TE Vwgh Erkenntnis 2001/6/27 98/15/0165

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Veröffentlicht am 27.06.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §235;
BAO §289;
BAO §294 Abs1 lita;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. Peter Fiegl, Dr. Frank Riel, Dr. Wolfgang Grohmann und Dr. Josef Cudlin, Rechtsanwälte in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. September 1998, RV/101- 07/06/98, betreffend Widerruf einer Löschung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Zu dem dem Streitfall zugrunde liegenden Sachverhalt wird zunächst auf das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1998, 95/15/0042, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hatte der Gerichtshof den Bescheid der belangten Behörde, mit welchem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid abgewiesen worden war, mit dem das Finanzamt den Widerruf einer Löschung ausgesprochen hatte, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers erneut ab. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen einer zwischenzeitig gemäß § 144 BAO durchgeführten Nachschau u.a. angegeben, 1998 in H ein Grundstück samt Haus um 2,7 Mio S gekauft zu haben. Bei Vertragsabschluss habe er 1 Mio S bar bezahlt und für den restlichen Kaufpreis eine Bankgarantie übergeben. Laut dem der belangten Behörde vorliegenden Kaufvertrag vom 18. Mai 1998 sei ein Betrag in Höhe von 100.000 S bereits vor Unterzeichnung desselben entrichtet worden. Der Beschwerdeführer habe weiters angegeben, er habe 1994 in Thailand einen Betrieb eröffnet, seine wirtschaftliche Lage habe sich ab 1997 wesentlich gebessert. Es ergebe sich daher, dass die Voraussetzung des § 294 Abs 1 lit a BAO vorläge und somit der Widerruf der Löschung von Abgabeschuldigkeiten in Höhe von 134.000 S gerechtfertigt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, dass lediglich seine wirtschaftliche Situation im Jahre 1994 (Zeitpunkt des erstinstanzlichen Widerrufsbescheides), nicht aber jene des Jahres 1998 Gegenstand des angefochtenen Bescheides darstellen dürfe. Der angefochtene Bescheid begründe den Widerruf der Löschung damit, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers nachweislich nach 1997 gebessert hätten.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass gemäß § 289 BAO die Abgabenbehörde zweiter Instanz, sofern die Berufung nicht zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden hat. Die Abgabenbehörde ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäss den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Auch im Abgabenverfahren hat die Berufungsbehörde grundsätzlich auf Grund der zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu entscheiden, soweit sich nicht insbesondere aus dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften das Gebot zur Anwendung der Rechtslage zu einem bestimmten früheren Zeitpunkt ergibt oder ein Sachverhalt zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt zu Grunde zu legen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2000, 97/17/0460). Daraus folgt aber für den gegenständlichen Fall, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers im Zeitpunkt seiner Erlassung zu berücksichtigen hatte.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 294 Abs 1 lit a BAO vorliegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem aufhebenden Erkenntnis vom 19. März 1998 zum Ausdruck gebracht, die belangte Behörde habe den Widerruf der Löschung in dem im damaligen Verfahren angefochtenen Bescheid auf § 294 Abs 1 lit a BAO gestützt, hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung der - vom Tatbestand der genannten Bestimmung geforderten - Änderung der relevanten tatsächlichen Verhältnisse, hier also der Wirtschaftslage des Beschwerdeführers, allerdings Verfahrensvorschriften verletzt. Aus den seinerzeitigen Feststellungen der belangten Behörde habe sich eine maßgebliche Verbesserung der Einkommenslage gegenüber den Verhältnissen im Zeitpunkt der Erlassung des Löschungsbescheides nicht ergeben. Dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes liegt somit die Auffassung der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 294 Abs 1 lit a BAO auf den Widerruf einer Löschung zu Grunde.

Aus § 63 Abs 1 VwGG ergibt sich, dass die belangte Behörde, aber auch der Verwaltungsgerichtshof, an die im vorausgegangenen aufhebenden Erkenntnis zum Ausdruck gekommene Rechtsmeinung gebunden ist. Solcherart folgt für den gegenständlichen Fall schon aus der aus § 63 Abs 1 VwGG abgeleiteten Bindungswirkung, dass der Widerruf der Löschung auf § 294 Abs 1 lit a BAO gestützt werden kann. Auf die in der Beschwerde vorgetragene Rechtsmeinung, der Anwendungsbereich des § 294 Abs 1 lit a BAO erfasse von vornherein den Widerruf einer Löschung nicht, war daher nicht näher einzugehen.

Erfolgt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil es die belangte Behörde unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalles wesentlichen Ermittlungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustandes darin, dass die belangte Behörde jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgebenden Sachverhalts ermöglichen (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 734).

Der Beschwerdeführer tritt den - auf die Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens gestützten - Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde, wonach er im Jahr 1994 eine betriebliche Tätigkeit in Thailand begonnen hat und sich deshalb seine wirtschaftliche Situation ab 1997 deutlich verbessert hat, nicht entgegen. Er hat in diesem Zusammenhang auch eingeräumt, dass er zum Ankauf eines Grundstückes Bargeld von 1 Mio S von Thailand (aus den dort ab dem Jahre 1994 aufgebauten Betrieben) nach Österreich gebracht hat. Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf diesen - unbestrittenen - Eintritt einer deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers (ab dem Jahr 1997) die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für den Widerruf der Löschung für gegeben erachtet hat, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Juni 2001

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998150165.X00

Im RIS seit

06.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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