RS UVS Oberösterreich 1995/04/27 VwSen-240103/2/Gf/Km

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Veröffentlicht am 27.04.1995
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Rechtssatz

Gemäß § 74 Abs.5 Z1 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der den Bestimmungen der im § 77 Abs.1 Z19 angeführten Rechtsvorschrift zuwiderhandelt.

§ 77 Abs.1 Z19 LMG bestimmt, daß die LMKV 1973 so lange als Bundesgesetz in Kraft bleibt, bis ihren Gegenstand regelnde Verordnungen in Wirksamkeit getreten sind.

Mit § 12 Abs.2 der Verordnung des BMfGSK vom 29.1.1993, BGBl. Nr. 72/1993 (im folgenden: LMKV 1993), wurde klargestellt, daß die LMKV 1973 mit dem Inkrafttreten der LMKV 1993 - d.i. gemäß Art.49 Abs.1 B-VG am 30.1.1993 - außer Kraft getreten ist.

Zum Tatzeitpunkt (11.11.1994) war daher die LMKV 1973 seit nahezu 2 Jahren nicht mehr Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung. Damit hat sich aber auch der in § 74 Abs.5 Z1 LMG normierte Deliktstypus maßgeblich geändert: Während es vor der Erlassung der LMKV 1993, nämlich mit dem Verweis auf die LMKV 1973, um eine Bestrafung wegen eines Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften (vgl. § 77 Abs.1 LMG: "bleiben als Bundesgesetze ..... in Kraft") ging, stellt die LMKV 1993 nunmehr lediglich eine Rechtsvorschrift im Verordnungsrang dar, für die eine entsprechend generelle Strafbestimmung - wie die etwa in anderen das Besondere Verwaltungsrecht regelnden Materiengesetzen vielfach vorzufindenden Blankettstrafnormen dergestalt, daß ein Verstoß gegen das Gesetz und jede auf dessen Grundlage ergangene Verordnungsbestimmung pauschal zu einer Verwaltungsübertretung erklärt wird - in dieser Allgemeinheit im LMG nicht existiert. Vielmehr wird allein schon aus dem Umstand, daß lediglich die Spezialstraftatbestände des § 74 Abs.4 Z1 und des § 74 Abs.5 Z2 LMG hinsichtlich der LMKV 1993, die ihrer eigenen Präambel entsprechend auf den §§ 7 Abs.2, 10 Abs.1 und 19 Abs.1 LMG fußt, die einzigen Ansatzpunkte in Richtung einer Bestrafung auch wegen Übertretung bloßer Verordnungsbestimmungen bilden, die das LMG dominierende rechtspolitische Grundsatzentscheidung nach einer verschiedenartigen Bewertung des jeweils gravierend unterschiedlichen Unrechtsgehaltes einer Übertretung gesetzlicher einerseits bzw. lediglich verordnungsmäßiger Gebote andererseits deutlich.

Insgesamt ergibt sich daraus jedenfalls, daß § 74 Abs.4 Z.1 LMG, der eine Bestrafung wegen Übertretung jener Bestimmungen der LMKV 1993, die auf § 10 LMG basieren, abdecken würde, einen anderen Strafrahmen vorsieht als § 74 Abs.5 Z2 LMG, der eine Bestrafung wegen Übertretung jener Bestimmungen der LMKV 1993 ermöglichen würde, die sich auf § 19 LMG stützen, während schließlich eine Bestrafung hinsichtlich jener Bestimmungen der LMKV 1993, die auf § 7 Abs.2 LMG fußen, nach derzeitigem Rechtsstand von vornherein nicht möglich ist. Und schließlich setzt eine Bestrafung neben der sonach gebotenen exakten Eruierung der jeweils maßgeblichen Rechtsgrundlage überdies zwingend voraus, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem § 44a Z1 VStG entsprechend nicht bloß eine Wiedergabe des Normtextes erfolgt, sondern vielmehr konkret umschrieben wird, inwiefern die in Verkehr gebrachte Ware nicht den Vorschriften der LMKV 1993 entsprach, was im vorliegenden Fall nicht geschehen ist.

Der O.ö. Verwaltungssenat sieht sich an diesem Punkt daher veranlaßt, auf seine insoweit ständige Rechtsprechung hinzuweisen, wonach es ihm als einem von Verfassungs wegen zur Kontrolle der Verwaltung berufenen Organ nicht obliegen kann, substantielle Mängel des behördlichen Ermittlungsverfahrens - wie im vorliegenden Fall: Verkennung der anzuwendenden Rechtslage und gravierende Spruchmängel - aus eigenem zu substituieren und solcherart dem Art.6 Abs.1 MRK bzw. dem Art.90 Abs.2 B-VG widersprechend die Funktion des unabhängigen Richters zu verlassen und stattdessen in jene des Anklägers zu schlüpfen (vgl. zuletzt VwSen-102629 v. 10. März 1995); letztere kommt vielmehr ausschließlich der belangten Behörde als Partei des Verfahrens (vgl. § 51d VStG) zu. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird; im Hinblick auf die gemäß § 74 Abs.6 LMG weiterhin offene Verfolgungsverjährungsfrist war diese jedoch hinsichtlich des Antrages auf Einstellung des Verwaltungsverfahrens abzuweisen, wobei die belangte Behörde für den Fall der Fortführung des Verfahrens insbesondere die Bestimmung des § 13 LMKV 1993, wonach verpackte Waren, die dieser Verordnung nicht entsprachen, noch bis 31.12.1994 im Verkehr belassen werden durften, zu beachten haben wird.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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