RS UVS Oberösterreich 1995/12/22 VwSen-260167/2/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 22.12.1995
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Rechtssatz

Gemäß § 137 Abs.2 lit.k WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht einer strengeren Strafe nach Abs.3, 4 oder 5 unterliegt, nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen,wer den gemäß §§ 34 Abs.1 und 2, 35 und 37 zum Schutz der Wasserversorgung, von Heilquellen oder von Heilmooren getroffenen Anordnungen zuwiderhandelt.

Nach § 34 Abs.1 WRG 1959 kann die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen durch Bescheid ua besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen. Soweit der Schutz mit solchen Anordnungen nicht hinreichend bewirkt werden kann, hat der Landeshauptmann gemäß § 34 Abs.2 WRG 1959 eine dort näher determinierte Verordnung zu erlassen.

Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes vom 6. Oktober 1975, Wa-695/8-1975/Pes, in der Fassung des Bescheides vom 12. Februar 1976, Wa-785/2-1976/Pes (Änderung der Schutzzone II ohne gegenständliche Auswirkung), wurden im Abschnitt IV. solche Anordnungen gemäß § 34 Abs.1 WRG 1959 zum Schutze des Wasserwerkes H. in B. I. getroffen. Gemäß Abschnitt IV. Punkt 2.2.3. ist in der Schutzzone II, in der sich das gegenständliche Grundstück Nr. 210/8 KG H. befindet, der Transport und die Lagerung von Mineralöl in größeren Mengen als 200 l sowie die Neuerrichtung von Ölheizungen verboten.

Diese rechtskräftigen Bescheide der Wasserrechtsbehörde wurden den betroffenen Liegenschaftseigentümern zugestellt. Herr L. N., Vater der heutigen Eigentümerin Ch. N., trat bei der wasserrechtlichen Verhandlung sogar als Parteienvertreter auf. Er vertrat Frau G. S., die nach Angaben der Stadtgemeinde B. I. im Berichtsschreiben vom 29. November 1993 an die Wasserrechtsabteilung Voreigentümerin und seine Lebensgefährtin war, sowie W. und Ch. K. (vgl Verhandlungsschrift vom 22. September 1975, Seiten 2 und 17). Es handelt sich bei den gemäß § 34 Abs.1 WRG 1959 ergehenden bescheidförmigen Anordnungen gegen bestimmte Liegenschaftseigentümer um dingliche Bescheide, die auch gegen die Rechtsnachfolger im Eigentum wirken (vgl dazu Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht (1993), Rz 4 zu § 34 WRG; Rossmann, Wasserrecht, 2.

A (1993), 156 Anm 5 zu § 34 WRG). Deshalb ist das gegenständlich relevante Verbot im oben angeführten Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich auch gegen Ch. N. unmittelbar vollstreckbar. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist unter Beihilfe iSd § 7 VStG die vorsätzliche Unterstützung des tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Verhaltens eines anderen zu verstehen, ohne daß dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden. Die Tätigkeit des Gehilfen besteht in einem ursächlichen Beitrag zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen, der auf jede andere Weise als durch unmittelbare Täterschaft erbracht werden kann (vgl VwSlg 10582 A/1981; VwGH 25.11.1986, 86/04/0093; VwSlg 13112 A/1990;

VwSlg 13224 A/1990). Beihilfe liegt erst dann vor, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild der Verwaltungsübertretung rechtswidrig hergestellt hat (vgl VwSlg 13224 A/1990;

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

4. A (1990), 747, E 7 zu § 7 VStG; Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetz II (1992), 111, E 21 zu § 7 VStG). Nach VwSlg 4948 A/1959 ist es wesentlich, daß sich der Gehilfe dessen bewußt ist, sich an der strafbaren Handlung des anderen beteiligt zu haben. Ein solches Zusammenwirken muß für eine Bestrafung wegen Beihilfe festgestellt sein. Die Strafbarkeit des unmittelbaren Täters wird nach § 7 VStG letzter Satz nicht vorausgesetzt (sog limitierte Akzessorietät).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach dem § 44a Z1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, daß eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Erk verstärkter Senate VwSlg 11466 A/1984 und VwSlg 11894 A/1985). Im Bescheidspruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine konkrete Umschreibung lediglich in der Begründung reicht nicht aus (vgl näher mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A (1990), 939 f).

Das Straferkenntnis der belangten Behörde ist in mehrfacher Hinsicht mangelhaft. In erster Linie verfehlt es die Konkretisierungsanforderungen des § 44a Z1 VStG. Da auch keine ausreichende Verfolgungshandlung vorliegt, war das Straferkenntnis schon deshalb aufzuheben. Die belangte Strafbehörde hat nicht annähernd eine Spruchfassung vorgenommen, die den gestellten Anforderungen entspricht. Bereits die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs.2 lit.k iVm § 34 Abs.1 WRG 1959 ist nicht ausreichend dargestellt. Es fehlt eine ausdrückliche Anführung des bescheidförmigen Verbotes iSd § 34 Abs.1 WRG 1959 durch wörtliche Wiedergabe und unter genauer Zitierung des maßgeblichen Spruchpunktes des oben bezeichneten Bescheids des Landeshauptmannes vom 6. Oktober 1975. Erst im Zusammenhalt mit diesem bescheidförmigen Verbot, das zum integrierenden Bestandteil des verweisenden Straftatbestandes des § 137 Abs.2 lit.k iVm § 34 Abs.1 WRG 1959 wird, kann das Tatbild genau erfaßt werden. Der Nebensatz "ohne daß hiefür eine nötige Bewilligung vorgelegen wäre" (welche?, es kommen verschiedene in Betracht!) ist unter dem Gesichtspunkt der zugrundegelegten Verwaltungsübertretung der Mißachtung des Verbots von Öllagerungen und Ölheizungen im Schutzgebiet verfehlt und irreführend, weil im Hinblick auf die rechtskräftigen Beschränkungen im Schutzgebiet auch keine Bewilligungsfähigkeit angenommen werden könnte.

Schließlich widerspricht die Darstellung, daß der Bw selbst die Ölfeuerungsanlage errichtet habe, der Aktenlage. In Wahrheit hat er auch nach Darstellung der Ch. N. die Errichtung durch die Firma GEO T. E. in G. nur vermittelt. Dabei dürfte er - wie aus der Berufung erschließbar - als selbständiger Energieberater aufgetreten sein. Außerdem kommt im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entgegen § 7 VStG der notwendige Vorwurf des vorsätzlichen Handelns nicht zum Ausdruck. Diesbezügliche Ausführungen in der Begründung genügen nicht!

Der erkennende Verwaltungssenat ist aber auch aufgrund der aktenkundigen Beweislage der Ansicht, daß für den Tatvorwurf der vorsätzlichen Beihilfe kein hinreichendes Tatsachensubstrat vorliegt. Die Beweiswürdigung der belangten Strafbehörde kann nicht geteilt werden. Sie ist insofern unrichtig, als die Kenntnis einer allgemeinen Bewilligungspflicht von Arbeiten nicht zwingend auch eine vorsätzliche Mißachtung bedeuten muß, weil Fehlvorstellungen vorliegen können, die zumindest den Vorsatz ausschließen. Selbst die Vorwerfbarkeit dieser Fehlvorstellungen könnte an der fehlenden Wissenskomponente des Vorsatzes nichts ändern.

Die strafbehördliche Beweiswürdigung ist überdies unschlüssig. Die entscheidungswesentliche Beihilfe durch vorsätzliche Erleichterung eines Verstoßes der Eigentümerin Ch. N. gegen das bescheidförmige Verbot der Lagerung von Heizöl über 200 l und der Neuerrichtung von Ölheizungen in der Schutzzone II (= Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs.2 lit.k iVm § 34 Abs.1 WRG 1959) hat die Strafbehörde nicht einmal formuliert. Aus der angeführten Kenntnis einer Bewilligungspflicht kann keineswegs auf die Kenntnis eines Schutzgebiets mit Verboten geschlossen werden. Daß eine formelle Antragstellung an die Gemeinde voraussichtlich die Lage des gegenständlichen Grundstückes im Schutzgebiet offengelegt und zur Klarstellung der Unzulässigkeit der Ölfeuerungsanlage geführt hätte, ist noch kein Beweis für eine zumindest bedingt vorsätzliche Mißachtung der Beschränkungen im Schutzgebiet.

Bei einer Ölfeuerungsanlage kommen mehrfache Bewilligungspflichten in Betracht. Neben der Bewilligung nach dem im Tatzeitpunkt noch geltenden § 41 Abs.1 lit.b O.ö. BauO, LGBl. Nr.35/1976 (anders nunmehr die Ausnahmeregelung nach § 25 Abs.1 Z12 O.ö. BauO 1994, LGBl. Nr.66/1994), kam die Errichtungsbewilligung nach § 4 des Gesetzes vom 2. April 1976 über die Lagerung und Verfeuerung brennbarer Flüssigkeiten, LGBl. Nr.33/1976, wegen Überschreitung der unmittelbar mit dem Heizgerät verbundenen Heizöllagerung von 1000 l in Betracht. In beiden Fällen ist der Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde Bewilligungsbehörde. Daneben ist gemäß § 31a Abs.3 WRG 1959 iVm der Verordnung des BMLF BGBl. Nr.275/1969 auch eine wasserrechtliche Bewilligung für die Lagerung, Leitung und den Umschlag von flüssigen Brenn- und Kraftstoffen auf Mineralölbasis vorgesehen, wenn der Nutzinhalt der Anlage oder das Fassungsvermögen der Leitung die Grenzmenge von 1000 l übersteigt. Nach § 31a Abs.5 lit.a WRG 1959 ist in wasserrechtlich besonders geschützten Gebieten die Wasserrechtsbehörde nach §§ 98ff WRG 1959 zuständig, während gemäß § 31a Abs.5 lit.b Z2 WRG 1959 außerhalb solcher Gebiete für Anlagen zur Beheizung von Gebäuden der Bürgermeister zuständig wäre.

Diese dreifache Bewilligungspflicht bezüglich eines im großen und ganzen gleichgelagerten Sachverhaltes genau auseinanderzuhalten, ist schon für einen Verwaltungsjuristen schwierig. Außerdem kann man den Sinn einer solchen Dreigleisigkeit durchaus in Frage stellen. Von einem Laien können derart differenzierte Rechtskenntnisse auch dann nicht verlangt werden, wenn er beruflich als Energieberater tätig ist. Der belangten Behörde, die selbst nicht genau unterschieden hat, ist aber zuzubilligen, daß vom Bw erwartet werden konnte, daß ihm zumindest eine nicht näher spezifizierte Bewilligungspflicht durch die Gemeinde geläufig war. Diese Kenntnis hat er auch gar nicht bestritten. Er ging von der Zuständigkeit der Bauabteilung des Stadtamtes B. I. aus und hat nach seinen Angaben daher auch bei Herrn TOAR Ing. H., der sich daran nur nicht erinnern konnte, noch vor der Errichtung der Ölfeuerungsanlage vorgesprochen. Auch sein weiteres nicht grundsätzlich unglaubhaftes Vorbringen, wonach - wie üblich, auch wenn es nicht dem Gesetz entspricht - die Bewilligungs- und Kollaudierungsverhandlung in einem durchgeführt werden sollte, konnte aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ebensowenig widerlegt werden, wie seine wesentliche Behauptung, daß er weder von Ing. H. noch von Ch. N. über die Lage des Wohnhauses Z.44, B. I., im Schutzgebiet des Wasserwerkes H. informiert worden wäre. Schließlich ergeben sich aus der Aktenlage auch sonst keine Umstände, die darauf hindeuten, daß dem Bw die Schutzgebietseigenschaft bekannt geworden ist. Seine unwiderlegte Schilderung betreffend Einrichtungen in der Nähe des Wohnhauses Z.44 (Holzschneideplatz, Ölanlage der Familie St., keine Hinweistafeln) sprechen sogar für das Gegenteil.

Der unabhängige Verwaltungssenat erachtet daher die strafbehördliche Annahme des vorsätzlichen Handelns beim Bw als eine unzulässige Vermutung zu Lasten des Täters.

Was die gegenständlich ebenfalls relevante wasserrechtliche Bewilligungspflicht nach § 31a Abs.3 WRG 1959 iVm VO BGBl. Nr.275/1969 betrifft, ist nicht einmal die belangte Strafbehörde von einem Wissen des Bw ausgegangen. Eine vorsätzliche Beihilfe zur Verletzung dieser Bewilligungspflicht durch Ch. N. (vgl § 137 Abs.3 lit.f WRG 1959) kam daher ebensowenig in Betracht. Bei diesem Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und mangels ausreichender Beweise aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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