TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/9 2000/04/0187

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Veröffentlicht am 09.05.2001
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §28 Abs1 Z2;
GewO 1994 §28 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der R in G, vertreten durch Mag. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 26. Mai 2000, Zl. 319.352/2-III/4/00, betreffend Nachsicht von der Ablegung der Meisterprüfung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 26. Mai 2000 verweigerte der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit der Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 GewO 1994 die erbetene Nachsicht von der Ablegung der Meisterprüfung zur Ausübung des Stukkateur- und Trockenausbauerhandwerks, eingeschränkt auf den Trockenausbau.

Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Antrag ausgeführt, dass sie seit Mai 1993 das freie Gewerbe "Montage von nichttragenden Wänden und Decken aller Art mit vorgefertigten Teilen unter Ausschluss jeder an einen Befähigungsnachweis gebundenen Tätigkeit" ausübte. Dadurch hätte sie Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, um das "zwar weitläufigere aber durchaus artverwandte" Stukkateur- und Trockenausbauerhandwerk, eingeschränkt auf den Trockenausbau, ausüben zu können.

Im Berufungsverfahren habe die Beschwerdeführerin die ihr nachweislich zugestellte Anfrage, ob sie bereit sei, sich einer informativen Befragung vor der fachlich zuständigen Landesinnung (allenfalls unter Beiziehung einer fachkundigen Person ihres Vertrauens) zu unterziehen, unbeantwortet gelassen.

Die fachlich zuständige Landesinnung habe in der Stellungnahme vom 12. April 1999 bezüglich der für die Annahme einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung der Beschwerdeführerin im Bereich des Trockenausbaues erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Für sämtliche Bereiche des Trockenausbaues, mit Ausnahme jener, die auch im Rahmen eines freien Gewerbes ausgeübt werden können, fehlen die erforderlichen Kenntnisse. Qualifizierte Arbeiten, wie z.B. die Montage von abgehängten Decken, das Versetzen von Vorsatzschalen, Herstellung von gleitenden Deckenanschlüssen in schall- und brandtechnischer Hinsicht, aber auch die Montage von Sondertrennwänden erfordern Kenntnisse und Fähigkeiten, die nur in einer entsprechenden Lehrausbildung bzw. in einer anschließend ausreichend langen fachlichen Tätigkeit erworben werden können. Die ausreichende Dauer der Tätigkeit wird im gegenständlichen Fall keinesfalls anzunehmen sein".

Nach Hinweis auf diese Stellungnahme der Landesinnung habe die Beschwerdeführerin fünf Zeugen zum Nachweis ihrer bisherigen fachlichen Tätigkeit namhaft gemacht. Drei dieser Zeugen seien in der Folge geladen und befragt worden, auf welche Weise sich die Beschwerdeführerin die in der Stellungnahme der Landesinnung angeführten Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet habe.

Der mit dem Zeugen P aufgenommenen Niederschrift sei Folgendes zu entnehmen:

"Ich kann angeben, dass in dieser Zeit (er habe ca. 2 Monate im freigewerblichen Betrieb der Nachsichtwerberin gearbeitet) Frau R selbst auf der Baustelle mitgearbeitet und die verrichteten Arbeiten mit größter Genauigkeit überprüft hat (Richtlinien und Normen), und bin ich der Meinung, dass sich Frau R sowohl das theoretische und fachliche Wissen sowie die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten angeeignet hat. Da ich selbst die Meisterprüfung abgelegt habe, glaube ich beurteilen zu können, dass Frau R das Stukkateur- und Trockenausbauerhandwerk, eingeschränkt auf den Trockenausbau, jedenfalls beherrscht, und liefern eine Vielzahl von praktischen Arbeiten, die Frau R selbst durchgeführt hat, den Beweis. Ich habe als Subunternehmer für die Firma R Spachtelaufträge durchgeführt, und kann ich angeben, dass die Vorarbeiten von Frau R persönlich und ihren Mitarbeitern normgerecht und zur vollsten Zufriedenheit durchgeführt wurden."

Der Zeuge J habe Folgendes ausgeführt:

"Die Firma P Innenausbau GmbH hat beim Projekt AST-Zentralverwaltung Frau R als Subunternehmer mit einem Teil der Gipskartonarbeiten (Zwischenwände und Decken) beauftragt. Die Arbeiten wurden zur vollsten Zufriedenheit der Firma P bzw. des Auftraggebers durchgeführt. Ich kann Frau R, die selbst bei den Arbeiten mitgewirkt hat, das beste Zeugnis ausstellen. Die Arbeiten und Leistungen wurden entsprechend der Ö-Normen bzw. den Verarbeitungsrichtlinien durchgeführt. Auf Grund meiner mehrjährigen Bauleitertätigkeit kann ich jedenfalls angeben, dass Frau R in der Lage ist Trockenausbauertätigkeiten sach- und fachgemäß auszuführen".

Der Zeuge M habe Folgendes zu Protokoll gegeben:

"In den Jahren 1996 - 1997, als ich als Bauleiter bei der Firma S Trockenausbau beschäftigt war, hatten wir Frau R in zwei Fällen als Subunternehmer mit Trockenbauarbeiten beauftragt. Ich kann bestätigen, dass Frau R persönlich die Arbeiten vor Ort geplant, koordiniert, und auch durchgeführt hat. Die Arbeiten wurden zur vollsten Zufriedenheit der zuständigen Auftraggeber durchgeführt. Es liegen bis dato keine Reklamationen vor. Auch kann ich bestätigen, dass alle Arbeiten gemäß den einschlägigen Ö-Normen und Verarbeitungsrichtlinien der Industrie von Frau R durchgeführt wurden. Frau R verfügt über ein umfangreiches Sach- und Fachwissen, das für die Ausführung von Trockenarbeiten notwendig ist".

Diesen Zeugenaussagen sei nicht zu entnehmen, in wie weit die Beschwerdeführerin tatsächlich einschlägige Arbeiten persönlich durchgeführt habe, die über den Umfang des bisher von ihr ausgeübten freien Gewerbes hinausgingen. Die Zeugen hätten die gestellte Frage, auf welche Weise sich die Beschwerdeführerin die von der Landesinnung angeführten Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet habe, nicht beantwortet. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin über eine hinreichende tatsächliche Befähigung im Gewerbe der Stukkateure und Trockenausbauer, eingeschränkt auf den Trockenausbau, verfüge. Im Übrigen sei die Beschwerdeführerin nicht auf die Ausführungen der fachlich zuständigen Landesinnung betreffend den Umfang der vom angestrebten Tätigkeitsbereich umfassten Arbeiten, welche nach Auffassung der Landesinnung nur durch eine entsprechende Lehrausbildung bzw. durch eine anschließende ausreichend lange fachliche Tätigkeit erworben werden könnten, eingegangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. September 2000, B 1219/00, nach Ablehnung ihrer Behandlung abgetretene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis, sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, zu erteilen, wenn

1. nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtwerbers angenommen werden kann, dass er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen oder

2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtwerbers angenommen werden kann, keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen und

a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist, oder

b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.

Gemäß dem Abs. 3 dieser Bestimmung kann die Nachsicht gemäß Abs. 1 auch mit der Beschränkung auf eine Teiltätigkeit des Gewerbes erteilt werden, wenn die Befähigung lediglich in diesem Umfang gegeben ist.

Im Beschwerdefall geht es allein darum, ob die Beschwerdeführerin die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 erfüllt. Die belangte Behörde hat dies schon auf Grund des Nichtvorliegens einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung - ohne Prüfung ob die weiters zu erfüllenden Nachsichtsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a oder lit. b GewO 1994 vorlägen - verneint.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 2 Einleitungssatz GewO 1994 zunächst festzustellen, welche Leistungen im Rahmen der vom Nachsichtsansuchen betroffenen Teiltätigkeit des Gewerbes in der Regel zu erbringen sind und welche Tätigkeiten beherrscht werden müssen, um solche Leistungen zufrieden stellend zu verrichten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2000, Zl. 2000/04/0109).

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass u.a. die in der Stellungnahme der Landesinnung vom 12. April 1999 genannten Leistungen, "wie z.B. die Montage von abhängenden Decken, das Versetzen von Vorsatzschalen, Herstellung von gleitenden Deckenanschlüssen in schall- und brandtechnischer Hinsicht, aber auch die Montage von Sondertrennwänden", im Rahmen des von der Beschwerdeführerin angestrebten Gewerbes regelmäßig zu erbringen sind und die entsprechenden Tätigkeiten beherrscht werden müssen.

Dies wird in der Beschwerde nicht konkret bekämpft.

Aus den Aussagen der vernommenen Zeugen ergibt sich nicht, dass die Beschwerdeführerin die für diese konkreten Tätigkeiten erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten beherrscht. Die Zeugen haben zwar ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin Trockenausbautätigkeiten sachgerecht und zur Zufriedenheit der Kunden durchgeführt hat, um welche konkreten Tätigkeiten es sich dabei handelte, geht aus den Aussagen jedoch nicht hervor. Lediglich aus der Aussage des Zeugen R ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin "Gipskartonarbeiten (Zwischenwände und Decken)" ausgeführt hat, wobei auch hier eine nähere Konkretisierung fehlt.

Ein allenfalls in der Unterlassung einer diesbezüglich konkreteren Fragestellung gelegener - in der Beschwerde nicht geltend gemachter - Verfahrensmangel kann schon deshalb nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führen, weil die Beschwerdeführerin selbst in der Beschwerde nicht behauptet, ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten für die in der Stellungnahme der Landesinnung konkret angeführten Tätigkeiten zu besitzen. Sie führt nämlich nur aus, dass sie - wenn auch allenfalls ohne entsprechende Berechtigung - Tätigkeiten ausgeübt habe, "die das Handwerk der Stukkateure und Trockenausbauer betreffen", ohne dies näher zu konkretisieren.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass eine hinreichende tatsächliche Befähigung der Beschwerdeführerin im Sinn des Einleitungssatzes von § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO nicht angenommen werden könne, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 9. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000040187.X00

Im RIS seit

17.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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