RS UVS Oberösterreich 1995/05/08 VwSen-240113/2/Gf/Km

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Veröffentlicht am 08.05.1995
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Rechtssatz

Gemäß § 74 Abs.5 Z3 iVm § 17 Abs.2 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der Lebensmittel unter einer Aufmachung oder unter Verwendung von Bezeichnungen, die eine Eignung als diätetisches Lebensmittel dartun, vor ihrer Anmeldung beim Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz in Verkehr bringt. Nach § 17 Abs.1 LMG sind diätetische Lebensmittel solche von besonderer Beschaffenheit, die für bestimmte Gruppen von Verbrauchern entweder zu dem Zweck, die Zufuhr bestimmter Nährstoffe oder anderer ernährungsphysiologisch wirkender Stoffe zu steigern oder zu verringern, oder zu dem Zweck, besonderen Ernährungsbedürfnissen bei Krankheiten, Mangelerscheinungen, Funktionsanomalien und bei Überempfindlichkeit gegen einzelne Lebensmittel oder deren Bestandteile, während der Schwangerschaft und Stillzeit sowie des Säuglings oder Kleinkindes Rechnung zu tragen, hergestellt wurden und sich dadurch von Lebensmitteln vergleichbarer Art unterscheiden.

In den gutachtlichen Teilen der Untersuchungszeugnisse der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung vom 11.5.1994, Zl. 752/94, vom 13.5.1994, Zl. 5041/94, vom 14.7.1994, Zl. 9784/94, und vom 25.10.1994, Zl. 14721/94, wird jeweils (lediglich) ausgeführt, daß es sich bei den verfahrensgegenständlichen Produkten "auf Grund der Aufmachung 'VIOLETTA für Babynahrung' um ein diätetisches Lebensmittel gemäß § 17 LMG" handle; "da keine Anmeldung beim BMGSK eingebracht wurde, unterliegt die Probe dem Verbot des § 17 Abs.2 LMG". Die im gegenständlichen Fall zu klärende, allein entscheidungserhebliche Frage, ob ein Lebensmittel als diätetisch i.S.d. § 17 Abs.2 LMG und damit als ein strafrechtliches Tatbestandsmerkmal zu qualifizieren ist, ist freilich keine im Wege eines Sachverständigenbeweises zu klärende Sach-, sondern eine Rechtsfrage. Dazu aber, ob sich das verfahrensgegenständliche von Lebensmitteln vergleichbarer Art i. S.d. § 17 Abs.1 LMG dadurch unterscheidet, daß es den besonderen Ernährungsbedürfnissen von Säuglingen Rechnung trägt, wird in den angesprochenen Gutachten - wohl auch zu Recht - gar nicht Stellung genommen, weil diese Sachfrage im Zuge des Anmeldeverfahrens nach § 17 Abs.2 LMG zu beurteilen ist.

Für die Strafbarkeit des Beschwerdeführers kommt es somit, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, - unabhängig von den in den angesprochenen Gutachten getroffenen Feststellungen - ausschließlich darauf an, ob das verfahrensgegenständliche Lebensmittel im Zuge seiner Aufmachung oder Bezeichnung beim Inverkehrbringen auch seine diätetische Eignung betont. Im Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse wird dem Beschwerdeführer diesbezüglich zur Last gelegt, daß sich auf der Etikette die Wendung "Trinkwasser für Babynahrung" findet; bereits hiedurch (und - so zwar nicht der Spruch, aber die Bescheidbegründung - in Verbindung mit der Abbildung eines Kleinkindes) wird dem Konsumenten suggeriert, daß es sich hiebei um ein Lebensmittel handelt, das zu dem Zweck hergestellt wurde, um den besonderen Ernährungsbedürfnissen von Säuglingen oder Kleinkindern Rechnung zu tragen. Selbst wenn daher das verfahrensgegenständliche Produkt diese Eigenschaft tatsächlich aufweisen würde, ist - und insoweit folgt der Oö. Verwaltungssenat der belangten Behörde - die Strafbarkeit des Berufungswerbers dennoch gegeben, wenn und weil dieses nicht zuvor dem Anmeldungsverfahren gemäß § 17 Abs.2 LMG unterzogen wurde. Hinzu muß allerdings nach Auffassung des O.ö. Verwaltungssenates auch noch kommen, daß die Aufmachung oder Bezeichnung weiters Angaben enthält, wonach sich das verfahrensgegenständliche gerade durch diese Eigenschaft von anderen Lebensmitteln vergleichbarer Art unterscheidet. Dies trifft zwar insofern zu, als sich auf der Etikette auch die Hinweise "Natriumarm unter 0,5 mg/l" und "Aufgrund des sehr geringen Anteils an Natrium vorzüglich geeignet zur Zubereitung von Babyflaschennahrung, Babybreinahrung, Kindertee und zum Mischen mit allen Fruchtsäften" befinden. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Beschwerdeführer dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal jedoch entgegen § 44a Z1 VStG nicht zur Last gelegt.

Eine entsprechende Spruchkorrektur durch den Oö. Verwaltungssenat konnte im Hinblick auf die im übrigen gemäß § 74 Abs.6 LMG zwischenzeitlich bereits eingetretene Verfolgungsverjährung lediglich hinsichtlich der Straferkenntnisse vom 28.2.1995, Zl. und Zl., vorgenommen werden.

Hinsichtlich dieser beiden letztgenannten Straferkenntnisse ist auch die Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Berufungswerber und damit dessen schuldhaftes Handeln unzweifelhaft, und zwar zum einen deshalb, weil - wie gezeigt - lediglich eine verfängliche Aufmachung oder Bezeichnung zur Strafbarkeit hinreicht und daher die Einholung eines Gutachtens der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Bregenz bzw. Anfragen an das BMGSK von vornherein nicht zweckdienlich waren, und zum anderen deshalb, weil generell eine Unkenntnis der Rechtslage den Unternehmer grundsätzlich nicht zu entschuldigen vermag, sondern dieser vielmehr verpflichtet ist, sich eingehend über die ihn betreffenden Rechtsvorschriften zu informieren.

Die am 11.5.1994 bzw. am 27.7.1994 in Verkehr gebrachte Menge (2280 Stk. 1-l-Flaschen bzw. 72 Stk. 0,33-l-Flaschen) ist zwar im ersteren Fall beträchtlich, jedoch hat sich der Beschwerdeführer - was auch von der belangten Behörde nicht bestritten wird - ernstlich und unverzüglich bemüht, weitere Übertretungen gleicher Art durch eine den Vorschriften entsprechende Etikettierung hinanzuhalten; insoweit sind ihm neben seiner bisherigen Unbescholtenheit jeweils auch die Milderungsgründe des § 34 Z14 und 15 StGB zugute zu halten.

Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG insofern stattzugeben, als die Straferkenntnisse vom 28.2.1995, Zl., und Zl. aufgehoben werden und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt wird sowie hinsichtlich des Straferkenntnisses vom 28.2.1995, Zl., die Geldstrafe mit 4.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs.2 VStG vorgegebenen Relation mit 54 Stunden und hinsichtlich des Straferkenntnisses vom 28.2.1995, Zl., die Geldstrafe mit 500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs.2 VStG vorgegebenen Relation mit 7 Stunden festgesetzt wird; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und waren die Straferkenntnisse vom 28.2.1995, Zl., und Zl., mit der Maßgabe zu bestätigen, daß in deren Spruch nach der Angabe "V. Trinkwasser für Babynahrung" jeweils die Wendung "und 'Natriumarm unter 0,5 mg/l' sowie 'Aufgrund des sehr geringen Anteils an Natrium vorzüglich geeignet zur Zubereitung von Babyflaschennahrung, Babybreinahrung, Kindertee und zum Mischen mit allen Fruchtsäften'" einzufügen ist.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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