RS UVS Oberösterreich 1995/04/24 VwSen-200146/3/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 24.04.1995
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Rechtssatz

Gemäß § 174 Abs.1 lit.a Z6 Forstgesetz 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem letzten Satz Z1 dieses Absatzes mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- oder mit Arrest bis zu vier Wochen zu ahnden ist, wer das Rodungsverbot des § 17 Abs.1 nicht befolgt.

§ 17 Abs.1 Forstgesetz 1975 verbietet die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung). Unter Rodung ist nicht nur die Beseitigung des Holzwuchses und des Humus sondern auch die nachfolgende Verwendung dieses Bodens zu anderen Zwecken als solchen der Waldkultur zu verstehen (vgl Wohanka/Stürzenbecher/Blauensteiner/Jäger, Kommentar zum Forstrecht 1993, 57 Anm 4). Die Strafbestimmung pönalisiert sowohl eine Rodung im technischen Sinn als auch die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken. Dementsprechend stellt die unbefugte Rodung ein Dauerdelikt dar, das im Herbeiführen und Bestehenlassen der Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als solchen der Waldkultur besteht (vgl im einzelnen die Judikatur bei Bobek/Plattner/Reindl, Forstgesetz, 2.A 1995, Anm 5 zu § 174 ForstG; Wohanka/Stürzenbecher/Blauensteiner/Jäger, Kommentar zum Forstrecht, 318 f Anm 2 bis 4).

Die in der Niederschrift vom 11.8.1993 getroffenen Feststellungen des Ing. F R vom forsttechnischen Dienst der belangten Behörde wurden nicht bestritten. Danach hat der Bw als Bauherr die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses durch Hinweis auf die Darstellung in der Planbeilage beschriebene Trasse für eine Straße errichtet, indem er einem Straßenbauunternehmen einen entsprechenden Auftrag erteilte. Unter Einsatz eines Baggers wurde bis zum Tag des Lokalaugenscheins durch das Forstorgan eine 60 bis 100 m lange und 3 bis 4 m breite Auffahrt hergestellt, die der Bw ua nutzen wollte, um seine Baumaschinen an den oberen Rand seiner Schotterabbaugrube zu verbringen. Die Trasse verlief nach dem nördlichen Eckbereich steil aufwärts in die Waldparzelle X/X und sollte nach Fertigstellung noch das Grundstück Y/X erreichen. Die Verwendung von Baumaschinen auf Waldboden an der Grenze zur Schottergrube war demnach auch nicht der einzige Zweck der Straße, was der Bw aber zu suggerieren versuchte.

Für die Feststellung der Waldeigenschaft einer Fläche kommt es grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des § 1 Abs.1 bis 3 Forstgesetz 1975 an. Es handelt sich um eine Rechtseigenschaft, die von Grundstücks- und Eigentumsgrenzen und von der im Kataster eingetragenen Benützungsart unabhängig ist (vgl Bobek/Plattner/Reindl, ForstG, 2.A 1995, 27 Anm 1 zu § 1). Gemäß § 1 Abs.1 Forstgesetz 1975 sind mit forstlichem Bewuchs bestockte Grundflächen als Wald anzusehen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1.000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht. Nach dem Abs2 sind Grundflächen auch Wald, deren forstlicher Bewuchs infolge Nutzung oder aus sonstigem Anlaß vorübergehend vermindert oder beseitigt ist.

Gemäß § 1 Abs.3 Forstgesetz 1975 gelten auch dauernd unbestockte Grundflächen als Wald, insoweit sie in einem unmittelbaren räumlichen und forstbetrieblichen Zusammenhang mit Wald stehen und dessen Bewirtschaftung dienen (wie forstliche Bringungsanlagen, Holzlagerplätze, Waldschneisen).

Der Begriff Waldboden ist zwar nicht gesetzlich definiert, hängt aber naturgemäß eng mit dem Begriff des Waldes zusammen. Es handelt sich dabei um zum Wald gehörige Grundflächen, ohne Rücksicht auf die Grundstücks- und Eigentumsgrenzen und unabhängig von einem fehlenden forstlichen Bewuchs (vgl Bobek/Plattner/Reindl, Forstgesetz, 2.A 1995, 110 Anm 1 zu § 17 ForstG).

Daß der an seine Schottergrube angrenzende Wald die Begriffsbestimmung des § 1 Abs.1 Forstgesetz erfüllt, hat auch der Bw nicht bezweifelt. In der Berufung bestreitet er dessen ungeachtet erstmalig die Waldeigenschaft der gerodeten Teilfläche. Dies geschieht ohne schlüssige Begründung und obwohl der Bw nach der teilweise konsenslos durchgeführten Rodung zur Herstellung einer Straße selbst um eine Rodungsbewilligung angesucht und damit die Waldeigenschaft schlüssig zugestanden hat. Im Hinblick auf die gesetzlichen Ausnahmen von der Waldeigenschaft nach § 1 Abs.4 lit.b und d Forstgesetz 1975 wird pauschal behauptet, daß am Rande der Schottergrube ein parkmäßig lockerer Bewuchs bestanden hätte und daß bei Herstellung der Trasse eine bloße Baumreihe geschlägert worden wäre. Dieses nachträgliche Vorbringen des Bw, das auch auf einem Mißverständnis der gesetzlichen Waldeigenschaft beruhen dürfte, erachtet die erkennende Kammer als unbeachtliche Schutzbehauptung. Der beantragte Ortsaugenschein könnte abgesehen davon, daß kein schlüssig begründetes Beweisthema vorgetragen wurde, auch deshalb keine Aufklärungen bringen, weil aufgrund der Trassenanlegung und im Hinblick auf die seither verstrichene Zeit Humus und forstlicher Bewuchs längst entfernt worden sind. Entgegen der Berufung ist zunächst klarzustellen, daß das gleichzeitige Vorliegen beider behaupteter Ausnahmen praktisch kaum denkbar ist. Außerdem widerspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, daß sich mitten im Waldgebiet ein Park befindet. Auch eine selbständige Baumreihe, die in keinem natürlichen Zusammenhang mit der übrigen forstlichen Bestockung steht, ist innerhalb eines Waldgebietes nicht vorstellbar. Ein parkmäßiger Aufbau setzte einen Landschaftsgarten voraus, der von Menschenhand unter Zuhilfenahme gestalterischer Mittel angelegt wurde (vgl VwSlg 10.810 A/1982). Abgesehen davon geht aus der unbestrittenen Aktenlage aber hervor, daß das Grundstück Y/X der KG O eine Waldparzelle ist, die einen Teil des Ausläufers des K-waldgebietes bildet. Schon deshalb ist ein von Menschenhand angelegter parkmäßiger Bewuchs, der überwiegend anderen als Zwecken der Waldwirtschaft dient, mitten im Waldgebiet und am Rande einer Schotterabbaugrube schlechthin undenkbar. Konkrete Tatsachenbehauptungen hat der Bw diesbezüglich auch nicht aufgestellt.

Ebensowenig liegen Anhaltspunkte vor, daß sich am Rande der Schottergrube eine vom sonstigen Waldbewuchs völlig isolierte Baumreihe befand. Aus der Niederschrift über den Lokalaugenschein des Ing. R ergibt sich dafür nicht der geringste Hinweis. Daß entlang der Schottergrube allenfalls wenig oder - wie in der Berufung behauptet - kaum forstlicher Bewuchs (beispielsweise nur sechs ca 50-jährige Bäume) vorhanden war, nahm dieser Fläche nicht die Waldeigenschaft. Auch der in der Berufung vorgebrachte Umstand, daß dort abgetragener Humus zum Teil gelagert worden sei, ändert nichts an der Zugehörigkeit dieser Fläche zu dem an die Schottergrube angrenzenden Wald.

Nach § 1 Abs.7 Forstgesetz 1975 wird der Begriff Waldboden auch im Fall von sog Räumden (Bewuchs mit einer Überschirmung von weniger als drei Zehntel) oder Kahlflächen erfüllt. An Alter und Dichte des forstlichen Bewuchses werden außer bei der Neubewaldung gemäß § 4 Forstgesetz 1975 keine besonderen Anforderungen gestellt, zumal auch vorübergehend unbestockte Flächen gemäß § 1 Abs.2 Forstgesetz 1975 als Wald gelten und grundsätzlich die Pflicht des Waldeigentümers zur Wiederbewaldung gemäß § 13 Abs.1 Forstgesetz 1975 besteht. Eine Grundfläche scheidet aus dem Wald im forstrechtlichen Sinn erst dann aus, wenn eine dauernde Beseitigung des forstlichen Bewuchses in der Weise erfolgt ist, daß eine Wiederbewaldung auch im Wege der Ersatzvornahme nicht möglich ist (vgl Bobek/Plattner/Reindl, ForstG, 2.A 1995, 30 Anm 4 zu § 1; Wohanka/Stürzenbecher/Blauensteiner/Jäger, Kommentar zum Forstrecht (1993), 18 Anm zu § 1 Abs.2 ForstG). Sogar die Mindestgröße des Waldes gemäß § 1 Abs.1 Forstgesetz kann durch den Zusammenhang teils bestockter, teils vorübergehend unbestockter Grundflächen erreicht werden (vgl abermals Bobek/Plattner/Reindl, aaO). Nur wenn eine Fläche 15 Jahre unbestockt geblieben und zu einem anderen Zweck als dem der Waldbewirtschaftung verwendet worden ist, entfällt im Hinblick auf § 5 Abs.2 Forstgesetz 1975 die Waldeigenschaft und ist eine rechtswidrige Rodung saniert (vgl VwGH 17.12.1990, 90/10/0191).

Zur erstbehördlichen Strafbemessung kritisiert die Berufung, daß der geringe Umfang der Rodung Berücksichtigung hätte finden müssen und daß die Strafe im Hinblick auf den Wert der Bäume völlig unangemessen sei. Dem ist zu entgegnen, daß die vom Bw veranlaßte Teilrodung zur Herstellung einer 3 bis 4 m breiten Straße nicht danach beurteilt werden darf, welchen Wert die gefällten Bäume hatten. Auch wenn keine Bäume entfernt worden wären, läge eine verbotene widmungswidrige Verwendung von Waldboden für andere Zwecke als jene der Waldkultur vor. Entscheidend für den Unrechts- und Schuldgehalt ist vielmehr, wieviel Grundfläche dem Wald und der Holzzucht entgegen dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung entzogen worden ist. Die bereits errichtete Trasse umfaßte immerhin die nicht unbeträchtliche Fläche von ca 280 m2. Von einer Fläche geringen Ausmaßes kann dabei keine Rede sein. Auch wenn der gegenständliche Eingriff in den Wald schon für sich allein ins Gewicht fällt, muß berücksichtigt werden, daß die Strafbehörde das Dauerdelikt der verbotenen Rodung lediglich für einen Zeitraum von 2 Tagen angelastet hat und daß die Trasse nach der Beanstandung offenbar nicht mehr weitergeführt wurde. Andererseits kommt dem Bw aber auch kein Milderungsgrund zugute. Er ist weder unbescholten, noch hat er ein reumütiges Geständnis abgelegt.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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