststellungen zur Versorgungslage getroffen, aus denen auch hervorgeht, dass die medizinische Grundversorgung gewährleistet sei, jedoch nicht mit der in Europa zu vergleichen wäre. Der Beschwerdeführer legte einen Ambulanzbrief des orthopädischen Spitals Wien-Speising vor, daraus geht eine Beinlängendifferenz und eine Achsfehlstellung hervor. Darin ist insbesondere auch ausgeführt, dass die Durchführung einer Operation erst nach komplettem Aufhören des Rauchens möglich sei. Ferner ist daraus zu entnehmen, dass eventuell auch ein reiner Schuhausgleich ausreichend wäre. In der Folge richtete die Erstbehörde eine neuerliche Anfrage an den chefärztlichen Dienst der Sicherheitsdirektion Wien zum Vorliegen einer unmenschlichen Behandlung für den Fall einer Abschiebung nach Gambia. Die diesbezügliche Antwort langte am 14.07.2008 bei der Erstbehörde ein. Aus dieser ergibt sich, dass der behandelnde Arzt nach Rücksprache sich darüber beschwert habe, dass der Patient zu keiner Mitarbeit bereit sei. Nicht einmal die Schuheinlage werde von ihm offensichtlich aus ästhetischen Gründen getragen. Er wäre auch nicht in der Lage mit dem Rauchen aufzuhören. Eine Operation sei nicht unbedingt notwendig und würde eine Unterlassung jedenfalls nicht zu lebensgefährlichen Nebenwirkungen führen. In Folge der mangelnden Mitarbeit des Patienten werde das Krankenhaus vermutlich keine weiteren Therapien durchführen (AS 599 bis AS 601 BAA).

 

Mit angefochtenem Bescheid wies die Erstbehörde den Antrag auf internationalen Schutz des nunmehrigen Beschwerdeführers ab, gewährte auch keinen subsidiären Schutz und sprach die Ausweisung nach Gambia aus. Unter den Feststellungen führte die Erstbehörde aus, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Gambia wäre. Der Grund der Verletzung des Beschwerdeführers könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden. Dass er mit einer solchen schweren Verletzung aber ohne Beschwerden davonlaufen habe können, sei äußerst unwahrscheinlich. Eine Operation sei nicht unbedingt notwendig.

 

Die Erstbehörde traf umfassende Feststellungen zur politischen Lage in Gambia, zu den Green Boys, zu Menschenrechten, zur Versorgungslage sowie zur Bewegungsfreiheit und Rückkehr.

 

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubwürdig sei. Mit näherer Begründung wurde sodann dargelegt, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen in den verschiedenen erstinstanzlichen niederschriftlichen Einvernahmen widersprüchlich gewesen seien. Weiters stehe das Vorbringen im Widerspruch zu den amtswegigen Erkenntnissen zu den Green Boys sowie auch zu den Ausführungen des chefärztlichen Gutachtens hinsichtlich der Folgen der durch die Green Boys beigefügten Beinverletzung. Auch ergebe sich aus den Feststellungen keine Gefahr einer generellen Verfolgung jedes einfachen UDP-Mitgliedes. Zu Spruchpunkt II. wurde auch ausgeführt, dass die Grundversorgung in Gambia gewährleistet sei und keine Gründe hervorgetreten wäre, warum der Beschwerdeführer keine Erwerbstätigkeit aufnehmen könne. Zu Spruchpunkt III. wurde dargelegt, es seien keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Österreich aufhältig und gebe es auch keine Hinweise auf ein besonders schützenswertes Privat- und Familienleben.

 

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 17.07.2008 zugestellt.

 

Dagegen wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben. Darin wurde das bisherige Vorbringen in allgemeiner Form bekräftigt. Auf die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes hinsichtlich der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers wurde nicht eingegangen. Es finden sich jedoch Ausführungen zur Beinverletzung, bzw. zur Notwendigkeit einer Operation: Die Frage, ob der Beschwerdeführer einen operativen Eingriff vornehmen wolle, habe ihn zunächst überfordert. Er habe nunmehr auch mit dem Rauchen aufgehört. Es sei keine Rede davon, dass die Therapie und Operation endgültig abgebrochen sei. Der Beschwerdeführer trage nun auch die notwendigen Einlagen.

 

Über diese Beschwerde hat der Asylgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt erwogen:

 

1. Anzuwenden war das AsylG 1997 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung und das ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der geltenden Fassung. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den §§ 4 und 5 AsylG 2005 und nach § 68 AVG durch Einzelrichter. Gemäß § 42 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

 

2. Das Bundesasylamt hat nunmehr in den entscheidungsrelevanten Fragen ein mängelfreies ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Der Asylgerichtshof schließt sich diesen entscheidungsrelevanten Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

3. Die Beschwerde hält der substantiierten Beweiswürdigung der Erstbehörde in Bezug auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers nichts Substantiiertes entgegen. Es ist zwar in diesem Zusammenhang zunächst festzuhalten, dass die Erstbehörde in ihrem nunmehrigen Bescheid nicht darauf eingeht, dass seitens des UBAS die seinerzeitige "Feststellung der Volljährigkeit" als mangelhaft angesehen wurde und auch seitens des UBAS ausgeführt worden war, dass sich mangels Teilnahme eines gesetzlichen Vertreters an den ersten beiden niederschriftlichen Einvernahmen des nunmehrigen Beschwerdeführers eine alleine auf Widersprüche in diesen gestützten Beweiswürdigung daher nicht als haltbar erweist. Doch, selbst wenn man nun - im Zweifel - davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer tatsächlich am 00.00.1988 geboren ist (Gegenteiliges hat die Erstbehörde nicht mehr substantiiert angeführt), ist für den Beschwerdeführer auf Basis des nunmehrigen ergänzenden Ermittlungsverfahrens des Bundesasylamtes nichts gewonnen:

 

Es ist nämlich offenkundig, dass die Angaben des (dann bereits jedenfalls volljährigen) Beschwerdeführers in seiner eingehenden Befragung am 18.07.2007 (in Anwesenheit einer Flüchtlingsberaterin und einer Vertrauensperson von der Caritas) zu zeitlichen Abläufen völlig vage waren. Der Erstbehörde kann auch nicht entgegen getreten werden, dass die Darstellung des Beschwerdeführers in dieser Einvernahme vom 18.07.2007, wonach er nach dem Schlag mit der Waffe geflohen sei und er zunächst keine Schmerzen gehabt habe, sondern erst nach einer Stunde, mit den Ausführungen in dem eingeholten chefärztlichen Gutachten nicht in Einklang zu bringen sind. Der Erstbehörde ist auch zuzustimmen, dass es sehr fragwürdig erscheint, dass der Beschwerdeführer nicht angegeben hat, dass die Green Boys durch ihre grüne Kleidung gekennzeichnet sind, sondern lediglich Ausführungen zu Stofftüchern, die diese getragen hätten und ihren Fahrzeugen gemacht hatte. Auch die mangelnde Plausibilität der angegebenen Verfolgung, obwohl der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben nach nur Mitglied der UDP gewesen sei und keine prominente Stellung gehabt hatte, vermochte der Beschwerdeführer in den Befragungen am 18.07.2007 und 02.07.2008 nicht zu zerstreuen. Hier ist insbesondere hervorzuheben, dass aus den von der Erstbehörde im fortgesetzten Verfahren eingeholten Berichten eindeutig hervorgeht, dass die Green Boys mit Attacken gegen regierungskritische Journalisten oder sonst hervorgehobene Personen im Zusammenhang gebracht werden, dass aber andererseits systematische Verfolgung über Jahre hinweg von einfachen Mitgliedern der UDP wie den Beschwerdeführer nicht aus diesen Berichten hervorgeht. Daraus folgt, dass selbst wenn man das erstinstanzliche Verfahren bis zur Erlassung des Bescheides des UBAS außer Betracht lässt, bloß die Verfahrensergebnisse des fortgesetzten Verfahrens des Bundesasylamtes offenkundig ausreichen, um die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers in substantiierter Weise zu widerlegen. Entscheidend ist zusätzlich, dass der Beschwerdeführer auf all diese Punkte in der Beschwerde nicht näher eingegangen ist.

 

4. Aus den unbestritten gebliebenen Feststellungen zur Lage in Gambia ergibt sich, dass es trotz Menschenrechtsproblemen keine allgemeine Sippenhaftung, ebenso wenig wie eine allgemeine politische Verfolgung aller RückkehrerInnen, gibt. In Ermangelung von Hinweisen auf eine besondere individuelle Vulnerabilität des volljährigen Antragstellers (zB Krankheit, keine Schulbildung), dessen enge Familienangehörige in Gambia leben (Vater, Geschwister) war die Erstbehörde auch berechtigt, trotz des Umstandes, dass es sich bei Gambia um ein wirtschaftlich armes Land handelt, aber unter Berücksichtigung des Umstandes, dass aus den Feststellungen hervorgeht, dass eine medizinische Basisversorgung besteht, und dass sich keine Hinweise auf eine dramatische Versorgungslage (zB Hungersnöte) finden, von der Gewährung subsidiären Schutzes in diesem individuellen Fall abzusehen.

 

4.1. Zu den Feststellungen der Erstbehörde zu Gambia ist näher auszuführen, dass diese im Vergleich zu Erstbescheid wesentlich aktueller und auf das Vorbringen des nunmehrigen Beschwerdeführers abgestimmt erscheinen. Es muss zwar weiterhin bemängelt werden, dass wiederum aktuelle Quellen wie zum Beispiel der Bericht des US State Departement vom März 2008 über Gambia nicht enthalten sind und die Quellenzitate verbesserungsbedürftig erscheinen (trotz deren nunmehr gegebenen grundsätzlichen Nachvollziehbarkeit). Im gegenständlichen Fall ist aber klar festzuhalten, dass entscheidungsrelevante Feststellungen zu den Green Boys auf Basis von Auskünften der Staatendokumentation enthalten sind und die Feststellungen insgesamt trotz der erwähnten Mängel ein anschauliches Bild über die Lage in Gambia geben, jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die behauptete politische Verfolgung nicht als glaubhaft erscheint.

 

4.2. Sofern der Beschwerdeführer im Ergebnis vorbringt, dass seine Abschiebung nach Gambia aufgrund des Artikels 3 EMRK wegen seiner medizinischen Leidenszustände unzulässig wäre, kann ihm aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht gefolgt werden und ist der diesbezüglichen erstinstanzlichen Einschätzung zuzustimmen. Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sind Abschiebungen unter dem Gesichtspunkt des Artikels 3 EMRK aus medizinischen Erwägungen nur unzulässig, wenn es diesbezüglich zu einer lebensbedrohenden Situation kommt. Die Erstbehörde hat nun in hinreichender Weise durch Einholung sachverständiger Aussagen des Chefarztes der Sicherheitsdirektion Wien dargelegt, dass selbst wenn eine Operation des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner Beinverletzung nicht durchgeführt werden kann, dies nicht zu einer solchen lebensbedrohlichen Notlage führt. Unter diesem Gesichtspunkt reichen daher die Feststellungen des Bundesasylamtes über eine medizinische Grundversorgung in Gambia und brauchte nicht im Einzelfall nachgeprüft werden, ob eine operative Behandlung des Beschwerdeführers auch in Gambia im selben Ausmaß möglich wäre als in Österreich. Dass der Beschwerdeführer in Österreich zur Linderung seiner Beschwerden bereits Schuheinlagen verordnet bekommen hat, die er auch weiter benutzen kann, hat die Erstbehörde richtigerweise erwähnt. Dass schließlich die Operation in Österreich aufgrund mangelnder Mitwirkung des Beschwerdeführers nicht bereits stattgefunden hat, kann jedenfalls nicht als Argument für die Unzulässigkeit einer Abschiebung nach Gambia herangezogen werden, sodass auf die näheren diesbezüglichen Umstände, wie sie in der Beschwerde aus Sicht des Beschwerdeführers dargelegt wurden, mangels unmittelbarer Entscheidungsrelevanz nicht mehr eingegangen werden brauchte. Im Ergebnis ist jedenfalls ein Eingriff in Artikel 3 EMRK mangels Vorliegens einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder einer Situation, in welcher eine Rückkehr nach Gambia einen existenzgefährdenden Zustand im Sinne der ständigen Rechtssprechung des EGMR herbeiführen würde, nicht gegeben.

 

5. Auch die Entscheidung der Erstbehörde zur Ausweisung war nicht zu beanstanden, als sich der Antragsteller erst seit ungefähr drei Jahren in Österreich aufhält und dessen ungeachtet außergewöhnliche Hinweise auf Integration (Kernfamilienangehörige in Österreich o.ä.) nicht bestehen.

 

6. Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu § 67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 41 Abs 7 AsylG verwirklicht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. Welche Ausführungen der Beschwerdeführer in einer in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung im Detail überhaupt hätte machen können, um ein anderes Verfahrensergebnis zu bewirken ist in der Beschwerde nicht dargelegt worden, worauf nur vollständigkeitshalber hingewiesen wird.

 

In diesem Sinne war also spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, gesundheitliche Beeinträchtigung, Glaubwürdigkeit, medizinische Versorgung, non refoulement, soziale Verhältnisse
Zuletzt aktualisiert am
31.12.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten