RS UVS Oberösterreich 1995/12/18 VwSen-260165/5/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 18.12.1995
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Rechtssatz

Gemäß § 137 Abs.2 lit.h WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, wenn die Tat nicht einer strengeren Strafe nach den Abs.3 bis 5 unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation (§ 32 Abs.4) ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt.

Nach § 32 Abs.4 WRG 1959 idF der WR-Novelle 1990 bedarf keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wer mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornimmt (Indirekteinleiter), wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind. Das (zustimmende) Kanalisationsunternehmen bleibt dafür verantwortlich, daß seine wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird.

§ 32 Abs.4 bestimmt weiter, daß der Landeshauptmann durch Verordnung für bestimmte Stoffe Grenzwerte festlegen kann, bei deren Einhaltung eine Bewilligung für Indirekteinleiter nicht erforderlich ist, sofern anläßlich der Bewilligung der Kanalisationsanlage nicht andere Regelungen getroffen wurden. Hinsichtlich der bei der Überwachung zu beachtenden Verfahren und Methoden, Referenzanalyseverfahren sowie sonstiger für die Aussagekraft von Überwachungsergebnissen maßgeblichen Gesichtspunkte gelten die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 33b Abs.5 verordneten Regelungen. Für die Emissionswerte, Überwachungsvorschriften, Beurteilungskriterien und Analysemethoden ist auf die Richtlinien der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung (BGBl. Nr.179/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.537/1993) zu verweisen. Der wesentliche Inhalt des Tatbestandes der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist dem § 137 Abs.2 lit.h WRG 1959 zu entnehmen, der allerdings im Zusammenhang mit dem Merkmal der bewilligungspflichtigen Einleitung in eine Kanalisation auf die Ausnahmevorschrift des § 32 Abs.4 WRG 1959 verweist. Diese Gesetzesstelle umschreibt die Voraussetzungen, unter denen eine indirekte Einleitung ausnahmsweise nicht bewilligungspflichtig ist. So gesehen ist das Nichtvorliegen dieser Bedingungen (negatives) Tatbestandsmerkmal des § 137 Abs.2 lit.h WRG 1959, was positiv in dem Merkmal der bewilligungspflichtigen Einleitung zum Ausdruck kommt.

Diese Bewilligung ist entgegen der erschließbaren Ansicht der belangten Behörde keine zur direkten Einbringung von Stoffen in Gewässer iSd § 32 Abs.2 lit.a WRG 1959, weil eine Kanalisationsanlage kein Gewässer darstellt (vgl bereits VwSlg 6816 A/1965; VwSlg 13200 A/1990). Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates handelt es sich aber um eine Bewilligungspflicht nach § 32 Abs.1 iVm Abs.4 WRG 1959. § 32 Abs.1 unterwirft auch die mittelbaren Beeinträchtigungen der Beschaffenheit von Gewässern einer Bewilligungspflicht. Der im Zusammenhang erkennbare Zweck besteht darin, die durch die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit einer Kanalisationsanlage oder der Wirksamkeit einer Reinigungsanlage möglichen nachteiligen Auswirkungen auf die Wassergüte des Vorfluters (gegenständlich die Donau) zu verhindern. Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen des § 32 Abs.4 WRG 1959 für eine Ausnahme von der Bewilligungspflicht nach § 32 Abs.1 leg.cit. nicht vor. Wie die belangte Strafbehörde richtig ausgeführt hat, müßten die gesetzlichen Voraussetzungen kumulativ bejaht werden können. Nach der neuen Rechtslage seit Inkrafttreten der Wasserrechtsnovelle 1990 genügt es nicht, daß die Zustimmung des Kanalisationsbetreibers XX - S-betriebe L Ges.m.b.H. zur Einleitung der Abwässer eingeholt worden ist. Vielmehr bedürfte es auch des Nachweises, daß auf die einzuleitenden Abwasserinhaltsstoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen und überdies Beeinträchtigungen oder bauliche Schäden oder zusätzliche Gefahren für das Bedienungspersonal nicht zu besorgen sind. Die diesbezüglichen Ausführungen des Amtssachverständigen für Chemotechnik sind eindeutig. Durch die gegenständlichen Abwässer aus der Glasschmuckerzeugung, auf deren Beschaffenheit bei der Bewilligung der Kläranlage Asten jedenfalls nicht Bedacht genommen wurde, ist zu besorgen, daß Feststoffablagerungen die Abflußtauglichkeit der Kanalisationanlage beeinträchtigen sowie daß sich die eingeleiteten Schwermetalle im Klärschlamm anreichern.

Entgegen der Berufungsansicht haben bei dieser Beurteilung die konkreten Größenverhältnisse wegen der Beeinträchtigung der allgemeinen Funktionstüchtigkeit einer Kläranlage durch viele kleine Indirekteinleiter (Summationswirkung) außer Betracht zu bleiben. Es geht nicht erst um die Verhinderung konkreter Gefahren für die Kanalisation, sondern bedarf einer Berücksichtigung des gegebenen Gefährdungspotentials und damit bereits einer vorbeugenden Abwehr von abstrakten Gefahren.

Die Bewilligungspflicht der Einleitung in die öffentliche Kanalisation besteht grundsätzlich aufgrund des betrieblichen Abwasseranfalls mit seinen kanalgefährlichen Stoffen. Dabei sind neben den Schwermetallen im Glasabrieb auch die verwendeten Polier- und Scheuermittel zu berücksichtigen. Die belangte Strafbehörde hat zutreffend angenommen, daß für die Bewilligungspflicht die konsenslose Vorreinigung durch Sedimentation im Absetzbecken außer Betracht zu bleiben hat, weil die Beurteilung der Konsensfähigkeit von Anlagen und Maßnahmen und der notwendigen Vorschreibungen dem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren vorbehalten bleiben muß. Außerdem ist im konkreten Fall durch die gutachtliche Beurteilung des Amtssachverständigen für Chemotechnik ohnehin erwiesen, daß das vorgesehene Absetzbecken für eine ausreichende, dem Stand der Technik entsprechende Vorreinigung unzureichend war. Der Bw bestreitet sein Verschulden, weil er aufgrund der Abwasseranalyse des S-Instituts davon hätte ausgehen können, daß keine gefährlichen Abwasserinhaltsstoffe eingeleitet werden. Dieser Einwand ist nicht zur Entlastung geeignet. Wie schon dargelegt, ist die in Rede stehende Abwasseranalyse mangels Untersuchung der wesentlichen Parameter nicht aussagekräftig. Außerdem war dem Bw bekannt, daß mit Metalloxiden belastete färbige Stangengläser zur Produktion des Glasschmucks verwendet werden. Bei einiger Aufmerksamkeit hätte er daher erkennen können, daß im Zuge der Bearbeitung auch Schwermetalle frei werden und im Abwasser transportiert werden. Wie die selbständige Errichtung eines Absetzbeckens zur Vorreinigung durch Sedimentation beweist, war diese Problematik im Unternehmen durchaus geläufig. Abgesehen von den Schwermetallen fielen im Produktionsprozeß auch saure und alkalische Abwasserströme (Poliererei, Glassteinreinigung, Vollentsalzung) an, die eines wasserrechtsbehördlichen Konsenses bedurften. Die im eingereichten Projekt bejahte Frage der ausreichenden Mischneutralisation im Absetzbecken unterlag der Überprüfung und Begutachtung durch Amtssachverständige. Anläßlich der wasserrechtlichen Verhandlung hielt der Amtssachverständige eine pH-Wert Messung mit automatischer Pumpenverriegelung bei Über- oder Unterschreitung des zulässigen Bereiches für erforderlich, wobei in solchen Fällen Neutralisationschemikalien beizumischen wären (vgl Verhandlungsschrift vom 7.4.1994, S6ff). Auch aus diesem Gesichtspunkt kann demnach gar keine Rede davon sein, daß nur unbedenkliche Abwasserinhaltsstoffe zur Ableitung gelangten. Die Behauptung, daß das Inkrafttreten der AAEV abgewartet worden wäre, ist nicht nur unrichtig, sondern auch unerheblich. Auch unabhängig von der AAEV, deren Grenzwerte gemäß Anlage A im Hinblick auf § 4 Abs.2 Punkt 6.2. nicht unmittelbar anwendbar sind, beweisen die Ausführungen des Amtssachverständigen, daß die Firma H H Export Gesellschaft m.b.H. & Co KG gemäß § 32 Abs 1 und 4 WRG 1959 nach dem aktuellen Stand der Technik bewilligungspflichtige Einleitungen in die öffentliche Kanalisation von L vorgenommen hat. Schließlich trifft es auch nicht zu, daß es mangels erlaubten Betriebs unmöglich gewesen wäre, die für die Projektseinreichung notwendigen Proben zu ziehen. Der Bw übersieht dabei, daß ein Betrieb mit repräsentativem Rohstoffeinsatz jederzeit möglich und zulässig ist, solange nicht die bedenklichen Produktionsabwässer einfach ohne Bewilligung in die Kanalisation eingeleitet werden. Ein ganz kurzfristiger Probebetrieb verbunden mit der Einleitung von Abwässern eines Tages hätte wohl toleriert werden können, keinesfalls aber ein fortgesetzter Betrieb über Wochen, Monate oder Jahre. Damit ist auch der erstmals im Berufungsverfahren aufgestellten offensichtlichen Schutzbehauptung des eingeschränkten Probebetriebs zur Erzeugung von Abwässern der Boden entzogen. Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von deliktischen Einzelhandlungen durch Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges aufgrund eines Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit verschmelzen (vgl dazu die Judikatur bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II, E 76 ff zu § 22 VStG). Dabei müssen die Einzelakte von einem vorgefaßten einheitlichen Willensentschluß, dem sog Gesamtvorsatz, getragen sein, der schrittweise durch fortgesetzte Einzelakte als Teilhandlungen eines Gesamtkonzepts des Täters auf die Zielerreichung gerichtet ist (vgl näher mN Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3.A 1992, § 28 Rz 34 ff; ebenso Hauer/Leukauf, Handbuch, 4.A 1990, 819 Anm 1 zu § 22 VStG). Bei der bewilligungspflichtigen Ableitung von Abwässern in eine Ortskanalisation handelt es sich um ein fortgesetztes Delikt (vgl etwa VwGH 18.3.1994, 93/07/0011).

Schon aufgrund des durchgeführten wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens und der Einlassung des Bw kann am dem für einen Fortsetzungszusammenhang begrifflich notendigen Gesamtkonzept nicht gezweifelt werden. Die fortgesetzten Einleitungen der belasteten betrieblichen Abwässer über den Tatzeitraum vom 13.9.1990 bis mindestens 19.3.1993 wurden ganz bewußt vorgenommen, weil andernfalls der Glasschmuckerzeugungsbetrieb nicht hätte aufrechterhalten werden können. Wie festgestellt wurde, hat der Landeshauptmann von Oberösterreich schon mit Schreiben vom 19.1.1990 zur Einreichung eines Abwasserprojektes aufgefordert und mit den weiteren Schreiben vom 7.6. und 4.9.1990 die Bewilligungspflicht eingemahnt. Obwohl nach Übersiedlung an den neuen Betriebsstandort in L, Fweg, offensichtlich sogleich produziert worden ist, hat die H H Gesellschaft mbH & Co KG dennoch bis etwa Mitte 1993 kein geeignetes und aussagekräftiges Projekt zur raschen Erlangung des wasserrechtlichen Konsenses für die Indirekteinleitungen eingebracht. Da die Konsensbedürftigkeit der Ableitungen im Hinblick auf die Ermahnungen durch die Wasserrechtsbehörde bekannt war oder zumindest ernstlich für möglich gehalten werden mußte, kann an der wenigstens bedingt vorsätzlichen (vgl § 5 Abs.1 StGB) Mißachtung der Bewilligungspflicht kein Zweifel bestehen. Im betriebswirtschaftlichen Interesse hatte sich der Bw damit abgefunden, daß die fortgesetzten Indirekteinleitungen zunächst bis zur Erteilung im wasserrechtlichen Verfahren ohne die erforderliche Bewilligung erfolgten.

Die belangte Strafbehörde hat zwar der Sache nach ein fortgesetztes Delikt zu Recht angenommen, den Fortsetzungszusammenhang aber nicht mit hinreichender Klarheit zum Ausdruck gebracht. Der erkennende Verwaltungssenat hat daher bei Wahrung der Identität der Tat den Schuldspruch neu und übersichtlicher formuliert.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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