TE Vwgh Erkenntnis 2001/5/30 2001/08/0075

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Veröffentlicht am 30.05.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §114;
ASVG §60;
ASVG §67 Abs10;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des N in H, vertreten durch Jirovec & Partner, Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 19. März 2001, Zl. GS8- 8676/8-2001, betreffend Haftung für Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Dr. Karl-Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, 99/08/0095, zu entnehmen. Daraus ist - soweit für die Erledigung der Beschwerde von Bedeutung - Folgendes festzuhalten:

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse verpflichtete mit Bescheid vom 26. August 1998 den Beschwerdeführer als Geschäftsführer zu ungeteilten Handen zusammen mit der Bauunternehmung N. GmbH zur Bezahlung der von diesem Unternehmen zu entrichten gewesenen Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren aus den Vorschreibungen Rest November 1997 bis Juni 1998.

Die belangte Behörde gab dem dagegen erhobenen Einspruch mit Bescheid vom 10. Mai 1999 keine Folge und bestätigt den bekämpften Kassenbescheid.

Mit dem eingangs erwähnten hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2001 wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. In diesem Erkenntnis wurde ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 12. Dezember 2000, 98/08/0191, 0192, in Abänderung seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass unter den "den Vertretern auferlegten Pflichten" im Sinne dieser Gesetzesstelle in Ermangelung weiterer in den gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich normierter Pflichten des Geschäftsführers im Wesentlichen die Melde- und Auskunftspflichten, soweit diese in § 111 ASVG i.V.m. § 9 VStG auch gesetzlichen Vertretern gegenüber sanktioniert sind, sowie die in § 114 Abs. 2 ASVG umschriebene Verpflichtung zur Abfuhr einbehaltener Dienstnehmer-Beiträge zu verstehen seien. Entgegen dieser Auffassung sei die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 10 ASVG für alle nicht entrichteten, bei der Gesellschaft uneinbringlich gewordenen Sozialversicherungsbeiträge hafte, hinsichtlich derer er nicht in der Lage sei, nachzuweisen, dass ihn an der Nichtentrichtung kein Verschulden treffe, insbesondere durch den Nachweis fehlender Gesellschaftsmittel im Zeitraum des Beitragsrückstandes und der jeweiligen Gleichbehandlung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse mit anderen Gläubigern bei der Erbringung von Zahlungen. Soweit die belangte Behörde ausgehend von einer unstrittigen Sachlage den Beschwerdeführer zur Zahlung von einbehaltenen und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vorenthaltenen Dienstnehmerbeiträgen in der Höhe von S 60.501,-- verpflichtet habe, entspreche der Bescheid der Rechtslage.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Ersatzbescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch teilweise Folge und verpflichtete den Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer zusammen mit der Bauunternehmung N. GmbH für die von diesem Unternehmen zu entrichten gewesenen Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung aus den Vorschreibungen Rest November 1997 bis Juni 1998 und Nachtrag vom 10. August 1998 in Höhe von S 60.501,-- samt Nebengebühren zu bezahlen. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, sie sei gemäß § 63 VwGG verpflichtet, den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Im Umfang der vom Beschwerdeführer zur Zahlung einbehaltenen und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vorenthaltenen Dienstnehmerbeiträge im Betrag von S 60.501,-- sei die Haftung des Beschwerdeführers gemäß § 67 Abs. 10 ASVG i.V.m.

§ 114 Abs. 2 leg. cit. gegeben. Dies sei auf Grund des rechtskräftigen Strafurteiles des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 23. November 1998 als unwiderlegbar erwiesen anzusehen. Hinsichtlich des übrigen Haftungsbetrages sei eine Haftung des Beschwerdeführers nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nach § 67 Abs. 10 ASVG nicht zur Haftung verpflichtet zu werden verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes macht er unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, er habe keinerlei Dienstnehmerbeiträge einbehalten und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vorenthalten, weil ihm im fraglichen Zeitraum die entsprechenden Geldbeträge gar nicht zur Verfügung gestanden seien. Er habe sie daher auch nicht vorenthalten können. Er habe aber auch nicht gegen die Gleichbehandlungspflicht verstoßen, weil er die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse im Vergleich zur Summe der anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter, sondern besser behandelt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass der Ersatzbescheid der im Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, 99/08/0095, ausgedrückten Rechtsanschauung entspricht. Die Beschwerdeausführungen laufen lediglich auf eine Bekämpfung dieser Rechtsauffassung hinaus. Damit kann der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Die nach § 63 Abs. 1 VwGG eingetretene Bindung besteht nicht nur für die belangte Behörde, sondern auch für den Verwaltungsgerichtshof selbst bei Prüfung des Ersatzbescheides (vgl. Mayer, B-VG 1994, § 63 VwGG, Textzahl V).

Im Übrigen verkennt der Beschwerdeführer ungeachtet der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Vorerkenntnis weiterhin die Rechtslage. Die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung wegen Verstoßes gegen § 114 ASVG setzt voraus, dass er Beiträge eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung einbehalten und dem berechtigten Versicherungsträger vorenthalten hat. Einbehalten werden aber nicht nur jene Dienstnehmeranteile an Sozialversicherungsbeiträgen, die bei der Lohn- oder Gehaltsauszahlung an den Dienstnehmer beim Dienstgeber bar verbleiben. Es genügt auch die rechnungsmäßige Kürzung der Löhne und Gehälter um den vom Dienstnehmer zu tragenden Sozialversicherungsbeitrag bei der Auszahlung der Nettolöhne (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2001, 99/08/0142, m. w.N.). Der Beschwerdeführer übersieht aber auch, dass nach ständiger Rechtsprechung (vgl. auch hiezu das vorhin zitierte Erkenntnis vom 21. Februar 2001, mit weiteren Nachweisen), dass der Geschäftsführer seine im Zusammenhang mit der Beitragsentrichtung bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen unabhängig vom Gleichbehandlungsgebot auch dann verletzt, wenn er entgegen den Bestimmungen der §§ 60 i.V.m. 114 ASVG einbehaltene Beiträge (Dienstnehmeranteile) nicht der Sozialversicherung abführt, weil dieser Bestimmung ein Gebot der Abfuhr tatsächlich einbehaltener Dienstnehmeranteile zu Grunde liegt.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 30. Mai 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001080075.X00

Im RIS seit

15.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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