TE Vwgh Erkenntnis 2001/4/25 98/13/0081

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Veröffentlicht am 25.04.2001
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §162;
KStG 1988 §8 Abs2;
UStG 1972 §11 Abs1;
UStG 1972 §11 Abs14;
UStG 1972 §12 Abs1 Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/13/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der T GmbH in W, vertreten durch Dr. Georg Fialka, Rechtsanwalt in Wien VIII, Josefstädter Straße 87, gegen 1. den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat XI) vom 6. März 1998, Zl. RV/074-06/09/97, betreffend Umsatzsteuer 1994, (erstangefochtener Bescheid) sowie

2. den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. März 1998, Zl. RV/075- 06/09/97, betreffend Kapitalertragsteuer über den Zeitraum Februar bis Dezember 1995, (zweitangefochtener Bescheid) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der zweitangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine im Baugewerbe (Innenausbau) tätige GmbH.

Den Streitpunkt des erstangefochtenen Bescheides (Umsatzsteuer 1994) bildet die Versagung eines Vorsteuerabzuges in Höhe von 9.948,17 S. In Anlehnung an eine für den Zeitraum Februar bis Dezember 1995 durchgeführte Prüfung der Aufzeichnungen nach § 151 Abs. 1 BAO (Prüfungsbericht vom 29. Juli 1996) hatte das Finanzamt diesen aus Rechnungen der "W-BAU GesmbH" stammenden Vorsteuerbetrag nicht anerkannt. Zur Versagung des Vorsteuerabzuges führte die belangte Behörde im erstangefochtenen Bescheid aus, eine für den Vorsteuerabzug unabdingbare Rechnung nach § 11 Abs. 1 UStG 1972 erfordere den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers. Dieses Erfordernis sei in Bezug auf die strittigen Rechnungen nicht erfüllt. Die Beschwerdeführerin sei nach ihren Angaben im November 1994 ein Leistungsverhältnis mit der - nach den Ausführungen im zweitangefochtenen Bescheid am 14. Juli 1994 amtswegig im Firmenbuch gelöschten - W HandelsgesmbH, vertreten durch den Geschäftsführer V., eingegangen. Ein Leistungsverhältnis mit einer, im Firmenbuch nicht aufscheinenden, "W-BAU GesmbH" sei von der Beschwerdeführerin nie behauptet worden. Da nur eine Rechnung des leistenden Unternehmers (dies wäre nach den Angaben der Beschwerdeführerin nur die W HandelsgesmbH als leistende Gesellschaft gewesen) zum Vorsteuerabzug berechtige, sei die Vorsteuerkürzung für das Jahr 1994 zu Recht erfolgt. Zudem setzte die Berechtigung zum Vorsteuerabzug auch die richtige Anschrift des leistenden Unternehmers voraus. Die Geschäftsanschrift der W HandelsgesmbH in W, N.gasse 31, stimme nicht mit der auf den Rechnungen zur W-BAU GesmbH angeführten Anschrift, N.gasse 30, überein.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde abweisend über eine Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide des Finanzamtes "betreffend Kapitalertragsteuer über den Prüfungszeitraum vom Februar bis Dezember 1995" ab. Die belangte Behörde änderte den erstinstanzlichen Bescheid (Vorschreibung an Kapitalertragsteuer von 379.610 S) zum Nachteil der Beschwerdeführerin ab (Kapitalertragsteuervorschreibung nunmehr 480.160 S). Die belangte Behörde referierte im zweitangefochtenen Bescheid die Ausführungen des Prüfers im Prüfungsbericht vom 29. Juli 1996 zu Tz. 20 ("verdeckte Ausschüttung"). Der Prüfer sei davon ausgegangen, dass es sich bei den Rechnungen der W-BAU GesmbH (1995 insgesamt rd. 1,8 Mio. S) um "Deckungsrechnungen für Schwarzarbeiter" gehandelt habe. Nach Ansicht des Prüfers sei davon auszugehen, dass nur 50 % der Nettorechnungsbeträge als Löhne ausbezahlt worden seien. Die andere Hälfte zuzüglich der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer sei den Gesellschaftern als verdeckte Ausschüttung zuzurechnen.

Im zweitangefochtenen Bescheid weist die belangte Behörde auch auf einen im Berufungsverfahren ergangenen Vorhalt vom 23. Jänner 1998 hin. In diesem sei die Beschwerdeführerin gemäß § 162 BAO ersucht worden, die Empfänger der Zahlungen zu benennen bzw. deren Unternehmereigenschaft nachzuweisen (Anm.: In diesem Vorhalt stellte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 162 Abs. 2 BAO auch eine mögliche "Verböserung" in Aussicht, weil bei fehlender Namhaftmachung der Empfänger der Geldmittel eine verdeckte Ausschüttung an die Gesellschafter anzunehmen sei). In der Vorhaltsbeantwortung vom 11. Februar 1998 habe -  so die belangte Behörde im zweitangefochtenen Bescheid - die Beschwerdeführerin nochmals auf ihre Geschäftsverbindungen mit Herrn V. als Geschäftsführer der W HandelsgesmbH (die Beschwerdeführerin habe erst im Zug der Betriebsprüfung von der Löschung der W HandelsgesmbH im Jahr 1994 erfahren) und auf einen um den Betrag von 95.887,28 S unrichtigen Ausweis der Versteuerbeträge in der "von der Betriebsprüfung übermittelten Tabelle" hingewiesen.

Im Erwägungsteil des zweitangefochtenen Bescheides nahm die belangte Behörde Bezug auf die Bestimmung des § 162 Abs. 2 BAO. Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß § 162 Abs. 1 BAO verlangten Angaben verweigere, seien die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen. Setze ein Steuerpflichtiger ohne zwingenden Grund ein Verhalten, das ihn daran hindere, den (richtigen) Empfänger von Zahlungen namhaft zu machen, sei die Erfüllung der in § 162 BAO vorgesehenen Pflichten nicht unzumutbar. Ein "solches Verhalten" liege im Beschwerdefall vor, weil sich die Beschwerdeführerin auf "seltsam gestaltete Geschäftsbeziehungen" (u.a. Aufnahme der Geschäftsbeziehung auf einer Baustelle, Übergabe der Rechnungen und Barzahlungen direkt auf der Baustelle) eingelassen habe. Damit seien die laut Tz 20 des Prüfungsberichtes vom 29. Juli 1996 aus der Unternehmenssphäre im Jahr 1995 geflossenen Geldbeträge den Gesellschaftern der Beschwerdeführerin als verdeckte Ausschüttung zuzurechnen (auf Grund der Glaubhaftmachung der "Vorsteuerdifferenz" in Höhe von 95.887,28 S ergebe sich eine Differenz beim Netto-Gesamtbetrag in Höhe von 479.436,40 S; = 95.887,28 : 20 x 100). Die im zweitangefochtenen Bescheid enthaltene Berechnung hat folgendes Bild:

lt. Bp

v. 11.2.1998

lt. BE

- Fa. W-BAU GesmbH

1.863.639,05

479.436,40

1.384.202,65

abzügl. 50 % Arbeitslöhne

931.819,53

zuzügl. Umsatzsteuer

414.064,93

95.887,28

318.177,65

= Nettoausschüttung

1.345.884,46

1.702.380,30

Kapitalertragsteuer (x 28,205)

379.610,00

480.160,00

= verdeckte Ausschüttung (ger.)

1.725.500,00

2.182.537,00

In der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die angefochtenen Bescheide in ihrem Recht auf "Geltendmachung des Vorsteuerabzuges gemäß § 12 UStG sowie auf richtige Festsetzung bzw. Nichtfestsetzung des Umsatz-, Kapitalertrags- und Lohnsteuer, sowie des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen" verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass mit den angefochtenen Bescheiden nur über Umsatzsteuer 1994 (erstangefochtener Bescheid) sowie über Kapitalertragsteuer über den Zeitraum Februar bis Dezember 1995 (zweitangefochtener Bescheid) abgesprochen wurde. Soweit im Beschwerdepunkt darüber hinausgehende Rechtsverletzungen (zur Lohnsteuer sowie zum Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen) angesprochen werden, geht dies in Ansehung der angefochtenen Bescheide ins Leere.

Zum erstangefochtenen Bescheid:

Voraussetzung für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 1 Z. 1 iVm § 11 Abs. 1 UStG 1972 ist, dass sich u. a. Name und Anschrift des tatsächlich liefernden oder leistenden Unternehmers eindeutig aus der Rechnungsurkunde selbst ergeben (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 2000, 97/15/0151, mwN). Dem Sinn des Gesetzes entsprechend begnügt sich das Gesetz nicht mit Angaben, aus denen im Zusammenhalt mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, dass ein Unternehmer die in Rechnung gestellten Lieferungen oder Leistungen erbracht hat. Auch die Angabe "nur" einer falschen Adresse kann nicht als "kleiner", dem Vorsteuerabzug nicht hinderlicher Formalfehler angesehen werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 2000, 99/13/0020, mwN). Auf den "guten Glauben" des Rechnungsempfängers an die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers kommt es nicht an. Eine "Ungreifbarkeit eines Leistungserbringers" ist das Risiko eines Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen hat (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 1995, 95/13/0143, und vom 28. Mai 1997, 94/13/0230).

Ausgehend von diesen Rechtssätzen wäre der im Jahr 1994 strittige Vorsteuerabzug in Höhe von 9.948,17 S von der belangten Behörde nur dann zu Unrecht versagt worden, wenn die Rechnung zweifelsfrei den tatsächlichen Leistungserbringer als Rechnungsaussteller ausgewiesen hätte. Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie in der Beschwerde beteuert wird - sich die Beschwerdeführerin bereits bei Aufnahme der Geschäftsbeziehungen (im November 1994) "mit der W HandelsgesmbH von deren Unternehmereigenschaft durch Vorlage des Firmenbuchauszuges" sowie von der Identität des Geschäftsführers V. durch Vorlage eines Reisepasses überzeugt hat. Eine - im Übrigen auch schon im Juli 1994 im Firmenbuch amtswegig gelöschte - W HandelsgesmbH (unter der Adresse N.gasse 31) ist nämlich keineswegs mit der Bezeichnung W-BAU GesmbH (mit der Adresse N.gasse 30) eindeutig als Leistungserbringer angesprochen. Dass die Beschwerdeführerin wegen der bloß mit dem Geschäftsführer der "W" durchgeführten persönlichen Verhandlungen (es habe keinerlei Schriftverkehr gegeben) der "Abweichung der Firma auf der Rechnung von jener des Firmenbuchauszuges keine besondere Bedeutung" beigemessen habe, fällt in die Risikosphäre des Leistungsempfängers. Die "Umsatzsteuerschuld des Scheinkaufmanns" nach § 11 Abs. 14 UStG 1972 (so sei nach der Beschwerde für die Beschwerdeführerin nicht ersichtlich gewesen, dass sich hinter der "W BAU Ges.m.b.H." bloß ein "Scheinkaufmann" verborgen habe) könnte ebenfalls keinen Vorsteuerabzug für den Empfänger solcher Rechnungen eines - eben nicht die Leistung ausführenden - "Scheinkaufmanns" vermitteln.

Im Bezug auf den erstangefochtenen Bescheid zeigt die Beschwerde somit insgesamt keine Rechtswidrigkeit auf. Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Zum zweitangefochtenen Bescheid:

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorschreibung an Kapitalertragsteuer im Ergebnis zum Nachteil der Beschwerdeführerin abgeändert. Dazu ist festzuhalten, dass im Prüfungsbericht vom 29. Juli 1996 unter Tz 20 zwar von "Deckungsrechnungen für Schwarzarbeiter" die Rede ist, vom Prüfer aber wegen offenkundig doch an Subfirmen bzw. so genannte "Schwarzarbeiter" geleisteter Zahlungen eine verdeckte Ausschüttung nur in Höhe von 50 % der Rechnungsbeträge der "W-BAU GesmbH" angenommen wurde. Die von der belangten Behörde auf § 162 BAO gestützte Abänderung der erstinstanzlichen Beurteilung zum Nachteil der Beschwerdeführerin durch Wertung der Gesamtrechnungsbeträge als verdeckte Ausschüttungen rügt die Beschwerde unter Einforderung eines plausiblen Schätzungsergebnisses (die Durchführung der Montagearbeiten habe jedenfalls Leistungen durch Dritte - "Firma W bzw. sich ihres Namens bedienende Personen" - erfordert) zu Recht.

Soweit die belangte Behörde in der Gegenschrift dem diesbezüglichen Vorbringen entgegenhält, sie habe im angefochtenen Bescheid bei der Festsetzung der Kapitalertragsteuer "sehr wohl von der Gesamtsumme 50 % an Arbeitslöhnen in Abzug gebracht" und nur den Restbetrag der Kapitalertragsteuer unterzogen, ist dies anhand des angefochtenen Bescheides nicht nachvollziehbar. So wird nach der oben wiedergegebenen Tabelle zwar der Gesamtbetrag laut Betriebsprüfung in Höhe von 1,863.639,05 um den sich aus der Vorsteuerdifferenz in Höhe von 95.887,28 ergebenden Betrag von 479.436,40 auf den Gesamtbetrag laut "BE" von 1,384.202,65 vermindert, davon jedoch keine Kürzung "abzüglich 50 % Arbeitslöhne" entsprechend der Vorgangsweise "lt. Bp" vorgenommen. Diese sohin tatsächlich auf Basis des Gesamtrechnungsbetrages angenommene verdeckte Ausschüttung kann mit der dafür im angefochtenen Bescheid genannten Rechtsgrundlage des § 162 BAO nicht begründet werden. Eine fehlende Empfängerbenennung nach § 162 BAO vermag zwar die Versagung der diesbezüglich geltend gemachten Betriebsausgaben zu rechtfertigen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1999, 99/13/0150), stellt aber keine Rechtsgrundlage zur Beurteilung der Frage dar, ob eine verdeckte Ausschüttung vorliegt und ob den Gesellschaftern entsprechende Beträge zugeflossen sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1998, 98/13/0131). An nicht genannte Personen bezahlte "Schwarzlöhne", wie dies etwa der Betriebsprüfer in seinem Bericht angenommen hat, können nicht als Vorteilszuwendungen und damit verdeckte Ausschüttungen an die Gesellschafter gewertet werden.

Der zweitangefochtene Bescheid war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidungen stützen sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. April 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998130081.X00

Im RIS seit

27.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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