TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/17 99/07/0064

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Veröffentlicht am 17.05.2001
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E15101000;
E3L E15103030;
E6J;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
80/02 Forstrecht;
81/01 Wasserrechtsgesetz;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

31975L0442 Abfallrahmen-RL Art7 idF 31991L0156;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art9 idF 31991L0156;
31985L0337 UVP-RL Anh2 Z11;
31985L0337 UVP-RL Art4 Abs2;
31991L0156 Nov-31975L0442 Art1 Z1;
31991L0156 Nov-31975L0442 Art9 idF 31991L0156;
61992CJ0091 Faccini Dori VORAB;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §29 Abs4;
AWG 1990 §29 Abs5 Z4;
AWG 1990 §29 Abs5 Z6;
AWG 1990 §29 Abs8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs2;
B-VG Art18 Abs1;
EURallg;
ForstG 1975 §50 Abs2;
ForstG 1975 §50 Abs3;
GewO 1973 §74 Abs2;
GewO 1973 §77 Abs1;
GewO 1973 §78 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §75 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §82a Abs3;
StörfallV 1991;
UVPG 1993 §3 Abs6;
UVPG 1993 §46 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §107 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde 1. der Gemeinde N, 2. der Stadtgemeinde L, 3. der Gemeinde O, 4. der Gemeinde P, 5. der Stadtgemeinde B, 6. des FT in N, 7. der SR in O, 8. des Dr. FK in P, 9. der JF in N, 10. der LS in N,

11. der BL in N, 12. des Ing. RH in N, 13. des MH in N, 14. des KB in N, 15. des AH in N, 16. des FM in N, 17. der GE in N,

18. des HK in N, 19. des AS in N, 20. des HB in N, 21. des HS in N, 22. des Dipl.-Ing. AJ in B, 23. der Mag. IJ in B, 24. des Dipl.-Ing. HL in B, 25. der EB in P, 26. des EB in P, 27. des GB in P, 28. der TB in P, 29. des PB in P, 30. der HB in P,

31. des WB in P, 32. der HC in P, 33. des JE in P, 34. der UE in P, 35. des AF in N, 36. der UF in P, 37. des Dipl.-Ing. Dr. WF in P, 38. des HG in P, 39. der SG in P, 40. des AH in P,

41. der MH in P, 42. der SH in N, 43. des Dr. WH in N, 44. der KH in N, 45. der JH in N, 46. des EH in N, 47. der AI in P,

48. der BJ in P, 49. des FJ in P, 50. der GJ in P, 51. des Dr. HJ in P, 52. des Dr. KJ in P, 53. des LK in P, 54. der DK in P,

55. der Dr. TK in P, 56. des JK in P, 57. der OK in P, 58. der MK in P, 59. des Dipl.-Ing. GK in P, 60. des MK in P, 61. des MK in P, 62. der AK in P, 63. der UK in N, 64. des Mag. FL in P,

65. der HM in N, 66. des JM in N, 67. der EM in P, 68. des GM in P, 69. des AM in P, 70. der SM in P, 71. des Dipl.-Ing. JM in N, 72. des FN in P, 73. der ON in P, 74. des WP in P,

75. der ER in P, 76. des SR in P, 77. der IR in N, 78. des JR in N, 79. der BS in N, 80. des FS in N, 81. des MS in N,

82. der DS in N, 83. der NS in N, 84. der GS in N, 85. des LS in P, 88. der RS in P, 87. des Dipl.-Ing. HS in P, 88. des FS in P, 89. der GS in P, 90. des HS in P, 91. des FS in P,

92. der SS in P, 93. der GT in N, 94. der AT in N und 95. des Dipl.-Ing. RT in N, alle vertreten durch P OEG, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (nunmehr: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) vom 26. Februar 1999, Zl. 31 3546/132-III/1/98, betreffend eine Genehmigung nach § 29 des Abfallwirtschaftsgesetzes (mitbeteiligte Parteien: 1. E Energie- und Abfallverwertungs-Gesellschaft m.b.H. in G und 2. U Umwelt- und Entsorgungstechnik Aktiengesellschaft in N, beide vertreten durch E & Partner, Rechtsanwälte in G), nach durchgeführter mündlicher Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen der Vertreter der Beschwerde, Rechtsanwälte Dr. G und Dr. D, des Vertreters der belangten Behörde OR Mag. C, sowie des Vertreters der mitbeteiligten Partei, Rechtsanwalt Dr. G,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde der Gemeinde N, der Stadtgemeinde L, der Gemeinde O, der Gemeinde P, der Stadtgemeinde B und der LS wird zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der übrigen Beschwerdeführer wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 9.765,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 28.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 28. Juni 1994 stellte die erstmitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beim Landeshauptmann von Steiermark (LH) den Antrag, ihr gemäß § 29 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 8 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG) die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur thermischen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen mit einer Jahreskapazität von über 10.000 t in der Form eines Versuchsbetriebes im Bereich der Betriebsanlage der Firma B, KG N, zu erteilen.

Eine Vorprüfung des eingereichten Projektes durch Amtssachverständige ergab, dass die vorgelegten Unterlagen noch der Ergänzung bedurften.

Am 10. Oktober 1994 fand eine erste Vorprüfungsverhandlung statt, in welcher von der erstmitbeteiligten Partei die Unterlagen "Status der Einreichung zum Projekt thermische Reststoffverwertung am Standort N, Stand 10.10.1994" vorgelegt wurden.

Am 16. Oktober 1995 legte die erstmitbeteiligte Partei die "Freiwillige Umweltverträglichkeitserklärung", datiert mit 13. Oktober 1994, dem LH vor.

Teil dieser Freiwilligen Umweltverträglichkeitserklärung ist auch ein Gutachten von Universitätsprofessor DDr. M vom Hygiene-Institut der Universität G.

In diesem Gutachten wird geprüft, ob die geplante thermische Reststoffverwertungsanlage N den Prüfkriterien des UVP-Gesetzes entspricht.

In der Zusammenfassung dieses Gutachtens heißt es:

"1. Die Anlage soll die hausmüllähnlichen Industrieabfälle wie Ejekte, Packstoffe, Altholz und Siebüberläufe thermisch verwerten. Die zu verwertenden Reststoffe haben einen relativ hohen unteren Heizwert Hu. Daneben sollen noch Klärschlamm und das Rechengut aus der Abwasserreinigung mit in der Anlage entsorgt werden.

Vorteil: Gute energetische Ausbeute und Verwertung sowie relativ geringe Emissionen an toxischen Substanzen auf Grund der Vorsortierung des Restmülls. Zusätzlich weist die Anlage eine positive Bilanz hinsichtlich CO2-Produktion auf, da keine fossilen, sondern nur wieder verwertbare Brennstoffe eingesetzt werden. Zudem können 15 Millionen m3 Gas als Brennstoff eingespart werden, was sich wieder positiv auf die CO2-Bilanz auswirkt.

Forderung: Es muss gewährleistet sein, dass im Falle der thermischen Behandlung der Leichtfraktion des kommunalen Restmülls der kommunale Restmüll dann noch einen Heizwert aufweist, um den Müll ökonomisch sinnvoll verwerten zu können.

Kritik: Es ist schade, dass es die steiermärkische Landesregierung verabsäumt hat, ein überregionales Konzept zu entwerfen, woraus der Stellenwert der vorliegenden Anlage im Rahmen des AWG hervorgeht.

2. Die Region L zählt zu jenen Regionen Österreichs, die am stärksten mit Schadstoffen belastet sind. Im Rahmen eines Luftgütesanierungsprojektes der steirischen Landesregierung werden alle Emittenten angehalten, ein Programm zur Senkung der Emissionen zu entwickeln. Der Errichtung jeglicher Neuanlagen kann derzeit nur dann zugestimmt werden, wenn es den Betreibern gelingt, plausibel nachzuweisen, durch Substitution insgesamt zu einer Schadstoffreduktion beizutragen.

3. Die Zusatzbelastungen sind vom toxikologischen Standpunkt relativ gering. Durch die Ausbreitungsberechnungen wird sichtbar, dass die Zusatzbelastung der Bevölkerung in der näheren und weiteren Umgebung durch die Immissionen der T.R.N. in einem geringen bis kaum erfassbaren Ausmaß erfolgt. Es gilt aber auch die Grundbelastung zu berücksichtigen.

4. Grundsätzlich haben die thermischen Abfall- und Reststoffverwertungsanlagen weltweit einen technischen Standard erreicht, bei dem die Emissionen von toxischen Schadstoffen in einer kaum messbaren Größenordnung vorkommen. Durch die Testung der biologischen Wirkung der löslichen Gesamtfraktion der Emissionen konnte nachgewiesen werden, dass diese das biologische System kaum beeinflussen.

5. Die Grundbelastung der Schadstoffe SO2 und Staub, die nach Berechnungen des Betreibers auch als Zusatzbelastung der T.R.N., verglichen mit der bestehenden Anlage, zu erwarten sind, erreicht an manchen Tagen als Maximalwert bereits derzeit den Grenzwert bzw. überschreitet diesen. Extrapoliert auf den gesamten Monat relativieren sich die Spitzenwerte. Für die medizinische Betrachtung spielt aber auch der max. HMW eine wichtige Rolle. Es ist deshalb zu fordern, dass durch Substitution eine Herabsetzung der Emissionen der Schadstoffe SO2 und Staub unter die bestehende Größe erreicht wird.

6. Zusätzlich ist zu betonen, dass die geplante Anlage eine bereits bestehende gasbetriebene Anlage ersetzen soll. Im Rahmen des UVP-Gesetzes gilt es auch zu berücksichtigen und zu prüfen, ob die neue Anlage geringere Emissionen verursacht, verglichen mit der alten Anlage, und somit der Forderung des Luftgütesanierungsprogrammes nachkommt.

7. Weder die derzeit bestehende noch die zu errichtende Anlage verursacht bzw. wird Lärm in einer Größenordnung verursachen, der vom menschlichen Ohr erfassbar ist. Die bereits bestehende beachtliche Belastung, die deutlich über dem Grenzwert der ÖAL und der WHO liegt, rührt vom Schienen- und KFZ-Verkehr her."

Mit Bekanntmachung vom 12. Oktober 1995 leitete der LH gemäß § 29 Abs. 4 AWG das Ediktalverfahren ein.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 1995 übermittelte der LH den in Betracht kommenden Gemeinden die von der erstmitbeteiligten Partei vorgelegte Freiwillige Umweltverträglichkeitserklärung mit dem Ersuchen, sie im Rahmen des Ediktalverfahrens zur Einsicht aufzulegen.

Ein Teil der beschwerdeführenden Parteien erhob Einwendungen.

Keine Einwendungen innerhalb der Ediktalfrist erhoben die Stadtgemeinde L, die Gemeinde O und die Stadtgemeinde B sowie LS.

Die Gemeinde P erhob "als Nachbar gemäß § 75 Abs. 2 und 3 der GWO 1973" Einwendungen. Sie brachte vor, besonders im Winterhalbjahr zeige P eine starke Inversions- und Nebelbereitschaft. Die zusätzliche Verbrennung einer Brennstoffmenge von ca. 100.000 t pro Jahr bei Variante 1 bzw. 200.000 t pro Jahr bei Variante 2 stehe eindeutig im Widerspruch zum Luftgütesanierungskonzept im Raum L und zum Entwicklungskonzept der Gemeinde P, wonach die Verbesserung der Lebensqualität durch Reduktion der Luft- und Lärmimmissionen festgeschrieben sei. Die eingesetzten Materialien würden nicht nur aus der Steiermark, sondern theoretisch aus ganz Österreich angeliefert werden. Damit sei aber eine Reduktion der Schadstoffe ausgeschlossen; eine weitere Zusatzbelastung der Bevölkerung von P sei nicht vertretbar. Der Aufbau eines wirtschaftlich sinnvollen Fernwärmenetzes scheitere an der sehr dichten Gasversorgung im Gemeindegebiet, aber auch an den verstreut liegenden Ortsteilen. Bedenklich scheine auch, dass die Konsenswerberin das Projekt unmittelbar vor Inkrafttreten der Bestimmungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht habe, um eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu umgehen. Das Quellwasser der Gemeinde P werde durchwegs aus einer Seehöhe von unter 1000 m bezogen, sodass eine Verschlechterung der Luftgüte sich auch negativ auf die Qualität des Trinkwassers auswirken könnte. Der Gemeinderat habe sich in einer Resolution einstimmig gegen die Anlage ausgesprochen.

Die Gemeinde N erhob ebenfalls Einwendungen. Sie brachte vor, der Gemeinderat habe sich gegen die Anlage der mitbeteiligten Parteien ausgesprochen und dies insbesondere mit der mangelnden Luftgüte in N begründet. Im Bestreben, die Lebensqualität der gesamten Bevölkerung weiter zu verbessern, könne einer weiteren Luftgüteminderung durch die geplante Anlage keinesfalls zugestimmt werden. Es sollte ein Verfahren nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz durchgeführt werden. Das Projekt der mitbeteiligten Parteien stehe dem beschlossenen Luftgütesanierungsprogramm der Steiermärkischen Landesregierung entgegen. Weiters hätten sich in der Vorprüfungsverhandlung am 23. Oktober 1995 schwer wiegende Kritikpunkte (geringere Abwärmenutzung, Zunahme der Schadstoffimmissionen, häufige Inversionswetterlagen) ergeben, welche sich durch eine Projektsänderung nicht beheben ließen. Da durch den Versuchsbetrieb keiner dieser Punkte gelöst werden könne, spreche sich die Gemeinde N auch gegen den Versuchsbetrieb aus. Auf Grund fehlender oder unzureichender Gutachten (Ist-Situation, Nadelprobenmessungen usw.) werde beantragt, das Verfahren bis zum Vorliegen schlüssiger Gutachten auszusetzen; ebenso möge den Gemeinden ausreichend Zeit zum Vorlegen eigener Gutachten eingeräumt werden.

Am 12. Dezember 1995 erklärte die zweitmitbeteiligte Partei gegenüber dem LH, als Zweitantragsteller in das Verfahren einzutreten.

Im Laufe des Verfahrens wurden Austauschblätter zum Projekt vorgelegt.

Mit Kundmachung vom 17. Juni 1996 beraumte der LH für 23. bis 25. September 1996 eine mündliche Verhandlung über das Projekt der mitbeteiligten Parteien an.

Bei der mündlichen Verhandlung wurden Gutachten auf den Gebieten Bautechnik, Arbeitnehmerschutz, Maschinentechnik, Lärm, Chemie, Elektrotechnik, Verfahrenstechnik, Emission, Immission, Forst, Störfall, Abfallwirtschaft und Medizin, erörtert.

Der Amtssachverständige für Schalltechnik kam in seinem Gutachten zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass durch die geplante Errichtung einer thermischen Reststoffverwertungsanlage auf den Grundstücken 299/1 und Bfl. 82 der KG N im Gelände der B Papierfabrik AG Lärmimmissionen auftreten könnten. Der dabei untersuchte Nachbarschaftsbereich habe die zur künftigen Anlage nächst gelegenen Wohnobjekte in den Immissionspunkten 1 bis 3 sowie weiter entfernte Wohnbereiche in den Immissionspunkten 4 und 5 umfasst. Für diese untersuchten Immissionsbereiche seien einerseits die vorhandenen örtlichen Schallimmissionen aus dem Verkehrslärm der L Straße, der Südbahnstrecke der ÖBB und den bestehenden Immissionen der B Papierfabrik AG auf einen Prognosezustand 2000 umgerechnet und andererseits die künftigen Immissionen aus der geplanten thermischen Reststoffverwertung berechnet worden. Bei der Gegenüberstellung dieser Immissionsverhältnisse zeige sich, dass bei einem künftigen Vollbetrieb der thermischen Reststoffverwertungsanlage inklusive der Zu- und Abtransporte mittels LKW bzw. Bahnanlieferung der berechnete Prognosezustand 2000 der örtlichen Schallimmissionen nur geringfügig um rund 1 dB in den Immissionspunkten 1 bis 3 angehoben werde. Diese geringfügigen Anhebungen bezögen sich ausschließlich auf gleichförmige bzw. schwankende Geräusche ohne charakteristische Schallpegelspitzen. Darüber hinaus werde aber auch festgestellt, dass die gleichförmigen Geräusche, die vor allem nachts aufträten, den bereits vorhandenen Basispegel aus dem Betrieb der B Papierfabrik AG nicht überschritten und nur im Zusammenwirken um ebenfalls ca. 1 dB anheben könnten. In den weiter entfernt gelegenen Nachbarschaftspunkten der Immissionspunkte 4 und 5 entstünden praktisch keinerlei Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse. Zur Sicherung der Einhaltung dieser berechneten Immissionswerte werde in lärmschutztechnischer Hinsicht vorgeschlagen, eine Genehmigung an die Vorschreibung näher bezeichneter Auflagen zu binden.

Der ärztliche Amtssachverständige führte in seiner Zusammenfassung Folgendes aus:

Auch wenn man zustimmend zur Kenntnis nehme, dass die thermische Abfallverwertung notwendig sei, sei die Prüfung der Verträglichkeit in Ruhe und Besonnenheit, besonders im Hinblick auf die bestehende Vorbelastung, unabdingbar. Durch die Errichtung und den Betrieb der TRN werde Erdgas durch Abfallstoffe ersetzt und hiedurch die qualitative Zusammensetzung der Emissionen von NOx und CO zur Schadstoffpalette der Sinteranlage in D verändert. Eine Einspeisung der Wärmeenergie in ein Fernwärmenetz und dadurch eine Minderung von Emissionen aus Kleinfeuerungsanlagen sei nicht in Sicht. Hieraus leite sich schadstoffbilanzierend durch den Ersatz der Energiegewinnung aus Erdgas durch eine Müllverbrennungsanlage ab, dass 0,63 t/Jahr Staub und 3,2 t pro Jahr SO2 mehr immittiert werde und auch noch die qualitative Schadstoffpalette einer Sinteranlage immittiert bzw. emittiert werde. CO und NOx würden reduziert. Zu dieser Bilanzierung habe bereits Professor DDr. M in der Umweltverträglichkeitserklärung geäußert, wie für SO2-Emissionen gelte es auch für die Staubemission durch eine Substitution zu fordern, dass in Summe eine Reduktion der Staubimmissionen erreicht werden könne. Keinesfalls nahe getreten werde könne einer eventuellen Argumentation, dass die zusätzlichen Immissionen bei Staub und SO2 durch die Reduktion von NOx und CO ausgeglichen würden. Die Beeinflussung des Raumes D durch die qualitativ der Sinteranlage in D entsprechende Schadstoffpalette sei immissionsklimatologisch nicht untersucht und auch nicht quantifiziert worden. Aus der Sicht des öffentlichen Gesundheitswesens sei unter der gegebenen und durch Humanbiomonitoring nachgewiesenen Schadstoffbelastung keine weitere Zusatzbelastung zulässig; im Gegenteil, die Reduktion der Schadstoffbelastung sei zu fordern. Hiezu sei auf das Luftgütesanierungsprogramm für den Raum L (Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. Juli 1995) zu verweisen. Ein Ausschluss von Zusatzbelastung durch die idente Schadstoffpalette wie sie in D gegeben sei, aus der geplanten TRN müsse durch eingehende und genaue Untersuchungen nachgewiesen werden. Aus der Sicht des medizinischen Amtssachverständigen sei dem geplanten Probebetrieb der TRN nur zuzustimmen, wenn die Leitsubstanzen Staub und SO2 durch Substitution von Niedertemperaturwärmebedarf vor Ort und in ein zu errichtendes Fernwärmenetz und Substitution von Prozesswärmebedarf zu bestehenden Betrieben derart vermindert würden, dass in Summe eine Reduktion der Staub- und SO2-Immissionen gegeben sei. Wenn dies nicht erreichbar sei, dann müsse mit Sicherheit nachgewiesen werden, dass im Raum D keine Zusatzbelastungen auftreten würden. Unter diesen Bedingungen sei aus der TRN mit keiner Zunahme der Gesundheitsgefährdung, wie sie derzeit in D vorliege, zu rechnen bzw. eine Gesundheitsgefährdung für den Raum N auszuschließen.

Der forstfachliche Amtssachverständige gab folgende zusammenfassende gutachtliche Beurteilung ab:

Die Immissionszusatzbelastungen, wie sie von der TU G errechnet worden seien, seien laut Aussagen des immissionstechnischen Amtssachverständigen repräsentativ. Die zu erwartenden Immissionszusatzbelastungen berechnet nach Ö-NORM M 9440 zeigten, dass die Maximalwerte nur wenige Prozent der zulässigen Grenzwerte am Immissionsschwerpunkt ausmachen würden. Auch die Berechnungen nach Gramm hätten selbst unter völlig unrealistischen Betrachtungsweisen (ganzjährig gleichmäßige Anströmung eines Punktes) sowohl für die Deposition als auch für die Konzentration von Luftschadstoffen Werte in ähnlichen Größenordnungen ergeben. Weiters werde festgehalten, dass die gegenständliche Anlage als Anlage gemäß Forstgesetz 1975 gelte. Es sei davon auszugehen, dass es durch den Betrieb der Anlage bei voller Ausschöpfung der Emissionsgrenzwerte zu keiner Emissionsgrenzwertüberschreitung für forstrechtlich relevante Schadstoffe kommen werde. Nach Aussagen des immissionstechnischen Amtssachverständigen werde der Anteil der anlagenspezifischen Immissionen an der Gesamtbelastung selbst am Immissionsschwerpunkt aller Voraussicht nach nicht nachweisbar sein. Bei konsensmäßigem Betrieb der Anlage werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für Wald (inklusive Schutzwald) in der Umgebung von N keine Beeinflussung nachweisbar sein und daher auch Schutzwald von Emissionen dieser Anlage nicht "betroffen" sein. In weiterer Folge sei daher auszuschließen, dass es zu einer Zunahme forstschädlicher Luftverunreinigungen (messbarer Schaden an Waldboden oder Bewuchs) komme. Schließlich sei es in diesem Fall auch irrelevant, ob es sich bei der geplanten Anlage um eine "Anlagenänderung" oder eine "Neuanlage" handle. Damit werde festgestellt, dass ein konsensmäßiger Betrieb den forstrechtlichen Bestimmungen nicht widerspreche.

Da der LH das ärztliche Amtssachverständigengutachten als nicht eindeutig ansah, holte er ein weiteres Gutachten von Universitätsprofessor Dr. H ein. Dieser führte in seinem Gutachten Folgendes aus:

Von den Sachverständigen - insbesondere denjenigen, welche für die medizinisch-umwelthygienische Beurteilung bedeutsam seien -

wie dem immissionsklimatischen Befund (Doz. L), dem emissionstechnischen Gutachten (Dr. L) und dem Immissionsgutachten (Dr. S) lägen im Wesentlichen Befunde und Gutachten vor, welche keine Einwände gegen Genehmigung und Betrieb einer Reststoffverwertungsanlage N erheben. In N selbst sei auch die Vorbelastung als nur mittelmäßig belastet einzustufen und die Zusatz- und Gesamtbelastung durch die projektierte Reststoffverwertungsanlage würde nationale und internationale Grenzwerte nicht überschreiten und damit die Gesundheit der Anrainer nicht gefährden. Dies komme letztlich auch in dem umweltmedizinischen Gutachten von Professor M und im medizinischen Gutachten von Dr. G zum Ausdruck. Dr. G erhebe allerdings einen medizinischen Einwand, der vom Prinzip her zweifellos berechtigt und eigentlich sehr begrüßenswert sei. Er stütze sich auf die Forderungen der Umweltverträglichkeitserklärung von Professor M, dass SO2 und insbesondere Staubbelastungen verringert werden müssten und auf die Untersuchungen von Professor M an Kindern, welche insbesondere im Raum D reversible Lungenfunktionsbeeinträchtigungen zeigten. Diese Befunde und Ergebnisse hätten Dr. G veranlasst, eine "Nullimmission" in D zu verlangen, wobei ihm die Aussage des Immissionsgutachters, dass "keine messbaren Immissionen" auftreten würden, nicht genüge. In diesem Zusammenhang weise Dr. G mehrmals auf die Frage der qualitativ ähnlichen Stoffe, welche durch die TRN und durch die Sinteranlage emittiert würden, hin. Obwohl der unterfertigte Gutachter im Bestreben, eine schon belastete Region, deren Belastung auch durch Biomonitoring an Schulkindern (Professor M) nachgewiesen sei, nicht noch mehr zu belasten, voll übereinstimme, müsse trotzdem auf die Forderung einer "Nullimmission" noch näher eingegangen werden. Dr. G schreibe im zweiten Absatz vor seiner Schlussfolgerung wörtlich: "Aus der Sicht des öffentlichen Gesundheitswesens ist unter der gegebenen und durch Humanbiomonitoring nachgewiesenen Schadstoffbelastung keine weitere Zusatzbelastung zulässig - im Gegenteil die Reduktion der Schadstoffbelastung zu fordern." Dies entspreche auch den Prinzipien einer umweltmedizinisch-hygienischen Beurteilung, wie sie der Gutachter in seinem Gutachten zum Ausdruck gebracht habe und wie dies auch von Professor M mehrfach formuliert worden sei. Die Betonung sollte auf umweltmedizinisch, daher auf Verbesserung der Situation in D liegen. Dr. G aber verlange dann in den Schlussfolgerungen und im Rahmen der Befragung nicht mehr eine Reduktion der Schadstoffbelastung im Belastungsgebiet, sondern immer nur mit Sicherheit keine Zusatzbelastung im Raum D bzw. eine "Nullimmission". Dazu sei zunächst zu sagen, dass eine "Nullimmission" zwar gefordert werden könne, dass diese in der Praxis aber weder existiere noch nachgewiesen werden könne. In einem Bescheid würde sie dementsprechend eine nicht vollziehbare und damit unbrauchbare Auflage darstellen. Wenn man schon im Laufe des gegenständlichen Verfahrens für die nachgewiesen belastete Bevölkerung in D etwas tun möchte, so könnte man aus medizinischer Sicht fordern, dass zumindest der erste Schritt des Sanierungsprogrammes, welcher eine Reduktion der bodennahen Staubbelastung um 80 bis 100 t pro Jahr bringen würde, fertig gestellt sein müsse, bevor die Anlage in N in Betrieb gehe. Da in N laut emissionstechnischem Gutachten Dr. L und auch Gutachten Dr. G jährlich 0,63 t Staub emittiert würden, von denen nur ein geringer (nicht nachweisbarer) Teil nach D gehe, könne man schon anhand dieser Relation erkennen, dass hiemit den Intentionen Dr. G wohl weit besser gedient sei als mit einer starren Forderung nach "Nullimmissionen". Man könnte auch zusätzlich verlangen, dass die "Primärmaßnahmen" zur Reduktion der Abgase der Sinteranlage bis zur Inbetriebnahme der TRN abgeschlossen sein sollten. Dazu sei aber Folgendes zu sagen: Dr. G spreche mehrmals von der qualitativ gleichen Schadstoffpalette der TRN mit der Sinteranlage in L. Qualitativ gleich seien die Emissionen zweier so verschiedener Anlagen sicher nicht. Was Dr. G wahrscheinlich habe ausdrücken wollen, sei, dass neben Staub auch SO2 eine Rolle spiele und zweifellos sei die Sinteranlage auch ein SO2-Emittent. Hier sei aber auf das immissionstechnische Gutachten Dr. S zu verweisen, welches feststelle, dass Staub aus niedrigen, zum Beispiel diffusen Quellen die Immissionsbelastung im Bereich des Werkes D dominiere, während die Sinteranlage (insbesondere durch SO2) den forstrelevanten Bereich dominiere. Ein Vergleich der Immissionswerte in D, L, L, N und B zeige auf, dass SO2 bei allen Messstellen ein gleichmäßiges Bild bei einem niedrigen Immissionsniveau biete. Abschließend sei festzustellen, dass man den Forderungen von Dr. G, aber auch von Prof. M und der Anrainer am besten dadurch nachkomme, dass man eine Verbesserung der Immissionssituation im Belastungsgebiet D durch Abschluss der ersten Sanierungsschritte (Umbau des über Tiegel II liegenden Kessels, Umstellung auf Zwangslüftung und Primärmaßnahmen an der Sinteranlage) noch vor Inbetriebnahme der thermischen Reststoffverwertung in N fordere. Um sicherzustellen, dass diesen Forderungen nachgekommen werde, sollte man einen Probebetrieb mit Beweissicherung anordnen, wobei insbesondere auch die Immissionsbelastung im Bereich L zu messen sei.

Zur Frage, ob von der geplanten Anlage der mitbeteiligten Parteien eine Gesundheitsgefährdung oder eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 74 der Gewerbeordnung 1994 ausgehe, führte der Gutachter aus, die klare Antwort, welche von allen Sachverständigen, insbesondere in den Emissions- und Immissionsgutachten, aber auch den ausführlich zitierten toxikologischen Ausführungen von Dozent P und den darauf bezugnehmenden medizinischen Ausführungen von Dr. G gegeben worden sei und die auch auf Grund der Beurteilung des unterfertigten Gutachters gegeben werden könne, sei, dass Gesundheitsgefährdungen der Bevölkerung - auch im Immissionsschwerpunkt der TRN - ausgeschlossen werden könnten. Belästigungen würden im Zuge des Baues und Betriebes einer solchen Anlage für gewisse Anrainer immer wieder auftreten, aber auch hier könne - bei Befolgung der von Dr. L und Dr. S empfohlenen Auflagen - ausgeschlossen werden, dass diese Belästigungen erheblich bzw. unzumutbar seien.

Auch die Frage nach allfälligen Auswirkungen der beantragten Anlage auf den Raum L sei, wenn man die Größenordnung der allfälligen Immissionen aus der Anlage betrachte, eindeutig zu beantworten. Die Abschätzungen bei Beantwortung der Frage nach Auswirkungen im Raum N - Immissionen im Immissionsschwerpunkt - seien alle deutlich unter nationalen und internationalen Grenz- und Richtwerten gelegen. Da die Immissionen der TRN im Raum L jedenfalls weit tiefer lägen und laut Gutachten Dr. S überhaupt nicht nachweisbar seien, sei eine medizinische Relevanz dieser Zusatzbelastung mit Sicherheit nicht gegeben. Nehme man allerdings die Vorbelastung von Staub aus diffusen Quellen der Anlage D (nicht der Sinteranlage), wie Dr. G irrtümlich angebe, so sei diese Vorbelastung an Staub auf jeden Fall abzusenken, was allerdings eigentlich nicht Gegenstand des Verfahrens N sei. Die aus N kommende Zusatzbelastung würde allein nicht nachweisbar sein, jedenfalls selbst wenn sie "null" wäre, nicht zur ärztlich zu fordernden Verbesserung beitragen. Von der Behörde sei dem unterfertigten Gutachter ein Schreiben der V Stahl D zur Verfügung gestellt worden mit dem Ersuchen um Berücksichtigung bei der medizinischen Beurteilung. Dieses Schreiben beinhalte eine freiwillige Verpflichtung der V Stahl D, auch ohne die geforderten und zum Teil umstrittenen Förderungen einen ersten Schritt der Sanierung mit Reduktion der Staubemissionen aus dem Stahlwerk um 80 bis 100 t/Jahr aus eigenen Kosten zu tragen. Verglichen mit den 0,63 t Staub/Jahr, welche N emittieren würde und wovon nur ein geringer Teil nach L gelangen würde, sei aus diesem Verhältnis zu ersehen, welche Verbesserung der Immissionssituation schon durch diesen ersten Schritt für die Bevölkerung eintreten würde. Anzumerken sei, dass die SO2-Belastung auch im Raum D die Grenzwerte nicht überschreite. Trotzdem sollten auch die Primärmaßnahmen an der Sinteranlage raschest vorangetrieben werden. Obwohl eine Verknüpfung des gegenständlichen TRN-Verfahrens mit dem Raum D nicht direkt gegeben sei, da die in diesem Raum gelangenden Immissionen mit Sicherheit als medizinisch irrelevant zu bezeichnen seien, werde vom unterfertigten Gutachter doch auch die Verbesserung der Immissionssituation im Raum D aus medizinischer Sicht gefordert. Im Sinne dieser Forderung müssten die ersten Sanierungsschritte (Umbau des über Tiegel II liegenden Kessels samt Umstellung auf Zwangsumlaufsystem sowie Primärmaßnahmen an der Sinteranlage) noch vor Inbetriebnahme der TRN abgeschlossen und wirksam sein. In die Beweissicherung sollte auch dieser Bereich eingeschlossen werden. Unter diesen Voraussetzungen werde nicht nur eine Gesundheitsgefährdung bzw. unzumutbare Belästigung durch die TRN-Anlage in N der Bevölkerung im Raum L ausgehend von der beantragten Anlage ausgeschlossen, sondern darüber hinaus eine deutliche Verbesserung der Immissionssituation der Bevölkerung in diesem Raum erreicht.

Mit Bescheid vom 4. März 1997 erteilte der LH den mitbeteiligten Parteien gemäß § 29 AWG die abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer thermischen Reststoffbehandlungsanlage auf Grundstück Nr. 299/1 der KG N nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen und einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Projektsunterlagen und bei Einhaltung näher bezeichneter Nebenbestimmungen.

Gleichzeitig wurde gemäß § 78 der Gewerbeordnung 1973 ein Probebetrieb in der Dauer von zwei Jahren ab Inbetriebnahme der Anlage angeordnet.

Weiters wurde gemäß § 78 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 angeordnet, dass die Betriebsbewilligung vorbehalten bleibt.

Darüber hinaus behielt sich der LH im Sinne des § 29 Abs. 16 AWG vor, auch während des Probebetriebes nachträgliche Vorschreibungen, Maßnahmen, Überwachungsanordnungen etc.

vorzuschreiben.

     Unter Spruchabschnitt II wurde der Antrag der mitbeteiligten

Parteien auf Erteilung eines Versuchsbetriebes abgewiesen.

     In der Begründung stützte sich der LH im Wesentlichen auf die

eingeholten Gutachten.

     Gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die Beschwerdeführer sowie

die mitbeteiligten Parteien Berufung.

     Die Beschwerdeführer machten im Wesentlichen geltend, es

bestehe keine Projektsidentität zwischen dem am 28. Juni 1994 eingereichten Projekt und dem im September 1996 verhandelten Projekt. Es sei eine zusätzliche Belastung durch Schadstoffe aus der Anlage sowie eine Gesundheitsgefährdung speziell durch Dioxine zu befürchten. Desgleichen sei eine Bodenbelastung speziell durch Dioxine zu erwarten. Landwirtschaftliche Produkte würden nicht mehr vermarktbar sein. Dr. H sei ohne Begründung als medizinischer Sachverständiger beigezogen worden. Es hätten auch andere Sachverständige aus anderen Gebieten beigezogen werden müssen. Die Gutachten in den Bereichen Forst, Emissionen, Immissionen, Abfallwirtschaft und Verfahrenstechnik seien unschlüssig. Da Schutz- und Bannwälder betroffen seien, hätte ein eigenes forstrechtliches Verfahren durchgeführt werden müssen. Die von der Anlage ausgehenden Auswirkungen führten zu einer Verletzung des Eigentums der Beschwerdeführer. Die Vorverhandlungen seien ohne Parteien durchgeführt worden. Was die Lärmbelästigung betreffe, so sei der Ist-Zustand nicht erhoben worden. Das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr. H sei unzureichend, es sei mit einer Gesundheitsgefährdung zu rechnen. Das Gutachten von Dr. M sei nicht berücksichtigt worden. Es werde eine Geruchsbelästigung befürchtet. Auflagen aus den Bereichen Abfallwirtschaft, Lärm, Emissionen, Immissionen, Maschinentechnik, Chemie, Forstwesen, Medizin, Störfall, Verfahrenstechnik, seien nicht ausreichend konkretisiert. Weitere Sachverständigengutachten aus den Gebieten Meteorologie, Landschaftsökologie, Verkehr, Landwirtschaft, Toxikologie und Sozialmedizin fehlten. Insbesondere hätte ein Sachverständiger für Meteorologie beigezogen werden müssen, um die Ist-Situation zu messen. Der Vertrag zwischen den mitbeteiligten Parteien und der B AG liege nicht vor. Die Projektsunterlagen seien ungenügend. Die Vorschreibung eines Probebetriebes sei nicht genügend begründet. Es hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren durchgeführt werden müssen. Über die Sicherheitsanalyse hätte im Bescheid abgesprochen werden müssen. Für die Anlage bestehe kein Bedarf. Die Einwendungen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Die mitbeteiligten Parteien beantragten die Änderung einiger Grenzwertvorschreibungen.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten einer technischen Amtssachverständigen zur Frage ein, ob das Projekt der mitbeteiligten Parteien im Laufe des Verfahrens so verändert worden sei, dass keine Projektsidentität mehr gegeben sei.

Die Amtssachverständige analysierte die vorgenommenen Änderungen im Projekt und kam zu dem Ergebnis, dass am Einreichprojekt seit dem Ediktalverfahren mit Stand Oktober 1995 keinerlei Änderungen vorgenommen worden seien, welche eine Erhöhung von Emissionen zur Folge hätten, sodass auch für die Nachbarn keine größeren Gefährdungen und Belästigungen als durch das ursprüngliche Projekt zu erwarten seien. Weiters wurde seitens der Sachverständigen festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Kundmachung des Projekts am 21. Oktober 1995 anhand des aufgelegten Projekts es den Nachbarn möglich war, die zu erwartenden Auswirkungen des Projektes zu beurteilen und dementsprechend Einwendungen gegen die geplante Anlage zu erheben.

Weiters holte die belangte Behörde ein meteorologisches Gutachten zur Darstellung der Immissionssituation im Raum N (Ist-Zustand) und zur Analyse der Auswirkungen durch die geplante Anlage bzw. der daraus resultierenden Gesamtbelastung und zur Erhebung des Immissionsmaxima-Punktes ein.

Thema eines ebenfalls eingeholten schalltechnischen Gutachtens sollte die Beurteilung der Ergebnisse des lärmtechnischen Gutachtens der ersten Instanz sowie die Messung der bestehenden Umgebungslärmsituation und die Abschätzung der zu erwartenden Betriebslärmimmissionen sein.

Weiters wurde ein technisches Gutachten bezüglich einer möglichen Geruchsemission aus der geplanten Anlage eingeholt (Geruchsgutachten).

Schließlich holte die belangte Behörde auch noch ein amtsärztliches Gutachten ein.

In der Zusammenfassung des meteorologischen Gutachtens heißt es:

"Die Auswirkungen der projektierten thermischen Reststoffverwertungsanlage N auf die Immissionssituation in der Umgebung des Immittenten wurden umfassend dargestellt. Der Ist-Zustand wurde analysiert, die Zusatzbelastung der projektierten Anlage berechnet und die künftige Gesamtbelastung (Vorbelastung und Zusatzbelastung) ermittelt.

Der Ist-Zustand bezogen auf die Immissionssituation im Raum D ist in Abschnitt 6 ausführlich dargestellt. Zusammenfassend sei nochmals erwähnt, dass die Staubbelastung an der Messstelle D im Vergleich zu den anderen Messstellen relativ hoch ist, dass die Belastung an Stickoxiden in L und die Belastung an Schwefeldioxid in B und in D am höchsten ist. Grenzwerte wurde am häufigsten in D vor allem bei Staub überschritten. Aber auch an den anderen Messstellen und auch bei den anderen Komponenten wurden gelegentlich Grenzwerte überschritten.

Mittels spezialisierter Rechenprogramme, die auf dem in der Ö-NORM M 9440 (1992/96) beschriebenen Ausbreitungsmodell beruhen, wurde die Zusatzbelastung der projektierten Anlage unter Berücksichtigung der topografischen Gegebenheiten berechnet und für jene Komponenten, für die Grenzwerte vorlagen, mit entsprechenden Grenzwerten (siehe Tabelle 4.1) verglichen.

-

Die maximalen Halbstundenwerte (Tabelle 7.1) liegen im ebenen Gelände (Talboden, etwa 240 m vom Emittenten entfernt) für NOx bei etwa 4 % vom Grenzwert (NO2), für HF bei etwa 3 %, für SO2, HCl und CO weniger als 1 %. Am Hangprofil zum K Berg (Tabelle 7.2.) können bis zu siebenmal höhere Konzentrationen als im ebenen Gelände auftreten: Die NOx-Konzentrationen erreichen etwa 23 % vom Grenzwert (NO2), HF etwa 21 %, SO2 etwa 7 %, HCl etwa 1 % und CO weniger als 1 %. Die höchsten 97,5 -Percentile (Tabelle 7.4) erreichen beim NOx etwa 4 %.vom Grenzwert (NO2), beim SO2 im Sommer etwa 2 % und im Winter etwa 1 %, beim CO, Staub und HF weniger als 1 %.

-

Die höchsten Halbjahresmittelwerte bzw. Jahresmittelwerte der Immissionskonzentrationen (Tabelle 7.3) erreichen beim Cd etwa 3 % vom Grenzwert, beim NOx etwa 2 %, beim SO2, CO und HF weniger als 1 % und die Summe aus Pb+Zn+Cr weniger als 1 % vom Pb-Grenzwert.

-

Die höchsten Depositionswerte (Tabelle 7.5) liegen für Cd bei etwa 13 % vom Grenzwert, die Summe aus Pb+Zn+Cr etwa 8 % vom Pb-Grenzwert und weniger als 1 % vom Zn-Grenzwert, Staub weniger als 1 %.

-

Die höchsten Jahresmittelwerte und höchsten Depositionen treten südwestlich in etwa 500 m Entfernung vom Emittenten (in ebenen Gelände), östlich in etwa 2 km Entfernung (am Hang zum S Kogel bei V) und westlich in etwa 3 km Entfernung vom Emittenten (bei V) auf. (Siehe Abbildung 7.4).

Die künftige Gesamtbelastung bezogen auf Langfristmittelwerte wurde additiv aus der gemessenen und berechneten Zusatzbelastung ermittelt. Die entsprechenden Werte für die Immissionskonzentrationen und die Depositionen sind in der Tabelle 8.1, Tabelle 8.2 und Tabelle 8.3 gemeinsam mit der Vorbelastung, der Zusatzbelastung und entsprechenden Grenzwerten zusammengefasst. Die künftige Immissions-Gesamtbelastung erreicht bei NO2 79 % des Grenzwertes, bei Staub im Sommer und Winter etwa 50 %, bei CO etwa 23 % und bei SO2 im Winter etwa 20 % und im Sommer etwa 14 %. Die künftige Depositions-Gesamtbelastung erreicht bei Cd etwa 48 % des Grenzwertes und bei Staub etwa 33 %. Die künftige Depositions-Gesamtbelastung im Raum D erreicht bei Cd etwa 460 % des Grenzwertes und bei Staub etwa 157 %, wobei die Vorbelastung bei Cd etwa 458 % und bei Staub 157 % des Grenzwertes beträgt."

Der Sachverständige für Schalltechnik führte als Zusammenfassung seines Gutachtens aus, der Beurteilungsvergleich zeige, dass an allen untersuchten Nachbarschaftspunkten sowohl bei Tagzeit als auch bei Nachtzeit die Beurteilungspegel der Betriebsgeräusche der Anlage niedriger lägen als die Werte der Grundgeräuschpegel der Umgebung. Die Grenzwerte der zumutbaren Lärmstörung für die Betriebsgeräusche der Anlage, definiert nach ÖAL 3, Blatt 1, mit maximal + 10 dB über dem Wert des Grundgeräuschpegels würden an allen Punkten deutlich unterschritten. Betriebsgeräusche der gegenständlichen Anlage würden daher am lärmexponiertesten Punkt P1 nur in den leisesten Phasen des Umgebungsgeräusches während der Nacht sehr schwach wahrnehmbar sein können, an den übrigen untersuchten Punkten sei eine Wahrnehmbarkeit nicht zu erwarten. Unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen im Sinne der Kriterien der anerkannten Beurteilungsrichtlinie Nr. 3, Blatt 1, des Österreichischen Arbeitsringes für Lärmbekämpfung (ÖAL) könnten jedenfalls für alle untersuchten Nachbarschaftspunkte mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Die Richtgrenzwerte für die Flächenwidmung der untersuchten Nachbarliegenschaften würden durch die Beurteilungspegel der Anlage bei den hiefür exponierten Punkten bei Tageszeit um 17 dB und bei Nachtzeit um 13 dB unterschritten, sodass auch für das Kriterium der Widmung für alle untersuchten Nachbarbereiche ein negativer Einfluss mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Auf Grund dieser Untersuchungsergebnisse bestünden aus lärmschutztechnischer Sicht gegen die behördliche Genehmigung der Reststoffverwertungsanlage bei projektsgemäßer Ausführung und Betrieb keine Bedenken. Es werde allerdings eine Neuformulierung der Auflagen vorgeschlagen.

Im Geruchsgutachten kam die Amtssachverständige zu dem Ergebnis, die projektsgemäßen Vorkehrungen in Verbindung mit den in erster Instanz vorgeschriebenen Auflagen seien geeignet, etwaige Geruchsemissionen durch die geplante Anlage weitestgehend zu vermeiden. Bei projektgemäßer Errichtung der Anlage könne davon ausgegangen werden, dass es zu keinen merklichen Änderungen der Geruchsemissionen kommen werde.

Der ärztliche Gutachter schließlich führte in der Zusammenfassung seines Gutachtens aus, die auf der Grundlage des schalltechnischen Gutachtens vom 8. August 1998 durchgeführte Analyse der zu erwartenden Betriebslärmimmissionen habe ergeben, dass im Bereich der nächst gelegenen Wohnhäuser die betriebskausalen Störgeräusche weder eine besondere Intensität aufwiesen noch gegenüber dem ortsüblichen Umgebungsgeräuschniveau hervorträten. Dies auch während der Nachtzeit, wenn man die Charakteristik der Störgeräusche und deren Intensität mit dem Grundgeräuschpegel (Basispegel LA95) vergleiche. Eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens bzw. der Gesundheit der Nachbarn durch Lärmimmissionen der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage sei daher auszuschließen.

Hinsichtlich der Luftschadstoffe, welche anhand des meteorologischen Gutachtens über die Änderung der Immissionssituation infolge der Emissionen der thermischen Reststoffverwertungsanlage N der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik vom Juli 1998 beurteilt worden seien, ergebe sich generell ein sehr niedriges Niveau der Immissionsbelastung mit Werten, die einen nachhaltigen Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden nicht nahe legten. Speziell bezüglich der Staub- und SO2-Immissionen könne für die unmittelbare Umgebung des Standortes der Betriebsanlage festgestellt werden, dass sich durch die verfahrensgegenständliche Reststoffverbrennungsanlage praktisch nichts an der bestehenden Immissionssituation ändere und dass die Grenzwerte zum vorbeugenden Schutz der Gesundheit nicht überschritten würden. Was hinsichtlich der Änderung der bestehenden Immissionssituation für den Nahbereich der Anlage gelte, sei wegen der entfernungsbedingten Abnahme der Emissionen auch für die weiter entfernten Gebiete gültig. Allerdings sei im konkreten Fall durch den Umstand, dass in den weiter entfernten Regionen, vor allem in D, in der Vergangenheit eine stärkere Vorbelastung mit Grenzwertüberschreitungen speziell bei Staub gegeben gewesen sei, die Frage zu beleuchten, ob die zusätzliche Immission durch die Betriebsanlage geeignet sei, ein allenfalls bestehendes Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung signifikant zu erhöhen. Auf Grund der Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung des meteorologischen Gutachtens könne jedoch festgestellt werden, dass die betriebskausale Zusatzimmission äußerst gering und angesichts der bei umweltmedizinisch-epidemiologischen Fragestellungen anzutreffenden großen Varianz absolut irrelevant sei. Die Staub- und SO2-Emissonen der gegenständlichen Betriebsanlage ließen daher in der prognostizierten Größenordnung keinen Nachweis eines Einflusses auf Gesundheit und Wohlbefinden der im Bereich L wohnenden Menschen erkennen.

Die Gutachten wurden den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit gegeben, hiezu Stellung zu nehmen, wovon sie auch Gebrauch machten.

Zum Geruchsgutachten brachten sie vor, die Amtssachverständige gehe von einer Einsatzmenge von lediglich rund 67.000 t pro Jahr aus, während im erstinstanzlichen Bescheid eine Menge von 97.126 t pro Jahr bewilligt sei. Außerdem sei im Gutachten die Zusammensetzung des Brennmixes nicht deklariert.

Zum schalltechnischen Gutachten brachten die Beschwerdeführer vor, auf Grund des bereits vorhandenen hohen Grundgeräuschpegels seien zusätzliche Lärmemissionen gesundheitsgefährdend. Auch hätten die Gemeinden in der Region Anstrengungen unternommen, die Bevölkerung vor Lärmimmissionen zu schützen. Es bestünden Projekte zur Errichtung von Lärmschutzwänden. Diese würden durch das geplante Projekt konterkariert. Es werde die Befragung des Bürgermeisters der Gemeinde N zu diesem Thema beantragt.

Dem medizinischen Gutachten hielten die Beschwerdeführer entgegen, durch die geplante Anlage komme es zu zusätzlichen Belastungen, was der auch in der freiwilligen Umweltverträglichkeitserklärung von Professor M erhobenen Forderung widerspreche, dass die Vorbelastung abgesenkt werden müsse. Auch von den anderen Gutachtern werde dies gefordert. Der Sachverständige habe nur den Einfluss auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen bzw. ein solches Kind untersucht. Dies sei unzulässig. Der Gutachter gestehe selbst zu, dass er seiner Beurteilung nicht die Maximalkonzentrationen zugrunde gelegt habe. Zum Beweis dafür, dass die Vorbelastung derzeit schon sehr hoch sei, werde die Beibringung einer Reihe näher bezeichneter Unterlagen beantragt.

Die Beschwerdeführer legten weiters ein Gutachten des Dr. K, des leitenden Umweltmediziners beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 15. Jänner 1999 vor.

Darin konstatiert der Gutachter zunächst, dass die im gegenständlichen Verfahren abgegebenen ärztlichen Gutachten in ihren fachlichen Meinungen und Aussagen in vielen Punkten übereinstimmten. Unterschiedliche Meinungen würden hingegen bezüglich der Vermeidung jeglicher Zusatzbelastung, der Bewertung der Vorbelastung, des Einflusses der geplanten Anlage auf die Immissionssituation, der Berücksichtigung der umweltmedizinischen Untersuchungen und der Störung des Wohlbefindens und der erheblichen Belästigung vertreten.

Bei Gegenüberstellung der ärztlichen Meinungen ließen sich folgende gutachterliche Schlüsse ziehen:

Der Gutachter Dr. W halte sich streng an die formalen Voraussetzungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes, des Abfallwirtschaftsgesetzes und der Gewerbeordnung. Somit könne er bei Betrachtung der durch die geplante Anlage verursachten "äußerst geringen Zusatzimmission" zu der Meinung kommen, dass die Änderung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse unwesentlich sei und dass das auf Grund der Vorbelastung bestehende Gesundheitsrisiko der Bevölkerung durch die Immissionen aus der Anlage nicht signifikant erhöht werde. Aus Sicht des Umweltmediziners stehe diese sehr eingeschränkte Betrachtung im Widerspruch zur offenbar nur zum Schein von der mitbeteiligten Partei in Auftrag gegebenen Umwelterklärung. Würden die ökologischen Zielsetzungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes umgangen, so blieben wesentliche Fragen wie die Verträglichkeit im Raum bzw. in der umgebenden Umwelt, der prinzipielle Schutz der Gesundheit (nicht nur des gesunden normal empfindenden Menschen), der Auftrag nicht nur zur Konservierung einer bestehenden, für die Umwelt und den Menschen unschädlichen, ja sogar fördernden Immissionssituation sowie der ausdrückliche UVP-Auftrag zur Verbesserung unberücksichtigt. Eine solche Vorgangsweise stehe in krassem Widerspruch zu den im nationalen Umweltplan der österreichischen Bundesregierung 1995 formulierten Leitlinien.

In der Bewertung der auf der geplanten Anlage zu erwartenden Immissionen ergebe sich im konkreten Fall folgendes Problem:

Die Behörde und ihre Sachverständigen hätten die Änderung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und die voraussehbaren Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen und nachteiligen Wirkungen zu prüfen. Dies setze aber voraus, dass es sich um einen genehmigten und konsensgemäßen Zustand der Umwelt handle, soweit davon konkret benennbare Emittenten beeinflusst werden. Durch den Arzt werde die Beurteilung nach dem Stand der medizinischen und umweltmedizinischen Wissenschaften vorgenommen. Für die Umweltmedizin sei international anerkannter Stand der Wissenschaften, dass nicht nur die Immissionen einer einzelnen Anlage, sondern die Gesamtheit der Immissionen, und zwar sowohl der einzelnen potenziell schädigenden Agenzien als auch ihrer Summen- und/oder Kombinationswirkungen bewertet würden. Wenn nun, wie im gegenständlichen Verfahren, die Vorbelastung bereits das durch Untersuchungen belegte Ausmaß einer Gesundheitsbeeinträchtigung erreicht habe, müsse dies zwangsläufig zur ablehnenden Beurteilung jeglicher Zusatzbelastung führen, wenn auch nur eine theoretische Möglichkeit bestehe, dass wegen der Vergleichbarkeit der Schadstoffe eine summative oder kombinatorische Wirkung auf die Gesundheit des Menschen bestehe. Diese Haltung und fachliche Meinung werde dann besonders gestützt, wenn Sanierungskonzepte, die von allen wesentlichen Experten des öffentlichen Dienstes mitgetragen würden, sich bisher als weitgehend erfolglos herausgestellt hätten. Dies sei für den Raum L auf Grund der aus den letzten Jahren vorliegenden Luftgütemessungen insbesondere für Staub der Fall. Obwohl M und G in ihrer Fachmeinung im Instanzenzug offenbar nicht das nötige Gehör gefunden hätten, bleibe ihre Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung unbestritten und erfahre in der Einschätzung der Situation durch die Entwicklung im Raum L volle Bestätigung. Es sei eben die gesamtheitliche Beurteilung im Sinne eines umfassenden umweltmedizinischen Gedankens, die der Umwelt- und Menschenverträglichkeit Rechnung trage. Die Gesamtbewertung aller Immissionen, also der Vorbelastung und der Zusatzbelastung durch neue Anlagen, sei in Österreich seit zwei Jahrzehnten Stand der Umweltmedizin. Dass die bestehende Situation der Luftschadstoffbelastung im Raum D in geringerem Umfang auch in N kritisch gewesen sei und noch immer sei, sei auch durch das Gutachten H bestätigt, das zwar nicht eine anlagenbezogene Emissionsminderung, aber einschneidende Maßnahmen beim Werk D der V fordere. Wie sich zeige, hätten sich die Beurteilungsdaten der Immissionen nicht gebessert, sodass auch den Forderungen H, dass vor Inbetriebnahme der Anlage erste Sanierungsschritte zur Verbesserung bei der V Stahl gesetzt werden müssten, jedenfalls hinsichtlich ihrer Effizienz noch nicht entsprochen worden sei. Ein wesentlicher Mangel in der ärztlichen Bewertung der gegenständlichen Anlage und der Vorbelastung sei das Fehlen konkreter Messdaten und einer darauf aufbauenden medizinischen Bewertung des Staubes. Seit Beginn des Verfahrens nach § 29 AWG würden die Ergebnisse internationaler, vor allem amerikanischer Studien laufend in die Begutachtung und auch in die Grenzwertfindung einfließen. Dies erscheine deshalb besonders bedeutend, weil der Staubgrenzwert des österreichischen Immissionsschutzgesetzes - Luft mit einem Grenzwert von 150 Mikrogramm/cbm Luft bezogen auf Staub mit einem aerodynamischen Durchmesser von unter 10 Mikrometer weit über aktuellen internationalen Empfehlungen etwa der WHO liege, die für Feinstaub (unter 10 Mikrometer) bereits 1987 70 Mikrogramm vorgesehen habe. Eine große Zahl wissenschaftlicher Neuerkenntnisse habe die WHO 1995 veranlasst, ein "Update and revision of the air quality guidelines for Europe" herauszugeben und darin neue Empfehlungen zur Beurteilung von partikelförmigen Luftverunreinigungen auszusprechen. Von der WHO seien näher bezeichnete Kurzzeiteffekte der PM 10 (particulate matter = Korngröße) errechnet worden. An Langzeitwirkungen durch den Einfluss von staubförmigen Partikeln seien ebenfalls näher bezeichnete Auswirkungen nachgewiesen worden. Erst in den letzten Jahren seien diese Ergebnisse der Untersuchungen von Dosis/Wirkungsbeziehungen zwischen partikelförmigen Luftverunreinigungen und Erkrankungen der Atemwege sowie des Herz-Kreislaufsystems in nationale Standards eingearbeitet worden.

Angesichts dieser Entwicklung erschienen die großen Vorbehalte der Gutachter M und G nicht nur gerechtfertigt, sondern stellten den einzig richtigen Ansatz zur Sanierung einer schwer luftschadstoffbelasteten Region dar. Um eine wissenschaftlich haltbare und begründbare Beurteilung vorzunehmen, sollten jedenfalls die hohen Staubkonzentrationen auf ihre Korngrößenverteilung, insbesondere auf die PM 10, PM 2,5 und, sobald mit vertretbarem Aufwand auch in anderen Sanierungsgebieten Österreichs derartige Messungen möglich seien, auch die feinen und ultrafeinen Partikel untersucht werden und danach eine umweltmedizinische Bewertung vorgenommen werden. Eine umfassende epidemiologische Studie sollte neben dem zentralen Industriestandort L auch die Nachbargemeinden miteinbeziehen.

Zur Beurteilung der Geruchsimmissionen führte der Privatgutachter aus, obwohl die Reststoffmasse, die der Beurteilung zugrunde gelegt worden sei, nämlich ca. 70.000 t pro Jahr über der Einreichung von bis zu 100.000 t pro Jahr um ca. ein Drittel abweiche, sei ein Einfluss auf die Qualität frei werdender Geruchsstoffe nicht zu erwarten. In der Konzentration und Fracht könne aber dieser Unterschied zu einer erheblichen Änderung der Geruchsintensität führen. Es müsse daher eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme aus chemischumwelttechnischer Sicht als auch bezüglich der sensorischen Bewertung aus Sicht eines Umweltmediziners eingeholt werden. Ansonsten müsste eine Beschränkung der eingesetzten Restabfallvolumina per Bescheid erfolgen, um eine nachteilige belästigende Wirkung auf Nachbarn ausschließen zu können.

Zusammenfassend hielt der Privatgutachter fest, "dass die unterschiedliche ärztliche Bewertung auf den unterschiedlichen Aufträgen zur Beurteilung, wie "Prüfung nach UVP-Kriterien" durch Professor M, Doppelrolle Dr. G, laut Regierungsbeschluss zur Sanierung des schwer luftschadstoffbelasteten Gebietes L und in keiner Weise dem umfassenden Umweltverträglichkeitsgedanken verpflichteten Anlagenverfahren nach AWG, ausschließlich anlagenbezogene Fragestellungen an Prof. H und Dr. W beruht". Bei einer positiven Bewertung der in Rede stehenden Anlage würden prinzipiell betrachtet zahlreiche Bürgerinnen und Bürger trotz massiver Luftschadstoffbelastung mit, wenn auch relativ geringfügigen Mengen, zusätzlicher Luftschadstoffe belastet. Dies erscheine ohne konkrete Zusage und Veranlassung schadstoffreduzierender Interventionen in einem Verwaltungsverfahren der Umweltbehörde selbst dann unvertretbar, wenn keine unmittelbar nachweisbare Wirkung allein aus der in Rede stehenden Anlage zu erwarten sei. Die nachgewiesene Gesundheitsgefährdung im Raum L, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Wirkungen des Feinstaubs zurückzuführen sei, müsse Gegenstand von Sofortmaßnahmen sein. Weshalb in einem Verwaltungsverfahren in Zeiten des Umweltverträglichkeitsgedankens eine rein anlagenbezogene Beurteilung ohne Rücksicht auf Infrastrukturen, Einsparungspotenziale und Optimierungsmöglichkeite

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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