RS UVS Oberösterreich 1995/08/03 VwSen-240132/2/Gf/Atz

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Veröffentlicht am 03.08.1995
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VwSen-240107 v. 2.5.1995 Rechtssatz

Gemäß § 50 Z15 FlUG in der zum Tatzeitpunkt am 13.10.1993 maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 522/1982 beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit Geldstrafe bis zu 60.000 S zu bestrafen, der den Bestimmungen einer aufgrund des § 38 Abs.2 oder 4 FlUG erlassenen Verordnung - das war die FlHV - zuwiderhandelte. Mit der FlUG-Novelle BGBl. Nr. 118/1994 wurde in § 38 ein neuer Abs.3 eingefügt; dadurch erhielt der vormalige Abs.4 die nunmehrige Bezeichnung Abs.5.

Nach § 50 Z22 FlUG in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses am 15.5.1995 maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 118/1994 (beging und) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 60.000 S zu bestrafen, der gegen die Verbote einer aufgrund des § 38 Abs.2, 3 oder 5 FlUG erlassenen Verordnung verstößt. Aufgrund u.a. des § 38 Abs.2, 3 bzw. 5 FlUG wurden (die Fleischuntersuchungsverordnung, BGBl. Nr. 395/1994,) die bereits zuvor angesprochene FrFlHV (und die Fleischverarbeitungs-Hygieneverordnung, BGBl. Nr. 397/1994, im folgenden: FlVHV) erlassen. Diese Verordnung(en) hat(ben) - weil im vorliegenden Fall offensichtlich die Ausnahmebestimmung des § 20 Abs.3 FrFlHV (sowie jene des § 13 Abs.3 FlVHV) nicht zum Tragen kommt - mit 1.7.1994, also vor Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses, die FlHV ersetzt (vgl. schon VwSen-240107 v. 2.5.1995).

Infolge dieser Rechtsänderung war daher zunächst im Lichte des § 1 Abs.2 VStG hinsichtlich des vom Beschwerdeführer unbestritten gelassenen Tatvorwurfes im Sinne der ständigen Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. z.B. schon VwSlg 4275 A/1957; VfSlg 3562/1959) zu prüfen, ob - trotz unveränderten Strafsatzes - für den Rechtsmittelwerber insofern eine Besserstellung eingetreten ist, als nunmehr bestimmte Tatbestände überhaupt nicht mehr bzw. zumindest nicht mehr in jener ihm innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfenen Form strafbar erscheinen.

Gemäß § 22 Abs.2 FlHV mußte frisches Fleisch vor dem Verladen so vorgekühlt und befördert werden, daß die Kerntemperatur nicht über 7 Grad Celsius ansteigt; beim Transport von ganzen Tierkörpern, Hälften oder Vierteln bis zu einer Transportdauer von sechs Stunden durfte diese Kerntemperatur um nicht mehr als weitere 3 Grad Celsius überschritten werden.

Nach § 14 Abs.1 letzter Satz FrFlHV müssen die Transportmittel so gebaut sein, daß u.a. die in § 11 FrFlHV vorgeschriebenen Temperaturen während der Beförderung nicht überschritten werden. Gemäß § 11 Abs.1 FrFlHV ist frisches Fleisch nach der Fleischuntersuchung unverzüglich zu kühlen und die Innentemperatur der Tierkörper konstant auf höchstens 7 Grad Celsius zu halten. Daraus ergibt sich insgesamt, daß die spätere Regelung der FrFlHV im gegenständlichen Fall für den Beschwerdeführer deshalb ungünstiger ist, weil sie auch ein Überschreiten der Maximaltemperatur von 7 Grad Celsius während des Transportes auf insgesamt 10 Grad Celsius nicht mehr zuläßt.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht von der Anwendbarkeit des § 22 Abs.2 FlHV für den vorliegenden Fall ausgegangen. Davon, daß - wie der Rechtsmittelwerber meint - die FrFlHV die für ihn günstigere Norm deshalb darstelle, weil diese nunmehr lediglich die Verwendung ungeeigneter Transportmittel pönalisiere, kann hingegen nach dem insoweit klaren Normtext der in Rede stehenden Bestimmung keine Rede sein.

Da die Kerntemperatur der beanstandeten Schweinehälfte zum Tatzeitpunkt nach dem Transport von L nach D 11,6 Grad Celsius betragen hatte und somit offenkundig über dem durch § 22 Abs.2 FlHV erlaubten Grenzwert von 10 Grad Celsius lag, ist sohin die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung iSd § 50 Z15 FlUG iVm § 22 Abs.2 FlHV gegeben.

Der Berufungswerber ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer der verfahrensgegenständlichen GmbH zu deren Vertretung nach außen berufen und deshalb - weil ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 und 3 VStG (jedenfalls zum Tatzeitpunkt) nicht bestellt war - auch nach § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Daß die beanstandete Schweinehälfte aus einer sog. "Nachmittagsschlachtung" stammte und deshalb mit überhöhter Kerntemperatur transportiert wurde, vermag die angelastete Übertretung wohl zu erklären, nicht aber zu entschuldigen: Denn gerade bei einer erst am Nachmittag durchgeführten Schlachtung besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, daß Fleisch noch nicht ausreichend gekühlt zum Transport gelangt. Es begründet daher eine grobe Fahrlässigkeit, wenn der Rechtsmittelwerber speziell für solche Konstellationen offensichtlich keine ausreichende Vorsorge dafür getroffen hat, daß die maßgeblichen Rechtsvorschriften eingehalten werden.

Schon angesichts dieser gravierenden Schuldform scheidet ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG aus. Auch eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG kommt im gegenständlichen Fall schon von vornherein nicht zum Tragen, weil § 50 FlUG keine Mindeststrafe vorsieht, die bis zur Hälfte unterschritten werden könnte.

Da es sich bei § 22 Abs.2 FlHV in erster Linie um eine Ordnungsvorschrift handelt, kann der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit angelastet werden, wenn sie den vom Beschwerdeführer angesprochenen Milderungsgrund des § 34 Z13 StGB (keine Verursachung eines Schadens durch die Tat) hier nicht herangezogen hat.

In gleicher Weise trifft es auch nicht zu, daß der Rechtsmittelwerber wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hätte, weil das Untersuchungsergebnis ohnehin von Anfang an durch einen Amtstierarzt zweifelsfrei festgestellt werden konnte. Schließlich konnte auch die Unkenntnis der Rechtsvorschriften schon deshalb nicht als strafmildernd gewertet werden, weil sich jene durch die Novellierung im Jahr 1994 zum einen inhaltlich nicht geändert haben und zum anderen nunmehr klarer gefaßt und damit leichter verständlich als zuvor erscheinen.

Hingegen trifft es allerdings zu, daß die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers von der belangten Behörde im Zuge der Strafbemessung als ein Milderungsgrund zu berücksichtigen gewesen wäre.

Selbst unter diesem Aspekt erschiene dem O.ö. Verwaltungssenat aber die Höhe der verhängten Geldstrafe, die sich im untersten Fünfzehntel des gesetzlichen Strafrahmens bewegt, an sich nicht als rechtswidrig. Der unabhängige Verwaltungssenat ist jedoch von Verfassungs wegen nicht als ein Verwaltungsorgan, sondern gemäß Art.129 B-VG als ein Organ zur Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung eingerichtet, sodaß er unter diesem Blickwinkel die festgestellte Rechtswidrigkeit - weil ihm als Nicht-Verwaltungsbehörde die Ausübung eigenen Ermessens verwehrt ist - mit der Wirkung aufzugreifen hatte, daß die verhängte Geldstrafe jedenfalls herabzusetzen war, wobei das Ausmaß der Herabsetzung wiederum keine Ermessenentscheidung darstellt, sondern den in § 19 VStG vorgenommenen Wertungskriterien zu entsprechen hat. Aus § 19 Abs.1 und 2 VStG geht insgesamt hervor, daß sich die Strafhöhe zunächst am Ausmaß des durch die Tat bewirkten Eingriffes in Schutzgüter und am Verschulden zu orientieren hat, während den Milderungs- und Erschwerungsgründen bzw. den Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen in diesem Zusammenhang nur nachgeordnete Bedeutung zukommt.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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