TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/2 95/12/0260

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Veröffentlicht am 02.05.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
BDG 1979 §51 Abs1;
BDG 1979 §51 Abs2;
GehG 1956 §13 Abs3 Z2;
GehG 1956 §13a impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des S in D, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josfes-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 25. August 1995, Zl. 320172/10-III 8/95, betreffend Entfall von Bezügen wegen ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1943 geborene Beschwerdeführer stand zuletzt als Gruppeninspektor der Justizwache in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle war die Justizanstalt Sonnberg.

Zu den Verwaltungsvorgängen im Zusammenhang mit der Versagung der Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand im Jahre 1994 und mit dem Entfall der Bezüge wegen ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst während des Zeitraumes vom 4. August bis 27. Oktober 1994 wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/12/0047, verwiesen.

Während des Zeitraumes vom 20. bis 29. April 1995 war der Beschwerdeführer wiederum vom Dienst abwesend und legte dem Leiter seiner Dienststelle eine von Dr. Werner Hladik mit 20. April 1995 datierte "Bestätigung für den Dienstgeber (gilt auch als Nachweis der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von 3 Tagen)" vor, wonach der Beschwerdeführer am heutigen Tag in seiner Ordination gewesen sei und Arbeitsunfähigkeit "für Tage (vom 20.04.95 bis 29-04.95)" bestehe.

Hierauf holte der Leiter der Justizanstalt Sonnberg von Dr. Wolfgang Friedl, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, ein fachärztlich psychiatrisches Gutachten über die "Rechtfertigung eines Krankenstandes" des Beschwerdeführers ein. In seinem Gutachten vom 5. Mai 1995 führte der Sachverständige nach einer am 27. April 1995 durchgeführten Untersuchung des Beschwerdeführers unter anderem aus:

"Angaben des Probanden:

Ich bin seit etwa 1 Woche im Krankenstand, mein Hausarzt, Dr. Hladik, hat mich krankgeschrieben. Die Diagnose der Krankschreibung weiß ich nicht, aber die Ursache kann ich sagen:

ich halt das in meinem Dienstbereich einfach nicht mehr aus. ...

     ...

     Gutachten:

     ...

     Somit lässt sich diagnostisch festhalten:

     Neurose (Anpassungsstörung mit Somatisierungssyndrom)

     Hochgradiger Verdacht auf chronischen Alkoholmissbrauch mit

vegetativer Übererregbarkeit

     Leichtes, bezüglich der Fragestellung irrelevantes HOPS

     Die Neurose des Probanden ist eine Störung, die sicherlich

Krankheitswert hat, sie bedingt sicher eine Menge Unlustgefühle, die sich in dem grantig-reizbaren Verhalten manifestieren. Eine solche Störung kann auch Arbeitsunlust bewirken, keineswegs aber Arbeitsunfähigkeit, denn solche Unlustzustände sind einem Menschen überwindbar, sogar dann, wenn er sie in seiner Entstehung nicht begreift (was ja unwahrscheinlich ist, nachdem der Proband seit 1993 in Psychotherapie steht!), im Gegenteil, das Kämpfen gegen solche Unlustgefühle ist therapeutisch wichtig, ein dem Nachgeben und Legitimieren durch Krankenstand höchst ungünstig.

Somit ist aus der Untersuchung vom 27.4.95 weder aus dem aktuellen Status noch aus den Angaben des Probanden fassbar, dass fachbezogen ein Zustand vorgelegen habe oder aktuell vorliegt, der Dienstunfähigkeit des Probanden vorübergehend oder dauernd bewirkt."

Hierauf setzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit Erledigung vom 9. Juni 1995 davon in Kenntnis, dass sie beabsichtige mit Bescheid festzustellen, dass er im Zeitraum vom 20. April 1995 bis 29. April 1995 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei und daher gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 für diesen Zeitraum der Entfall der Bezüge einzutreten habe. Unter auszugsweiser Wiedergabe des zitierten Gutachtens Dris. Friedl sowie der Beschreibung des Aufgabenbereiches des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde weiters aus, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 20. bis 29. April 1995 bezogen auf die ihm zugewiesene Verwendung als "Kontrollposten im Schleusengebäude" dienstfähig gewesen sei. Es sei daher beabsichtigt festzustellen, dass er im genannten Zeitraum ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei und gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 die Bezüge für diesen Zeitraum zu entfallen hätten, weil kein ausreichender Entschuldigungsgrund für die Abwesenheit vom Dienst vorliege.

Der Beschwerdeführer gab hierauf keine Stellungnahme ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid traf die belangte Behörde die Feststellung (Spruchteil 1), dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 20. bis 29. April 1995 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei und sprach aus, dass daher (Spruchteil 2) für den Zeitraum vom 20. bis 29. April 1995 der Entfall der Bezüge einzutreten habe. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer vom 20. bis 29. April 1995 im Krankenstand gewesen sei und dazu eine Bestätigung des Arztes Dr. Hladik vorgelegt habe. Da der Beschwerdeführer angegeben habe, der Krankheitsgrund läge auf psychiatrischem Gebiet, habe der Leiter der Justizanstalt Sonnberg die Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. Wolfgang Friedl, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, veranlasst. Unter teilweiser Wiedergabe des Gutachtens - insbesondere betreffend die Aussagen zur Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers - führt die belangte Behörde weiter aus, dass dieses Gutachten dem Beschwerdeführer mit einer Mitteilung vom 9. Juni 1995 zugestellt und ihm Gelegenheit eingeräumt worden sei, binnen zwei Wochen hiezu Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers sei nicht eingelangt. Der Beschwerdeführer werde in der Justizanstalt Sonnberg seit 29. Juni 1994 als "Kontrollposten im Schleusengebäude" eingesetzt. Der Aufgabenbereich umfasse im Wesentlichen die Überwachung des gesamten Parteien- und KfZ-Verkehrs in die und aus der Anstalt, Regelung der Zu- und Abfahrt von Personenkraftwagen, Kontrolle und Überwachung der von der Anstalt zu Außenarbeiten eingeteilten Insassen und Kontrolle der Freigänger. Im Schleusengebäude der Justizanstalt Sonnberg gebe es einen Raum mit Sitzgelegenheit, von dem aus die Schleuse eingesehen werden könne. Der Beschwerdeführer stehe als Justizwachebeamter der Grundstufe der Verwendungsgruppe W2 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Zur Zahl JMZ 320172/14-III 8/94 vom 29. Dezember 1994 sei festgestellt worden, dass er im Zeitraum vom 4. August bis 27. Oktober 1994 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei und daher für diesen Zeitraum der Entfall der Bezüge einzutreten habe. Dieser Bescheid sei mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof angefochten worden. Wegen der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst im Jahre 1994 sei bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer anhängig. Der Beschwerdeführer sei für den Zeitraum vom 20. April bis 29. April 1995 bezogen auf die ihm zugewiesene Verwendung als "Kontrollposten im Schleusengebäude" dienstfähig gewesen. Diese Feststellungen gründeten sich auf das vorliegende Sachverständigengutachten und den Akteninhalt. Eine Stellungnahme habe der Beschwerdeführer dazu nicht abgegeben. Rechtlich folge daraus, dass nach § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 die Bezüge für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst zu entfallen haben, wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage vom Dienst fernbleibe, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen. Eine ausreichende oder stillschweigende Gestattung der Abwesenheit vom Dienst liege für den genannten Zeitraum nicht vor. Das vom Leiter der Justizanstalt Sonnberg veranlasste Gutachten komme zum Ergebnis, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Beschwerden keine Arbeitsunfähigkeit begründeten. Die Dienstbehörde könne daraus nur den Schluss ziehen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der ihm zugewiesenen Verwendung für den gesamten Zeitraum des Krankenstandes dienstfähig gewesen sei. Die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung mache die Abwesenheit an sich nicht zu einer gerechtfertigten. Ob eine vorliegende Krankheit oder vorliegende Beschwerden Dienstunfähigkeit zu Folge habe, sei von der Dienstbehörde nach der Lage des konkreten Falles zu beurteilen. Auf Grund des eingeholten Gutachtens hätte der Beschwerdeführer den Anforderungen, die mit seiner Verwendung als "Kontrollposten im Schleusengebäude" verbunden seien, entsprechen können. Das Gutachten komme sogar zum Schluss, dass es für den Beschwerdeführer therapeutisch wichtig wäre, zu arbeiten, ein den Beschwerden Nachgeben und Legitimieren durch Krankenstand wäre höchst ungünstig. Da somit kein ausreichender Entschuldigungsgrund gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 und § 51 Abs. 2 BDG 1979 vorliege, sei die Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Dienst im genannten Zeitraum als ungerechtfertigt anzusehen. Für diesen Zeitraum hätten daher auch seine Bezüge zu entfallen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, dass ihm gegenüber ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides sowie ohne Vorliegen der materiellrechtlichen Erfordernisse nach § 13 Abs. 3 Gehaltsgesetz 1956 in Verbindung mit § 51 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 nicht festgestellt werde, er wäre zu einem bestimmten Zeitraum ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen und es hätte für diesen Zeitraum der Entfall der Bezüge einzutreten, durch unrichtige Anwendung der zitierten Bestimmungen, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sieht der Beschwerdeführer dadurch verwirklicht, dass das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen in zwingender Konsequenz bedeute, dass dieser Arzt einer anderen Meinung sei als der den Beschwerdeführer behandelnde Arzt. In der Medizin und speziell im Bereich der Psychiatrie-Psychologie gebe es verschiedene Schulen mit durchaus verschiedenen Einschätzungen. Während der beigezogene Sachverständige ein einschlägiger Facharzt sei, sei der behandelnde Arzt des Beschwerdeführers praktischer Arzt. Demnach könne im rechtlich-objektiven Sinne davon auszugehen sein, dass der Meinung des Sachverständigen das höhere Gewicht zukomme. Dennoch hätte es auch von Amts wegen als aufklärungsbedürftig angesehen werden müssen, inwieweit tatsächlich ein absoluter Ausschluss des Eintrittes einer Dienstunfähigkeit möglich sei, wenn andererseits ein Krankheitswert der psychischen Störung diagnostiziert werde. Vor allem dränge sich die Frage auf, ob sich Unlustgefühle nicht bis hin zur Apathie steigern könnten und wie aus dem Befund zu einem einzelnen Zeitpunkt ausgeschlossen werden könne, dass eine entscheidend schwerere Beeinträchtigung zu einem früheren Zeitpunkt gegeben gewesen sei. Im Vordergrund stehe aber, dass der Sachverständige überhaupt nicht auf die Frage eingegangen sei, wie das Verhalten des Beschwerdeführers angesichts der Tatsache zu beurteilen sei, dass der behandelnde Arzt nicht der Auffassung des SV entsprechend therapeutisch im Sinne einer Ermutigung zur weiteren Dienstleistung vorgegangen sei, sondern dem Beschwerdeführer Dienstunfähigkeit bestätigt habe. Rechtlich entscheidend sei, ob der Beschwerdeführer dennoch habe erkennen müssen oder können, dass er dienstfähig sei. Es stelle einen offenkundig entscheidenden Mangel dar, dass dies ungeklärt geblieben sei, was die belangte Behörde zweifellos von sich aus habe erkennen müssen, ohne dass es eines Hinweises des Beschwerdeführers hierauf bedurft hätte. Das Unterbleiben einer Stellungnahme des Beschwerdeführers könne daher nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die Begutachtung durch den Sachverständigen lasse ein Eingehen darauf vermissen, was der behandelnde Arzt überhaupt diagnostiziert habe und wie seine vom Standpunkt des Sachverständigen abweichende Vorgangsweise zu erklären sei. Neben der Annahme eines Kunstfehlers biete sich auch noch die Möglichkeit an, dass die Divergenz auf eine andere Lehrmeinung oder Schule zurückzuführen sei. Somit seien wesentliche Sachverhaltselemente nicht geklärt worden.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes rügt der Beschwerdeführer, dass Feststellungsbescheide nur zulässig seien, wenn ein entsprechendes rechtliches Interesse bestehe und eine Leistungsentscheidung nicht möglich sei. Eine Feststellungsentscheidung sei dann zulässig, wenn eine Rückforderung der Bezüge nicht beabsichtigt sei. Das rechtliche Interesse könne hierbei nur insoweit angenommen werden, als eine Klarstellungswirkung für ähnliche zukünftige Fälle zu bejahen sei. Die belangte Behörde habe jedoch in Punkt 2 des Bescheidspruches darüber hinaus "festgestellt", dass ein Bezugsentfall einzutreten habe. Das könne im Nachhinein jedoch nur im Wege einer Rückforderung als Übergenuss (§ 13a GehaltsG 1956) realisiert werden. Das wiederum heiße, dass eine Leistungsentscheidung möglich sei, die auch die Beurteilung inkludiere, ob eine ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst vorgelegen habe. Die Feststellungsentscheidung in ihrer Gesamtheit erweise sich als unzulässig. Die Entscheidung sei auch meritorisch verfehlt: Der Beschwerdeführer habe seine sich aus § 51 BDG 1979 ergebenden Verpflichtungen durch Vorlage eines ärztlichen Attests erfüllt. Eine Begutachtung, die im Gegensatz zum vorgelegten ärztlichen Attest die Dienstfähigkeit bekunde, könne daran für die Vergangenheit nichts ändern, sondern höchstens die Verpflichtung des Beamten auslösen, seinen Dienst wieder anzutreten, obwohl der behandelnde Arzt attestiert habe, dass der Beschwerdeführer weiterhin dienstunfähig wäre. Diese Verpflichtung könne aber naturgemäß erst in dem Zeitpunkt eintreten, in dem der Beschwerdeführer Kenntnis von der seine Dienstfähigkeit zum Ausdruck bringenden Begutachtung erhalte. Der entscheidende Fehler der Behörde liege offensichtlich darin, dass sie Begriffe "eigenmächtig" und "ausreichender Entschuldigungsgrund" im § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 mit dem Tatbestand einer objektiv gegebenen Dienstunfähigkeit gleichgesetzt habe. Es sei undenkbar, vom Beamten die objektiv richtige Beurteilung seiner Dienstfähigkeit mit der Konsequenz des Verlustes des Bezugsanspruches bei einem diesbezüglichen Irrtum zu verlangen. Er müsse sich auf den ärztlichen Rat und die Beurteilung durch seinen behandelnden Arzt verlassen. Wenn der behandelnde Arzt krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit bestätige, stelle sich das Fernbleiben vom Dienst nicht als "eigenmächtig" dar. Mit der Vorlage des ärztlichen Attestes bleibe der Beamte nicht ohne "ausreichenden Entschuldigungsgrund" dem Dienst fern.

Dem ist Folgendes zu erwidern:

Die im Beschwerdefall maßgebende Bestimmung des § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54, lautet:

"(3) Die Bezüge entfallen ...

2. Wenn der Beamte eigenmächtig länger als 3 Tage dem Dienst fernbleibt, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1999, Zl. 97/12/0108 mwN) müssen, soll ein Fernbleiben vom Dienst im Ausmaß von länger als drei Tagen zum Bezugsentfall führen, zwei (weitere) Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sein, nämlich

1.

dass das Fernbleiben ein eigenmächtiges und

2.

die Abwesenheit (arg.: "ohne ausreichenden Entschuldigungsgrund") ungerechtfertigt ist. Ein Fernbleiben vom Dienst ist dann eigenmächtig, wenn keine ausdrückliche oder stillschweigende Gestattung vorliegt; ungerechtfertigt ist eine Abwesenheit vom Dienst allgemein zunächst dann, wenn dafür kein "ausreichender Entschuldigungsgrund" vorliegt.

§ 51 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) verpflichtet den Beamten nur dann zur Rechtfertigung seiner Abwesenheit vom Dienst, wenn er nicht "vom Dienst befreit oder enthoben" ist.

Beim Begriff der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der der rechtlichen Beurteilung der Dienstbehörde unterliegt. Die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung oder Bescheinigung über eine Krankheit oder - wie im vorliegenden Fall -

der Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt daher an sich noch nicht die Abwesenheit vom Dienst. Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 muss der Beamte durch seine Krankheit verhindert sein, seinen Dienst zu versehen; ob eine Erkrankung Dienstunfähigkeit des Beamten nach sich zieht, ist nach der Lage des konkreten Falles von der Dienstbehörde zu beurteilen und dann gegeben, wenn der Beamte wegen konkret bei ihm gegebener Folgen einer Erkrankung den an ihn gestellten dienstlichen Anforderungen nicht entsprechen kann (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 6. September 1988, Zl. 87/12/0179 = Slg. NF Nr. 12753/A (nur Leitsatz), und vom 21. Februar 2001, Zl. 2000/12/0216).

Die Behörde hat ihrer rechtlichen Beurteilung einen ausreichend ermittelten Sachverhalt zu Grunde zu legen; zu diesem Zweck ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, in dessen Rahmen verschiedene Beweise, insbesondere auch Beweise durch ärztliche Sachverständige zu erheben sind (hg. Erkenntnisse vom 20. Mai 1992, Zl. 91/12/0287, sowie vom 17. Februar 1993, Zl. 91/12/0165 mwN).

Nach der Aktenlage legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung seines Vertrauensarztes vor, wonach er für die Zeit vom 20. bis 29. April 1995 arbeitsunfähig sei; darüber hinausgehend war der Bestätigung jedoch nicht zu entnehmen, von welchen tatsächlichen Annahmen der behandelnde Arzt ausging oder zu welchen Schlussfolgerungen - abgesehen von jener auf eine "Arbeitsunfähigkeit" in der Dauer von zehn Tagen - der Arzt gelangte, insbesondere zu welcher medizinischen Diagnose.

Schreiben und Atteste stellen keine Gutachten im Sinne des Verfahrensrechtes dar, weil sie lediglich Schlussfolgerungen enthalten, jedoch keinen Befund, aus denen die Schlussfolgerungen nachvollziehbar ableitbar wären. Insbesondere auch im Hinblick darauf, dass sich das vom Beschwerdeführer vorgelegte ärztliche Attest in der bloßen Offenbarung der Schlussfolgerung einer "Arbeitsunfähigkeit" für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum erschöpfte, kann es aus verfahrensrechtlicher Sicht nicht geeignet sein, Bedenken gegen die auf einem umfassenden Befund beruhenden Feststellungen des medizinischen Sachverständigen zu erwecken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1995, Zl. 94/12/0245).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bot die von ihm vorgelegte Bestätigung seines Vertrauensarztes schon wegen des Fehlens jeglichen sachverhaltsmäßigen Inhaltes (was rechtlich zulässig ist; vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 2001, Zl. 96/12/0050) auch keinen Ansatzpunkt für den von der belangten Behörde beigezogenen amtsärztlichen Sachverständigen, sich mit jenen Prämissen des Vertrauensarztes auseinander zusetzen, auf Grund derer eine "Arbeitsunfähigkeit" attestiert wurde. Vielmehr verschaffte sich der amtsärztliche Sachverständige durch die Befundaufnahme eigene Tatsachengrundlagen für die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen, ohne dass der Beschwerdeführer die Richtigkeit des Befundes konkret in Zweifel zieht. Der bloße Hinweis des Beschwerdeführers auf divergierende Einschätzungen des Vertrauensarztes einerseits und des Sachverständigen andererseits ist nicht geeignet, Bedenken gegen die Richtigkeit des ausgebreiteten Befundes oder gegen die nachvollziehbaren Schlussfolgerungen des Sachverständigengutachtens aufzuzeigen. Auch verstieß die belangte Behörde nicht gegen ihre Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung gemäß § 8 Abs. 1 DVG, wenn sie ihrer Entscheidung das Gutachten des Sachverständigen - eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie - zu Grunde legte, weil - wie bereits ausgeführt - die vom Beschwerdeführer vorgelegte Bestätigung der "Arbeitsunfähigkeit" keinen näheren Anhaltspunkt dafür bot, Bedenken gegen den Befund oder die gutächtlichen Schlussfolgerungen des Sachverständigen, insbesondere auf die Dienstfähigkeit zu einem zurückliegenden Zeitpunkt, zu erwecken.

Schließlich war es auch nicht die Aufgabe des medizinischen Sachverständigen, die Rechtsfrage zu behandeln, wie das Verhalten des Beschwerdeführers zu beurteilen sei, nachdem dessen behandelnder Arzt - wozu er rechtlich gar nicht zuständig war - eine Dienstunfähigkeit bestätigt gehabt habe. Auf diese Rechtsfrage wird noch unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit eingegangen.

Die belangte Behörde gewann daher die Tatsachengrundlagen für den angefochtenen Bescheid in einem mängelfreien Verfahren.

Der Beschwerdeführer sieht eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorerst in der Unzulässigkeit der von der belangten Behörde ausgesprochenen Feststellung der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst sowie des Entfalles der Bezüge.

Die ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst ist Anknüpfungspunkt für mehrere Rechtsfolgen (wie zB § 14 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 4 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979); § 65 Abs. 3 BDG 1979; § 6 Abs. 2 Pensionsgesetz 1965; § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956). Im Beschwerdefall besteht jedoch auf Grund der im Spruchabschnitt 2 verfügten Einstellung der Bezüge ein enger Zusammenhang mit Spruchabschnitt 1, weil beide Spruchabschnitte den selben Zeitraum (20. bis 29. April 1995) umfassen. Aus dem angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde in Spruchabschnitt 2 abschließend über den Bezugsentfall aus dem Titel einer ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst abgesprochen hat. Ein konkreter Zusammenhang des Spruchabschnittes 1 (für den gegenständlichen Zeitraum) mit sonstigen Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst ist im Beschwerdefall nach der Aktenlage nicht zu erkennen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht. Die im Spruchabschnitt 1 festgestellte ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst ist daher - wie auch durch die Bindewörter "und daher" zum Ausdruck kommt - nur im Zusammenhang mit der im Spruchabschnitt 2 ausgesprochenen Rechtsfolge von Bedeutung. Zwar trifft es zu, dass (allein im Hinblick auf § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956) für diesen Zeitraum kein gesondertes Feststellungsinteresse für einen bescheidförmigen Abspruch, wie er im Spruchabschnitt 1 enthalten ist, besteht, doch liegt darin bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation keine Rechtsverletzung, wenn im selben Bescheid über die Rechtsfolge nach § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz abgesprochen wurde: Eine Fehlleistung der Behörde erschöpft sich somit nur in einer objektiven Gesetzwidrigkeit, weil über ein Begründungselement des gleichzeitig ausgesprochen Bezugsentfalles nach § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 im selben Bescheid auch im Spruch abgesprochen wurde (hg. Erkenntnisse vom 30. September 1996, Zl. 91/12/0145 sowie Zl. 91/12/0135 jeweils mwN).

Ebenso wenig kann durch die von der belangten Behörde im Spruchabschnitt 2 erfolgte "Feststellung", dass für den Zeitraum vom 20. bis 29. April 1995 der Entfall der Bezüge einzutreten habe, der Beschwerdeführer in einem subjektiven Recht verletzt sein, weil in der Verpflichtung zur Rückzahlung kein Anwendungsfall des § 13a Gehaltsgesetz 1956 liegt (hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1982, Zl. 81/12/0050, Slg. NF Nr. 10756/A).

Schließlich erblickt der Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass die belangte Behörde in Anwendung des § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 nur eine objektiv gegebene Dienstunfähigkeit genügen ließ, ohne auch auf eine subjektive Einschätzung durch den Beschwerdeführer - insbesondere auf einen diesbezüglichen Irrtum, hervorgerufen durch den Rat des behandelnden Arztes - abzustellen.

Wie bereits ausgeführt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Voraussetzung für die Anwendung des § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 (unter anderem), dass das Fernbleiben "eigenmächtig" und "ohne ausreichenden Entschuldigungsgrund" erfolgt. Die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung über eine Krankheit rechtfertigt an sich noch nicht die Abwesenheit des Beamten vom Dienst, vielmehr muss dieser durch seine Krankheit verhindert sein, seinen Dienst zu versehen. Ob eine Erkrankung Dienstunfähigkeit des Beamten nach sich zieht, ist nach der Lage des konkreten Falles von der Dienstbehörde - gegebenenfalls nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens - zu beurteilen und dann gegeben, wenn der Beamte wegen konkret bei ihm gegebener Folgen einer Erkrankung den an ihn gestellten dienstlichen Anforderungen nicht entsprechen kann. Der Beamte, der die ihm zukommende Melde- und Bescheinigungspflicht gemäß § 51 Abs. 1 und 2 BDG 1979 erfüllt hat, darf grundsätzlich so lange auf die ärztliche Bescheinigung vertrauen und von einer gerechtfertigten Dienstverhinderung ausgehen, bis ihm die Dienstbehörde Entgegenstehendes nachweislich mitteilt.

Das Vertrauen auf die ärztliche Bescheinigung und damit auf eine Rechtfertigung der Dienstverhinderung, sohin die subjektive Einschätzung des Beamten wird allerdings dann nicht geeignet sein, einen "ausreichenden Entschuldigungsgrund" iSd § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 herzustellen, wenn der Beamte auf Grund besonderer Umstände keinesfalls mehr auf die Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung iSd § 51 Abs. 2 BDG 1979 und somit auf das Vorliegen einer Rechtfertigung für die Dienstverhinderung vertrauen konnte und durfte.

Solche besonderen Umstände liegen jedoch im Beschwerdefall vor: Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, dass es sich bei der gegenständlichen "Erkrankung" nach wie vor um die selbe handelte, die nicht geeignet war, schon im Jahre 1994 seine Versetzung in den Ruhestand oder seine Abwesenheit vom Dienst (während des Zeitraumes vom 4. August bis 27. Oktober) zu rechtfertigen. Insbesondere waren ihm zu Beginn der beschwerdegegenständlichen Abwesenheit vom Dienst die aus Anlass seines Begehrens auf Versetzung in den Ruhestand und seiner Abwesenheit während des Zeitraumes vom 4. August bis 27. Oktober 1994 eingeholten Gutachten inhaltlich bekannt, sodass einem Vertrauen des Beschwerdeführers auf die Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung der nunmehrigen Dienstunfähigkeit erhebliche Zweifel entgegenstehen mussten und somit der Entschuldigungsgrund des § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 nicht mehr als "ausreichend" eingeschätzt werden konnte und durfte, zumal er auch in seiner gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 29. Dezember 1994 (betreffend den Entfall der Bezüge wegen ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst während des Zeitraumes vom 4. August bis 27. Oktober 1994) erhobenen, zur hg. Zl. 95/12/0047 protokollierten Beschwerde die Richtigkeit der damals zu Grunde gelegten Sachverständigengutachten nicht in Zweifel zog. Darüber hinaus wird in der nunmehrigen Beschwerde auch nicht vorgebracht, dass in der Zwischenzeit eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten sei.

Es konnte daher von der belangten Behörde in Anwendung des § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer allenfalls einem - in Anbetracht der besonderen Sachlage jedenfalls nicht entschuldbaren - Irrtum über die Richtigkeit eines Ratschlages seines Vertrauensarztes oder der von ihm vorgelegten Bestätigung der "Arbeitsunfähigkeit" erlag.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie § 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 2. Mai 2001

Schlagworte

Anforderung an ein Gutachten Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Beweismittel Sachverständigenbeweis Medizinischer Sachverständiger Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1995120260.X00

Im RIS seit

06.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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