RS UVS Oberösterreich 1992/05/18 VwSen-200022/2/Gf/Hm

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Veröffentlicht am 18.05.1992
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Verweis auf VfGH v.1.10.1991, B 976/90; VwSen-240023 v. 25.2.1992; VwSen-230032 v.30.3.1992. Rechtssatz

UVS als Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle erachtet sich nicht für befugt, ein - materiell betrachtet - fehlendes, weil in der Begründung des angefochtenen Bescheides keinen erkennbaren Niederschlag findendes erstbehördliches Ermittlungsverfahren zu substituieren, weil dies einem Übergehen der I. Instanz und damit einer Verletzung des Grundrechtes auf den gesetzlichen Richter gleichkäme. Aufhebung.

 

Gemäß § 24 VStG i.V.m. § 58 Abs. 2 und § 60 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird; in der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

Es ist offensichtlich, daß die wiedergegebene Begründung des angefochtenen Bescheides diesen Anforderungen nicht entspricht, im Gegenteil: Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, daß die belangte Behörde die Entscheidung der verfahrensgegenständlichen Rechtsfrage geradezu bewußt vermeiden wollte. Insbesondere ist für den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu der Auffassung gelangt, eine Ermahnung sei geeignet, die Beschwerdeführerin vor weiteren ähnlichen Verwaltungsübertretungen abzuhalten, wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ausdrücklich anführt, daß es "auch in Zukunft eine unabdingbare Notwendigkeit sein (wird), die angeführte Forststraße unentgeltlich zu benützen". Die  belangte Behörde hätte daher als unabdingbare Voraussetzung für einen Schuldspruch die Frage, ob die von der Beschwerdeführerin behauptete Servitut zur Benützung der verfahrensgegenständlichen Forststraße besteht, klären und in ihrer Entscheidung entsprechend begründen müssen.

 

Ein derartiger Verfahrensmangel kann hingegen nicht vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich saniert werden, weil sich dieser im Hinblick auf Art. 6 MRK, wonach er als ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle (vgl. Art. 129 B-VG) über die Stichhaltigkeit der strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat, nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. zuletzt VwSen- 240023 v. 25.2.1992 m.w.N.) von vornherein nicht für befugt erachtet, im Berufungsverfahren gleichsam das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren bzw. die darauf aufbauende Bescheidbegründung bei deren völligem Fehlen zu substituieren. Materiell betrachtet käme dies nämlich einem Übergehen der I. Instanz und damit einer Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter (vgl. zuletzt VfGH v. 1.10.1991, B 976/90) gleich (vgl. zuletzt VwSen-230032 v. 30.3.1992).

 

Aus diesem Grunde war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 51e Abs. 1 VStG aufzuheben; ob und inwieweit die belangte Behörde das Strafverfahren weiterzuführen oder im Hinblick auf eine allenfalls zwischenzeitlich eingetretene Verjährung einzustellen hat, hat diese aus eigenem zu beurteilen.

Schlagworte
Gesetzlicher Richter; fehlendes erstbehördliches Ermittlungsverfahren; Übergehen der ersten Instanz.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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