RS UVS Oberösterreich 1991/11/11 VwSen-240008/2/Gf/Kf

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Veröffentlicht am 11.11.1991
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Rechtssatz

Angabe "Natürlicher Birkensaft bildet die Basis"

ist nicht gesundheitsbezogen. Bezüglich der Angabe "wird die Tätigkeit der Talgdrüsen günstig beeinflußt": Wenn Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis kommt, daß Kosmetika grundsätzlich einen - wenn auch einen "kaum signifikanten" physiologischen bzw.  pharmakologischen Effekt auf die Haut ausüben können und der Beschwerdeführer behauptet, daß dieser Effekt mehr als bloß "kaum signifikant" ist, so kann die belangte Behörde nicht von der Erwiesenheit des Vorliegens einer irreführenden Bezeichnung i. S.d. § 26 Abs.2 LMG ausgehen, sondern muß hiefür zusätzliche Beweise erbringen. Dem UVS als Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle ist dies hingegen wegen des im Verwaltungsstrafverfahren zu beachtenden Verbotes der reformatio in peius verwehrt. Stattgabe.

 

 

Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt. Gemäß § 26 Abs. 2 i. V.m. den §§ 1 Abs. 2, 8 lit. f und 9 Abs. 1 lit. a LMG liegt ein Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel (im vorliegenden Fall: durch Lagern) insbesondere dann vor, wenn diese durch verbotene gesundheitsbezogene, d.h. sich auf irreführende physiologische oder pharmakologische - insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende - Wirkungen beziehende oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckende Angaben gekennzeichnet sind.

 

Es gilt daher zu prüfen, ob sich der erstbehördliche Vorwurf, daß es sich bei den Angaben "Natürlicher Birkensaft bildet die Basis" und "wird die Tätigkeit der Talgdrüsen günstig beeinflußt" jeweils um verbotene gesundheitsbezogene Angaben im Sinne der eben genannten Bestimmungen handelt.

 

Daß dies jedenfalls bezüglich der Angabe "Natürlicher Birkensaft bildet die Basis" nicht zutrifft, liegt auf der Hand, denn es ist offensichtlich, daß mit dieser Wendung über eine reine Feststellung hinaus auch ein Effekt - erst recht nicht eine physiologische oder pharmakologische Wirkung, wie dies § 9 Abs. 1 lit. a LMG fordert - nicht angesprochen wird.

 

Hinsichtlich der Angabe "wird die Tätigkeit der Talgdrüsen günstig beeinflußt" vertritt der Beschwerdeführer den Standpunkt, daß diese Wirkung durch das in Rede stehende Kosmetikum tatsächlich hervorgerufen wird und daher dieser Hinweis nicht irreführend und demgemäß nach § 26 Abs. 2 LMG zulässig ist. In der Äußerung der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 17. Juni 1991, Zl. 173/91, wird zugestanden, daß durch Kosmetika der Stoffwechsel zwar beeinflußt werden kann - und damit im Grunde ein physiologischer bzw. pharmakologischer Effekt vorliegt -, aber gleichzeitig auch ausgeführt, daß diese Wirkung derart gering ist, daß eine entsprechende Anpreisung nicht gerechtfertigt sei.

 

Davon ausgehend ist zunächst mit Nachdruck darauf hinzuweisen, daß die im Hinblick auf § 26 Abs. 2 LMG erforderliche rechtliche Würdigung des Beweises, daß Kosmetika bloß eine kaum signifikante physiologische und pharmakologische Wirkung auf die menschliche Haut zu zeigen vermögen, nicht dem Sachverständigen, sondern allein der erkennenden Behörde obliegt. Nur letzterer oblag es sohin, zu beurteilen, ob die Anpreisung "wird die Tätigkeit der Talgdrüsen günstig beeinflußt" vor dem Hintergrund des Statements, daß Kosmetika bloß eine kaum signifikante physiologische und pharmakologische Wirkung auf die menschliche Haut zu zeigen vermögen, im Sinne des § 26 Abs. 2 LMG als irreführend oder andernfalls als zulässig zu qualifizieren ist.

 

Von der Beweislage ausgehend, daß der Beschwerdeführer behauptet, daß ein derartiger Einfluß bereits durch entsprechende Tests nachgewiesen worden sei und die Lebensmitteluntersuchungsanstalt eine solche Wirkung zumindest nicht gänzlich auszuschließen vermag, wäre es an der Behörde gelegen, weitere Beweise dafür zu erbringen, daß durch das in Rede stehende Kosmetikum jeglicher günstige Einfluß auf die Tätigkeit der Talgdrüsen ausgeschlossen ist. Wie bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. z.B. VwSen-220000 vom 29.8. 1991 m.w.N.), erachtet sich hingegen der schon von Verfassungs wegen (vgl. Art. 129 B-VG) in erster Linie (bloß) zur Rechtmäßigkeitskontrolle berufene unabhängige Verwaltungssenat - insbesondere auch im Hinblick auf die im vorliegenden Fall noch gewahrte Verjährungsfrist und auf die im Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt vom 16. Juli 1990 (richtig wohl: 1991), Zl. 1300/90, auf Seite 2 weiters geäußerten, wesentlich gewichtiger erscheinenden Bedenken - nur insoweit zur Substitution der Begründung des behördlichen Straferkenntnisses legitimiert, als sich diese auf Umstände zu stützen vermag, die schon im Zeitpunkt der Fällung der erstinstanzlichen Entscheidung offenkundig vorgelegen haben und solchermaßen auch zur "Sache" des Berufungsverfahrens geworden sind, würde doch ansonsten gegen das Verschlechterungsverbot des § 51 Abs. 6 VStG, das insoweit den auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs. 4 AVG relativiert, verstoßen.

Schlagworte
Haarwasser; Lagern; Inverkehrsetzen; physiologische und pharmakologische Wirkung.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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