RS UVS Oberösterreich 1995/07/05 VwSen-400352/6/Kl/Rd

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Veröffentlicht am 05.07.1995
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Rechtssatz

Wenngleich auch vordergründig die Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, nämlich der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers sowie bestimmte Tatsachen iSd § 18 Abs.2 FrG, nämlich drei rechtskräftige Strafvormerkungen wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973, also mehr als einmalige rechtskräftige Bestrafung wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung, sowie auch der fehlende Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt, zumal er nicht rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist ist, vorliegen, und sohin die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht von vornherein denkunmöglich erscheint, so war dennoch eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aus nachstehenden Erwägungen nicht erforderlich.

Wie nämlich der festgestellte Sachverhalt einwandfrei ergeben hat, hatte der Beschwerdeführer eine ständige ordentliche Unterkunft und hielt sich auch tatsächlich an dieser Unterkunft bis zum Zeitpunkt seiner Festnahme auf. Auch ist eine Ladung der belangten Behörde im Februar 1995 an diese Unterkunft ergangen und ist der Beschwerdeführer dieser Ladung auch prompt nachgekommen. Hingegen ist die fehlende polizeiliche Meldung, wobei die Gründe für die polizeiliche Abmeldung dem O.ö. Verwaltungssenat unerklärlich und nicht aktenkundig sind, in diesem Fall nicht entscheidungserheblich, weil der Beschwerdeführer die Abmeldung nicht von sich aus vornahm und daher auch nicht sich einem Zugriff zu entziehen sucht. Vielmehr konnte er mit gutem Grund davon ausgehen, daß die Behörde seine Anschrift kenne und er für sie erreichbar ist. Es ist daher eine wesentliche Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft als "Sicherungshaft" nicht erfüllt, indem im konkreten Fall beim Beschwerdeführer aufgrund der Wohnsitzverhältnisse nicht zu befürchten war, daß er sich einem behördlichen Verfahren bzw. dem behördlichen Zugriff entziehen werde. Dies wird auch dadurch bekräftigt, daß der Beschwerdeführer eine rechtskräftige Beschäftigungsbewilligung, gültig vom 29.9.1994 bis 31.8.1995, aufweisen kann und er auch zu Recht auf seine geregelte legale Beschäftigung hinweist. Aufgrund dieser Bestätigung wird wohl auch die Frage der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers zu überdenken sein.

Wenngleich sohin der Beschwerdeführer sich zwar unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (er besitzt keinen Sichtvermerk und keine Aufenthaltsbewilligung und das Asylverfahren ist bereits rechtskräftig negativ abgeschlossen) und vorderhand bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art.8 Abs.2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft, und daher die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt erscheint, so ist aber aus den dargelegten Umständen die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens (zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes) nicht erforderlich. Aus einem rechtswidrigen Verhalten des Beschwerdeführers allein kann nicht geschlossen werden, daß sich der Beschwerdeführer einem behördlichen Verfahren entziehen werde. Wenn auch die belangte Behörde mit ihrer Meinung, daß nach der Lebenserfahrung Fremde bei Einleitung fremdenpolizeilicher Maßnahmen untertauchen, grundsätzlich im Recht ist, so wurde aber im gegenständlichen Fall übersehen, daß der Beschwerdeführer sich noch ordnungsgemäß polizeilich gemeldet wähnte, sich nach wie vor tatsächlich am vermeintlich gemeldeten Wohnsitz aufhält, dort auch behördliche Ladungen entgegennimmt und diesen Ladungen auch Folge leistet und schließlich dort auch festgenommen werden konnte. Gerade aus dieser Verhaltensweise ist ersichtlich, daß der Beschwerdeführer bislang keinen Anlaß gab, daß er einer behördlichen Ladung nicht Folge leisten werde bzw. sich einem Verfahren nicht stellen werde. Da aber gemäß § 41 Abs.1 erste Alternative Fremdengesetz eine Schubhaft nur dazu verhängt werden darf, um ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern, und aufgrund der umschriebenen Umstände ein solcher Grund, welcher die Sicherung des Verfahrens erfordert, nicht von vornherein vorlag und auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht hervorgekommen ist, ist die Verhängung bzw die weitere Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig. Schließlich konnte dem Beschwerdeführer auch nicht die Mißachtung des Vermerkes der Ausreiseverpflichtung vorgehalten werden, weil gemäß § 22 Abs.1 und 2 FrG eine Ausreiseverpflichtung erst ab dem Zeitpunkt des Bestandes einer durchsetzbaren Ausweisung oder eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes gegeben ist. Erst diese können im Reisedokument des Fremden ersichtlich gemacht werden (§ 27 Abs.5 leg.cit.).

Da aber ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot noch nicht erlassen ist, waren weitere Erwägungen, nämlich Gründe für die Aufrechterhaltung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung - solche könnten im Hinblick auf den schon langen unrechtmäßigen Aufenthalt und die beharrliche Weigerung des Beschwerdeführers, das Bundesgebiet zu verlassen, gegeben sein - nicht anzustellen. Hinsichtlich des weiteren Beschwerdevorbringens, daß der Beschwerdeführer realistische Chancen auf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung hätte, wird auf die Mitteilung des Magistrates der Stadt Wels hingewiesen. Das vom Beschwerdeführer angeführte Rundschreiben des BMfI vom 6.4.1994 ermöglicht lediglich (contra legem) eine Antragstellung um Aufenthaltsbewilligung in Österreich selbst (und nicht vom Ausland aus), wenn der Fremde aufgrund eines langjährigen Asylverfahrens sich schon längere Zeit rechtmäßig in Österreich aufgehalten hat und einer Beschäftigung nachgegangen ist. Nur dann wird er als integriert betrachtet. Dies trifft für den Beschwerdeführer nicht zu.

Schließlich ist noch zu erwähnen, daß eine nachweisliche Belehrung über die Haftgründe und niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers erst eine Woche nach der Schubhaftverhängung erfolgt ist. Dazu führte die belangte Behörde aus, daß der Bescheidinhalt des Schubhaftbescheides dem Beschwerdeführer an Ort und Stelle in englischer Sprache dargelegt wurde und er daher über die Haftgründe bei seiner Festnahme informiert worden sei. Gemäß Art.4 Abs.6 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, ist jeder Festgenommene ehestens, womöglich bei seiner Festnahme, in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten. Zum Nachweis der Beachtung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes, aber auch aus Zweckmäßigkeitsgründen wäre daher eine entsprechende Belehrung aktenkundig festzuhalten. Ein Verstreichen von einer Woche bis zu einer Belehrung über die Festnahmegründe entspricht jedenfalls nach der Judikatur des VfGH nicht dem genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht.

Aus all den angeführten Gründen kam daher der Beschwerde Berechtigung zu und war daher die Inschubhaftnahme sowie auch die weitere Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig festzustellen. Es sind daher auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegend.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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