TE Vwgh Erkenntnis 2001/6/25 2000/07/0035

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Veröffentlicht am 25.06.2001
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Index

L37136 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Steiermark;
L82406 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

AWG Stmk 1990 §2 Abs3 Z1;
AWG Stmk 1990 §6 Abs2;
AWG Stmk 1990 §6 Abs3;
AWG Stmk 1990 §6 Abs4;
AWG Stmk 1990 §6 Abs6;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der Stadtgemeinde D, vertreten durch Dr. Josef Faulend-Klauser und Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwälte in D, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. Februar 2000, Zl. 03- 38.00 123-00/13, betreffend Feststellung in einer Angelegenheit des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes (mitbeteiligte Partei: Abfallwirtschaftsverband D in D),

I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt  1. des angefochtenen Bescheides richtet, zurückgewiesen. II. zu Recht erkannt:

Spruch

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Die Beschwerdeführerin ist gemäß § 17 Abs. 1 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 - StAWG Mitglied der mitbeteiligten Partei (in der Folge: MP), einem Gemeindeverband im Sinn des Stmk. Landesgesetzes, LGBl. Nr. 66/1997.

Mit Schreiben vom 4. März 1999 teilte die MP der Steiermärkischen Landesregierung (der belangten Behörde) mit, ihr sei zur Kenntnis gelangt, dass sich die Beschwerdeführerin um Sonderverträge mit diversen Entsorgungsunternehmen bemühte, obwohl für die ordnungsgemäße Entsorgung des Restmülls der Beschwerdeführerin ab 1. Juli 1999 die MP zuständig wäre. Es werde daher ersucht, die Beschwerdeführerin auf die geltende Rechtslage hinzuweisen.

In der darauf von der belangten Behörde mit Vertretern der Beschwerdeführerin und der MP durchgeführten Besprechung vom 30. April 1999 vertrat die Beschwerdeführerin den Standpunkt, dass ihr wesentlich günstigere Entsorgungsverträge (als der MP) angeboten worden seien und sich ihr Gemeinderat außer Stande sehe, zu den Bedingungen der MP "in den Vertrag einzutreten".

Mit Schreiben vom 1. Februar 2000 stellte die MP an die belangte Behörde den Antrag, ein Feststellungsverfahren durchzuführen, weil die Situation zwischen der MP und der Beschwerdeführerin in rechtlichen Hinsicht nach wie vor ungeklärt sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Februar 2000 stellte die belangte Behörde auf Grund des Antrages der MP fest, dass (Spruchpunkt 1.) gemäß § 17 Abs. 1 StAWG die Beschwerdeführerin Mitglied der MP mit allen Rechten und Pflichten sei sowie (Spruchpunkt 2.) gemäß § 6 Abs. 2 StAWG die MP für die Verwertung und Entsorgung des von der Beschwerdeführerin gesammelten Abfalls gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 (Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle) zuständig sei und die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, den in ihrem Gemeindegebiet anfallenden Abfall im Sinn dieser Gesetzesbestimmung der MP zur Verwertung und Entsorgung zu überlassen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei auf Grund des Antrages der MP die Frage zu klären, ob die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, den von ihr gesammelten Hausmüll und hausmüllähnlichen Abfall der MP zur Verwertung und Entsorgung zu überlassen oder aber ob sie eigene Entsorgungs- und Verwertungsverträge abschließen könne. Nach geltender Rechtsprechung zu § 56 AVG sei ein Feststellungsbescheid, dessen Gegenstand ein Recht oder ein Rechtsverhältnis sei, zulässig, wenn die Erlassung eines solchen Bescheides im öffentlichen Interesse liege oder wenn er für eine Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung sei. Die Klarstellung eines Rechtsverhältnisses vor Abschluss von zivilrechtlichen Verträgen, aus denen Rechte und Pflichten abgeleitet werden könnten, stehe zweifellos im Interesse der MP. Darüber hinaus bestehe auch seitens der belangten Behörde das öffentliche Interesse, klarzustellen, welche Aufgaben von den steirischen Abfallwirtschaftsverbänden unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen des StAWG zu besorgen seien.

Die belangte Behörde sei bei ihrer Sachverhaltsermittlung davon ausgegangen, dass ein rechtsgültiger Abfallwirtschaftsplan für den Bereich der MP vorliege. Dieser sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Februar 1998 gemäß § 19 Abs. 1 StAWG genehmigt und von der Steiermärkischen Landesregierung in der Regierungssitzung vom 23. Februar 1998 zur Kenntnis genommen worden. Aus dem genehmigten Abfallwirtschaftsplan gingen in Übereinstimmung mit den §§ 6 und 17 StAWG die Verpflichtungen der Gemeinden und des Verbandes eindeutig hervor. Demnach seien die Gemeinden ausschließlich zur Sammlung und Abfuhr des im eigenen Gemeindegebiet anfallenden Abfalls verpflichtet und berechtigt. Die Verfügung über Verwertungs- und Entsorgungsverträge obliege nach § 6 Abs. 2 StAWG ausschließlich den Abfallwirtschaftsverbänden, soweit hiefür nicht die Landesregierung gesondert zuständig sei (§ 6 Abs. 6).

Der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides habe sich ausschließlich auf die Rechtslage nach dem StAWG und dem Abfallwirtschaftsplan D in der Fassung des Beschlusses der Verbandsversammlung vom 9. Dezember 1997 bezogen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht als verletzt, nicht verpflichtet zu sein, die in ihrem Gemeindegebiet gesammelten Abfälle gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1  StAWG der MP zur Verwertung und Entsorgung zu überlassen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die MP hat keine Gegenschrift erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1  StAWG regelt dieses Gesetz die Vermeidung, Sammlung, Verwertung und Entsorgung von Abfällen, sofern nicht die Zuständigkeit des Bundes gegeben ist. Wer diese Aufgaben nach diesem Gesetz zu besorgen hat, normiert dessen § 6. Darin wird in Bezug auf den in einem Gemeindegebiet anfallenden Abfall gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 (Abfälle aus privaten Haushalten und öffentlichen Einrichtungen sowie hausmüllähnliche Abfälle (Müll); vgl. dazu auch § 2 Abs. 4 bis 9) bestimmt, dass (Abs. 1) für die Sammlung und Abfuhr die Gemeinde und (Abs. 2) für die Verwertung und Entsorgung die Abfallwirtschaftsverbände (§ 17), soweit hiefür nicht die Landesregierung zuständig ist (Abs. 6), zu sorgen haben. Gemäß § 17 Abs. 1  StAWG bilden (u. a.) die Gemeinden des politischen Bezirkes D einen Gemeindeverband, der den Namen "Abfallwirtschaftsverband" zu führen hat.

Gemäß § 23 des eingangs zitierten Gesetzes LGBl. Nr. 66/1997 entscheidet über Streitigkeiten aus dem Verbandsverhältnis zwischen dem Gemeindeverband und den verbandsangehörigen Gemeinden sowie zwischen diesen die Landesregierung mit Bescheid.

Die Beschwerde bringt vor, die im § 6  StAWG gewählte Formulierung "zu sorgen" spreche für eine (bloße) Überwachungsfunktion des Abfallwirtschaftsverbandes. Nur wenn die Verbandsmitglieder nicht willens oder nicht in der Lage seien, die Verwertung und Entsorgung des Hausmülls ordnungsgemäß vorzunehmen, sei der Abfallwirtschaftsverband zur Verwertung und Entsorgung des Hausmülls tatsächlich zuständig. Zum selben Interpretationsergebnis gelange man auch auf Grund des § 10 des Abfallwirtschaftsplans 1997, weil dort nur davon die Rede sei, dass sich die Beschwerdeführerin nach Ablauf der wasserrechtlichen Bewilligung für ihre Restmülldeponie (nach deren Schließung mit Ende 1998) "der Entsorgungsschiene des Abfallwirtschaftsverbandes anzuschließen" habe, worunter nur die jeweilige Art der Entsorgung (z. B. Deponierung oder Anlagen zur Behandlung, etc.) zu verstehen sei. Da sich die Beschwerdeführerin sogar desselben Unternehmens wie der Abfallwirtschaftsverband bediene, sei sie berechtigt, den in ihrem Gemeindegebiet anfallenden Hausmüll selbst zu entsorgen bzw. Verwertungs- und Entsorgungsverträge in eigenem Namen und auf eigene Rechnung mit Unternehmen abzuschließen.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin verbindet das StAWG mit dem Begriff "zu sorgen" nicht bloß eine Überwachungstätigkeit, sondern ist dieser Begriff im Sinn von "durchzuführen" zu verstehen. Dieser Begriffsinhalt ergibt sich schon aus einem Vergleich der Bestimmungen des § 6 Abs. 3 erster Satz und des § 6 Abs. 4  StAWG, wo es heißt:

"§ 6 (3) Für die Sammlung, Abfuhr, Verwertung und Entsorgung des Abfalls gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2 haben grundsätzlich die Verursacher zu sorgen. ...

§ 6 (4) Die Sammlung, Abfuhr, Verwertung und Entsorgung von Abfällen gemäß § 2 Abs. 3 Z. 2 kann auch von der Gemeinde oder dem Abfallwirtschaftsverband nach vertraglicher Vereinbarung durchgeführt werden, sofern diese eine ordnungsgemäße Durchführung gewährleisten können, die im § 3 Abs. 3 normierten Interessen gewahrt bleiben und dies wirtschaftlich und technisch zweckmäßig ist."

Aus dem Wortlaut und der Systematik dieser Regelung ("grundsätzlich ... zu sorgen" im Zusammenhang mit "kann auch durchgeführt werden") ergibt sich, dass der Landesgesetzgeber inhaltlich nicht zwischen den beiden besagten Begriffen unterschieden hat. Daraus folgt, dass gemäß § 6 Abs. 2  StAWG die Verwertung und Entsorgung des Abfalls gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. von den Abfallwirtschaftsverbänden durchzuführen ist, soweit hiefür nicht die Landesregierung zuständig ist (§ 6 Abs. 6). Der Landesregierung obliegt nach der letztgenannten Gesetzesbestimmung hinsichtlich der Verwertung und Entsorgung von Abfällen die Erlassung von in dieser Bestimmung näher umschriebenen Verordnungen.

Auch mit dem vorgenannten Beschwerdehinweis auf § 10 des Abfallwirtschaftsplans 1997, wonach sich die Beschwerdeführerin (lediglich) der Entsorgungsschiene des Abfallwirtschaftsverbandes anzuschließen habe, ist für ihren Standpunkt nichts gewonnen, kann diese Bestimmung bei gesetzeskonformer Interpretation unter dem Blickwinkel des § 6  StAWG doch nicht anders verstanden werden, als dass die Beschwerdeführerin nunmehr keine Ausnahmestellung - wie zuvor bis zum Ablaufen der wasserrechtlichen Bewilligung für ihre Restmülldeponie - mehr hat.

Obliegt die Durchführung der Verwertung und Entsorgung des im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin anfallenden Abfalls im Sinn des § 2 Abs. 3 Z. 1  StAWG der MP, so hat die Beschwerdeführerin dieser auch den Abfall zur Verwertung und Entsorgung zu überlassen, selbst wenn sie tatsächlich - wie die Beschwerde vorbringt - die Abfallentsorgung und -verwertung über dasselbe Unternehmen wie die MP, jedoch zu günstigeren Preisen, durchführen könnte, ist doch die genannte Regelung des § 6 Abs. 2  StAWG zwingend. Vor diesem Hintergrund ist der in der Beschwerde erhobenen Verfahrensrüge, derzufolge die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren, wäre ihr Recht auf Parteiengehör gewahrt worden, hätte nachweisen können, dass die MP einen ungünstigeren Vertrag als sie mit dem namentlich bezeichneten Abfallentsorgungs- und Abfallverwertungsunternehmen abgeschlossen habe und die Beschwerdeführerin diese Aufgaben selbst kostengünstiger durchführen könnte, der Boden entzogen.

Was schließlich das gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerdevorbringen, dass sich dieser Spruchpunkt ohnedies aus § 17 Abs. 1 StAWG ergebe und einer weiteren Konkretisierung daher nicht zugänglich sei, anlangt, so ist nicht zu erkennen, inwieweit die Beschwerdeführerin, die ihre Mitgliedschaft bei der mitbeteiligten Partei nicht in Abrede stellt, durch diesen bescheidmäßigen Ausspruch in subjektiven Rechten verletzt sein könnte. Demzufolge war die Beschwerde in diesem Umfang gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Darüber hinaus erweist sich die Beschwerde nach dem oben Gesagten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Eine Entscheidung über den Aufwandersatz unterblieb, weil die belangte Behörde keine Kosten angesprochen hat.

Wien, am 25. Juni 2001

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000070035.X00

Im RIS seit

17.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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