RS UVS Oberösterreich 1992/04/13 VwSen-420009/9/Gf/Kf

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Veröffentlicht am 13.04.1992
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Verweis auf VwSen-400025 v. 16.7.1991; VwSen-400060 v.19.2.1992 Rechtssatz

Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit,

wenn Anhaltung des Beschwerdeführers bis zur Erlassung eines - noch dazu auf § 57 Abs.1 AVG gestützen - Schubhaftbescheides ohne ersichtlichen Grund über 8 Stunden andauert. Gebot der unverzüglichen Einvernahme.  Ob nachfolgend verhängte Schubhaft rechtmäßig ist, ist für die Frage der Prüfung der Rechtmäßigkeit der ihr vorangehenden Anhaltung ohne Belang. Stattgabe.

 

Die Festnahme des Beschwerdeführers durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes konnte im gegenständlichen Fall zu Recht sowohl auf § 14e FrPG als auch auf § 177 StPO gestützt werden. Denn zum einen war der Beschwerdeführer nicht im Besitz eines gültigen Sichtvermerkes und zum anderen wurde beim Beschwerdeführer ein seit längerer Zeit als verlustig gemeldeter österreichischer Führerschein vorgefunden, für dessen Besitz er keine plausible Erklärung abgeben konnte. Die Organe der Sicherheitswache haben den Beschwerdeführer sodann auch - wie in § 36 Abs.1 erster Satz VStG vorgesehen - unverzüglich der zuständigen Behörde, nämlich der Bundespolizeidirektion Linz, vorgeführt, sodaß deren Vorgehen insgesamt besehen nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet war.

 

Diese Übergabe des Beschwerdeführers an die belangte Behörde erfolgte nach den obigen Sachverhaltsfeststellungen am 14. Jänner 1992 gegen 23.30 Uhr. Warum der Beschwerdeführer jedoch erst um 15.00 Uhr des folgenden Tages von der belangten Behörde einvernommen wurde, konnte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht geklärt werden. Inbesondere blieb die Frage offen, ob etwa die unumgängliche Zuziehung eines Dolmetschers für die spanische Sprache oder die Einvernahme trotz entsprechender Bemühungen der belangten Behörde nicht früher bewerkstelligt werden konnte, weil an diesem Tag noch zuvor zahlreiche andere Festgenommene einzuvernehmen waren. Sowohl § 36 Abs. 1 Satz 3 VStG als auch § 177 Abs. 2 StPO - also jene Bestimmungen, auf die die belangte Behörde im vorliegenden Fall die Anhaltung des Beschwerdeführers im Polizeigefangenenhaus Linz einzig zu stützen vermochte - ordnet jedoch übereinstimmend an, daß ein nach diesen Bestimmungen Festgenommener unverzüglich zu vernehmen ist. Diese Vorschriften sind somit offenkundig verletzt, wenn die Einvernahme des Festgenommenen durch ein Organ der Behörde nicht unmittelbar nach der Übergabe durch die Sicherheitswacheorgane, sondern wie im vorliegenden Fall erst 16 Stunden später erfolgt und weder ein objektiver Grund für diese Verzögerung ersichtlich noch auf der anderen Seite ein Bemühen der Behörde um eine raschestmögliche Einvernahme erkennbar ist. Selbst der Umstand, daß es - wie der bloß als Zeuge einvernommene Beamte der Bundespolizeidirektion Linz darlegte - die Regel sei, daß erst der "Tagdienst" innerhalb der gesetzlichen 24-Stunden-Frist (vgl. § 36 Abs. 1 letzter Satz VStG) solche Einvernahmen (und diese offenbar auch keineswegs unverzüglich) durchführe, vermag das Vorgehen der belangten Behörde sohin nicht zu rechtfertigen.

 

Der Beschwerdeführer wurde daher durch seine Anhaltung vom 14. Jänner 1992, 23.30 Uhr, bis 15. Jänner 1992, 15.00 Uhr, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt; daran ändert auch der Umstand, daß die sich daran anschließende Schubhaft als rechtmäßig erwies (vgl. VwSen- 400066 v. 19.2.1992), nichts, weil im gegenständlichen Verfahren eben kein Umstand hervortrat, der die belangte Behörde gehindert hätte, den Schubhaftbescheid schon zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt zu erlassen. Dies hatte der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 67c Abs. 3 AVG festzustellen.

Schlagworte
Festnahme durch Sicherheitsorgane - Anhaltung durch Behörde; Nichtzuziehung eines Dolmetschers; Überlange Dauer; kein erkennbarer Grund.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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