TE Vwgh Erkenntnis 2001/4/24 98/21/0417

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Veröffentlicht am 24.04.2001
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des G in B, geboren am 23. Februar 1969, vertreten durch Mag. Edwin Stangl, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchnerstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 1. September 1998, Zl. Fr-318/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie Abs. 2 Z. 1 und den §§ 37, 38 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis zum 27. April 2008 befristetes Aufenthaltsverbot.

Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:

Der Beschwerdeführer sei am 27. Juli 1989 illegal nach Österreich eingereist. Am 15. Dezember 1993 sei er gemäß § 223 Abs. 2 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten, am 2. April 1996 gemäß den §§ 229 Abs. 1 und 231 Abs. 2 StGB zu zwei Monaten Freiheitsstrafe und am 27. August 1996 gemäß §§ 231 Abs. 2 und 298 Abs. 1 StGB zu eineinhalb Monaten Freiheitsstrafe jeweils rechtskräftig verurteilt worden. Weiters sei der Beschwerdeführer wegen Übertretungen des KFG rechtskräftig bestraft worden. Die Verwirklichung der Tatbestände der §§ 223 Abs. 2, 229 Abs. 1 und in zwei Fällen des § 231 Abs. 2 StGB stellten strafbare Handlungen gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden dar und es sei aus der Verwirklichung der erwähnten Tatbestände gegen dasselbe Rechtsgut die gleiche schädliche Neigung abzuleiten. Da die Tatbestände im Zeitraum 1993 bis 1996 verwirklicht worden seien und der Beschwerdeführer überdies vom 2. Jänner 1997 bis 10. April 1997 in Haft gewesen sei, liege für die belangte Behörde der Schluss nahe, dass er immer wieder versuchen werde, der österreichischen Rechtsordnung zuwider zu handeln. Angesichts der Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der öffentlichen Sicherheit auf dem Gebiet der Strafrechtspflege sei die Annahme gerechtfertigt, dass durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet wäre.

Im Weiteren führte die belangte Behörde aus, dass nach ihrer Ansicht die Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bei weitem schwerer wiege als die vom Beschwerdeführer aufgezeigten Auswirkungen auf seine Lebenssituation.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Auf der Basis der unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid hegt der Gerichtshof gegen die Ansicht der belangten Behörde, es sei vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 (vierter Fall) FrG verwirklicht, keine Bedenken.

Die Beschwerde zeigt aber zu Recht einen Verfahrensfehler auf: Bei der Beurteilung der Frage, ob die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist, ist zu prüfen, ob sich aus dem gesamten Fehlverhalten des Fremden ableiten lässt, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder andere im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet. Dabei ist - anders als bei der Frage, ob der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt ist - nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. August 2000, Zl. 99/18/0446).

Die belangte Behörde hat hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers jeweils nur die Tatbestände des Strafgesetzbuches und die Höhe der verhängten Strafe festgestellt. Dies bewirkt, dass die Ansicht der belangten Behörde, es sei auf Grund der Straftaten des Beschwerdeführers die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme verwirklicht, vom Verwaltungsgerichtshof nicht überprüft werden kann, zumal dem Beschwerdeführer nicht solche Straftatbestände zur Last liegen, die schon wegen ihres Gewichts die besagte Annahme als gerechtfertigt erscheinen lassen.

Letztlich verweist die belangte Behörde auf einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers, ohne jedoch ausdrücklich darzulegen, welche familiären Verhältnisse sie ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat.

Da dem angefochtenen Bescheid somit in mehrfacher Weise Verfahrensmängel anzulasten sind, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. April 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998210417.X00

Im RIS seit

20.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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