RS UVS Oberösterreich 1991/10/09 VwSen-220019/4/Gu/Kf

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Veröffentlicht am 09.10.1991
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Rechtssatz

Kein Nachweis einer konzessionspflichtigen Tätigkeit mangels Erfüllung der Merkmale des Gewerbes. Inhalt und Umfang der Konzession zur Überlassung von Arbeitskräften können hilfsweise - jedoch eingeschränkt infolge des Zweckes der Regelung als Dienstnehmerschutzvorschrift - nach dem AÜG ermittelt werden. Keine Aufnahme der Strafverfolgung durch den UVS wegen des Verdachtes einer anderen Übertretung der Gewerbeordnung - hier: unbefugte Ausübung eines Anmeldungsgewerbes, insbesondere dann nicht, wenn die Tat im Spruch der Erstbehörde nicht konkretisiert ist. Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens.

 

 

Gemäß § 323a Abs.1 Gewerbeordnung 1973, in der Fassung BGBl. Nr. 196/1988, unterliegt der Konzessionspflicht die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte (Überlassung von Arbeitskräften).

 

Die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit vorausgesetzt (vgl. § 1 leg.cit) grenzt § 323a Abs.2 leg.cit. andere gewerbliche Tätigkeiten zur konzessionspflichtigen Tätigkeit ab.

 

Zur Auslegung des Begriffes "Überlassung von Arbeitskräften" gibt die Gewerbeordnung selbst keinen Aufschluß.

 

Für die Auslegung dieses Begriffes für den Anwendungsbereich des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes bildet dessen § 4 die Auslegungsregel.  Demzufolge ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend.

 

Dieser Beurteilungsmaßstab gebietet bei hilfsweiser Übertragung auf die GewO eine differenzierte Betrachtungsweise, soll nicht aufgrund der umfangreichen gewerblichen Tätigkeiten der Voest von vornherein jede fremde Dienstleistung in Form eines Werkvertrages auf dessen Gelände einen fliegenden Wechsel des spezifischen Gewerbes in eine Konzession, welche wie jede Konzession einen beachtlichen Einschnitt in die verfassungsmäßig garantierte Erwerbsfreiheit darstellt, bewirken.

 

Bezüglich des Konkretisierungsgebotes nach § 44a lit.a VStG ist zu vermerken, daß weder im Spruch noch in der Begründung Ausführungen enthalten sind, worin das Überlassen von Arbeitskräften bestand, damit die Identität der Tat sichergestellt und Schutz vor weiterer Verfolgung gewährleistet wird.

 

Als Ergebnis des Berufungsverfahrens bleibt unwidersprochen, daß die angesprochenen vier Arbeitnehmer, welche am 6. Februar 1991 in der V.A. GesmbH Reinigungsarbeiten verrichteten, für die X.Y. GesmbH tätig wurden und somit der Beschuldigte, wenn ihm schon eine unbefugte Konzessionsausübung zur Last gelegt wurde - da die Genehmigung eines diesbezüglichen gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht denkbar ist - als handelsrechtlicher Geschäftsführer zur Vertretung und zur Übernahme der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung heranzuziehen gewesen wäre.

 

Diesen Umstand hätte der unabhängige Verwaltungssenat im Berufungsverfahren noch berücksichtigen können. Über den Grenzbereich des Zulässigen bei der Korrektur des Spruches würde geschritten - soll die Identität der Tat gewahrt bleiben - wenn der unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsinstanz den Spruch bezüglich der nicht greifbaren konkreten Tatbeschreibung erweitern wollte.  Ungeachtet des Spannungsfeldes Kontrolltätigkeit des UVS und volle Kognition, liegt aufgrund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung und der vorstehenden Sachverhaltsfeststellung ein für die Bestrafung hinreichendes Fundament nicht vor.

 

Bei einer verfassungskonformen, das Gleichheits- bzw. Sachlichkeitsgebot achtenden Interpretation des mangels Legaldefinition in § 323a GewO 1973 i.d.g.F. hilfsweise heranzuziehenden § 4 AÜG war beachtlich, daß die Erfüllung eines Werkvertrages in der Form von selbständigen Reinigungsarbeiten von Gegenständen, die taxativ nicht besonderen Gewerben (z.B. Kanalräumern) vorbehalten sind, unabhängig von Größe, Form und Organisation des Auftraggebers, ohne Konzession für die Überlassung von Arbeitskräften möglich sein muß, weil dieselbe Verrichtung eines Dienstleistungsgewerbebetreibenden, etwa in einem Büro oder Privathaus, nicht anderen Gewerbeantrittsvoraussetzungen unterworfen sein darf, als die Verrichtung dieser gewerblichen Arbeiten etwa in einem Großbetrieb.  Ob hiebei nicht unterschiedliche Dienstnehmerschutzbestimmungen infolge differenzierten Sacherfordernisses bestehen können, war im gegenständlichen Verfahren wegen Übertretung der Gewerbeordnung nicht zu prüfen. Unter diesem - eingeschränkten - Gesichtswinkel war folgendes beachtlich:

 

Die Beschreibung der Abgrenzung in § 4 Abs.2 AÜG ist nur eine demonstrative.  Im vorliegenden Fall wurden die Reinigungsarbeiten von ortsfest montierten Gegenständen, wie anders nicht denkbar, am Ort der Aufstellung ausgeübt. Es sind die Dienstleistungs- (Reinigungs)arbeiten gegenüber der Produktion von Stahlwaren unterscheidbar.  Einen weiteren Prüfstein bildete die Frage, nach der organisatorischen Eingliederung der Werkverrichter mit dem Betriebsablauf der Auftraggeberin.  Nach § 4 Abs.2 Z.3 AÜG wäre dann ein Indiz für die Konzessionspflicht der Tätigkeit anzunehmen gewesen, wenn die Dienst- und Fachaufsicht durch die X.Y. GesmbH nicht vorgelegen wäre. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Wortfolge: "........ organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder ..." gerade dieser Konnex konnte dem Beschuldigten im Berufungsverfahren nicht nachgewiesen werden.

 

Weitere Merkmale, die für das Vorliegen der zur Last gelegten unbefugten konzessionspflichtigen Tätigkeit sprechen und in Betrachtung des wahren Sachverhaltes einen Beweis erbringen sollten, sind nicht belegt.

 

 

Ob die gewerbliche Tätigkeit vom Wortlaut des Gewerbescheines der X.Y. GesmbH erfaßt war oder nicht und ob dadurch ein Verdacht der Übertretung der Gewerbeordnung durch Ausübung eines Anmeldungsgewerbes verblieb, durfte der unabhängige Verwaltungssenat nicht näher prüfen, weil dies das Wesen des Tatvorwurfes verändert hätte, in dem von der "Arbeitskräfteüberlassung" auf "Reinigungsarbeiten" abgeschwenkt würde.  § 26 Abs.1 VStG, weist den Bezirksverwaltungsbehörden in erster Instanz die Untersuchung und Bestrafung der Verwaltungsübertretungen zu. Diesem gesetzlichen Auftrag wäre widersprochen und damit letztlich das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, würde der O.ö. Verwaltungssenat das Verfahren wegen des Verdachtes bezüglich eines anderen Deliktes von sich aus aufnehmen und gleichzeitig entscheiden.

Schlagworte
Arbeitskräfteüberlassung; Konzession; Prüfungsumfang des Verfahrens vor dem UVS; Kompetenz des UVS; gesetzlicher Richter, Gewerbeumfang; Erwerbsfreiheit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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