TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/17 98/16/0394

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Veröffentlicht am 17.05.2001
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Index

L66504 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Oberösterreich;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AgrVG §15 idF 1993/901;
AgrVG §15;
FlVfLG OÖ 1979 §1;
FlVfLG OÖ 1979 §28;
GGG 1984 TP9 litb Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des F und der C in H, beide vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Museumstraße 9, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Steyr vom 6. November 1998, Zl. Jv 1179-33/98, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 5. und 14. März 1997 verkaufte F. H. aus seiner Liegenschaft EZ 9 Grundbuch Brandstatt das Grundstück Nr. 133 an die Beschwerdeführer. Der Kaufpreis war bis spätestens 1. April 2000 zu bezahlen und vereinbarten die Vertragsparteien die hypothekarische Besicherung dieses Kaufpreises auf dem vertragsgegenständlichen Grundstück. Dementsprechend wurde in diesem Kaufvertrag von den Käufern für die Kaufpreisforderung ein Pfand bestellt und die Einwilligung erteilt, dass in der für das Grundstück Nr. 133 neu zu eröffnenden Einlagezahl das Pfandrecht für die Kaufpreisforderung zu Gunsten des F. H. einverleibt werden könne. In Punkt XI des Kaufvertrages wurde festgehalten, dass die Käufer das Kaufobjekt zur Arrondierung ihres angrenzenden landwirtschaftlichen Betriebes erwerben und daher die Gebühren- und Abgabenbefreiung gemäß "§ 15 Agrarverfahrensgesetznovelle" in der geltenden Fassung in Anspruch nehmen.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 1997 stellte die Agrarbezirksbehörde fest, dass der zwischen F. H. und den Beschwerdeführern abgeschlossene Flurbereinigungsvertrag vom 5. März 1997 hinsichtlich des Grundstückes Nr. 133 für die Durchführung der Flurbereinigung im Sinne der §§ 1 und 28 O.ö. FLG 1979 erforderlich sei. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossene Vertrag eine Agrarstrukturverbesserung bewirke und daher einem Flurbereinigungsverfahren zu Grunde gelegt werden könne, welches unmittelbar zur Durchführung einer Bodenreformmaßnahme diene.

In ihrem Grundbuchsgesuch machten die Beschwerdeführer die Befreiung von der Eintragungsgebühr gemäß § 15 AgrVG geltend. Es wurde u.a. die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Beschwerdeführer und des Pfandrechtes für die Kaufpreisforderung zu Gunsten des F. H. begehrt; das Bezirksgericht Neuhofen an der Krems bewilligte mit Beschluss vom 26. November 1997 die begehrten Eintragungen.

Mit Zahlungsauftrag vom 24. Juli 1998 forderte der Kostenbeamte die Eintragungsgebühr nach Tarifpost 9 lit. b Z. 4 für das eingetragene Pfandrecht an.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem dagegen erstatteten Berichtigungsantrag keine Folge. Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Linz vom 6. Oktober 1997 sei lediglich ausgesprochen worden, dass der Flurbereinigungsvertrag vom 5. März 1997 hinsichtlich des Grundstückes Nr. 133 für die Durchführung im Sinne der §§ 1 und 28 O.ö. FLG erforderlich sei. Einer weiter gehenden Interpretation, dass diese Genehmigung der Agrarbezirksbehörde die Kauffinanzierung, insbesondere die pfandrechtliche Sicherstellung der Kaufpreisforderung umfasse, würde den agrarbehördlichen Bestimmungen, insbesondere dem § 15 Abs. 1 AgrVG nicht entsprechen. Es könne nicht im Wege der Analogie ein vom Gesetzgeber nicht vorgesehener Ausnahmstatbestand begründet werden.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Befreiung von den Gerichtsgebühren für die Sicherstellung einer Kaufpreisrestforderung gemäß § 15 AgrVG verletzt. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z. 4 GGG unterliegen Eintragungen zum Erwerb des Pfandrechtes. Soweit die Gegenschrift auf die durch das BG BGBl. Nr. 201/1996 aufgehobene Befreiungsbestimmung der Anmerkung 12 lit. d verweist, haben sich die Beschwerdeführer auf diese Befreiungsbestimmung nicht berufen, sondern allein auf die Bestimmung des § 15 des Agrarverfahrensgesetzes 1950 in der Fassung BGBl. Nr. 901/1993.

Diese Bestimmung lautet:

"Befreiung von Abgaben.

§ 15. (1) Die zur Durchführung eines Verfahrens vor der Agrarbehörde

1. zur Regelung der Flurverfassung (Zusammenlegung, Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken durch Teilung oder Regulierung, Flurbereinigung) oder

2. zur Regelung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie anderer Felddienstbarkeiten oder

3.

in Alpschutzangelegenheiten oder

4.

nach den Güter- und Seilwegegesetzen oder

5.

in Angelegenheiten des landwirtschaftlichen Siedlungswesens erforderlichen Schriften und die zu diesen Zwecken vor der Agrarbehörde abgeschlossenen Rechtsgeschäfte sind von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit.

(2) Rechtsgeschäfte, die nicht im Rahmen von Verfahren vor der Agrarbehörde abgeschlossen werden, sind von den Stempel- und Rechtsgebühren dann befreit, wenn die mit einem Hinweis auf die Gebührenbefreiung nach dieser Bestimmung versehenen Urkunden beim Finanzamt angezeigt werden und von der Agrarbehörde deren Übereinstimmung mit den Zielen des Gesetzes (Abs. 1 Z 1 bis 5) bescheidmäßig festgestellt wurde.

(3) Die zur Durchführung der in Abs. 1 genannten Verfahren verwirklichten Rechtsvorgänge oder der in diesen Verfahren vorgelegten Verträge, deren Übereinstimmung mit den Zielen des Gesetzes von der Agrarbehörde festgestellt wurde, erforderlichen bücherlichen Eintragungen sind von den Gerichtsgebühren befreit."

Abs. 3 dieser Bestimmung ist sehr weit gefasst: Abgestellt wird auf "Rechtsvorgänge" zur Durchführung der in Abs. 1 genannten Verfahren oder auf die in diesen Verfahren vorgelegten "Verträge", deren Übereinstimmung mit den Zielen des Gesetzes von der Agrarbehörde festgestellt wurde."

Hier wurde ein Kauf- und Pfandbestellungsvertrag der Agrarbehörde vorgelegt, die ohne nähere Differenzierung den "Flurbereinigungsvertrag" als erforderlich im Sinne der §§ 1 und 28 des O.ö. Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 (O.ö. FLG) angesehen hat. § 1 leg. cit. legt es als Ziel fest, dass Mängel der Agrarstruktur, wie z.B. zersplitterter Grundbesitz, im Wege des Zusammenlegungsverfahrens verbessert oder neu gestaltet werden; nach § 28 kann an Stelle eines Zusammenlegungsverfahrens ein Flurbereinigungsverfahren durchgeführt werden. § 30 Abs. 1 ordnet an, dass dem Flurbereinigungsverfahren Verträge, die von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen wurden, zugrunde zu legen sind, wenn die Agrarbehörde mit Bescheid feststellt, dass sie zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sind.

Die Frage, ob die hier vorgenommene Pfandbestellung zur Kaufpreisfinanzierung von der Gebührenbefreiung erfasst ist, kann anhand dieser Bestimmungen nicht unmittelbar gelöst werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte allerdings im Erkenntnis vom 13. März 1986, Zl. 86/16/0033 eine Pfandbestellungsurkunde zur Sicherung eines gewährten Agrarinvestitionskredites zu beurteilen. Damals hatte § 15 AgrVG (in der Fassung BGBl. Nr. 77/1967 folgenden Inhalt:

"Befreiung von Abgaben.

§ 15. Von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit sind Eingaben, Verhandlungsschriften, Beilagen, Vollmachten, Erklärungen, sonstige Urkunden, amtliche Ausfertigungen, Bescheide (Erkenntnisse), Vergleiche und Zeugnisse, die zur Durchführung eines Verfahrens vor den Agrarbehörden zur Regelung der Flurverfassung (Zusammenlegung, Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken durch Teilung oder Regulierung, Flurbereinigung), zur Regelung der Wald- und Weidennutzungsrechte sowie anderer Felddienstbarkeiten, ferner in Alpschutzangelegenheiten, nach den Güter- und Seilwegegesetzen und in den Angelegenheiten des landwirtschaftlichen Siedlungswesens erforderlich sind, sofern von diesen Schriften (Urkunden) kein anderer Gebrauch gemacht wird. Die zur Durchführung dieser Verfahren erforderlichen Vermögensübertragungen, Rechtserwerbungen und bücherlichen Eintragungen unterliegen keiner öffentlichen Abgabe."

Grund der Neufassung des § 15 AgrVG durch das BG BGBl. Nr. 901/1993 war allein die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die dort normierte Abgabenfreiheit nur für Verträge gelte, die vor den Abgabenbehörden abgeschlossen werden, nicht jedoch auch für Fälle, in denen der Agrarbehörde von den Parteien bereits verbücherungsfähige Urkunden vorgelegt werden; nach wie vor soll sich die Gebührenbefreiung auf die Verwaltungsabgaben und auf die Gerichtsgebühren beziehen (1248 der Beilagen, GP XVIII).

Wenn nach der alten Rechtslage die Eintragung eines Pfandrechtes zur Sicherstellung eines in Anspruch genommenen Agrarinvestitionskredites dem Tatbestand des § 15 zweiter Satz AgrVG alter Fassung (Vermögensübertragungen, Rechtserwerbungen und bücherliche Eintragungen) unterstellt wurde, so kann die pfandrechtliche Sicherstellung für eine Kaufpreisforderung auf Grund einer Flurbereinigung nach neuer Rechtslage nicht anders beurteilt werden, da es sich auch dabei um einen zur Durchführung der im § 15 Abs. 1 AgrVG genannten Verfahren verwirklichten Rechtsvorgang handelt. Hinzu kommt, dass der Kaufvertrag insgesamt, der die Pfandbestellung beinhaltete, als für die Durchführung der Flurbereinigung im Sinne der §§ 1 und 28 O.ö. FlG erforderlich angesehen wurde.

Wie sich aus den zitierten Erläuternden Bemerkungen ergibt, war Beweggrund für die begünstigte abgabenrechtliche Behandlung von bodenreformatorischen Maßnahmen die Erleichterung der Vermögensübertragungen und bücherlichen Eintragungen durch die Befreiung von öffentlichen Abgaben. Dieser gesetzgeberischen Absicht würde es zuwiderlaufen, wollte man eine für das Zustandekommen des Kaufvertrages, der der Flurbereinigung diente, nach dem Parteiwillen offensichtlich erforderliche Stundung des Kaufpreises und die damit verbundene bücherliche Sicherstellung als befreiungsschädlich ansehen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998160394.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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