RS UVS Oberösterreich 1996/04/17 VwSen-260179/2/Wei/Bk

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Veröffentlicht am 17.04.1996
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Rechtssatz

Beim gegenständlichen Sachverhalt kommt von vornherein nur der Deliktsfall einer bewilligungspflichtigen Anlage nach dem § 31b WRG 1959 in Betracht. Die strafbehördliche Tatanlastung iSd § 31a WRG 1959 betreffend Lagerung, Leitung und Umschlag wassergefährdender Stoffe im Rechtshilfeersuchen war mangels einer einschlägigen Verordnung des BMfLW gemäß § 31a Abs.3 WRG 1959 von vornherein nicht zielführend. Einer solchen Verordnung kommt bezüglich der Bewilligungspflichten nach § 31a WRG 1959 konstitutive Wirkung zu (vgl Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht 1993, Rz 2 zu § 31a WRG). Gemäß § 31b Abs.1 WRG 1959 idF BGBl. Nr. 252/1990 und Nr. 760/1992 bedarf die Ablagerung von Abfällen - ausgenommen solcher, bei deren ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer einschließlich des Grundwassers nicht zu besorgen ist - sowie der Errichtung und der Betrieb der hiezu dienenden Anlagen einer wasserrechtlichen Bewilligung durch den Landeshauptmann; der § 32 Abs.2 lit.c findet keine Anwendung. Keiner Bewilligung bedarf das ein Jahr nicht überschreitende ordnungsgemäße Bereithalten von Abfällen zum Abtransport, zur Verwertung oder zur sonstigen Behandlung.

Aufgrund dieser durch die Wasserrechtsnovelle 1990 neu eingeführten Bestimmung besteht eine präventive Bewilligungspflicht für jede wassergefährdende Ablagerung von Abfällen. Im Rahmen des WRG ist grundsätzlich der herkömmliche Abfallbegriff nach § 2 Abs.1 AWG (BGBl. Nr. 325/1990) maßgeblich (vgl näher Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht 1993, Rz 4 zu § 31b WRG).

Danach sind Abfälle bewegliche Sachen,

1. deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff) oder

2. deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (vgl § 1 Abs.3 AWG) geboten ist (objektiver Abfallbegriff).

Bei den unter freiem Himmel auf unbefestigtem Untergrund gelagerten Autowracks ist der subjektive Abfallbegriff und überdies der objektive Abfallbegriff erfüllt, soweit sie noch Betriebsmittel enthalten. Ihre Erfassung und Behandlung als Abfall ist dann im öffentlichen Interesse geboten, weil die Umwelt über das unvermeidliche Maß hinaus verunreinigt werden kann. Autowracks fallen unter die Schlüsselnummer 35103 der ÖNORM S 2100 (verunreinigte Eisen- und Stahlabfälle). Bei nicht betriebsbereiten und irreparablen Autowracks, die noch wassergefährdende Betriebsmittel enthalten, handelt es sich auch um gefährliche Abfälle iSd Begriffsbestimmung des § 2 Abs.7 AWG.

Nach dem § 31b Abs.1 Satz 1 WRG 1959 sind von der besonderen Bewilligungspflicht nur solche Abfälle ausgenommen, bei deren ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer nicht zu besorgen ist. Dies kann für die Ablagerung von Autowracks nicht behauptet werden, sofern nicht besondere Vorkehrungen getroffen wurden. Werden ausschließlich wasserwirtschaftlich neutrale Abfälle gelagert, scheidet eine Bewilligungspflicht nach § 31b WRG 1959 aus (zutreffend Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht 1993, Rz 7 zu § 31b WRG).

Unter Ablagerung iSd § 31b Abs.1 WRG 1959 ist die projektsgemäß beabsichtigte Lagerung auf Dauer (vgl inzident unter Hinweis auf die alte Rechtslage vor der WR-Novelle 1990 VwGH 25.6.1991, 90/07/0131: "Bewilligungspflicht auch dieser (ständigen) Ablagerungen nach § 32 WRG 1959") oder von mehr als einem Jahr, aber auch die tatsächliche Lagerung von mehr als einem Jahr zu verstehen. Die Bewilligungspflicht beginnt grundsätzlich mit der ersten Ablagerung, wenn nicht eine befristete Zwischenlagerung nach dem Betriebskonzept plausibel erscheint (vgl Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht 1993, Rz 5 und 6 zu § 31b WRG).

Nach dem § 31b Abs.1 Satz 2 WRG 1959 bedarf das ein Jahr nicht überschreitende, ordnungsgemäße Bereithalten (= Zwischenlagern) von Abfällen zum Abtransport oder zur Verwertung oder Behandlung keiner Bewilligung. Daraus könnte man schließen, daß die Zwischenlagerung von Abfällen mit keiner Einwirkung auf Gewässer verbunden sein darf, widrigenfalls die Bewilligungspflicht gemäß § 31b Abs.1 WRG 1959 besteht. Für die gemäß § 32 Abs.2 lit.c WRG 1959 bestehende Bewilligungspflicht von Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird, verbliebe dann kaum ein Anwendungsbereich mehr. Er wäre zur Gänze von der lex specialis des § 31b Abs.1 WRG 1959 verdrängt worden.

Um ein sinnvolles Verhältnis zwischen § 31b Abs.1 WRG 1959, und § 32 Abs.2 lit.c WRG 1959 herzustellen, wird in der Kommentarliteratur in gewissermaßen korrigierender Auslegung des mißverständlichen Gesetzeswortlautes vertreten, daß Zwischenlager, die nicht ordnungsgemäß, sondern unsachgemäß betrieben werden, zwar nicht der Bewilligungspflicht nach dem § 31b WRG 1959, aber jener nach dem § 32 Abs.2 lit.c WRG 1959 unterliegen (vgl mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 146, Rz 7 zu § 31b WRG und Rz 7 (S 170) zu § 32 WRG; Rossmann, Wasserrecht, 2.A 1993, 97). Demnach ist in solchen Fällen auch der Straftatbestand des § 137 Abs.3 lit.g WRG 1959 anzuwenden. Im Falle der Bewilligungspflicht gemäß § 31b Abs.1 WRG 1959 wäre ausschließlich an die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs.3 lit.f zu denken.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach dem § 44a Z1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, daß eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Erk verstärkter Senate VwSlg 11466 A/1984 und VwSlg 11894 A/1985). Im Bescheidspruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine konkrete Umschreibung lediglich in der Begründung reicht nicht aus (vgl näher mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.A 1990, 939f).

Die belangte Strafbehörde hat die oben dargestellte Rechtslage nicht richtig erfaßt. Sie hat nicht zwischen unsachgemäßer Ablagerung und Zwischenlagerung unterschieden und diesbezüglich auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Deshalb hat sie auch an die nach der Aktenlage durchaus denkbare Verwaltungsübertretung nach dem § 32 Abs.2 lit.c iVm § 137 Abs.3 lit.g WRG 1959 nicht gedacht. Der Begründung des Straferkenntnisses ist zu entnehmen, daß die belangte Strafbehörde von einem Tatzeitraum vom 23.3.1993 bis zum 29.11.1993 ausgegangen ist. Im Spruchpunkt 1.) wird nur die ungenaue Formulierung "seit 23.3.1993" verwendet. Der Bw erklärte im abfallrechtlichen Verwaltungsverfahren anläßlich der Überprüfung am 29.11.1993, daß der Lagerplatz im Frühjahr geräumt werde. Weitgehend ungeklärt geblieben sind die entscheidungswesentlichen Fragen, wielange die Autowracks mit den wassergefährdenden Betriebsflüssigkeiten bereits lagerten und ob und welche Verwertung innerhalb welcher Zeiten nach dem betrieblichen Konzept vorgesehen war. Die Behörde hätte aufklären müssen, ob tatsächlich eine Ablagerung iSd § 31b Abs.1 WRG 1959 von wassergefährlichen Abfällen oder eine unsachgemäße Zwischenlagerung vorlag, die unter den § 32 Abs.2 lit.c WRG 1959 zu subsumieren gewesen wäre.

Im Rechtshilfeersuchen vom 27.1.1994 hat die belangte Behörde ua nur die "Lagerung von Abfällen ohne Bewilligung gem. § 31b WRG 1959" vorgeworfen, ohne die erforderlichen Konkretisierungen anhand des Einzelfalles vorzunehmen. Aber auch der Spruchpunkt 1.) des Straferkenntnisses ist im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage zu § 31b Abs.1 WRG 1959 noch nicht hinreichend konkretisiert worden. Das entscheidende Tatbestandsmerkmal der Ablagerung von wassergefährlichen Abfällen hätte näher dargestellt werden müssen. Der von der Strafbehörde begründend angeführte und auch nach der Aktenlage ausgewiesene Tatzeitraum vom 23.3.1993 bis 29.11.1993 ist mangels ausreichender Verfolgungshandlung nach Ablauf der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 137 Abs.9 Satz 1 WRG 1959 verjährt, zumal nicht festgestellt werden kann, daß die gemäß § 31b bewilligungspflichtige Anlage etwa im Jahr 1994 weiterbestand. Das erlassene Straferkenntnis, das nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates den Sprucherfordernissen des § 44a Z1 VStG auch noch nicht entspricht, datiert bekanntlich erst vom 18.4.1995.

Gemäß § 137 Abs.4 lit.i WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht nach Abs.5 einer strengeren Strafe unterliegt, und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 250.000,-- zu bestrafen, wer einem ihm gemäß § 138 Abs.1 erteilten Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nicht nachkommt. Nach dem § 138 Abs.1 WRG 1959 ist derjenige, der die Bestimmungen des WRG 1959 übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde ua zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Unter eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen gemäß dem § 138 Abs.1 lit.a WRG 1959 sind (auch aufrechterhaltene) bewilligungslose Maßnahmen zu verstehen, die entweder einer Bewilligung nach dem Wasserrechtsgesetz bedürfen oder die gar nicht bewilligungsfähig sind (vgl dazu im einzelnen mit zahlreichen Judikaturnachweisen Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht 1993, 577 Rz 6 zu § 138 WRG). Der wasserpolizeiliche Auftrag im Sinne des § 138 Abs.1 WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht demjenigen zu erteilen, der die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes übertreten hat. Adressat für eine Leistungsverpflichtung ist regelmäßig der berechtigte Anlagenbetreiber (Eigentümer oder verfügungsberechtigter Dritter; näher dazu Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 587 Rz 19 f zu § 138 WRG).

Der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11.6.1993, Zl. XX, erteilte wasserpolizeiliche Auftrag führt die als gefährliche Abfälle anzusehenden Autowracks, die bis längstens 1.8.1993 zu entfernen waren, im einzelnen an. Insgesamt werden 24 nach Marke, Type und Fahrgestellnummer bezeichnete Fahrzeuge und ein Stoß imprägnierte Zaunlatten im Ausmaß von ca. 6x1,5x2 m genannt.

Die maßgebliche Verfolgungshandlung in Form des Rechtshilfeersuchens vom 27.1.1994 ist bezüglich der Nichterfüllung des genannten wasserpolizeilichen Auftrages völlig unzureichend geblieben, weil nicht einmal der Inhalt des Auftrages in den Tatvorwurf aufgenommen und auch sonst keine Konkretisierung anhand des Einzelfalles vorgenommen wurde. Erst im Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses hat die belangte Strafbehörde konkrete Angaben gemacht, allerdings ohne einen Tatzeitraum kalendermäßig eindeutig zu umschreiben. Mangels rechtzeitigen Vorwurfes der für das Tatbild des § 137 Abs.4 lit.i WRG 1959 wesentlichen Sachverhaltselemente war schon im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses Verfolgungsverjährung eingetreten. Im übrigen läßt auch ein Vergleich einzelner im Straferkenntnis angeführter Autowracks mit der Aktenlage erhebliche Zweifel in tatsächlicher Hinsicht aufkommen. Die im wasserpolizeilichen Auftrag angeführten Fahrzeuge weichen teilweise von den bei der Überprüfung am 29.11.1993 besichtigten und aufgelisteten Fahrzeugen ab.

Die belangte Strafbehörde hat diese mangelnden Übereinstimmungen nicht gewürdigt.

Der erkennende Verwaltungssenat weist der Vollständigkeit halber darauf hin, daß hinsichtlich der angeführten Fahrzeuge mangels Eindeutigkeit keine Feststellungen zum Nachteil des Bw hätten getroffen werden dürfen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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