TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/16 98/09/0152

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.05.2001
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AsylG 1997 §7;
AuslBG §1 Abs2 lita;
AuslBG §15 Abs1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der F in L, vertreten durch Dr. Peter Baumann, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Europaplatz 7, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 22. Jänner 1998, Zl. 5/13115/Nr. 001/98B ABA-Nr. 843038 Mag. Wo/Fei, betreffend Nichtausstellung eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Jänner 1998 wurde der am 18. Dezember 1997 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin, ihr einen Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) auszustellen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage aus, der Beschwerdeführerin sei - wie sie in ihrer Berufung vorgebracht habe - mit einem am 14. August 1996 in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bundesministers für Inneres die ihr am 17. Jänner 1992 zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkannt worden. Am 15. Dezember 1997 sei die Beschwerdeführerin von der Bundespolizeidirektion Linz aufgefordert worden, ihren Konventionspass und den Ausweis über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zurückzugeben. Vor Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft habe die Beschwerdeführerin am 12. August 1996 eine Beschäftigung angenommen, die bis 20. September 1996 gedauert habe und gemäß § 3 Abs. 7 AuslBG als erlaubte Beschäftigung anzurechnen sei. Am 14. Oktober 1996 sei die Beschwerdeführerin wieder ein Arbeitsverhältnis eingegangen; bis zur Antragstellung am 18. Dezember 1997 habe sie zweimal den Dienstgeber gewechselt. Die nach dem 20. September 1996 eingegangenen Beschäftigungen seien für den beantragten Befreiungsschein nicht als erlaubte Beschäftigungszeiten anrechenbar, weil für diese Beschäftigungen keine Beschäftigungsbewilligungen nach dem AuslBG erteilt worden seien und für die Beschwerdeführerin auch weder eine Arbeitserlaubnis noch ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Dass sie bis 15. Dezember 1997 im Besitz des Konventionspasses gewesen sei, könne daran nichts ändern, dass die Beschwerdeführerin ab rechtskräftiger Aberkennung ihrer Flüchtlingseigenschaft die einem anerkannten Flüchtling zustehenden Rechte nicht mehr habe beanspruchen dürfen. Als erlaubte Beschäftigungszeiten seien insgesamt 1655 Tage (nämlich von 22. Juni 1991 bis 8. April 1992 262 Tage und von 14. September 1992 bis 20. September 1996 1393 Tage) anrechenbar. Da die Beschwerdeführerin somit das Erfordernis einer Beschäftigungsdauer von fünf Jahren (1827 Tage) nicht erreicht habe, seien die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Ausstellung des beantragten Befreiungsscheines nach dem AuslBG verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG ist einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer während der letzten acht Jahre mindestens fünf Jahre im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2001, Zl. 99/09/0129, und die darin angegebene hg. Judikatur) dargelegt hat, kann nur eine behördlich genehmigte oder sonst rechtmäßige (etwa bewilligungsfreie) Beschäftigung die Grundlage für die Erteilung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG sein.

§ 1 AuslBG regelt den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes, nämlich die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

Nach dem Abs. 2 leg. cit. sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht anzuwenden auf

a) Flüchtlinge im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955, in Verbindung mit dem Protokoll BGBl. Nr. 78/1974, die entweder zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind oder die mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sind, es sei denn, dass sie den Ehegatten verlassen haben oder die ein Kind haben, das österreichischer Staatsbürger ist.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführerin mit 14. August 1996 die ihr bescheidmäßig zuerkannte Flüchtlingseigenschaft rechtskräftig aberkannt worden sei.

Die Beschwerdeführerin meint in ihrer Beschwerde, das "Datum des Eintritts der Rechtskraft des Bescheides des Bundesministers für Inneres" sei nicht ausreichend geprüft worden, das Datum 14. August 1996 sei "faktisch nicht möglich".

Mit diesen am festgestellten Zeitpunkt der Rechtskraft des Aberkennungsbescheides geäußerten Zweifel vermag die Beschwerdeführerin keine objektive Unrichtigkeit dieser behördlichen Feststellung nachzuweisen. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof unter anderem vorgebracht, der Aberkennungsbescheid des Bundesministers für Inneres sei mit 7. August 1996 datiert gewesen. In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Arbeitsmartservice Linz brachte sie unter anderem ausdrücklich vor, der Aberkennungsbescheid des Bundesministers für Inneres sei am 14. August 1996 in Rechtskraft erwachsen. Des weiteren ergibt sich aus der Niederschrift der Bundespolizeidirektion Linz vom 15. Dezember 1997 (betreffend die Rückgabe des Konventionspasses) folgendes: Der Beschwerdeführerin "wird zur Kenntnis gebracht, dass mir mit Bescheid des Bundesministerium für Inneres Zl. 4.270.389/7-III/13/96 am 14.8.1996 rechtswirksam die Flüchtlingseigenschaft aberkannt worden ist sowie meinen drei Kindern. Bei der heutigen telef. Anfrage beim VwGH wurde keine Beschwerde gegen die negativen Bescheide eingebracht."

Die belangte Behörde ist somit nicht auf rechtswidrige Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführerin die Flüchtlingseigenschaft mit 14. August 1996 rechtskräftig aberkannt worden ist.

Die Beschwerdeführerin behauptet auch gar nicht, dass die ihr bescheidmäßig zuerkannte Flüchtlingseigenschaft nach dem 14. August 1996 dem Rechtsbestand angehört habe, sondern sie meint, sie sei bis 15. Dezember 1997 berechtigt gewesen, "den in ihrer Gewahrsam befindlichen Konventionspass zu führen". Aus diesem Grund habe sie darauf vertrauen können, dass sie "weiterhin den Asylstatus hatte und daher einer rechtmäßigen Beschäftigung nachgehen konnte".

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin allerdings nicht auf, dass sie ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen bescheidmäßigen Aberkennung der ihr zuerkannten Flüchtlingseigenschaft (weiter) vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen war und rechtmäßig (bewilligungsfrei) beschäftigt werden durfte, setzt der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG doch voraus, dass der betreffende Ausländer tatsächlich Konventionsflüchtling ist. Dass die Beschwerdeführerin sich selbst oder ihre Arbeitgeber sie auf Grund ihres Flüchtlingspasses weiterhin als Flüchtling angesehen haben, konnte die allein maßgebende objektive Rechtslage nicht ändern. Fehlendes Verschulden an der Übertretung der Bewilligungspflicht oder guter Glaube an der Rechtmäßigkeit einer Beschäftigung nach dem AuslBG können weder die Bewertung der Beschäftigungszeiten als objektiv unrechtmäßig hindern, noch zu einem gutgläubigen Erwerb von anrechenbaren Beschäftigungszeiten führen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0187). Dass für die nach dem 20. September 1996 zurückgelegten Beschäftigungszeiten eine behördliche Genehmigung vorgelegen sei, behauptet die Beschwerdeführerin nicht.

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die im Zeitraum 21. September 1996 bis 15. Dezember 1997 zurückgelegten Beschäftigungszeiten als für die Ausstellung des beantragten Befreiungsscheines nicht anrechenbar beurteilte.

Bei diesem Ergebnis braucht nicht beurteilt zu werden, ob der Zeitraum 9. April 1992 bis 13. September 1992 (insgesamt 158 Tage) als Beschäftigungszeit hätte angerechnet werden müssen oder nicht, weil die Beschwerdeführerin selbst bei Berücksichtigung dieses Zeitraumes die insgesamt erforderliche Beschäftigungszeit von fünf Jahren nicht erreichen würde. Ein weiteres Eingehen auf die zur Anrechnung des genannten Zeitraumes erstatteten Ausführungen der Beschwerde ist daher entbehrlich.

Die Beschwerde war somit aus den dargelegten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Abhaltung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass von der mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG). Dem steht auch nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegen, weil mit verwaltungsrechtlichen Eingriffen in das Recht, Ausländer zu beschäftigen bzw. die Ausstellung eines Befreiungsscheines zu erlangen, "civil rights" nicht verletzt würden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1997, Zl. 95/09/0326, und die darin angegebene weitere Judikatur sowie das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1999, Zl. 97/09/0333).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998090152.X00

Im RIS seit

31.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten