RS UVS Oberösterreich 1991/11/26 VwSen-240019/2/Gf/Kf

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Veröffentlicht am 26.11.1991
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Verweis auf VwSen-240007 vom 8.11.1991 Rechtssatz

Kein Inverkehrbringen von irreführend und daher

falsch bezeichneten Kosmetika: Der Angabe "Regenerierend" kommt im allgemeinen Sprachgebrauch nicht die Bedeutung einer Erneuerung, sondern vornehmlich die einer Wiederauffrischung zu. Beweislast der Behörde. Stattgabe.

 

 

Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete kosmetische Mittel in Verkehr bringt; gemäß § 26 Abs. 2 i. V.m. den §§ 1 Abs. 2, 8 lit. f und 9 Abs. 1 lit. a LMG liegt ein Inverkehrbringen falsch bezeichneter kosmetischer Mittel (im vorliegenden Fall: durch Lagern) insbesondere dann vor, wenn diese durch verbotene gesundheitsbezogene, d.h. sich auf irreführende physiologische oder pharmakologische - insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende - Wirkungen beziehende oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckende Angaben gekennzeichnet sind.

 

Es gilt daher zu prüfen, ob es sich im vorliegenden Fall bei einer der Angaben "Regenerierende Nachtcreme", "Zellaktivierende Wirkung" und "Klinisch geprüft" in Verbindung mit einer Aufbaucreme um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der eben genannten Bestimmungen handelt.

 

Dies trifft im Ergebnis jedoch nicht zu.

 

Bezüglich der Produktangabe "Regenerierend" wird schon im Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 17.6.  1991, Zl. 160/91, zugestanden, daß durch Kosmetika der Stoffwechsel bzw. die Epidermis und Dermis der Haut - wenngleich jeweils nicht signifikant - beeinflußt werden kann. Daß es aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsbetrachters (vgl. VwSen-240007 v. 8.11. 1991) bei der Regeneration - wobei diesem Wort im allgemeinen Sprachgebrauch vornehmlich die Bedeutung der "Wiederauffrischung" zukommt (vgl. zB Duden, Das Fremdwörterbuch, 3. Auflage, Mannheim 1974, 621) - in erster Linie darum geht, ein vorteilhafteres Aussehen der Haut zu erzielen, liegt auf der Hand; ob dieser durch kosmetische Mittel unbestrittenermaßen erzielbare Effekt nun dadurch hergestellt wird, daß ihn das Kosmetikum unmittelbar selbst bewirkt oder bloß mittelbar dadurch, daß die selbsttätige Regeneration der Haut eingeschränkt wird, ist demgegenüber für den mit diffizilen wissenschaftlichen Zusammenhängen regelmäßig nicht vertrauten durchschnittlichen Verbraucher bloß von untergeordneter Bedeutung. Ist demnach das vorliegende Kosmetikum - was von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt wird - zur Erzielung eines wiederauffrischenden Effektes der Haut grundsätzlich geeignet, so kann in dem Hinweis "Regenerierend" auch keine Irreführung erblickt werden.

 

Hinsichtlich der Angabe einer "Zellaktivierenden Wirkung" wirft die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter dem Eingeständnis der prinzipiellen Möglichkeit eines derartigen Effektes vor, daß diese ohne nähere Konkretisierung nichtssagend sei, weil daraus auf keine konkrete physiologische oder pharmakologische Wirkung geschlossen werden könne. Es ist dem unabhängigen Verwaltungssenat aber nicht erkennbar, inwiefern darin eine unzulässige Bezeichnung liegen sollte, denn einerlei, ob das so beworbene Produkt überhaupt keine zellaktivierende Wirkung hat oder dessen konkrete zellaktivierenden Wirkungen jedenfalls nicht den angepriesenen Effekt zu erzielen imstande sind: In beiden Fällen obläge es jeweils der belangten Behörde, dieses Faktum mit den gesetzlich vorgesehenen Mitteln (vgl. zB § 26 Abs. 4 LMG) nachzuweisen. Hingegen kommt es der belangten Behörde im Verwaltungsstrafverfahren nicht zu, vom Beschwerdeführer hinsichtlich der Tatbestandsmäßigkeit der Verwaltungsübertretung (anderes gilt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 VStG nur hinsichtlich des Verschuldens) einen Entlastungsbeweis zu fordern. Solange daher weder erwiesen ist, daß die im gegenständlichen Kosmetikum enthaltenen Stoffe keine oder keine zweckmäßige zellaktivierende Wirkung entfalten, ist somit zugunsten des Beschwerdeführers davon auszugehen, daß insoweit keine irreführende Bezeichnung iSd obzitierten Bestimmungen des LMG vorliegt.

 

Inwieweit schließlich die Angabe "Hautverträglich klinisch getestet" unzulässig sein soll, ist schließlich überhaupt nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde gilt das Verbot des § 9 LMG für Kosmetika gemäß § 26 Abs. 2 LMG nämlich nicht absolut, sondern bloß mit der Maßgabe, daß Hinweise auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder Gutachten im Zusammenhang mit Kosmetika nur dann unzulässig sind, wenn diese einen irreführenden Charakter haben. Da aber die Angabe "Hautverträglichkeit klinisch getestet" weder einen Hinweis auf eine Krankengeschichte noch auf eine ärztliche Empfehlung noch auf ein Gutachten enthält, sondern nur besagt, daß entsprechende Tests - deren Ergebnis offen bleibt - durchgeführt wurden, fehlt es schon insoweit an der Tatbestandsmäßigkeit, ohne daß der Frage nachgegangen werden mußte, ob diese Angabe irreführend ist.

Schlagworte
Placentubex Aufbaucreme; Regenerierend; Zellaktivierende Wirkung; Hautverträglichkeit klinisch getestet; Beweislastumkehr
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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