RS UVS Oberösterreich 1995/06/08 VwSen-221238/2/Ga/La

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Veröffentlicht am 08.06.1995
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Rechtssatz

Die für die Strafbemessung maßgeblichen Grundsätze regelt § 19 VStG. Danach obliegt es der - insoweit eine Ermessensentscheidung treffenden - Strafbehörde, die Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens (hier: gemäß § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1994 Geldstrafe bis 50.000 S) an Hand der objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts (§ 19 Abs.1 VStG) und der subjektiven Kriterien des Schuldgehalts (§ 19 Abs.2 VStG) zu bewerten und entsprechend dieser Bewertung die Strafe festzusetzen. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (sinngemäß sind hiefür heranzuziehen: §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches) gegeneinander abzuwägen. Im ordentlichen Strafverfahren sind schließlich die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund ist aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu erkennen, ob und inwieweit die belangte Behörde bei der Bewertung des Unrechtsgehalts der Tat berücksichtigt hat, daß dem Berufungswerber nur ein kurzzeitiges Zuwiderhandeln vorgeworfen wird. Zufolge ausdrücklicher Formulierung im Schuldspruch ist die als erwiesen zugrundegelegte Tatzeit auf einen einzigen Tag beschränkt ("am 20.3.1995"). War aber aus diesem Blickwinkel kein besonders ins Gewicht fallender Unrechtsgehalt anzunehmen, so ist weiters durch die bloß einmalige (eintägige) Gesetzesübertretung auch der zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers gemachten Anmerkung, wonach der unbefugte Lokalbetrieb erhebliche Einnahmen erbracht haben dürfte, für Zwecke der Strafbemessung der Boden entzogen.

Rechtswidrig ist die belangte Behörde mit der straferschwerenden Berücksichtigung von mehrmaligen Vorstrafen "wegen Übertretung von gewerberechtlichen Vorschriften" vorgegangen. Im Sinne des besonderen Erschwerungsgrundes gemäß § 33 Z2 StGB könnten nur solche Vorstrafen erschwerend gewertet werden, die "auf der gleichen schädlichen Neigung" beruhen. Vorliegend hätte dies die mehrmalige Bestrafung wegen berechtigungsloser Ausübung des Gastgewerbes nach § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 (bzw. nach dem VorläuferTatbestand) erfordert. Das ist jedoch nicht der Fall: Der im Strafakt einliegende Vorstrafenauszug weist keine Verwaltungsübertretung einschlägiger Art aus.

Im übrigen fällt mit den im Vorstrafenauszug verzeichneten rechtskräftigen Übertretungen anderer gewerberechtlicher Vorschriften allerdings die Möglichkeit weg, dem Berufungswerber den Milderungsgrund der Unbescholtenheit zugute halten zu können. Nicht dargestellt ist in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses, auf welches Ausmaß des Verschuldens die belangte Behörde bei der Strafbemessung Bedacht genommen hat. Vorliegend hat der Berufungswerber ein sogen. Ungehorsamsdelikt, für das von Gesetzes wegen (§ 5 Abs.1 VStG) schuldseitig wenigstens Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen ist, begangen. Aus der Verantwortung des Berufungswerbers geht aber - nach Meinung des unabhängigen Verwaltungssenates unzweifelhaft - hervor, daß ihm die Verwaltungsübertretung nicht bloß fahrlässig "passiert" ist, sondern daß er vorsätzlich gehandelt hat. Vorsätzliche Begehungsweise bei einem Fahrlässigkeitsdelikt ist jedoch als Erschwerungsgrund zu werten (vgl. VwGH 29.3.1994, 93/04/0086; uam). Ist aber der objektive Erfolgsunwert der Tat eher gering anzusetzen einerseits und wird die Auswirkung des Wegfalls des einen Erschwerungsgrundes durch das Hervorkommen des anderen Erschwerungsgrundes aufgehoben andererseits, so folgt daraus für die Neubewertung, daß die verhängte Strafe herabzusetzen war, wobei der unabhängige Verwaltungssenat die Minderung des verhängten Ausmaßes um ein Viertel für tat- und schuldangemessen hält. Nach der Aktenlage und auch deswegen, weil der Berufungswerber den diesbezüglichen Annahmen der belangten Behörde zu seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen nicht widersprochen hat, erscheint die Bezahlung der nun geminderten Geldstrafe dem Berufungswerber zumutbar. Auch in dieser herabgesetzten Höhe sollte die Geldstrafe den Abschreckungszweck nicht verfehlen. In Würdigung der herabgesetzten Geldstrafe war auch die Ersatzfreiheitsstrafe angemessen herabzusetzen.

Zufolge § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Eine Anwendung dieser Bestimmung kommt jedoch nur in Frage (vgl. zB VwGH 21.9.1994, 94/03/0091), wenn die Schuld des Beschuldigten tatsächlich geringfügig ist. Davon kann aber nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Solches kann zwar auch bei vorsätzlichem Handeln des Täters der Fall sein, allerdings nur dann, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie zB verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, dringende Notlage, etc. diesen Schluß rechtfertigen.

Voraussetzungen dieser Art liegen gegenständlich jedoch nicht vor. Insbesondere ist festzuhalten, daß die vom Berufungswerber ohne nähere Konkretisierung eingewendete "unbedingte" Erforderlichkeit, den gewinnbringenden Restaurantbetrieb im Hinblick auf bankmäßige Zahlungsvereinbarungen weiterhin aufrechtzuerhalten, weil ansonsten eine nochmalige Insolvenzbedrohung heranstehe, keine solche Notlage darstellt, die ein Absehen von der Strafe trotz vorsätzlicher Begehungsweise gerechtfertigt erscheinen lassen könnte.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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