TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/30 98/08/0388

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Veröffentlicht am 30.05.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §21 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §48 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der

I Realitätenvermittlungsges.m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Ulrike Christine Walter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 20. Oktober 1998, Zl. 121.155/1-7/98, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Wiener Gebietskrankenkasse, 1101 Wien, Wienerbergstraße 15-19,

2. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65,

4. Arbeitsmarktservice Wien, Landesgeschäftsstelle, 1011 Wien, Weihburggasse 30, 5. I in W, 6. J in S, 7. Sin W, vertreten durch Dr. Ulrike Christine Walter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8/2, 8. G in W, 9. E in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wird abgewiesen.

Der Schriftsatz der Siebtmitbeteiligten wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Erstmitbeteiligte führte bei der Beschwerdeführerin eine Beitragsprüfung durch. Dabei wurde festgestellt, dass an die Fünftbis Neuntmitbeteiligten, die als Immobilienmakler bezeichnet wurden, Provisionen ausbezahlt wurden. Mit den "Immobilienmaklern" schloss die Beschwerdeführerin "Werkverträge" ab, bis 1993 mündlich, ab dann schriftlich. Diese Verträge lauten soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung auszugsweise wie folgt:

"MITARBEITERWERKVERTRAG

abgeschlossen am heutigen Tag zwischen ...

(Beschwerdeführerin), kurz Auftraggeber genannt, und ..., kurz

Mitarbeiter genannt.

I.

Vertragsdauer:

     Das Vertragsverhältnis beginnt mit ... . Es wird auf

unbestimmte Zeit geschlossen.

     ...

     II.

Vertragsgegenstand:

     Der Auftraggeber betraut den Mitarbeiter mit der Vermittlung

des Kaufes, Verkaufes und Tausches von bebauten und unbebauten Grundstücken, von Wohnungen, von Geschäftsräumen und Unternehmen, ferner die Vermittlung von Bestandverträgen und sonstigen in den Gebrauch oder die Nutzung betreffenden Verträgen über Immobilien, einschließlich solcher Verträge über Wohnungen, Geschäftsräume und Unternehmen im Sinne des § 1 IMV dies im Namen des Auftraggebers.

III.

Vertragspflichten des Mitarbeiters:

Der Mitarbeiter hat das Interesse des Auftraggebers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes wahrzunehmen. Er ist insbesondere verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten umgehendst zu geben und ihn ohne Verzug von jedem Geschäft in Kenntnis zu setzen, das er im Namen der (Beschwerdeführerin) abgeschlossen hat.

Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die ihm vom Auftraggeber übergebenen Aufträge selbst durchzuführen und sich keiner anderen Person zu bedienen.

IV.

Vertragspflichten des Auftraggebers:

Der Auftraggeber hat den Mitarbeiter in seiner Tätigkeit zu unterstützen. Er hat ihm die Unterlagen hinsichtlich der zu vermittelnden Objekte rechtzeitig und kostenlos zur Verfügung zu stellen.

V.

Der Auftraggeber verpflichtet sich, den Mitarbeiter - so vorhanden - je drei Mandate hinsichtlich der Vermittlung eines Mietvertrages und drei Mandate hinsichtlich der Vermittlung eines Kaufanbotes zu übergeben.

Diesbezüglich trägt der Mitarbeiter die volle Haftung für etwaige Schäden, z.B. bei Abhandenkommen der Unterlagen oder etwa sorgfaltswidriger Ausübung des Mandates.

Der für die Ausübung dieser Mandate erforderliche Zeitaufwand und die Einteilung der Arbeitszeit werden vom Mitarbeiter eigenverantwortlich bestimmt. Es können sowohl die Wochentage als auch die Wochenenden herangezogen werden.

...

VII.

Allein dem Geschäftsführer des Auftraggebers obliegen die nachstehenden Entscheidungen:

1.

über Provisionsnachlässe oder Freistellung eines Kunden

2.

wer bei mehreren Interessenten bezüglich eines Auftrages diesen tatsächlich bekommt;

              3.              wer von mehreren Mitarbeitern ein spezifisches Objekt bearbeitet;

4.

ob und wie das gegenständliche Objekt bearbeitet wird;

5.

wird ein Objekt von einem Mitarbeiter aquiriert; die Entscheidung, ob ihm auch das Objekt zur Bearbeitung gehört;

VIII.

Der Mitarbeiter ist verpflichtet, alle Firmenunterlagen pfleglich zu behandeln und diese bei Auflösung des Werkvertrages umgehend zu retournieren.

Er ist ferner zur Verschwiegenheit über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sowie ihm im Zuge seiner Vermittlungstätigkeit von dritter Seite anvertrauten Angelegenheiten oder sonst bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse seiner Kunden gelegen ist, verpflichtet. Die Verpflichtung besteht unabhängig von der Dauer des Vertragsverhältnisses und bleibt auch nach Beendigung desselben ohne zeitliche Begrenzung aufrecht.

IX.

Der Auftraggeber hat den Mitarbeiter Auslagen für Porti, Telegramme, Ferngespräche und Inserate zu ersetzen, sowie die besonderen Barauslagen zu vergüten, die er infolge Auftrages des Auftraggebers aufwenden musste.

Der Mitarbeiter hat jedoch keinen Anspruch auf Ersatz von Kilometergeld.

X.

Der Mitarbeiter ist lediglich berechtigt, Provisionszahlungen in einer Höhe von S 10.000,-- entgegenzunehmen. Nimmt er widerrechtlich größere Zahlungen entgegen, so hat er die volle Haftung bezüglich des diesen Betrag übersteigenden Geldbetrages.

XI.

Für die Dauer des Vertragsverhältnisses wird zwischen dem Auftraggeber und dem Mitarbeiter vereinbart, dass der Mitarbeiter kein selbstständiges Unternehmen betreiben darf noch in den Geschäftszweig des Auftraggebers für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte abschließen darf. Es ist dem Mitarbeiter ferner untersagt, sich direkt oder indirekt mittelbar oder unmittelbar an einer anderen Gesellschaft des gleichen Geschäftszweiges zu beteiligen oder Mitarbeiter eines anderen Auftraggebers zu sein.

...

Der Mitarbeiter ist für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verpflichtet, durch mindestens sechs Monate hindurch im Bereich des Betriebsgegenstandes des Auftraggebers weder ein selbstständiges Unternehmen zu betreiben noch am Geschäftszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte zu machen, dies für das Gebiet Wien, Niederösterreich und das Burgenland.

...

XII.

Dem Mitarbeiter wird seitens des Auftraggebers ein Paar Schlüssel für das Büro übergeben, diese Übergabe wird gesondert bestätigt.

Dieser Schlüssel muss bei Auflösung dieses Werkvertrages an den Auftraggeber Zug-um-Zug zurückgegeben werden.

Der Mitarbeiter ist nicht befugt, diesen Schlüssel an unbefugt Dritte weiterzugeben und haftet für jeden hiedurch entstandenen Schaden sowie auch für Schaden bei Verlust.

XIII.

Der Mitarbeiter ist selbstständig erwerbstätig und daher verpflichtet, die von ihm vereinnahmten Bezüge selbst zu versteuern und die Umsatzsteuer abzuführen.

Einen Anspruch auf Freizeitausgleich, Überstunden oder Geldansprüche als Ersatz für die nicht erfolgte Konsumation solcher Ansprüche hat er nicht."

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug hinsichtlich der Fünft- bis Neuntmitbeteiligten festgestellt, dass diese in bestimmten Zeiträumen der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG bzw. in bestimmten Zeiten der Teilversicherungspflicht in der Unfallversicherung nach § 7 Z. 3 lit. a ASVG unterlegen seien.

Nach kurzer Darstellung des Verwaltungsgeschehens, Gesetzeszitaten und Hinweise auf die Judikatur führte die belangte Behörde aus, die sechst-, siebt- und achtmitbeteiligte Partei hätten den "Werkvertrag" unterschrieben. Dieser enthalte - wie bereits die Einspruchsbehörde zutreffend festgestellt habe - Bestimmungen, welche klar erkennen ließen, dass Elemente eines Dienstverhältnisses gegeben gewesen seien. Der Vertragsgegenstand werde im Punkt II. nur gattungsmäßig umschrieben. Nach Punkt III. sei eine "umgehende" Berichtspflicht sowie die persönliche Arbeitspflicht vereinbart gewesen. Nach Punkt VII. habe sich der Auftraggeber vorbehalten, weitgehend in die Aufteilung und in den Ablauf der einzelnen Arbeiten einzugreifen. Es müsse sohin vom Vorliegen einer Weisungsbefugnis ausgegangen werden. Weiters ergebe sich aus dieser Bestimmung, dass sich die Beschwerdeführerin gegenüber ihren Mitarbeitern weitgehende Überwachungsbefugnisse sowie ein Instrumentarium an disziplinären Maßnahmen gesichert habe. Schließlich sei laut Punkt XI. ein Konkurrenzverbot vereinbart worden.

Der Mitarbeitervertrag normiere klar ins kleinste Detail gehende Rechte der Beschwerdeführerin als Auftraggeberin. Der Vertrag sei auf die streitgegenständliche Beschäftigung zugeschnitten. Dass es sich hiebei um ein von der Kammer verlangtes Formular handeln solle, welches die Beschwerdeführerin den Mitarbeitern zur Unterfertigung vorgelegt hätte, ohne von den ihr darin gesicherten Rechten Gebrauch zu machen, erscheine nicht glaubhaft. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die Verträge vorbereitet und ausformuliert habe, um sich die weitgehenden angeführten Rechte und Eingriffsmöglichkeiten gegenüber ihren Mitarbeitern zu sichern. Dafür spreche auch die Aussage der Fünftmitbeteiligten, wonach sie auf Anweisung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin bestimmte Hausbesichtigungen durchführen und Kundentermine habe wahrnehmen müssen.

Die Beschwerdeführerin behaupte, es sei die Bestimmungsfreiheit der Mitarbeiter in vollem Umfang gewährleistet gewesen, der Wochenplan habe lediglich der Übersichtlichkeit gedient und die Mitarbeiter hätten sich Dritter Personen bedienen können. Die fünft- und neuntmitbeteiligte Partei hätten den Werkvertrag nicht unterzeichnet. Diese hätten eine größere Bestimmungsfreiheit gehabt. Dem stünden jedoch gerade die Aussagen dieser Mitbeteiligten entgegen. Die Neuntmitbeteiligte habe bei ihrer Einvernahme vor der Erstmitbeteiligten erklärt, sie habe sich geweigert, einen Werkvertrag zu unterfertigen. Zur tatsächlichen Ausgestaltung der Beschäftigung hätten die fünft- und neuntmitbeteiligte Partei übereinstimmend angegeben, dass sie zur Einhaltung folgender Arbeitszeiten verpflichtet gewesen seien:

Montag 8 bis 16 Uhr, Dienstag bis Donnerstag 9 bis 16 Uhr und Freitag 9 bis 14 Uhr. Die Auswärtstermine hätten sie in einen Wochenplan eintragen müssen und abgesehen von diesen Terminen ihre Arbeitszeit im Büro der Beschwerdeführerin zubringen müssen. Nur bei Angabe eines triftigen Grundes hätten sie während der Arbeitszeit vom Büro abwesend sein dürfen. Auch Krankheit und Urlaub hätten sie dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bekannt geben müssen. Die fünftmitbeteiligte Partei habe ferner angegeben, auf Anweisung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin Hausbesichtigungen durchgeführt und Kundentermine wahrgenommen zu haben.

Zur Frage der Vertretungsbefugnis habe sich lediglich die neuntmitbeteiligte Partei geäußert. Sie habe angegeben, sie könne sich vorstellen, dass es möglich gewesen wäre, sich bei einem Termin von einer anderen Person vertreten zu lassen. Sie habe dies jedoch nie getan und mit dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin auch nie besprochen.

Die sechst-, siebt- und achtmitbeteiligte Partei hätten demgegenüber angegeben, es habe keine Pflicht zur Anwesenheit oder zur Einhaltung einer bestimmten Arbeitszeit bestanden. Ebenso wenig sei eine Verpflichtung zur Meldung von Urlaub und Krankenstand vorhanden gewesen. Eine Abwesenheit von mehreren Tagen würde zu keinerlei Sanktionen führen.

Hiezu sei zu beachten, dass im Zeitpunkt der Einvernahme dieser mitbeteiligten Parteien deren Beschäftigungsverhältnisse noch aufrecht gewesen seien. Dagegen seien die Beschäftigungsverhältnisse der fünft- und neuntmitbeteiligten Partei im Zeitpunkt ihrer Vernehmung bereits beendet gewesen. Dies spreche dafür, dass diese kein Interesse am guten Einvernehmen mit der Beschwerdeführerin mehr gehabt haben und ihre Angaben wahrheitsgemäß gemacht hätten. Die sechst-, siebt- und achtmitbeteiligten Parteien seien hingegen bemüht gewesen, mit der Beschwerdeführerin in gutem Einvernehmen zu verbleiben. Es sei aber den Angaben der fünft- und neuntmitbeteiligten Parteien zu folgen, und somit davon auszugehen, dass im Rahmen der gegenständlichen Beschäftigungsverhältnisse eine Bindung an Arbeitszeit und Arbeitsort bestanden habe. Auf Grund des "Werkvertrages" und der Angaben der fünftmitbeteiligten Partei sei davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin ein weitgehendes Anweisungsrecht gesichert und davon auch Gebrauch gemacht habe. Auf Grund der Punkte III. und VII. des "Werkvertrages" sei davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin eine weitgehende Möglichkeit zur Überwachung ihrer Mitarbeiter gesichert habe. Nach dem "Werkvertrag" habe persönliche Arbeitspflicht bestanden. Die angegebene Aussage der Neunmitbeteiligten könne diese Annahme nicht entkräften.

Unter Berücksichtigung der Judikatur zur Tätigkeit eines Vertreters sei ferner zu beachten, dass ein Konkurrenzverbot vereinbart worden sei. Dass den Mitarbeitern keine Kundenlisten und kein Aufgabengebiet zugeordnet worden sei, erscheine unbeachtlich.

Zur wirtschaftlichen Abhängigkeit sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin unbestritten die Betriebsmittel, die Büroräumlichkeiten und Unterlagen zur Verfügung gestellt habe.

Es sei nicht näher zu untersuchen, ob die Beschwerdeführerin die Beschäftigungsverhältnisse zu den Mitbeteiligten möglicherweise unterschiedlich gestaltet habe. Die Beschwerdeführerin habe dazu keinerlei konkrete Anhaltspunkte vorgebracht. In der Berufung werde lediglich vorgebracht, die fünft- und neuntmitbeteiligte Partei hätten über eine noch größere Bestimmungsfreiheit verfügt als die drei übrigen Mitarbeiter. Dem stünden jedoch die Angaben der fünft- und neuntmitbeteiligten Parteien gegenüber. Im Übrigen habe sich die Beschwerdeführerin stets auf alle streitgegenständlichen Beschäftigungsverhältnisse bezogen, ohne in irgendeiner Weise zu differenzieren. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen aller gegenständlichen Beschäftigungsverhältnisse die gleichen Bedingungen angewendet habe, obwohl nicht alle fünf Mitarbeiter den schriftlichen "Werkvertrag" unterschrieben hätten.

Zur Frage der Spesentragung bzw. der Form der finanziellen Abgeltung an den Mitarbeiter sei festzuhalten, dass die alleinige Überwälzung des Unternehmerrisikos auf Arbeitnehmer - ohne diesen gleichzeitig jene Bestimmungsfreiheit zu gewähren, die eine entsprechende unternehmerische Disposition ermögliche - nicht deren Selbstständigkeit zu untermauern vermöge. Vor allem Punkt VII. des Vertrages bringe klar und deutlich zum Ausdruck, dass den Mitarbeitern keinerlei unternehmerische Disposition möglich sein solle.

Insgesamt sei daher davon auszugehen, dass im Rahmen der gegenständlichen Beschäftigungsverhältnisse die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwögen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die Siebtmitbeteiligte erstattete eine "Gegenschrift", in der sie sich jedoch den Ausführungen der Beschwerdeführerin anschloss und die Aufhebung des Bescheides wegen behaupteter Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die siebtmitbeteiligte Partei ist darauf hinzuweisen, dass nur eine Person, die durch den Erfolg der Anfechtung des Verwaltungsaktes in ihren rechtlichen Interessen berührt wird, Mitbeteiligte sein kann. Kommt jemand als mitbeteiligte Partei in Betracht, stellt er aber Anträge, die denen der beschwerdeführenden Partei entsprechen, dann ist seine Gegenschrift - gleich einer verspäteten Beschwerde - zurückzuweisen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, 94/08/0062).

Mit dem zentralen rechtlichen Argument der Beschwerde verfolgt die Beschwerdeführerin ihre schon während des gesamten Verwaltungsverfahrens eingenommene Position weiter, sie habe mit allen Mitarbeitern "Werkverträge" abgeschlossen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem zum IESG ergangenen Erkenntnis vom 20. Mai 1980, Slg. Nr. 10.140/A (= Arb 9876), grundlegend mit der Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits beschäftigt und - in Übereinstimmung mit der in diesem Erkenntnis zitierten Lehre - ausgeführt, dass es entscheidend darauf ankommt, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liege ein Werkvertrag vor), wobei es sich in zuletzt genanntem Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt. Vom Dienstvertrag ist jedoch überdies der "freie Dienstvertrag" zu unterscheiden, bei dem es auf die geschuldete Mehrheit gattungsmäßig umschriebener Leistungen, die von Seiten des Bestellers laufend konkretisiert werden, ohne persönliche Abhängigkeit ankommt.

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass im Beschwerdefall die von den fünft- bis neuntmitbeteiligten Parteien zu erbringenden Leistungen nicht schon im "Mitarbeiterwerkvertrag" selbst konkretisiert und individualisiert werden. Der Vertragsgegenstand ist in dem Vertrag nur gattungsmäßig umschrieben und obliegt es der Beschwerdeführerin, durch Ausübung ihres Gestaltungsrechtes die Leistungspflicht zu konkretisieren, nämlich dahingehend, ob ein Mitarbeiter mit einem Auftrag betraut wird und gegebenenfalls auf welche Weise er zu verfahren hat. Vereinbart war nach dem Vertragstext ein Dauerschuldverhältnis. Sowohl ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG als auch ein freier Dienstvertrag sind solche Dauerschuldverhältnisse. Entscheidungswesentlich ist hier, welcher dieser beiden Vertragstypen vorliegt.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgeschlossen ist, noch nach § 7 eine Teilversicherung begründet.

Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber jenen der selbstständigen Ausübung dieser Erwerbstätigkeit überwiegen.

Entsprechend dem § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sind für den Fall der Arbeitslosigkeit Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, versichert (arbeitslosenversichert), soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert oder selbst versichert (§ 19a ASVG) und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind. Die Arbeitslosenversicherungspflicht knüpft an ein Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG an.

Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer persönlich übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Beschäftigung (z.B. auf Grund eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer, im Regelfall auch vorliegender Umstände, wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers, dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigen in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch an sich nicht unterscheidungskräftige Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. u.a. zusätzlich zu dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnissen etwa das Erkenntnis vom 16. Mai 2001, 96/08/0200).

Ob die fünft- bis neuntmitbeteiligten Parteien die Dienstleistungen in persönlicher Abhängigkeit oder im Rahmen eines freien Dienstvertrages erbracht haben, mit anderen Worten: ob dabei im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit jene der Unabhängigkeit überwogen haben, hängt nach der dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob die betreffenden Mitarbeiter in den Belangen der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und des arbeitsbezogenen Verhaltens den Weisungen der Beschwerdeführerin unterlagen oder nicht.

In diesem Zusammenhang rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe zwischen den einzelnen Vertragsverhältnissen der Werkvertragnehmer nicht differenziert. Wenn man schon auf Grund der Aussagen der fünft- und neuntmitbeteiligten Partei annehme, dass diese fixen Arbeitszeiten unterworfen gewesen seien, so könnten diese Verhältnisse nicht auf die anderen angewendet werden. Weiters sei für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege, nicht primär der Vertrag maßgebend, sondern die wahren Verhältnisse entscheiden. Diesbezüglich seien zu wenig Erhebungen getätigt worden und seien lediglich die schriftlichen Verträge der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt worden.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Zunächst ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde nicht lediglich den Vertragstext ihrer Beurteilung zu Grunde legte, sondern sich sehr wohl ausführlich mit den Angaben der fünft- bis neuntmitbeteiligten Parteien und des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin auseinander gesetzt hat.

Die Beschwerdeführerin lässt auch außer Acht, dass sich die belangte Behörde damit beschäftigt hat, ob die Vertragsverhältnisse der Beschwerdeführerin zu den einzelnen Mitarbeitern unterschiedlich gestaltet waren. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat die belangte Behörde dies in schlüssiger Weise verneint. Es ist darauf hinzuweisen, dass bereits die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse in ihren Bescheiden trotz der unterschiedlichen Angaben der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin von einer einheitlichen Gestaltung der Vertragsverhältnisse ausgegangen ist. Weder im Einspruchs- noch im Berufungsverfahren hat die Beschwerdeführerin dies aufgegriffen und ein substanziiertes Vorbringen zur unterschiedlichen Gestaltung der Vertragsverhältnisse erstattet. Die Beschwerdeausführungen sind nicht geeignet, die Feststellungen der belangten Behörde in einer bei Bedachtnahme auf die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, 548 ff, wiedergegebene Rechtsprechung) beachtlichen Weise zu erschüttern.

Ausgehend von den in einem mängelfreien Verfahren zu Stande gekommenen, schlüssigen Feststellungen der belangten Behörde, wonach die fünft- bis neuntmitbeteiligten Parteien in Ausübung ihrer entgeltlichen Beschäftigung in den Belangen der Arbeitszeit und des Arbeitsortes Weisungen der Beschwerdeführerin unterlagen, für sie persönliche Arbeitspflicht bestand und sich die Beschwerdeführerin ein weitgehendes Anweisungs- und Überwachungsrecht gesichert hatte, sowie ein Konkurrenzverbot vereinbart worden sei, kann der Annahme der belangten Behörde von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 der fünftbis neuntmitbeteiligten Partei zur Beschwerdeführerin nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Die Annahme der belangten Behörde, bei der Beschäftigung der fünft- bis neuntmitbeteiligten Parteien hätten die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber jenen der selbstständigen Ausübung der Erwerbstätigkeit überwogen, trifft somit zu, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war abzusehen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (insbesondere der Inhalt der Beschwerde) und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das auf den Ersatz von Schriftsatzaufwand gerichtete Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse war mangels anwaltlicher Vertretung abzuweisen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, 94/17/0385).

Wien, am 30. Mai 2001

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998080388.X00

Im RIS seit

20.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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