TE AsylGH Erkenntnis 2008/11/03 A12 400998-1/2008

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Veröffentlicht am 03.11.2008
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Spruch

A12 400.998-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag.Benda als Vorsitzenden und den Richter Mag. A. Huber als Beisitzer über die Beschwerde des O.J., geb. 00.00.1985, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.07.2008, Zahl: 03.715-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1. Der am 00.00.1985 geborene Antragsteller, ein Staatsangehöriger von Nigera beantragte am 26.04.2008 die Gewährung internationalen Schutzes. Der Antragsteller wurde am 26.04.2008 vor der Polizeiinspektion Traiskirchen sowie am 30.04.2008 und 18.07.2008 niederschriftlich einvernommen.

 

Vor der Erstbehörde bezog sich der Antragsteller hinsichtlich seiner Antragsmotive darauf, den Herkunftsstaat aus politischen Gründen verlassen zu haben. Der Antragsteller gab ursprünglich an, dass es eine Auseinandersetzung zwischen seiner Partei der ANPP und der Regierungspartei PDP gegeben habe und er nunmehr von der PDP bedroht werde. Es habe im März 2008 ein Protest gegen die PDP stattgefunuden, bei dem die Polizei eingeschritten und ein Polizist getötet worden sei. Er selbst sei der Organisator des Protestes gewesen. Er habe die Funktion eines Jugendorganisators bekleidet. Bei der zweiten Befragung führte der Antragsteller an, dass nach seiner Person gleich wie nach allen Mitgliedern der ANPP nunmehr gesucht werde. Genaue Angaben vermochte der Antragsteller nicht zu tätigen.

 

Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.07.2008, Zahl: 08 02.715-BAI, im Wesentlichen wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhoben wird.

 

I.2. Das Bundesasylamt hat den Antrag des Asylwerbers mit Bescheid vom 21.07.2008, Zahl: 08 02.715-BAI, abgewiesen und unter einem festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Weiters wurde der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Begründend führte das Bundesasylamt - unter Darlegung näherer Erwägungen - aus, dass dem Vorbringen des Asylwerbers jegliche Glaubwürdigkeit zu versagen sei.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben. Der Antragsteller rügte unter anderem, dass die Erstbehörde es unterlassen habe, individuelle Feststellungen zu den von ihm geschilderten Informationen in Hinblick auf die Länderfeststellungen zu treffen. Der Beschwerdeschrift fügte der Antragsteller eine handschriftliche Darlegung seiner Situation bei.

 

I.3. Sachverhalt:

 

Die seitens des Antragstellers ins Treffen geführten Umstände bzw. Ereignisse und damit einhergehend seine Ausreise- bzw. Antragsmotivation können nicht als gesicherter Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

Festgestellt wird, dass der Antragsteller im österreichischen Bundesgebiet über keinerlei familiäre oder sonstige enge Bindungen zu dauernd aufenthaltsberechtigten Personen verfügt.

 

Die in der Erstentscheidung umfangreich dargestellten und dem Antragsteller im Erstverfahren vorgehaltenen Feststellungen zur allgemeinen Situation in Nigeria werden zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben (S. 23-37 des Erstbescheides).

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gem. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Antrag auf internationalen Schutz: das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1

 

Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser

 

in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird

 

oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht

 

zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Bereits die Behörde erster Instanz hat unter Darlegung umfassender Erwägungen in schlüssig nachvollziehbarer Weise zutreffenderweise ausgeführt, dass das Vorbringen des Asylwerbers zu seinen Fluchtgründen aufgrund mangelnder Plausiblität nicht glaubhaft ist.

 

II.1. Das Bundesasylamt hat hinsichtlich aller drei Spruchpunkte in der Begründung des Bescheides vom 21.07.2008, Zahl: 08 03.715-BAI, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfragen klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Zur Verdeutlichung wird ergänzend ausgeführt, dass der Antragsteller zwar gleichbleibend bei mehreren Einvernahmen vor der Erstbehörde ausführte, seit dem Jahre 2001 Mitglied der Partei ANPP und für diese aktiv tätig gewesen zu sein; sowie er nunmehr von den Behörden gesucht werde; der Antragsteller bezog sich im Weiteren auf zumindest eine erfolgte Demonstration wobei es zu Zusammenstößen zwischen der Partei PDP und seiner eigenen Gruppierung ANPP inkl. folgenden Polizeieinsatz gekommen sei, ohne dass er jedoch hiezu ein zusinnbares Sonderwissen bzw. einen Innensicht der Ereignisse, welches ihm aufgrund seiner behaupteten persönlichen Teilnahme zumutbar gewesen wäre, aufzuzeigen vermochte.

 

Vom Antragsteller wäre diesbezüglich zu erwarten gewesen - und dies insbesondere aufgrund seines Vorbringens zumindest Mitorganisator jener Demonstration gewesen zu sein - über jene Kundgebung im Einzelnen zu berichten und musste er jedenfalls in Kenntnis sein, dass dies für die Begründung seines Antrages von zentraler Bedeutung ist. Bei der zweiten Einvernahme gab der Antragsteller zu Protokoll, an zwei Veranstaltungen teilgenommen zu haben; dies in Folge der angeblichen Verfälschung des Wahlergebnisses, wogegen protestiert worden sei. Hinsichtlich jener Kundgebung, bei welcher er höchstpersönlich beteiligt gewesen sei, vermochte der Antragsteller keinerlei detaillierte bzw. individuell-spezifizierte Aussagen zu treffen, woraus ein gewisser Wahrheitsgehalt seiner eigenen persönlichen Teilnahme entnehmbar wäre.

 

Die Analyse der Einzelangaben des Antragstellers zeigt deutlich, dass der Antragsteller im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der Erstbehörde in keinster Weise in der Lage war, ein vom Ductus her klares Vorbringen von Eigenerlebnissen zu präsentieren; zu keinem Zeitpunkt der Darlegung der Ereignisse seinerseits vermochte er gleichsam in eine Erlebnisposition zu schlüpfen und aus dieser heraus im einzelnen Einzelsachverhaltskreise oder -abläufe oder Ähnliches zu schildern.

 

Insbesondere zum Ablauf jener von ihm ursprünglich aufgezeigten gewaltsamen Demonstration vermochte der Antragsteller gänzlich keinerlei Details zu schildern, weshalb allein schon deshalb davon auszugehen ist, dass der Antragsteller tatsächlich mit einer allenfalls diesbezüglich stattgefundenen Demonstration höchstselbst nichts zu tun hatte.

 

Der Antragsteller vermochte in seinen Ausführungen zu seiner Parteimitgliedschaft, seinem Engagement und der von ihm aufgezeigten Erlebniskreise (Demonstrationen und einhergehende Verfolgung) keinerlei plausible nachvollziehbare Abläufe zu schildern; so vermochte der Antragsteller insbesondere seine Darlegungen nicht in ein zeitliches bzw. örtliches Kontinuum unter Anknüpfung an Daten und Fakten sowie Örtlichkeiten zu stellen.

 

Hinzu tritt nicht unwesentlich, dass der Antragsteller sich überdies über Struktur und genaue Eckdaten der von ihm (angeblich) vertretenen Bewegung ANPP in grober Unkenntnis befand.

 

So führte der Antragsteller einerseits ins Treffen, im Rahmen zweier Kundgebungen gegen einen angeblichen erfolgten Wahlbetrug aufgetreten zu sein bzw. solche letztlich gewaltsame Ausschreitungen mitorganisiert zu haben, ohne, dass es ihm jedoch möglich gewesen wäre, über die näheren Hintergründe des Wahlbetruges im Einzelnen sich kundig zu zeigen oder darüber zu berichten. Diesbezüglich auffällig ist dem Vorbringen des Antragstellers entnehmbar, dass er insbesondere auch nicht die genaue Namensbezeichnung jenes Bezirkschefs seiner eigenen politischen Wirkungsstätte auf lokaler Ebene zu nennen vermochte.

 

Bei einer Abwägung jener Gründe, die für die Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Bedrohungssituation sprechen - dies ist allein die Behauptung des Asylwerbers, dass seine Geschichte wahr ist - und jener Gründe, die gegen die Glaubwürdigkeit der konkreten Bedrohungssituation sprechen, überwiegen die für eine erfundene Geschichte sprechenden Argumente deutlich.

 

Den würdigenden Ausführungen in der Erstentscheidung wird sohin vollinhaltlich beigetreten und werden diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erklärt.

 

II.2. In gleicher Weise konnte der Asylwerber das Vorliegen einer drohenden Gefahr im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG nicht glaubhaft aufzeigen und sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass im Staate Nigeria eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder dort Zurückhinkehrende einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und/oder Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre; sowie besteht insbesondere auf dem Gebiet Nigerias kein internationaler oder innerstaatlicher Konflikt.

 

Andere objektive oder in der subjektiven Sphäre des Beschwerdeführers gelegene Risikoelemente sind in casu nicht identifizierbar.

 

II.3. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller im Bundesgebiet über keine engen sozialen oder familiären Bindungen verfügt, sodass seine Ausweisung nach Nigeria jedenfalls nicht in sein Recht nach Familienleben eingreift. Hinzu tritt die kurze Verweildauer einiger weniger Monate im Bundesgebiet, woraus auch keine besondere Verfestigung des Aufenthaltes oder Integration erkennbar wäre. Der Antragsteller war letztlich nur aufgrund der ungerechtfertigten Asylantragstellung zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt, sodass das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens im Vergleich des privaten Interesse am Verbleib des Asylwerbers im Bundesgebiet weit überwiegt, weshalb in casu kein im Sinne des Art. 8 EMRK schützenswertes Privatleben vorliegt.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Glaubwürdigkeit, non refoulement
Zuletzt aktualisiert am
20.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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