TE AsylGH Erkenntnis 2008/10/21 E4 402031-1/2008

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Veröffentlicht am 21.10.2008
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Spruch

E4 402.031-1/2008-4E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde des Y.M., geb. 00.00.1980, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.09.2008, FZ. 08 08.379 EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 41 Absatz 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. VERFAHRENSGANG UND SACHVERHALT

 

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend kurz "BF") , ein türkischer Staatsangehöriger, brachte erstmals am 10.06.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz ein, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, Zl. 06 06128 BAW gemäß § 3 Absatz 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen und diesem nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde; in einem wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und dieser aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen. 2. Mangels Erhebung eines Rechtsmittels erwuchs gegenständlicher Bescheid mit 07.06.2008 in Rechtskraft.

 

3. Am 10.09.2008 wurde seitens des BF bei der Erstaufnahmestelle Ost neuerlich ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht.

 

4. Mit Bescheid der Erstaufnahmestelle Ost vom 29.09.2008 wurde dieser Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen.

 

Gegenständlicher Bescheid wurde dem BF sowie seinem rechtsfreundlichen Vertreter am 01.10.2008 rechtswirksam zugestellt.

 

5. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

 

6. Am 20.10.2008 langte gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichem Verwaltungsakt beim Asylgerichtshof ein.

 

II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

 

Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden.

 

1. Zuständigkeit der erkennenden Einzelrichterin

 

Gem. § 61 Absatz 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Absatz 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 22 Absatz 1 ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses.

 

2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gem. § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat das erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gem. § 75 (1) des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz am 10.09.2008 gestellt, weshalb das AsylG 2005 zur Anwendung gelangt.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH v. 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Gem. § 41 Abs. 3 AsylG ist in einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zuzulassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch dann statt zu geben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

3. Zu den Entscheidungsgrundlagen

 

Gemäß § 28 Absatz 2 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringen des Antrags auf internationalen Schutz entscheidet, dass der Antrag zurückzuweisen ist, es sei denn es werden Konsultationen gemäß der Dublin - Verordnung oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt. Das Führen solcher Konsultationen ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen. Diesfalls gilt die 20-Tages-Frist nicht. Diese gilt überdies nicht, wenn der Asylwerber am Verfahren nicht mitwirkt, dieses gegenstandslos wird oder er sich diesem entzieht. Ist der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage, am Verfahren mitzuwirken, ist der Lauf der Frist nach Satz 1 gehemmt.

 

Für Zurückweisungsentscheidungen gemäß § 68 AVG gilt sohin, dass der Antrag zuzulassen ist, sollte das Bundesasylamt nicht binnen 20 Tagen ab Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz einen Bescheid erlassen. Die Frist gilt keinesfalls, wenn der Asylwerber seine Mitwirkungspflicht verletzt (§ 15), das Verfahren gegenstandlos wird (§ 25) oder sich dem Verfahren entzieht (§ 24). § 28 Absatz 3 letzter Satz normiert eine Fortlaufhemmung für jene Fälle, in denen der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage war, mitzuwirken.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz am 10.09.2008 iSd § 17 Abs. 2 AsylG eingebracht; der Aktenlage ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, dass Konsultationen gemäß der Dublin II VO oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt wurden oder dass der Beschwerdeführer am Verfahren nicht mitgewirkt hat, das Verfahren gegenstandslos wurde oder er sich diesem entzogen hätte. Es ist aus dem Akt weiters nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage war, am Verfahren mitzuwirken; der Lauf der Frist nach Satz 1 wurde somit nicht gehemmt.

 

Gemäß § 32 Abs. 1 AVG wird bei Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

 

Die 20tägige Entscheidungsfrist im Sinne des § 28 Abs 2 AsylG begann im gegenständlichen Verfahren sohin mit dem der Antragseinbringung am 10.09.2008 folgenden Tag, also am 11.09.2008 zu laufen; als letzter Tag der First gilt der 30.09.2008.

 

Die Entscheidung des Bundesasylamtes ist innerhalb der Frist zuzustellen, da erst mit der Zustellung die Entscheidung als erlassen gilt (dazu ua. Putzer-Rohrböck, "Asylrecht", RZ 413).

 

Da der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer erst am 01.10..2008 zugestellt wurde, hat das Bundesasylamt innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von 20 Tagen keine Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrages nach § 68 Absatz 1 AVG getroffen, weshalb der Antrag kraft Gesetzes zugelassen ist.

 

Das Bundesasylamt hat somit einen infolge Fristablaufes bereits zugelassenen Asylantrag im Grunde des § 68 Absatz 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen erübrigt sich aufgrund der getroffenen Entscheidung.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG entfallen.

Schlagworte
Fristversäumung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
05.02.2009
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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