RS UVS Vorarlberg 1994/10/20 1-0338/94

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Veröffentlicht am 20.10.1994
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Rechtssatz

In ihrer Berufung bringt Frau H. vor, es sei eine Notsituation vorgelegen. Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie u.a. durch Notstand entschuldigt ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand im Sinne des § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Die Berufungswerberin hat das Vorliegen einer solchen schweren unmittelbaren Gefahr für sich oder andere Personen nicht glaubhaft gemacht. Zum einen bedurfte sie nicht sofortiger ärztlicher Hilfe, um eine solche schwere unmittelbare Gefahr von sich abzuwenden. Zum anderen waren die anderen Verkehrsteilnehmer durch das tatsächliche Verhalten der Beschuldigten (unzulässiges rechtsseitiges Überholen auf dem Pannenstreifen der Autobahn) offensichtlich stärker gefährdet, als sie es durch ein gesetzeskonformes Verhalten der Beschuldigten gewesen wären; die gesundheitlichen Probleme der Beschuldigten (Übelkeit, Brechreiz) und die Gefahr allfälliger Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit waren auch beim tatsächlichen Verhalten der Beschuldigten gegeben. Dazu kommt, daß die Beschuldigte infolge ihres eigenen grob fahrlässigen Verhaltens in die gegenständliche Situation geraten ist. Sie hätte verschiedene andere Möglichkeiten gehabt, ihren gesundheitlichen Problemen Rechnung zu tragen. So hätte sie beispielsweise einen Arzt in ihrem Wohnort Feldkirch statt einen solchen im ca. 30 km entfernten Wolfurt aufsuchen, sich allenfalls bei der Fahrt nach Wolfurt einer anderen Person als Lenker des Fahrzeuges bedienen oder ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen können. Auch zu dem Zeitpunkt, als sie die Übelkeit auf der Autobahn verspürte, hätte sie eine weitaus weniger gefährliche Vorgangsweise wählen können. Sie hätte insbesondere auf dem Pannenstreifen zufahren und dort ihren PKW anhalten können. Sie hätte dort aus dem PKW aussteigen und sich erholen - sie selbst führt die damalige Übelkeit auf die besonders große Hitze in ihrem PKW zurück - oder Hilfe durch Dritte veranlassen können.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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