TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/17 97/07/0224

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Veröffentlicht am 17.05.2001
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Index

L66207 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §52;
AVG §53;
AVG §66 Abs4;
AVG §7 Abs1;
ForstG 1975;
GSGG §2 Abs1 Z1;
GSLG Tir §2 Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Beck und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der MH in S, vertreten durch Univ.Doz. Dr. S, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 6. November 1997, Zl. LAS - 84/12-87, betreffend Bringungsrecht (mitbeteiligte Partei: MF in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin mehrerer land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke auf einem steilen, nordexponierten Hangrücken im Nahbereich einer Bundesstraße. Während die Grundstücke der Beschwerdeführerin mit der Bezeichnung 1331/4 und 1335 unmittelbar an die Bundesstraße angrenzen, sind das an das Grundstück 1331/4 westlich anschließende Grundstück 1331/3 der Beschwerdeführerin und das daran westlich angrenzende und nördlich der überwiegenden Fläche dieses Grundstückes gelegene Grundstück 1331/1 der Beschwerdeführerin von der Bundesstraße durch fremden Grundbesitz, nämlich u.a. auch durch das Grundstück 1330 der mitbeteiligten Partei des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP) getrennt. Beim Grundstück 1330 der MP handelt es sich um einen Baugrund, in dessen westlichem Bereich ein Haus mit einem Anbau errichtet ist, während sich weiter östlich eine Garage befindet. Das Grundstück der MP ist eben, während das südlich daran anschließende Grundstück der Beschwerdeführerin 1331/1 unmittelbar nach der Grundgrenze ansteigt. Südlich des Grundstückes der Beschwerdeführerin 1331/1 liegen ihre Hanggrundstücke 1331/3 und 1331/2. Dem Haus der MP schräg gegenüber auf der anderen Seite der Bundesstraße befindet sich das Haus der Beschwerdeführerin.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Juni 1939 wurde dem jeweiligen Eigentümer des Grundstückes 1331 (gehört nunmehr der Beschwerdeführerin) zu Lasten der jeweiligen Eigentümer verschiedener Grundstücke, u.a. auch jenes der nunmehrigen MP, unentgeltlich und entschädigungslos die Dienstbarkeit des Fahrweges zum Transport des auf dem nördlichen Teil des Grundstückes 1331 gewonnenen Heus unter verschiedenen Bedingungen auf der Basis eines erzielten Übereinkommens eingeräumt. Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (AB) vom 22. Juni 1978 wurde festgestellt, dass die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Juni 1939 eingeräumten Bringungsrechte nunmehr auf der auf näher genannten Grundparzellen, u.a. auch jener der MP, verlaufenden Trasse bestünden, die auf einem zum integrierten Bestandteil dieses Bescheides gemachten Lageplan eingezeichnet sei. Diese Trasse verläuft unmittelbar an der Grenze der nördlich des Grundstückes 1331/1 gelegenen Grundstücke zum Grundstück 1331/1 der Beschwerdeführerin von Westen nach Osten, biegt nach Erreichen des Grundstückes 1330 der MP rechtwinkelig nach Norden ab und führt entlang der Grenze des Grundstückes 1330 der MP zu ihrem westlichen Nachbarn direkt zur Bundesstraße. Wie den Verwaltungsakten entnommen werden kann, hatte die Beschwerdeführerin schon im Zuge eines damals gegen diesen Bescheid anhängig gewesenen Berufungsverfahrens erfolglos den Wunsch geäußert, am Haus der MP nicht westlich, sondern östlich vorbeifahrend die Bundesstraße zu erreichen.

Im Jahre 1985 trat die Beschwerdeführerin an die Agrarbehörde mit dem Begehren auf Einräumung eines Bringungsrechtes mit einem Vorbringen heran, mit welchem die Erforderlichkeit geltend gemacht wurde, ausgehend von der bisherigen Bringungstrasse südlich am Haus der MP vorbeizufahren und östlich des Hauses, somit zwischen Haus und Garage zur Bundesstraße zuzufahren.

Mit Bescheid der AB vom 9. Dezember 1986 wurde dieser Antrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung abgewiesen, sie habe im Verfahren behauptet, die begehrte Fahrtmöglichkeit ohnehin ersessen zu haben, was von den Gerichten geprüft werden müsse. Mit einem weiteren Bescheid gleichen Datums stellte die AB über Antrag des Rechtsvorgängers der MP fest, dass die Benützung des Grundstückes 1330 der MP außerhalb der mit Bescheid der AB vom 22. Juni 1978 festgelegten Bringungstrasse vom Umfang des mit diesem Bescheid der Beschwerdeführerin eingeräumten Bringungsrechtes nicht umfasst sei. Eine gegen diese Bescheide von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 1987 als unbegründet abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 4. Juli 1989 beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich die Einräumung eines Bringungsrechtes über das Grundstück der MP 1330 zu Gunsten ihrer Grundstücke 1331/1, 1331/2, 1331/3, 1331/4, 1331/5, 1335 und 1318 mit dem Vorbringen, ein Ersitzungsprozess sei zum Nachteil der Beschwerdeführerin rechtskräftig entschieden worden, welche sich damit für die von ihr gewünschte Fahrtmöglichkeit auf Ersitzung nicht mehr berufen könne. Speziell im Bereich der Parzellen 1331/1 und 1331/3, welche sich südlich bzw. westlich des Anwesens der MP befinden, habe sich erhöhter Schadholzanfall ergeben, welcher ohne Berührung des Grundstückes der MP nicht beseitigt werden könne. Das Queren des Grundstückes der MP werde der Beschwerdeführerin anders als zu Zeiten früherer Eigentümer dieses Grundstückes nicht mehr gestattet. Die Beschwerdeführerin könne auch zufolge ihres Lebensalters mit der ihr eingeräumten Bringungstrasse das Auslangen nicht mehr finden. Mit dieser Trasse könnten die Grundparzellen 1331/1 und 1331/3 nicht ausreichend bewirtschaftet werden, was mit der Hanglage der Grundstücke begründet wurde. Auch das Wenden eines Traktors, welches auf der Bundesstraße nicht zumutbar sei, erfordere eine Änderung des eingeräumten Bringungsrechtes.

Über Aufforderung durch die AB legte die Beschwerdeführerin ein von einem Ziviltechniker ausgearbeitetes Projekt vor, welches im Wesentlichen eine Verbreiterung und Verschiebung der westlich des Grundstückes der MP verlaufenden Bringungsrechtstrasse weiter ins Innere der belasteten Grundstücke, eine Verlängerung der solcherart verschobenen Trasse stichwegartig in das Grundstück der MP südlich deren Hauses und eine Verbreiterung des westlich des Hauses der MP zur Bundesstraße führenden Trassenteiles einschließlich trichterförmiger Verbreiterungen sowohl im Einfahrtsbereich zur Bundesstraße als auch im Kreuzungsbereich zur südlich des Hauses der MP vorgesehenen stichwegartigen Verlängerung der Trasse zum Gegenstand hat.

Nachdem der Rechtsvorgänger der MP sich gegen die begehrte Bringungsrechtseinräumung ausgesprochen hatte, zog die AB einen Amtsachverständigen aus dem Bereich der örtlich zuständigen Bezirksforstinspektion bei, welcher in einem am 13. Dezember 1990 erstatteten Gutachten im Wesentlichen Folgendes ausführte:

Die Holzbringung von den betroffenen Flächen könne auf Grund der gegebenen Geländeverhältnisse derzeit vom südlichen und oberen Teil der Liegenschaft (Teilflächen der Grundstücke 1331/3 und 1331/2) über die Grundstücke 1331/4 und 1335 der Beschwerdeführerin und vom nördlichen und oberen Teil der Liegenschaft (Teile der Grundstücke 1331/3, 1331/2 und 1331/1) über den bestehenden Bringungsweg auf den Grundstücken 1328, 1329 und 1330 zur Bundesstraße erfolgen. Direkt oberhalb der Liegenschaft der MP müsste derzeit nur das Holz aus einer Teilfläche im Ausmaß von ca. 3.000 m2 zweckmäßigerweise gebracht werden. Auf dieser Flächen stockten auf mittelwüchsigen Braunerdeböden Fichten-Lärchenbestände der 6. Ertragsklasse mit Baumartenanteilen von 0,7 Fichte und 0,3 Lärche, einem Bestockungsgrad von 0,7, einem mittleren Alter von 90 Jahren und einem Holzvorrat von ca. 80 Vorratsfestmetern. Der nachhaltige Nutzungssatz für diese Teilfläche liege unter Berücksichtigung eines Ernteverlustes von 25 % bei ca. 1 Erntefestmeter pro Jahr. Zur zweckmäßigen Bringung dieses Holzes von dieser Fläche bis zur Bundesstraße müsste das Grundstück 1330 der MP benützt werden. Die Bringung müsste üblicherweise in der Form erfolgen, dass das Holz bis zum Grundstück 1330 händisch gerückt und auch händisch bzw. bei großen Blochen mittels einer Traktorwinde am Boden über das Grundstück 1330 gezogen werden. Die Errichtung einer eigenen Bringungsanlage wie im verfahrensgegenständlichen Projekt vorgeschlagen sei für die Holzbringung in diesem Bereich überhaupt nicht notwendig und in der vorgeschlagenen Form sogar unzweckmäßig, da nur ein Viertel bis ein Drittel der Fläche vom vorgeschlagenen Weg unterfangen würde. Zur Bringung des Holzes über die Parzelle 1330 der MP wäre die Einräumung eines forstlichen Bringungsrechtes nach § 66 Forstgesetz 1975 ausreichend. Wenn eine wegmäßige Erschließung der betroffenen Liegenschaft gewünscht werde, wäre dies ausgehend vom bestehenden Bringungsweg über die Grundparzelle 1330 am Hangfuß auf der Grundparzelle 1331/1 geländemäßig möglich. Die Anlage eines derartigen traktor- bzw. schlepperbefahrbaren Bringungsweges würde im Übrigen mit Sicherheit wesentlich weniger kosten als das vorgelegte Projekt. Zusammenfassend werde festgestellt, dass für die in dem Gutachten beigeschlossenen Lageplan eingezeichnete Teilfläche der Grundstücke 1331/1, 1331/2 und 1331/3 im Ausmaß von ca. 3.000 m2 keine bzw. nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit bestehe. Dieser Bringungsnotstand sei zweckmäßigerweise aber nicht durch ein Bringungsrecht im Sinne des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes zu beseitigen, sondern durch ein Bringungsrecht im Sinne von § 66 Forstgesetz oder allenfalls durch Anlage eines Rückeweges auf dem Grundstück 1331/1 der Beschwerdeführerin.

Mit Bescheid vom 2. September 1991 wies die AB den Antrag der Beschwerdeführerin auf Einräumung eines Bringungsrechtes mit dem Recht zur Errichtung eines Güterweges entsprechend dem vorgelegten Projekt mit der Begründung ab, ein Bringungsnotstand, welcher nur durch die Einräumung eines Bringungsrechtes mit dem Recht zur Errichtung des im Projekt vorgestellten Güterweges beseitigt werden könne, liege nicht vor. Auf der Basis des Gutachtens des Amtssachverständigen sei die Holzbringung auch auf Eigengrund der Beschwerdeführerin möglich, wobei der Amtssachverständige die als Möglichkeit der Bringung vorgeschlagene Anlegung eines Bringungsweges am Hangfuß auf dem Grundstück 1331/1 der Beschwerdeführerin sogar als wesentlich kostengünstiger bezeichnet habe als die Verwirklichung des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Projektes. Abgesehen davon, dass der Bringungsnotstand durch einen Weg über eigenen Grund der Beschwerdeführerin beseitigt werden könne, sei es der AB nicht möglich gewesen, über ein Bringungsrecht durch Ziehen von Holz über die Grundparzelle 1330 der MP abzusprechen, weil die Beschwerdeführerin die Einräumung eines Bringungsrechtes ausdrücklich im Sinne des vorgelegten Projektes begehrt habe.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung rügte die Beschwerdeführerin das von der AB eingeholte Amtssachverständigengutachten als widersprüchlich, bestritt die vom Amtssachverständigen in den Raum gestellte Möglichkeit der Errichtung eines Weges am Hangfuß des Grundstückes 1331/1 der Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, dass es für die Annahme einer Möglichkeit der Errichtung eines solchen Weges und der im Vergleich zum vorgeschlagenen Projekt kostengünstigeren Herstellung eines solchen Weges an nachvollziehbaren Ermittlungsergebnissen mangle, und verwies darauf, dass das vorgelegte Projekt ohnehin nur das Allernotwendigste verlange, indem es sich mit der ehemals bestandenen Servitut decke. Ob nun eine Bringungsnotstand für die Grundstücke der Beschwerdeführerin bestehe oder nicht, werde im Bescheid der AB widersprüchlich beantwortet.

Die Beschwerdeführerin hatte die Einräumung eines forstlichen Bringungsrechtes auch bei der Forstbehörde beantragt. Diesem Antrag war von der Forstbehörde erster Instanz stattgegeben, von der Forstbehörde zweiter Instanz war er aber abgewiesen worden, wogegen die Beschwerdeführerin eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hatte. Nach dem Vorliegen des über diese Beschwerde ergangenen hg. Erkenntnisses vom 29. Jänner 1996, 92/10/0161, mit welchem der den Antrag der Beschwerdeführerin abweisende Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden war, übermittelte die Forstbehörde der belangten Behörde ein Schreiben der Bezirksforstinspektion vom 13. Mai 1997, in welchem Folgendes berichtet wird:

Im Wald der Grundparzelle 1331/3 der Beschwerdeführerin sei im vergangenen Winter Schadholz angefallen und es hätten auch einzelne auf einem Felsen stehende Bäume möglicherweise die Bundesstraße gefährdet. Es sei deshalb am 16. April 1997 durch den Leiter der Bezirksforstinspektion eine Holzauszeige im Einvernehmen mit der Beschwerdeführerin durchgeführt worden, bei welcher das Schadholz, einzelne hiebsreife Bäume und die wegen der Gefährdung der Bundesstraße zu entfernenden Bäume ausgezeigt worden seien. Auf Grund der Vermittlung durch die Bezirksforstinspektion habe die MP zugestimmt, dass das ausgezeigte Holz sowie das oberhalb ihres Grundstückes liegende Schadholz über ihre Grundparzelle bis 30. Juni 1997 gebracht werden dürfe. Damit sei für die Beschwerdeführerin die Bringung ihres Holzes aus dem oberhalb des Grundstückes der MP liegenden Grundstück möglich, weshalb kein forstlicher Bringungsnotstand mehr bestehe.

Die belangte Behörde setzte die Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters hievon mit der Frage in Kenntnis, ob die Berufung aufrecht erhalten werde. Diese Frage wurde vom Rechtsvertreter mit dem Vorbringen bejaht, dass die MP nur einmalig und dies über Intervention der Bezirksforstbehörde das Wegbringen von Schadholz erlaubt, ihr aber mittels Anwaltsbriefes das Gehen über ihre Grundparzelle ebenso verboten habe wie den Transport von Ästen und Heumaterial. Der Bringungsnotstand sei demnach unverändert aufrecht.

Die belangte Behörde führte am 27. August 1997 eine Verhandlung an Ort und Stelle durch, in deren Verlauf die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf die Bringung aus der im Gutachten des Amtssachverständigen der Erstbehörde angeführten Fläche von 3.000 m2 einschränkte und vorbrachte, dass im Mai 1997 aus diesem Bereich Holz geschlägert und gebracht worden sei. Der von der AB seinerzeit beigezogene Amtssachverständige nahm an der Verhandlung der belangten Behörde teil und äußerte, dass die zweckmäßige Bewirtschaftung der betroffenen Grundfläche unter Inanspruchnahme des Bringungsrechtes aus dem Jahr 1978 ebenso möglich sei wie bei Einräumung des nunmehr begehrten Bringungsrechtes. Das zu erntende Holz müsste in beiden Fällen an die Grenze des Grundstückes 1330 der MP händisch und in der Folge mittels Kran auf die Bringungstrasse gebracht werden, wobei es keinen Unterschied mache, ob ein Kran oder die zur Bringung notwendige Maschine an der Westgrenze des Grundstückes 1330 auf der bestehenden Bringungstrasse oder auf der beantragten Trasse auf Grundstück 1330 stehe. Die hiebei entstehenden Mehrkosten lägen im vernachlässigbaren Bereich (ca. S 5,-- bis S 10,-- pro Festmeter). Die beantragte Bringungstrasse würde auf Baugebiet zu liegen kommen. Derzeit lägen auf der antragsgegenständlichen Fläche Restholz und Äste, welche unter erheblichem Aufwand über eigenen Grund händisch gebracht werden könnten. Wirtschaftlich sei die Bringung dieses Restholzes in keiner Weise kostendeckend.

In der fortgesetzten Verhandlung vor der belangten Behörde am 6. November 1997 wurden die Parteien von der nachträglichen telefonischen Äußerung des Amtssachverständigen der AB des Inhalts in Kenntnis gesetzt, nach welcher es für eine zweckmäßige Bewirtschaftung der betroffenen Fläche keinesfalls sinnvoll sei, jedes Jahr den Zuwachs von 1 efm zu schlagen und zu bringen, und dass wirtschaftlich sinnvoll vielmehr eine aussetzende Bewirtschaftung mit einer Bringung etwa alle 15 Jahre sei, welche Einschätzung von dem in forstlichen Angelegenheiten erfahrenen Mitglied der belangten Behörde bestätigt wurde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der AB vom 2. September 1991 als unbegründet ab. In der Begründung des Bescheides wird nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, dass aus der betroffenen Waldfläche im Mai 1997 das anstehende Schadholz geschlagen und über die Grundparzelle der MP zur Bundesstraße gebracht worden sei, weshalb ein diesbezüglicher Bringungsnotstand nicht bestehe. Auch Ernteholz sei zu diesem Zeitpunkt ausgezeigt und gebracht worden. Der nachhaltige Nutzungssatz für die betroffene Teilfläche liege bei ca. 1 efm pro Jahr, wobei dem Forstakt entnommen werden könne, dass der erntekostenfreie Holzerlös S 700,-- pro Erntefestmeter betrage. Für eine zweckmäßige Bewirtschaftung des betroffenen Waldes sei es keineswegs erforderlich, dass jedes Jahr der zugewachsene Holzanteil abgeführt werde. Zweckmäßig sei vielmehr eine aussetzende Bewirtschaftung, mit welcher ein wirtschaftlich sinnvoller Zuwachs abzuwarten und in einem zu bringen sei. Auch für eine solche Bewirtschaftung wären damit lediglich periodisch wiederkehrende einmalige Bringungsvorgänge zu tätigen, ohne dass damit ein permanent vorliegender Bringungsnotstand gegeben sei, welcher die zweckmäßige Bewirtschaftung der Not leidenden Fläche erheblich beeinträchtigte. Selbst wenn man einen solchen Bringungsnotstand hinsichtlich des Ernteholzes unterstellen würde, wäre auf die Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. a des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1970 zu verweisen, nach welcher Art, Inhalt und Umfang eines Bringungsrechtes so festzusetzen sind, dass die durch die Einräumung und Ausübung eines Bringungsrechtes erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen. Schon diese Bestimmung zeige, dass die Einräumung des von der Beschwerdeführerin begehrten Bringungsrechtes den gesetzlichen Vorgaben nicht entspreche. Der Nachteil einer Belastung einer als Baugrund ausgewiesenen Fläche mit einer zusätzlichen Bringungstrasse im projektierten Ausmaß wiege ungleich schwerer als der Vorteil, der sich der dem Antrag zu Grunde liegenden Fläche durch die Bringung von 1 efm Holz (pro Jahr) bei einem festgestellten erntekostenfreien Holzerlös von maximal S 700,-- pro Erntefestmeter biete. Auf der Grundlage des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes sei die Einräumung des begehrten Bringungsrechtes damit nicht möglich. Es liege kein gesetzlicher Bringungsnotstand vor, zumal die auf der Liegenschaft nach der Schadholzbringung noch vorhandenen Restholzbestände und Äste über eigenen Grund händisch gebracht werden könnten. Ein Rechtseinräumung über das Grundstück 1330 der MP sei mit den gesetzlichen Vorgaben des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes nicht vereinbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Einräumung eines Bringungsrechtes zur Bringung von Schad- und Ernteholz aus Teilbereichen ihrer Grundparzellen 1331/1 bis 1331/3 über die Grundparzelle 1330 der MP als verletzt zu erachten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Den gleichen Antrag hat die MP in ihrer Gegenschrift gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ein Bringungsrecht im Sinne des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes (GSLG 1970), LGBl. Nr. 40/1970, ist nach § 1 dieses Gesetzes das zu Gunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen.

Ein solches Recht ist nach § 2 Abs. 1 GSLG 1970 auf Antrag des Eigentümers eines Grundstückes einzuräumen, wenn

a) die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich

beeinträchtigt wird, dass für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht und

b) dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht beseitigt oder gemildert werden kann, das den in § 3 Abs. 1 aufgestellten Erfordernissen entspricht und öffentliche Interessen nicht verletzt.

Die in § 2 Abs. 1 lit. b GSLG 1970 angesprochene Vorschrift des § 3 Abs. 1 leg. cit. bestimmt, dass Art, Inhalt und Umfang eines Bringungsrechtes so festzusetzen sind, dass

a) die durch die Einräumung und Ausübung eines Bringungsrechtes erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen;

b)

weder Menschen noch Sachen gefährdet werden;

c)

fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszweckes in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen wird und

              d)              möglichst geringe Kosten verursacht werden.

Die belangte Behörde ist im Instanzenzug zur Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin mit der Begründung gelangt, (auch) jene Waldfläche, auf welcher die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Einräumung eines Bringungsrechtes vor der belangten Behörde eingeschränkt hatte, erfordere für deren zweckmäßige Bewirtschaftung die Einräumung eines (weiteren, über das ohnehin mit den behördlichen Entscheidungen aus 1939 und 1978 eingeräumte Recht hinausgehenden) Bringungsrechtes nicht. Den tragenden Grund der angefochtenen Entscheidung bildet die Verneinung des Vorliegens eines in § 2 Abs. 1 lit. a GSLG 1970 beschriebenen Bringungsnotstandes. Der Beschwerde gelingt es nicht, eine dieser behördlichen Beurteilung anhaftende Rechtswidrigkeit erfolgreich aufzuzeigen.

Dass nach der mit Zustimmung der MP über ihr Grundstück vorgenommenen Entsorgung des bis dahin angefallenen Holzes aus dem Waldstück oberhalb des Grundstückes der MP wirtschaftlich sinnvoll zu bringende Holzreste nicht mehr vorhanden sind, ist eine im Verfahren fachkundig getroffene Feststellung, welcher die Beschwerdeführerin ebenso wenig entgegenzutreten vermag, wie es ihr auch nicht gelingt, die auf fachkundiger Basis beruhende Beurteilung der belangten Behörde als unschlüssig erscheinen zu lassen, nach welcher eine Ernteholzbringung aus dem betroffenen Waldteil nur im zeitlichen Abstand mehrerer Jahre wirtschaftlich sinnvoll ist. Dass ein jeweils erst nach vielen Jahren (der Amtsachverständige nannte einen Zeitraum von 15 Jahren) wirtschaftlich vernünftig zu bejahender Bedarf nach einem jeweils einmaligen Bringungsvorgang auch mit Rücksicht auf die in dieser Richtung Abhilfe bietenden Bestimmungen des Forstrechtes für sich allein nicht geeignet sein kann, die zweckmäßige Bewirtschaftung des betroffenen Waldgrundstückes wegen des Fehlens einer ständig vorhandenen Bringungsmöglichkeit als erheblich beeinträchtigt im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a GSLG 1970 erscheinen zu lassen, liegt auf der Hand. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, zur Holzentnahme aus dem betroffenen Waldstück jederzeit nach Gutdünken berechtigt zu sein, ist ihr zu erwidern, dass der mit der Einräumung eines Bringungsrechtes verknüpfte Eingriff in fremdes Eigentum gesetzlich an das Vorliegen von Voraussetzungen geknüpft ist, die mit einer solchen Beliebigkeit eines Willensentschlusses zur Holzentnahme nicht einhergehen. Nach § 2 Abs. 1 lit. a GSLG 1970 ist ein solcher Eigentumseingriff im öffentlichen Interesse an der Erhaltung einer leistungsfähigen Land- und Forstwirtschaft nämlich nur dann gerechtfertigt, wenn die objektiv als zweckmäßig anzusehende Bewirtschaftung erheblich beeinträchtigt ist.

Diese Voraussetzung hat die belangte Behörde im Beschwerdefall frei von Rechtsirrtum verneint. Es hat die belangte Behörde auch ihr zu dieser Beurteilung führendes Verfahren nicht mit relevanten Mängeln behaftet:

Dass es unzulässig gewesen sein sollte, den im erstinstanzlichen Verfahren tätig gewesenen Amtssachverständigen auch im Berufungsverfahren beizuziehen, ist eine von der Beschwerdeführerin vorgetragene Rechtsauffassung, die im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht (siehe die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 26 zu § 53 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Im Beschwerdefall kommt hinzu, dass das in forstlichen Angelegenheiten erfahrene Mitglied der belangten Behörde der vom betroffenen Amtssachverständigen geäußerten Beurteilung in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde ausdrücklich beigetreten ist. Es liegt auch der von der Beschwerdeführerin gesehene Widerspruch in den fachkundigen Äußerungen des betroffenen Amtssachverständigen der ersten Instanz zu seiner im Berufungsverfahren erstatteten Stellungnahme nicht in der von der Beschwerdeführerin gesehenen Weise vor. Es hat der forstliche Amtssachverständige in seiner Äußerung vom 13. Dezember 1990 vielmehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Zweckmäßigkeit einer Bringung des damals vorhanden gewesenen Schadholzes auf dem Waldstück oberhalb des Grundstückes der MP unter Benutzung des Grundstückes der MP die Voraussetzungen für die Einräumung eines Bringungsrechtes nach § 2 GSLG 1970 aus fachlicher Beurteilung nicht erfülle, sondern seiner Einschätzung nach nur einen nach § 66 Forstgesetz 1975 zu beurteilenden Sachverhalt darstelle. Von dieser Beurteilung ist der Amtssachverständige auch im Berufungsverfahren inhaltlich nicht abgewichen. Dass eine Holzbringung zudem auch über Eigengrund der Beschwerdeführerin möglich wäre, hat der Amtssachverständige auch im erstinstanzlichen Verfahren schon bekundet. Die von der Beschwerdeführerin gegebenenfalls mit Recht gerügte unzureichende Fundierung der sachverständigen Beurteilung über die Möglichkeit der Holzbringung über Eigengrund der Beschwerdeführerin fällt im Beschwerdefall deswegen nicht ins Gewicht, weil sich die Bringungsfrage auf der Basis einer zweckentsprechenden Bewirtschaftung des betroffenen Waldstückes nur in solchen Zeiträumen stellt, die nach der zu billigenden Rechtsauffassung der belangten Behörde im Beschwerdefall der Einräumung eines Bringungsrechtes nach § 2 GSLG 1970 von vornherein entgegenstehen. Die im Beschwerdefall vorliegende Sachverhaltskonstellation bot angesichts der weitest gehenden Anbindung der zusammenhängenden Besitzkomplexe der Beschwerdeführerin unmittelbar an die Bundesstraße einerseits und durch das ihr ohnehin eingeräumte Bringungsrecht andererseits keine Veranlassung, das offen zu Tage liegende Fehlen einer Berechtigung des Beharrens der Beschwerdeführerin auf der von ihr gewünschten Form der Zufahrt zur Bundesstraße angesichts des Fehlens eines relevanten Bringungsbedarfes selbst auf dem in Betracht kommenden Waldteil noch näher zu untermauern. Dass die näheren technischen Voraussetzungen einer Holzbringung vom betroffenen Waldstück über Eigengrund der Beschwerdeführerin nicht untersucht wurden, begründete damit keinen relevanten Verfahrensmangel. Angesichts der Einschränkung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Grundstücksteile, von welchen ein die Einräumung eines Bringungsrechtes nach § 2 GSLG 1970 rechtfertigender relevanter Bringungsbedarf nicht zu erwarten war, bedurfte es auch keiner Befassung mehr mit dem von der Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren vor Antragseinschränkung vorgetragenen Argument einer Erforderlichkeit der Bringungsrechtsausweitung zum Zwecke des Wendens ihres Traktors, zumal die Beschwerdeführerin auf dieses im verfahrenseinleitenden Antrag erwähnte Argument im Berufungsverfahren entgegen ihrer in der Beschwerde gegebenen Darstellung nicht mehr zurückgekommen war.

Die Beschwerde erwies sich damit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren der MP war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand schon enthalten ist.

Wien, am 17. Mai 2001

Schlagworte

Befangenheit von Sachverständigen Sachverständiger Bestellung Auswahl Enthebung (Befangenheit siehe AVG §7 bzw AVG §53) Verhältnis zu anderen Materien und Normen Befangenheit (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1997070224.X00

Im RIS seit

22.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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